Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.09.2003

LSG Berlin und Brandenburg: ddr, eintritt des versicherungsfalls, berufsunfähigkeit, altersrente, arbeitsunfall, grenzwert, betrug, minderung, sozialversicherung, vollrente

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 09.09.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 9 RA 3889/00
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 12 RA 36/02
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. April 2002 wird zurückgewiesen. Die
Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird
zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, in welchem Umfang die Beklagte als Rentenversicherungsträger den monatlichen
Zahlungsansprüchen des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) für Bezugszeiten ab April 1999 für
die Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab Juli 2001 für die Altersrente für Schwerbehinderte den Einwand
entgegenhalten darf, er habe während desselben Zeitraums Anspruch auf eine Verletztenrente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung (UV).
Der 1941 geborene Kläger arbeitete in der DDR als ausgebildeter Gebäudereiniger, ab 1976 war er als Meister im
Bereich der Gebäudereinigung tätig. Im Juni 1971 erlitt er einen Arbeitsunfall. Sein Bruttoverdienst im Jahre 1970
betrug 10.468,23 Mark der DDR, der Durchschnittsverdienst in der DDR belief sich in diesem Jahr auf 7.069 Mark. Im
Jahr vor dem Unfall (Juni 1970 bis Mai 1971) verdiente der Kläger nach eigenen Angaben unter Hinweis auf eine
korrigierte Bescheinigung vom März 1972 12.100,67 Mark. Wegen der Unfallfolgen erhielt er eine Unfallrente nach
einem Körperschaden von 45 v.H. ab dem 1. März 1972, die ausgehend von dem in der UV der DDR versicherten
monatlichen Verdienst von 600,00 Mark und der Leistung für eine Vollrente in Höhe von 400,00 Mark monatlich 180,00
Mark betrug. Wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen wurde die Rente ab dem 1. September 1995 nach einem Grad
des Körperschadens von 50 v.H. auf 200,00 Mark monatlich erhöht. Nach der Wiedervereinigung wurde diese Rente
als Verletztenrente durch die Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main (im Folgenden: BG) unter
Berücksichtigung eines pauschalen Jahresarbeitsverdienstes von 13.680,00 DM im Jahr 1990 und eines Grades der
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. weitergewährt. In Abhängigkeit vom Jahresarbeitsverdienst, der
der Verletztenrente zu Grunde lag und nach der Dynamisierung entsprechend dem aktuellen Rentenwert Ost (§ 1153
der Reichsversicherungsordnung [RVO]) entwickelte sich die Verletztenrente des Klägers wie folgt:
Zeitraum Jahresarbeitsverdienst Dynamisierung Verletztenrente des Klägers
(MdE von 50, Zahlbetrag)
ab 1/91 15.732,00 DM 15,00 % 437,00 DM
ab 7/91 18.091,80 DM 15,00 % 503,00 DM
ab 1/92 20.204,18 DM 11,65 % 561,30 DM
ab 7/92 22.776,17 DM 12,73 % 632,70 DM
ab 1/93 24.165,52 DM 6,10 % 671,30 DM
ab 7/93 27.577,69 DM 14,12 % 766,10 DM
ab 1/94 28.581,52 DM 3,64 % 794,00 DM
ab 7/94 29.567,58 DM 3,45 % 821,40 DM
ab 1/95 30.389,56 DM 2,78 % 844,20 DM
ab 7/95 31.173,61 DM 2,58 % 866,00 DM
ab 1/96 32.526,54 DM 4,34 % 903,60 DM
ab 7/96 32.734,71 DM 0,64 % 909,30 DM
ab 7/97 34.459,83 DM 5,27 % 957,22 DM
ab 7/98 34.621,79 DM 0,47 % 961,72 DM
ab 7/99 35.515,03 DM 2,58 % 986,53 DM
ab 7/00 35.728,12 DM 6,00 % 992,45 DM
ab 7/01 36.481,98 DM 2,11 % 1.013,39 DM
ab 7/02 19.192,07 Euro 2,89 % 533,11 Euro
Mit Bescheid vom 10. August 1999 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. April
1999. Wegen des Zusammentreffens mit der Verletztenrente minderte sie den monatlichen Zahlbetrag der Rente aus
der RV unter Berücksichtigung des Grenzbetrages nach § 93 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI).
Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger aus unterschiedlichen Gründen gegen die
Berechnungen sowohl des Stammrechts als auch des Anrechnungsbetrages wegen des Zusammentreffens mit der
Verletztenrente. Die Beklagte half dem Widerspruch teilweise mit Bescheiden vom 12. November 1999 und vom 29.
März 2000 ab.
