Urteil des LSG Hamburg vom 27.09.2006

LSG Ham: treu und glauben, provision, arbeitskraft, angestelltenverhältnis, inhaber, vergütung, zustand, ausführung, anfechtungsklage, beratung

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 27.09.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg 34 KR 676/01
Landessozialgericht Hamburg L 1 KR 93/05
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. September 2005 und der
Bescheid der Beklagten vom 21. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2001
aufgehoben. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen. Im Übrigen sind
Kosten nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob die Beigeladene zu 1 bei der Klägerin im Zeitraum vom 1. Dezember 1994
bis zum 31. August 1999 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Im Dezember 1994 vereinbarten die Klägerin und die Beigeladene zu 1, dass letztere mit Wirkung vom 1. Dezember
1994 für die Klägerin als "selbständige Versicherungsvertreterin im Nebenberuf gemäß §§ 84, 92, 92b
Handelsgesetzbuch (HGB)" tätig wird, wobei nach dem schriftlichen Vertrage vom 21. Dezember 1994 der
Geschäftsverkehr in allen Sparten über die von dem Ehemann der Beigeladenen zu 1 geführte Generalagentur J.
abzuwickeln war und alle im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Kosten von der Beigeladenen zu 1 aus
eigenen Mitteln zu tragen waren. Als Vergütung wurde eine – je nach Art des vermittelten Abschlusses –
unterschiedliche Provision vereinbart, die aus der insgesamt von der Generalagentur erwirtschafteten und dieser
zustehenden Provision zu zahlen war. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung arbeitete die Beigeladene zu 1 als so
genannte Vorwerbedame ihrem Ehemann zu, indem sie nach dessen Vorgaben Kunden der Klägerin anrief und
Termine für Verkaufs- und Beratungsgespräche für diesen vereinbarte.
Mit Schreiben vom 8. April 1999 bat die Klägerin unter Hinweis auf das zum 1. Januar 1999 erfolgte Inkrafttreten von
§ 7 Abs. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) um
Überprüfung, ob die Beigeladene zu 1 zu ihr – der Klägerin – in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe. In
dem von der Beklagten daraufhin der Beigeladenen zu 1 übersandten Fragebogen gab diese zu ihrer Tätigkeit an,
dass sie ihre Arbeitszeit bedingt frei einteilen könne und an Weisungen ihres Auftraggebers gebunden sei. Zur
Einkommensteuer werde sie als Selbständige veranlagt. Sie habe keinen Anspruch auf Urlaub, unterhalte keine
eigenen Geschäftsräume und habe auch nicht die Geschäftskosten für Material, Fahrtkosten sowie Telefon selbst zu
tragen. Nachdem die Beklagte aufgrund dieser Angaben zunächst die Auffassung vertreten hatte, es handele sich um
eine abhängige Beschäftigung, änderte sie ihre Auffassung auf den Hinweis der Klägerin, dass der Beigeladenen zu 1
Weisungen durch sie – die Klägerin – nicht erteilt würden und diese ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei einteilen könne,
und stellte mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 fest, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht
vorliege.
Ende Oktober/Anfang November 1999 vereinbarten die Klägerin und die Beigeladene zu 1 die Überführung der bis
dahin ausgeübten Tätigkeit in ein Angestelltenverhältnis mit einer festen Vergütung in Höhe von DM 916,67 monatlich
mit Wirkung ab 1. September 1999. Unter dem 11. Dezember 1999 wandte sich nunmehr die Beigeladene zu 1 an die
Beklagte um bat um Überprüfung des Beschäftigungsverhältnisses für den Zeitraum vor Abschluss des neuen
Vertrages. Sie wies darauf hin, dass sich an ihrer Tätigkeit durch den neuerlichen Vertragsschluss nichts geändert
habe. Keinesfalls habe sie in der Vergangenheit ihre Arbeit frei gestalten können. Vielmehr habe sie diese zeitlich und
inhaltlich eng mit ihrem Ehemann abstimmen müssen, der im Angestelltenverhältnis für die H.-M. als Generalagent
tätig sei. Für ihn habe sie Aquisitionstermine telefonisch vereinbart. Natürlich habe er ihr auch vorgegeben, welche
Kunden wann und wo zu kontaktieren gewesen seien. Daraufhin stellte die Beklagte unter gleichzeitiger Aufhebung
ihres Bescheides vom 2. Dezember 1999 mit Bescheid vom 21. September 2000 Sozialversicherungspflicht seit dem
1. Dezember 1994 fest. Die Beigeladene zu 1 stehe seit dem 1. Dezember 1994 im Rahmen der Vorwerbetätigkeit bei
der H.-M. in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Ein Weisungsrecht habe sich die Klägerin bereits in dem
ursprünglichen Vertrag vorbehalten. Tatsächlich habe die Beigeladene zu 1 im Rahmen ihrer Tätigkeit auch
Weisungen erhalten. Ihr sei nämlich vorgegeben worden, welche Kunden sie zu welchem Zeitpunkt zu kontaktieren
habe. Die Tätigkeit einer selbständigen Handelsvertreterin im Sinne des HGB liege nicht vor.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Widerspruch und trug vor, im Normalfall seien die Inhaber der
Generalagenturen auf selbständiger Basis tätig. Der Ehemann der Beigeladenen zu 1 sei ausnahmsweise als
Generalagenturist angestellt und damit formal abhängig beschäftigt, weil er zuvor bereits als Filialdirektor für die
Klägerin tätig gewesen sei. Bundesweit sei dies bei der H.-M. der einzige derartige Fall. Alle anderen
Generalagenturisten seien selbständig tätig. Tatsächlich würden aber auch dem Ehemann der Klägerin keinerlei
Weisungen erteilt. Vom Normalfall wichen auch die Vereinbarungen mit dessen Ehefrau ab. Hier sei auf Wunsch der
Eheleute ausnahmsweise vereinbart worden, dass diese ausschließlich für die Agentur des Ehemannes tätig werde.