Auf Grund der Verletztenrente reduzierte sie jedoch weiterhin die Rente wegen Berufsunfähigkeit von Anfang an, also
ab dem 1. April 1999. Dabei errechnete sie zunächst den monatlichen Wert der Rente ausgehend von persönlichen
Entgeltpunkten (Ost) in Höhe von 59,3137 und von persönlichen Entgeltpunkten von 0,6508 nach dem Rentenartfaktor
für die Rente wegen Berufsunfähigkeit mit 1636,85 DM ab dem 1. April 1999. Dann reduzierte sie den von der BG
mitgeteilten Wert der Verletztenrente 961,72 DM (bis zum 30. Juni 1999) um 340,00 DM. Bei diesem von der
Beklagten angenommenen Minderungsbetrag nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI handelt es sich um einen nach der MdE
(hier: 50) festgelegten Betrag der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 31 Abs. 1 BVG) für die Zeit ab
dem 1. Juli 1998 in Höhe von monatlich 396,00 DM, multipliziert mit einem für das Beitrittsgebiet angewendeten
besonderen Faktor entsprechend dem Verhältnis der Eckrenten in den neuen Bundesländern zu jenen im
Bundesgebiet. Anschließend addierte sie entsprechend der Vorgaben des § 93 Abs. 1 SGB VI die
zusammentreffenden berücksichtigungsfähigen Rentenbeträge aus der RV-Rente und der UV-Rente, was eine Summe
von 2.258,57 DM ergab. Diesem Betrag stellte sie in einem weiteren Rechenschritt den Grenzbetrag aus dem
Jahresarbeitsverdienst der Verletztenrente gegenüber. Für den Grenzbetrag von 70 v.H. eines Zwölftels des
Jahresarbeitsverdienstes berücksichtigte die Beklagte den von der BG mitgeteilten Jahresarbeitsverdienst für die
Verletztenrente des Klägers (für die Zeit bis zum 30. Juni 1999 auf den Monat bezogen 2.019,61 DM) und ermittelte
auf Grund des Faktors für Renten wegen Berufsunfähigkeit (0,6667) einen Grenzbetrag von 1.346,47 DM. Da dieser
Grenzbetrag niedriger war als die Rente aus der RV, legte sie letztere als Grenzbetrag zu Grunde. Die Summe der
Rentenbeträge (Rente wegen Berufsunfähigkeit und anrechnungsfähige Verletztenrente) von 2.258,57 DM überstieg
den Grenzbetrag in Höhe der Rente aus der RV von 1.636,85 DM um 621,72 DM, weshalb sie die zu leistende Rente
um diesen Betrag minderte (vgl. Anlage 7 des Bescheides vom 29. März 2000). Dieser Betrag von 1.015,13 DM,
reduziert um den Anteil zur Kranken- und Pflegeversicherung, bestimmte dann den monatlichen Auszahlungsbetrag.
Eine vergleichbare Berechnung führte sie auch mit den angepassten veränderten Werten in der Folgezeit durch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht durch die
Bescheide vom 12. November 1999 und 29. März 2000 abgeholfen worden war. Die Festsetzung des Grenzbetrages
auf 70 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes der Leistungen aus der UV sei rechnerisch zutreffend und entspreche dem
Gesetz. Nach § 93 SGB VI werde bei Zusammentreffen einer Rente aus der RV und einer Rente aus der UV die
Rente nach dem SGB VI insoweit nicht mehr geleistet, als ein bestimmter Grenzbetrag überschritten werde.
Maßgeblicher Ausgangswert sei allein der Jahresarbeitsverdienst, der der Rente aus der UV zu Grunde liege. Das sei
ein Wert, auf den die Beklagte keinen Einfluss habe. Durch den Mindestgrenzbetrag werde sichergestellt, dass
insgesamt jedenfalls der Monatsbetrag der Rente aus der RV erreicht werde.
Mit seiner dagegen zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf eine höhere Rente
wegen Berufsunfähigkeit auf Grund einer anderen Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes weiter. Zwar sei nicht zu
beanstanden, dass gemäß § 93 SGB VI die Rente wegen Berufsunfähigkeit insoweit gemindert werde, als sie den
Grenzbetrag von 70 v.H. eines Zwölftels des Jahresarbeitsverdienstes übersteige. Als Jahresarbeitsverdienst dürfe
jedoch nicht der pauschale und fiktive Jahresarbeitsverdienst von einheitlich 13.680,00 DM für das Jahr 1990 zu
Grunde gelegt werden, der für alle bestehenden Unfallrenten der DDR eingeführt worden sei. Selbst wenn diese
pauschale Gleichbehandlung für die Berechnung der Verletztenrente berechtigt gewesen sein möge, so gelte dies
nicht für die Grenzbetragsberechnungen bei den Renten aus der RV. Hier müsse der konkrete und leicht feststellbare
tatsächliche Arbeitsverdienst im Jahr vor dem Arbeitsunfall zu Grunde gelegt werden. Wäre dieser Betrag
umgerechnet und sogar nur ab 1991 nach den Anpassungsfaktoren in den neuen Bundesländern dynamisiert worden,
ergäbe sich ein Grenzbetrag von 59.788,08 DM (ab 1. April 1999). Dieser müsse in die Berechnung der Beklagten
einfließen. Er habe immer ein hohes Arbeitseinkommen in Nähe der Beitragsbemessungsgrenze erzielt, weil er sich
trotz des Unfalls im handwerklichen Bereich weiterqualifiziert habe. Für dieses Engagement werde er nunmehr
bestraft, weil ein fiktiver Jahresarbeitsverdienst zu Grunde gelegt werde, der dem tatsächlichen Arbeitsverdienst in
keiner Weise - weder vor noch nach dem Unfall - entspreche. Die von der Beklagten vorgenommene Minderung seiner
Rente ausgehend von einem fiktiven Jahresarbeitsverdienst verstoße in zweifacher Weise gegen Artikel 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG). Zum einen werde er gegenüber solchen Rentnern benachteiligt, deren Arbeitsunfall in den alten
Bundesländern eingetreten sei. Zum anderen liege auch eine Benachteiligung innerhalb der Versicherten in der DDR
vor. Diejenigen, die vor dem Arbeitsunfall ein niedriges Einkommen gehabt und solche, die eine niedrige Rente aus
der RV erworben hätten - beispielsweise weil sie nicht in die FZR eingezahlt hätten -, würden ihm gegenüber doppelt
begünstigt. Sie erhielten gemessen am tatsächlichen Jahresarbeitsverdienst vor dem Unfall eine höhere
Verletztenrente, und die Minderung der Rente aus der RV falle niedriger aus.
Im September 2000 beantragte der Kläger gegenüber der BG die Festsetzung eines höheren Jahresarbeitsverdienstes
für die Berechnung seiner Verletztenrente auf Grund der Härtefallregelung des § 87 des Siebten Buches des
Sozialgesetzbuchs (SGB VII). Zur Begründung verwies er darauf, dass auf Grund des pauschalen, gegenüber seinem
tatsächlichen Einkommen zu niedrigen Jahresarbeitsverdienstes sich eine Minderung seiner Renten aus der RV
ergebe, weshalb die Jahresarbeitsverdienstgrenze aus Härtefallgründen erhöht werden müsse. Dies lehnte die BG ab.
Im Rentenangleichungsgesetz sei bestimmt worden, dass alle Bestandsrenten im Beitrittsgebiet ab dem 1. Juli 1990
auf der Grundlage eines durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsverdienstes von 1.140,00 DM neu festgesetzt
würden. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Das Sozialgericht Berlin führte in seiner Entscheidung vom 19. April
2002 aus, dass der identische Jahresarbeitsverdienst für alle Versicherten, die im Beitrittsgebiet einen Arbeitsunfall
erlitten haben, schon deshalb gerechtfertigt sei, weil nach dem Recht der DDR lediglich ein Einkommen von 600,00
Mark monatlich als beitragspflichtig und damit der Rentenbemessung dienend habe zu Grunde gelegt werden können.
Weitergehende Beitragszahlungen unter anderem im Rahmen von freiwilligen Zusatzversicherungen wirkten sich
lediglich auf die Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrenten, nicht jedoch auf die Unfallrenten, aus. Auch gegenüber
den Versicherten aus dem alten Bundesgebiet liege kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor, denn die
unterschiedlichen Regelungen entsprächen den unterschiedlichen Traditionen der beiden Rechtsordnungen und führten
im Hinblick auf die Bestandsrenten aus der ehemaligen DDR die Grundsätze des Unfallrechts der DDR fort. Eine
Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes nach billigem Ermessen (§ 87 SGB VII) sei ausgeschlossen, da nach § 215
Abs. 2 SGB VII die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst nicht für Versicherungsfälle gälten, die im
Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 eingetreten seien. In diesem Fall komme ausschließlich die Vorschrift des §
1152 RVO zur Anwendung. Soweit es dem Kläger um die nach seiner Auffassung rechtswidrige Kürzung seiner Rente
wegen Berufsunfähigkeit gehe, begründe auch dies keinen Anspruch, da die Anwendung von § 93 SGB VI nicht dem
Unfallversicherungsträger, sondern ausschließlich dem Träger der RV obliege. Die vom Kläger gegen dieses Urteil
erhobene Berufung ist beim Landessozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen anhängig.
Mit Bescheid vom 12. Juli 2001 hat die Beklagte dem Kläger statt der bisherigen Rente ab dem 1. Juli 2001
Altersrente für Schwerbehinderte gewährt. Wegen Zusammentreffens der Rente mit der Verletztenrente aus der UV
hat sie die ab dem 1. Juli 2001 errechnete monatliche Altersrente von 2.591,61 DM um 654,39 DM auf 1.937,22 DM
gemindert (zu den Einzelheiten vgl. Anlage 7 des Bescheides vom 12. Juli 2001). Dieser Bescheid werde Gegenstand
des anhängigen Verfahrens.