Dieser sei aber nicht befugt gewesen, seiner Ehefrau im Namen der Klägerin Weisungen zu erteilen. Im Hinblick auf
den Vortrag der Beigeladenen zu 1, dass dies gleichwohl geschehen sei, habe man ihm gegenüber mittlerweile eine
Abmahnung ausgesprochen. Die Beigeladene zu 1 sei in ihrer Tätigkeit aber auch durch die Klägerin in keiner Weise
kontrolliert oder angewiesen worden. Kein einziges Mal sei sie in die für sie zuständige Geschäftsstelle einbestellt
worden. Hingegen sei dies bei angestellten Vorwerbedamen üblich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Ermittlungen hätten
ergeben, dass Mitarbeiter der Klägerin der Beigeladenen zu 1 Weisungen erteilt hätten, die diese aufgrund ihres
Vertrages habe befolgen müssen. Diese sei auch funktional in den Betrieb der Klägerin eingebunden. Dies folge schon
aus dem Umstand, dass sie nach außen nicht als selbständige Unternehmerin, sondern als Mitarbeiterin der Klägerin
aufgetreten sei. Auf den Bescheid wird ergänzend Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die fristgerecht erhobene Klage durch Urteil vom 16. September 2005 abgewiesen. Zu Recht
habe die Beklagte entschieden, dass die Beigeladene zu 1 abhängig beschäftigt gewesen sei. Hierfür spreche bereits
der Wortlaut des Vertrages vom 21. Dezember 1994. Des Weiteren habe sie ihre Tätigkeit nicht im Wesentlichen frei
gestalten können und darüber hinaus auch einem Weisungsrecht des Inhabers der Generalagentur unterlegen. Für
diesen und damit letztlich für die Klägerin habe sie Sekretariatsaufgaben erledigt. Dessen Weisungen und Vorgaben
seien der Klägerin auch zuzurechnen. Dies folge aus den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht und
entspreche der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Hiernach sei entscheidend, ob einerseits der Vertretene
die abredewidrige Weisungserteilung hätte erkennen und ob andererseits der Beschäftigte nach Treu und Glauben
habe annehmen können, der Vertretene habe von der Erteilung von Weisungen Kenntnis und billige sie. Von beidem
sei nach den gesamten Umständen auszugehen. Auf die Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen. Sie ist der
Klägerin am 10. November 2005 zugestellt worden.
Die Klägerin hat am 1. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, das Urteil des
Sozialgerichts unterliege Bedenken zunächst insoweit, als die Beigeladene zu 1 weder in den Betrieb der Klägerin
eingegliedert gewesen sei, noch eine Unterordnung unter das Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf Zeit, Dauer
und Ort der Arbeitsausführung bestanden habe. Als selbstständige Vorwerbedame sei sie im Wesentlichen damit
befasst gewesen, die ihr überlassenen Listen mit (potentiellen) Kunden abzutelefonieren und Besuchstermine für den
zuständigen Generalagenturisten zwecks Abschlusses von Versicherungs- und Bausparverträgen zu vereinbaren.
Jene Tätigkeit habe sie im Wesentlichen frei gestalten können. Sie habe insbesondere über ihre eigene Arbeitskraft,
den Arbeitsort und die Arbeitszeit frei verfügen können. Auch der Wortlaut des Vertrages vom 21. Dezember 1994
spreche nicht für eine weisungsgebundene und damit abhängige Beschäftigung. Wenn dort von Weisungen die Rede
sei, so seien hiermit nämlich lediglich fachliche Weisungen gemeint. Allein persönliche Weisungen seien aber
geeignet, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Dies werde durch die Wortwahl "Aufgaben
bezogene Weisungen" verdeutlicht. Im Übrigen vermöge auch nicht die tatsächliche Ausgestaltung der Arbeit die
Annahme einer abhängigen Beschäftigung zu rechtfertigen. Die Beigeladene zu 1 sei der Leitung der Geschäftsstelle
XXXXXXXX formal zugeordnet gewesen, ihr seien von dieser aber zu keinem Zeitpunkt Vorgaben hinsichtlich der
Zeit, des Ortes und der Dauer ihrer Tätigkeit gemacht worden. Auch sei die Beigeladene zu 1 zu keinem Zeitpunkt in
ihre – der Klägerin – betriebliche Organisation eingebunden gewesen. Eine Kontrolle ihrer Terminierungstätigkeit sei
nicht erfolgt. Sie sei auch niemals durch die Klägerin aufgefordert worden, bestimmte Kunden aufzusuchen und
Termine zu vereinbaren. Auch die Abstimmungsprozesse mit ihrem Ehemann hätten zu keinem Zeitpunkt einen
Umfang angenommen, der die Annahme rechtfertige, die Beigeladene zu 1 sei nicht mehr im Wesentlichen frei in ihrer
Entscheidung gewesen, in welcher Reihenfolge, zu welcher Tageszeit und an welchem Tage sie die auf der Liste
befindlichen Kunden anrief. Auch hinsichtlich der Arbeitszeit sei sie weitgehend frei in ihrem Handeln gewesen.
Demgegenüber habe der Zeuge im J. den Eindruck erwecken wollen, es habe sich um ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis gehandelt. Hier sei auf das ganz erhebliche rentenrechtliche und finanzielle Interesse des
Zeugen und der Beigeladenen zu 1 hinzuweisen. Selbst für den Fall, dass davon ausgegangen werden könne, dass
die Beigeladene zu 1 infolge der Weisungen bzw. Vorgaben ihres Ehemannes, des Zeugen J., ihre Tätigkeit nicht
mehr habe im Wesentlichen frei gestalten können, wäre das Urteil gleichwohl aufzuheben. Denn sie – die Klägerin –
müsse sich die Weisungen und Vorgaben des Zeugen J. nicht nach den Grundsätzen der Anscheins- und
Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Weder habe sie es als Vertretene wissentlich geduldet, dass der Zeuge J. sie
bei der Erteilung von Weisungen an die Beigeladene zu 1 vertrat, noch habe sie das Handeln des Scheinvertreters bei
pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können. Dies werde schon daraus an deutlich, dass sie sofort nach
Kenntniserlangung von diesem Umstand den Zeugen abgemahnt und aufgefordert habe, dieses zukünftig zu
unterlassen. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1 vertraglich verpflichtet gewesen sei, Aufgaben bezogene
Weisungen der Berufungsklägerin zu befolgen und sie lediglich für die Generalagentur J. habe tätig werden sollen,
lasse keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass die notwendigen Vorgaben gerade von dem Inhaber dieser
Agentur sollten vorgenommen werden dürfen. Auf die Berufungsschrift vom 1. Dezember 2005 (Blatt 118 der
Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. September 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.
September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ihren Bescheid.
Die Beigeladenen stellen jeweils keinen Antrag, sie unterstützten das Vorbringen der Beklagten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt
der ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gemachten
Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im
Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Klage ist als Anfechtungsklage
nach § 54 SGG zulässig. Bereits die Aufhebung des angegriffenen Bescheides stellt hinsichtlich der
Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1 den Zustand wieder her, der nach der mit Bescheid vom 2.
Dezember 1999 durch die Beklagte ursprünglich getroffenen Feststellung bestanden hat. Einer zusätzlichen
Feststellung durch das Gericht bedarf es nicht.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid,
mit dem die ursprünglich von der Beklagten als zuständiger Einzugsstelle nach § 28 h Abs. 2 SGB IV zugunsten der
Klägerin getroffene Feststellung in ihr Gegenteil verkehrt wurde, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin deshalb in
ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1 war in dem maßgeblichen Zeitraum nicht bei der Klägerin
sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Der Maßstab für das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist aus § 7 Abs. 1 SGB IV zu
entnehmen. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe etwa Urt. vom 22.06.2005 – B 12 KR 28/03 R, SozR 4-
2400 § 7 Nr. 5) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei
einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist
und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein
einer eigenen Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei
gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig Beschäftigter oder selbstständig tätig ist,
hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das gesamte Bild der Arbeitsleistung. Weichen
die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag. Dieser Rechtsprechung
folgt der erkennende Senat in ebenfalls ständiger Rechtsprechung. Diese Rechtsprechung stimmt überein mit der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. v. 09.03.2005 – 5 AZR 493/04, juris) wonach Arbeitnehmer ist, wer
auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener,
fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist und wonach sich die Eingliederung in die fremde
Arbeitsorganisation insbesondere darin zeigt, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners
unterliegt, welches Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betrifft und wonach für die Abgrenzung in
erster Linie die tatsächlichen Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, von Bedeutung sind und
wonach schließlich eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu erfolgen hat.