Das Sozialgericht hat die - auch den Altersrentenbescheid betreffende - Klage durch Urteil vom 30. April 2002
abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf die Berücksichtigung eines höheren Jahresarbeitsverdienstes aus der UV
bei der Berechnung des Anrechnungsbetrages der Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Altersrente wegen
Schwerbehinderung. Die gesetzlichen Vorschriften seien zutreffend angewendet worden. Die vom Kläger geltend
gemachte Ungleichbehandlung zwischen Versicherten in den alten und neuen Bundesländern sei in der
Grundentscheidung des Gesetzgebers begründet, für die in der DDR bereits gezahlten Unfallrenten nicht den
tatsächlichen Jahresarbeitsverdienst zu Grunde zu legen, sondern einen für alle Unfallrenten gleichen Wert. Diese
Grundentscheidung könne nicht dadurch unterlaufen werden, dass im Rahmen von § 93 SGB VI als Grenzwert
nunmehr der tatsächliche Jahresarbeitsverdienst im Jahr vor dem Arbeitsunfall in die Berechnung einfließe. Auch
soweit der Kläger geltend mache, dass die Kürzung auf der Grundlage von § 93 SGB VI umso höher ausfalle, je höher
die Gesamtversorgung aus der RV sei, liege kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Der Gesetzgeber habe
sich bei der Herstellung der deutschen Rechtseinheit in einer Ausnahmesituation befunden, die typisierende
Vereinheitlichungen gerechtfertigt habe.
Gegen das ihm am 4. Juli 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. August 2002 erhobene Berufung des Klägers.
Unter Erweiterung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens macht er geltend, dass durch § 93 SGB VI die
ohnehin schon vorhandene Ungleichbehandlung zwischen Rentnern in den alten und neuen Bundesländern verstärkt
werde. Die Grenzwertreduzierung bei Zusammentreffen von Verletztenrenten und Renten aus der RV beträfen alle
Bestandsunfallrentner der neuen Bundesländer, und dies umso stärker, je höher ihre mit eigenen Beiträgen erworbene
Rente aus der RV sei. Der Zweck der Grenzwertregelung, Überversorgungen zu vermeiden, wenn die Rentenbeträge
aus der gesetzlichen RV und der UV den früheren Nettoarbeitsverdienst überstiegen, könne bei der derzeitigen
Ausgestaltung für Bestandsunfallrenten der DDR nicht verwirklicht werden, denn die fiktive
Jahresarbeitsverdienstgrenze knüpfe gerade nicht an das tatsächliche Einkommen an. Bei wirtschaftlicher
Betrachtung verbleibe ihm aus der Verletztenrente für den Arbeitsunfall lediglich der Mindestbetrag der Grundrente
nach dem BVG (rd. 350,00 DM monatlich). Damit könnten jedoch weder die durch die Unfallfolgen eingetretenen
zusätzlichen materiellen Einbußen (u.a. durch die vorzeitige Berentung auf Grund der Unfallfolgen), noch die
unfallbedingt entstehenden Mehraufwendungen ansatzweise ausgeglichen werden.
Bei richtiger individueller Berücksichtigung des Jahresarbeitsverdienstes dürfe es zu keiner Anrechnung der
Verletztenrente kommen. Rechne man seinen individuellen Verdienst im Jahr vor dem Unfall (12.100,67 Mark) in DM-
Beträge um (23.629,36 DM) und dynamisiere diesen Betrag seit 1990 entsprechend der Anpassungen in der UV für
die neuen Bundesländer, so ergebe sich ab dem 1. April 1999 (Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit) ein
Jahresarbeitsverdienst von 59.788,08 DM. Daraus errechne sich nach § 93 SGB VI ein individueller Grenzbetrag von
2.325,21 DM monatlich (ein Zwölftel von 70 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes multipliziert mit dem Faktor für die
Rente wegen Berufsunfähigkeit). Da die Rente aus der RV (1.636,85 DM) und die Rente aus der UV (621,72 DM)
zusammengenommen mit 2.258,57 DM niedriger sei als dieser Grenzbetrag, sei die Rente wegen Berufsunfähigkeit
voll auszuzahlen.
Das gelte erst recht, wenn der Jahresverdienst vor seinem Unfall (umgerechnet 23.629,36 DM) seit 1971
entsprechend der Anpassungen in den alten Bundesländern dynamisiert worden wäre. Dann ergäbe sich für die Zeit ab
dem 1. April 1999 ein zu berücksichtigender Jahresarbeitsverdienst von 87.083,71 DM. Die gleichen Überlegungen
würden auch für die Altersrente gelten, weshalb die Verletztenrente auch hier nicht anzurechnen sei.
Die gesetzlichen Regelungen seien in ihrem Zusammenwirken verfassungswidrig. Die Ungleichbehandlung zwischen
Unfallrentnern der alten und neuen Bundesländer werde erweitert, weil der pauschale Jahresarbeitsverdienst trotz
Anpassung immer weniger dem Durchschnittsverdienst entspreche. 1990 habe ein Jahresarbeitsverdienst von
13.680,00 DM noch knapp dem Durchschnittsverdienst in den neuen Ländern entsprochen, inzwischen würden nicht
einmal mehr zwei Drittel des Durchschnittsverdienstes erreicht. Bei allen Unfallrentnern, die in der DDR mehr als rund
zwei Drittel des Durchschnittseinkommens verdient hätten, werde der Grenzwert aus der RV angewandt, so dass der
größte Teil von ihnen nicht einmal mehr die 50 v.H. der Unfallrente, die ihnen nach dem Einigungsvertrag (EV)
zugestanden hätten, behalten könnten. Wenn sich der Gesetzgeber schon dazu entschlossen habe, die
Pauschalierungen aus DDR-Zeiten in der Unfallversicherung beizuhalten und damit einen Systembruch im Recht der
Bundesrepublik Deutschland hinzunehmen, müsse er diese Regelungen auf den Bereich der UV begrenzen und in der
Grenzwertberechnung für die RV den tatsächlichen individuellen Jahresarbeitsverdienst berücksichtigen. Jedenfalls
müsse zumindest, wie ursprünglich im EV vorgesehen, die höhere Rente voll und die niedrigere zu 50 v.H. gezahlt
werden, es dürfe also höchstens zu einer Anrechnung der Hälfte der Verletztenrente kommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. April 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide
vom 10. August 1999, 12. November 1999 und 29. März 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli
2000 sowie unter Änderung des Bescheides vom 12. Juli 2001 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit
sowie eine Altersrente für Schwerbehinderte ohne Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Entscheidung des Sozialgerichts.
Im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 10. April 2003 - B 4 RA 32/02 R - hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis
hinsichtlich der Anrechnungsfähigkeit der Verletztenrente dahingehend abgegeben, dass für die Renten wegen
Berufsunfähigkeit und wegen Schwerbehinderung als Freibetrag von der Verletztenrente die vollen Grundbeträge nach
einer MdE von 50 v.H. nach § 31 Abs. 1 BVG ohne die bisherige Kürzung für das Beitrittsgebiet in Abzug gebracht
werden und die Zahlbeträge der Renten von Anfang an neu berechnet werden. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis
angenommen und macht weiter geltend, dass die Verletztenrente überhaupt nicht anzurechnen sei.
Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte (L 12 RA 36/02, vormals S 9 RA 3889/00) und die von der Beklagten
vorgelegte Rentenakte (Versicherungsnummer)sowie die Akten des sozialgerichtlichen Verfahrens gegen die BG
(Aktenzeichenvormals), einschließlich der Verwaltungsakte der BG verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist über das angenommene Teilanerkenntnis hinaus unbegründet. Dem Kläger
stehen höhere Zahlungsansprüche aus der Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Altersrente wegen
Schwerbehinderung nicht zu.
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind sowohl die Bescheide über die Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 10.
August 1999, 12. November 1999 und 29. März 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2000, als
auch der Bescheid über die Gewährung von Altersrente für Schwerbehinderte vom 12. Juli 2001. Zwar konnte die
Gewährung der Altersrente ab dem 1. Juli 2001 schon wegen der anderen zeitlichen Geltung die Verwaltungsakte über
die Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. April 1999 bis 30. Juni 2001 weder ersetzen
noch abändern, weshalb § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht unmittelbar anzuwenden ist. Der
Bescheid über die Berechnung der Altersrente ist aber im Wege der analogen Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG
Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden, denn der Kläger greift die Berechnung des Zahlbetrages der
Altersrente durch Anrechnung der gleichzeitig gewährten Verletztenrente aus den gleichen Gründen an, aus denen er
auch einen höheren Zahlungsanspruch aus seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit begehrt. Statt des fiktiven und
pauschalen Jahresarbeitsverdienstes, der für alle Bestandsunfallrenten aus der DDR zu Grunde gelegt wird, soll im
Rahmen der Grenzwertberechnung sein tatsächliches, im Jahr vor dem Arbeitsunfall erzieltes Bruttoarbeitsentgelt -
nach Umwertung und Dynamisierung - in die Berechnung nach § 93 SGB VI eingehen. In Fällen dieser Art gebietet die
durch § 96 SGG bezweckte Prozessökonomie auch die Einbeziehung eines Bescheides über die Altersrente in ein
anhängiges Gerichtsverfahren über eine Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27. März
1974 - 1 RA 157/73 - SozR 2200 § 1254 RVO Nr. 1; BSG, Urteil vom 27. März 1974 - 1 RA 103/73 - SozR 1500 § 96
SGG Nr. 2).
Der Rechtsstreit ist auch im Hinblick auf das anhängige Gerichtsverfahren gegen die BG weder auszusetzen, noch
sind die Bescheide für vorläufig zu erklären. Zwar wird die Berechnung des Anrechnungsbetrages maßgeblich durch
den der Verletztenrente zu Grunde liegenden Jahresarbeitsverdienst bestimmt, weshalb bei einer nicht
bestandskräftigen Entscheidung der BG ein solches Verfahren erwogen werden könnte. Hier liegt jedoch eine
bestandskräftige Entscheidung über die Höhe des Jahresarbeitsverdienstes durch die BG vor, die durch den Antrag
des Klägers, im Überprüfungsverfahren einen anderen Jahresarbeitsverdienst zu berücksichtigen, nicht berührt wird.