Danach war die Beigeladene zu 1 bei der Beklagten nicht abhängig beschäftigt. Es steht nach dem gesamten
Ergebnis des Verfahrens und hier vor allem nach der vom Sozialgericht durchgeführten Beweisaufnahme nämlich fest,
dass sie Weisungen von der Beklagten nicht erhalten hat. Sie war auch sonst in keiner Weise in die Organisation der
Beklagten eingebunden, hat ihre Tätigkeit vielmehr in ihrer eigenen häuslichen Umgebung verrichtet, hatte ausweislich
des Vertrages die hierfür anfallenden Kosten selbst zu tragen ist von der Beklagten nicht kontrolliert worden. Die
Beigeladene zu 1 war überdies nicht gehindert, weitere Tätigkeiten aufzunehmen und hat dies – wie in der mündlichen
Verhandlung vor dem Sozialgericht auch eingeräumt – in dem maßgeblichen Zeitraum in einer Behinderteneinrichtung
als freiberufliche Mitarbeiterin auch getan. Dies alles spricht für eine – im Verhältnis zur Klägerin – selbständige
Beschäftigung. Hierfür spricht nicht zuletzt auch das vereinbarte Entgelt in Gestalt einer erfolgsabhängigen Provision.
Allerdings hat die Beigeladene Weisungen ihres Ehemannes, des Zeugen J., erhalten und fortlaufend ausgeführt.
Auch hat er offenbar die anfallenden Kosten getragen. Das Gesamtbild ihrer Tätigkeit in der Generalsagentur J.
entspricht dem einer Sekretärin und damit einer abhängig Beschäftigten. Dies macht sie jedoch entgegen der
Auffassung des Sozialgerichts nicht zur Arbeitnehmerin der Beklagten. Denn wie die Klägerin in Übereinstimmung mit
dem Zeugen J. und im Übrigen unwidersprochen vorgetragen hat, ist die Tätigkeit des Generalagenturisten seinerseits
eine selbstständige. Er erbringt seine Dienste in dem durch den Vertrag vorgegebenen Rahmen frei und ohne
persönliche und sächliche Anbindung an den Versicherer. Besonderheiten ergeben sich vorliegend auch nicht aus
dem Umstand, dass der Zeuge J. ausnahmsweise einen Festanstellungsvertrag mit der Beklagten hatte. Denn
abgesehen hiervon unterscheidet sich seine Tätigkeit als Generalagenturist nicht von derjenigen anderer
Generalagenturisten. Wie die Klägerin nämlich ebenfalls unwidersprochen vortragen hat, übt auch er trotz eines
Festanstellungsvertrages seine Tätigkeit selbständig und in einem eigenen Ladenlokal aus. Die Angaben der
Beigeladenen zu 1, wonach das Büro ihres Ehemannes sich im gemeinsamen Hause der Eheleute befindet,
bestätigen diese Sicht. Auch kommt er letztlich dadurch selbst für die Kosten "seiner" Vorwerbedame auf, dass diese
10% der von ihm verdienten Provision erhält. Der Ehemann der Beigeladenen zu 1 hat schließlich auch nicht über die
Arbeitskraft der Beigeladenen zu 1 im Namen der Klägerin gleichsam als vollmachtloser Vertreter verfügt, wie dies in
der vom Sozialgericht angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts der Fall gewesen sein mag. Denn er hat
von der Beklagten keinerlei Vorgaben oder Weisungen erhalten, wie er "seine" Vorwerbedame einzusetzen habe.
Vielmehr haben nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats der Leiter
der Generalagentur und "seine" Vorwerbedame im Team und zudem in typischer ehelicher Verbundenheit eine
Gesamtleistung im Verhältnis zur Klägerin selbständig erwirtschaftet. Diese besonderen Umstände stehen der
Annahme entgegen, dass die Beigeladene zu 1 in einem Arbeitsverhältnis zur Klägerin stand. Ob – wofür manches
spricht – aufgrund der obwaltenden Umstände eine abhängige Beschäftigung im Verhältnis zu dem
Generalagenturisten anzunehmen ist, braucht nicht entschieden zu werden, weil es nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens ist.
Die Kostenentscheidung beruht, da das Verfahren vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (Art. 17 Abs. 1
Satz 2 6. SGG-Änderungsgesetz – BGBl. I Seite 2144 –), auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in
der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des §
160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.