2. Die Beklagte hat - unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses - die monatlichen Zahlungsansprüche des
Klägers zutreffend berechnet (a). Sowohl die Regelungen zum Zusammentreffen von Leistungen aus der UV und der
RV (b) als auch die Sondervorschriften zur Bemessung der Unfallrenten, die für Versicherungsfälle im Beitrittsgebiet
vor dem 1. Juli 1990 gelten (c), sind verfassungsgemäß. Soweit das Zusammenwirken von Anrechnungsvorschriften
in der RV mit den Regelungen über den fiktiven Jahresarbeitsverdienst für die neuen Bundesländer in der UV zu einer
Schlechterstellung von "Bestandsunfallrentnern" in den neuen Bundesländern gegenüber solchen in den alten
Bundesländern bei vergleichbarem Einkommensniveau führt, ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt und
verstößt weder gegen Artikel 3 Abs. 1 GG noch gegen Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG (d).
a) Die Beklagte hat § 93 Abs. 1, 3 SGB VI - mit Ausnahme des zunächst für das Beitrittsgebiet reduzierten
Grundfreibetrages nach dem BVG - rechnerisch zutreffend angewandt. Sie hat zunächst die Summe der
zusammentreffenden berücksichtigungsfähigen Rentenbeträge aus der Rente nach dem SGB VI (Rente wegen
Berufsunfähigkeit bzw. Altersrente für Schwerbehinderte) und der Leistungen aus der UV (also die Verletztenrente
abzüglich eines Betrages entsprechend der nach der MdE von 50 berechneten Grundrente nach dem BVG) ermittelt.
Diesem Betrag hat sie dann den für die Leistungen aus der UV maßgeblichen Grenzbetrag gegenübergestellt. Der
Grenzbetrag nach § 93 Abs. 1, 3 SGB VI beträgt 70 v.H. eines Zwölftels des Jahresarbeitsverdienstes, der der
Berechnung der Rente aus der UV zu Grunde liegt. Die Beklagte hat den von der BG mitgeteilten
Jahresarbeitsverdienst, nach dem die Verletztenrente des Klägers berechnet wird, in die Berechnung eingestellt. Sie
hat sich dabei auf die Formulierung "des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Rente aus der UV zu
Grunde liegt" (§ 93 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI) bezogen. Für die ab dem 1. Juli 2001 gewährte Altersrente hat
sie einen Grenzbetrag von 2.128,12 DM und für die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. April 1999 einen
Grenzbetrag von 1.346,47 DM (bereits multipliziert mit dem maßgeblichen Rentenartfaktor) ermittelt.
Da sowohl die nach dem SGB VI zu gewährende Rente wegen Berufsunfähigkeit (1.636,85 DM ab dem 1. Mai 1999)
als auch die Altersrente für Schwerbehinderte (2.591,61 DM ab dem 1. Juli 2001) höher waren als der Grenzwert, kam
als zweiter Grenzwert der Mindestgrenzbetrag als Monatsbetrag der Rente aus der RV (§ 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VI)
zum Tragen. Dies bewirkte, dass die Renten nach dem SGB VI in voller Höhe um die anrechnungsfähige
Verletztenrente gekürzt wurden. Durch das Teilanerkenntnis der Beklagten im Termin vom 9. September 2003 ändert
sich weder die Grenzbetragsberechnung auf Grundlage des fiktiven Jahresarbeitsverdienstes noch der monatliche
Wert des Rechts auf Rente. Lediglich die Anrechnungsfähigkeit der Verletztenrente verringert sich durch den zunächst
von der Beklagten fälschlich für das Beitrittsgebiet abgesenkten Wert der Grundbeträge nach dem BVG. Dies
bedeutet beispielsweise für April 1999, dass statt des von der Beklagten zunächst berücksichtigten reduzierten
Betrages von 340,00 DM nunmehr 396,00 DM von der Verletztenrente in Abzug zu bringen sind; dementsprechend
erhöht sich der monatliche Zahlungsanspruch des Klägers für April 1999 um 56,00 DM.
Die Beklagte hat ungeachtet dessen, dass der Kläger bereits in der DDR eine Rente aus der UV bezogen hat, nicht 50
v.H. der Verletztenrente des Klägers anrechnungsfrei gestellt (wie dies das Recht der DDR vorsah). Mit dem Gesetz
zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren
rentenrechtlichen Regelungen (Rentenangleichungsgesetz) vom 28. Juli 1990 (GBl. I S. 495, ber. S. 1457) wurden die
Unfallrenten auf Grundlage eines durchschnittlichen monatlichen Arbeitsverdienstes von 1.140,00 DM
(Berechnungsgrundlage) neu festgesetzt und einschließlich der Zuschläge auf 85 v.H. der Berechnungsgrundlage
begrenzt (§ 4 Abs. 1, 4 RAnglG-DDR). Bei einem Anspruch auf mehrere Renten der Sozialversicherung wurde eine als
zweite Leistung gezahlte Unfallrente neu festgesetzt und in Höhe von 50 v.H. dieser Rente gezahlt (§ 8 Abs. 2
RAnglG-DDR). Dieses Gesetz ist mit Wirkung vom 1. Januar 1992 außer Kraft getreten (Artikel 41 Nr. 3 des
Rentenüberleitungsgesetzes [RÜG] vom 25. Juli 1991 [BGBl. I S. 1606]). Das RÜG übernahm als Übergangsrecht die
Berechnungsvorschriften für das Zusammentreffen von Renten nach dem RÜG und Leistungen aus der UV. Bestand
danach für denselben Zeitraum Anspruch auf mehrere nicht gleichartige Renten und ist eine der Renten eine Rente
aus der UV, wurden jedenfalls 50 v.H. der niedrigeren Rente geleistet (Artikel 2 RÜG § 43 Abs. 2). Diese Regelung
findet auf den Kläger jedoch keine Anwendung, da er weder dem sachlichen noch dem persönlichen
Anwendungsbereich des RÜG unterfällt. Der Kläger bezieht keine Rente nach dem RÜG, sondern nach dem SGB VI.
Außerdem beginnt seine Rente aus der RV nicht zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 1996 (vgl.
Artikel 2 RÜG § 1 Abs. 1 Nr. 3), sondern im April 1999. Erst seither treffen auch zwei Leistungen aus der
Sozialversicherung zusammen.
b) Es ist geklärt, dass die Regelungen zum Zusammentreffen von Renten aus der RV und UV für sich genommen
verfassungsgemäß sind und ausreichend die erworbenen Rechte der Rentner berücksichtigen, die gleichzeitig
Leistungen aus beiden Sozialversicherungssystemen beanspruchen können. Bereits die vor 1992 geltende
Reichsversicherungsordnung (§ 1278 Abs. 1 RVO) bzw. das Angestelltenversicherungsgesetz (§ 55 Abs. 1 AVG)
sahen vor, dass bei einem Zusammentreffen mit Verletztenrenten die Rente aus der RV insoweit ruht, als sie
zusammen mit der Verletztenrente 85 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Verletztenrente oder
85 v.H. der für die Berechnung der Rente maßgeblichen Rentenbemessungsgrundlage zu Grunde lag, übersteigt. Als
weiterer Grenzwert galt ähnlich dem geltenden Recht die Höhe der Rente aus der RV, die ohne Anwendung der
Ruhensvorschriften zu zahlen wäre. Zweck der Regelung war und ist es, Doppelversorgungen durch funktionsgleiche
Leistungen aus verschiedenen öffentlich-rechtlichen Systemen zu vermeiden. Ein Versicherter soll durch das
Zusammentreffen von Verletztenrente und gesetzlicher Rente nicht höhere Leistungen erhalten als sein tatsächlich
erzieltes Nettoeinkommen im Jahr vor dem Arbeitsunfall.
Seit 1992 beträgt der Grenzbetrag nur noch 70 v.H. eines Zwölftels des für die Rente aus der UV maßgeblichen
Jahresarbeitsverdienstes. Dadurch wird erreicht, dass dem Berechtigten auch nach Anrechnung seiner Rente aus der
UV auf die Rente aus der RV zusätzlich zum Freibetrag nach § 93 Abs. 2 SGB VI insgesamt ein Betrag verbleibt,
ungefähr seinem fortgeschriebenen Nettoverdienst vor Eintritt seines Arbeitsunfalls entspricht. Die Einkünfte aus der
Sozialversicherung sollen die Erwerbseinbußen ausgleichen, die der Versicherte infolge einer Minderung seiner
Arbeitskraft erlitten hat. Sie sollen aber nicht zu einem dem Sinn der Sozialversicherung widersprechenden Gewinn
führen (BSGE 22, 233 [234] unter Hinweis auf BT, 2. Wahlperiode 186. Sitzung vom 18. Januar 1957, S. 10399 C). Im
Hinblick auf diese Zielsetzungen ist die Regelung über das Zusammentreffen unterschiedlicher Renten eine zulässige
Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Artikel 14 Abs. 1 GG und vereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz nach
Artikel 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Dreier-Ausschusses vom 19. Juli 1984, SozR 2200 § 1278 Nr. 11;
ausführlich auch zur Entstehungsgeschichte: BSG, Urteil vom 31. März 1998, BSGE 82, 83-106 = SozR 3-2600 § 93
Nr. 7).
c) Es ist auch geklärt, dass die Sondervorschriften zur Bemessung des Jahresarbeitsverdienstes in der UV für
Versicherungsfälle, die im Beitrittsgebiet vor dem 1. Juli 1990 eingetreten sind, verfassungsgemäß sind. Die
Berechnung der Verletztenrenten für alte Versicherungsfälle der DDR ist durch § 215 Abs. 2 SGB VII i.V.m. §§ 1151
bis 1153 RVO abweichend vom übrigen Bundesgebiet geregelt. Für Arbeitsunfälle, die vor dem 1. Juli 1990 im
Beitrittsgebiet eingetreten sind, gilt als Berechnungsgrundlage für die ab dem 1. Juli 1990 zu zahlende Rente ein
Betrag von 13.680,00 DM als Jahresarbeitsverdienst. Damit knüpft das Gesetz an das Rentenangleichungsgesetz der
DDR an, welches die bestehenden Unfallrenten auf Grundlage dieses Arbeitsverdienstes neu festgesetzt hat.
Gleichzeitig sieht § 1153 RVO eine abweichende Dynamisierung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen
Geldleistungen entsprechend dem aktuellen Rentenwert (Ost) vor.
Die in der Regel gegenüber dem tatsächlichen Arbeitsverdienst geringere Höhe der für die Berechnung zu Grunde zu
legenden Jahresarbeitsverdienste mit der Folge niedrigerer Verletztenrenten verstößt nicht gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG. Die Pauschalierung findet ihre Rechtfertigung darin, dass sie auf
Rechtsnormen beruht, welche im Zuge der Wiedervereinigung zur Überführung des Rechts der DDR in das Rechts-
und Sozialsystem der Bundesrepublik geschaffen werden mussten, und in der weiten Gestaltungsfreiheit des
Gesetzgebers für die Frage, wie er Ansprüche mit Anknüpfungspunkt im Beitrittsgebiet überführen wollte. Bei der
Übernahme der Renten der RV im Beitrittsgebiet wurden Grundsätze wie das Versicherungsfallprinzip, die
Gleichbehandlung, der Vertrauensschutz und die Verwaltungspraktikabilität beachtet. Schließlich durften auch die
unfallversicherungsspezifischen Besonderheiten der unterschiedlichen Sozialversicherungssysteme berücksichtigt
werden. Nach dem Recht der DDR hatten Unfallrentner einen durch die unfallversicherungsrechtliche
Beitragsbemessungsgrenze von 600,00 Mark der DDR begrenzten Leistungsanspruch auf maximal 400,00 Mark
monatlich bei einer Vollrente. Daher waren die im Beitrittsgebiet und im alten Bundesgebiet zu leistenden Unfall- bzw.
Verletztenrenten bereits wegen der unterschiedlichen Beitragsbemessungsgrenze für die UV nicht miteinander
vergleichbar. Der Gesetzgeber war schon deshalb nicht verpflichtet, die überzuführenden Leistungen dem Niveau der
alten Bundesländer anzupassen. Es lagen mithin sachliche Gründe für eine Differenzierung zwischen Leistungen aus
der UV mit Anknüpfungspunkt je nach Beschäftigungsort bzw. Tätigkeitsort vor (BSG, Urteil vom 18. April 2000 -B 2
U 30/99 R- HVBG-INFO 2000, 1.744).
d) Die durch das Zusammenwirken von Anrechnungsvorschriften in der RV und dem fiktiven Jahresarbeitsverdienst in
der UV bedingte Schlechterstellung von unfallverletzten Rentenbeziehern mit vergleichbarem Einkommen in den
neuen gegenüber den alten Bundesländern verstößt weder gegen Artikel 3 Abs. 1 noch gegen Artikel 14 Abs. 1 GG.
aa) Es liegt allerdings eine Ungleichbehandlung von Rentnern mit gleichzeitigem Anspruch auf Leistungen aus der UV
und RV vor, je nachdem, ob der Unfall im Beitritts- oder übrigen Bundesgebiet einetreten ist. Sie ist um so größer, je
höher das tatsächlich erzielte Einkommen im Jahr vor dem Unfall war und je höher die Rente aus der RV ist. In den
alten Bundesländern und in den neuen Bundesländern bei Unfällen seit dem 1. Januar 1992 (für Unfälle im
Beitrittsgebiet zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 31. Dezember 1992 galten wiederum andere
Berechnungsgrundlagen für die UV) gewährleistet die individuelle Grenzwertberechnung, dass eine Verletztenrente bei
Zusammentreffen mit einer Rente nach dem SGB VI je nach Grad der MdE vollständig oder jedenfalls in
nennenswertem Umfang erhalten bleibt. Dies hängt damit zusammen, dass der tatsächlich im Jahr vor dem Unfall
erzielte und dynamisierte Jahresarbeitsverdienst selbst nach der Reduzierung auf 70 v.H. i.d.R. deutlich höher ist als
die Rente aus der RV; oder anders formuliert: das Sicherungsniveau in der UV ist mit 70 v.H. eines bestimmten
Jahresarbeitsverdienstes i.d.R. höher als das Sicherungsniveau aus der RV weshalb beide Leistungen nebeneinander
bezogen werden können. Die unterschiedlichen Auswirkungen der Grenzwertberechnung sind nachfolgend für das Jahr
2000 (für das bereits das Durchschnittseinkommen aller Beschäftigten festgestellt wurde) exemplarisch darzustellen.
Das durchschnittliche Bruttoeinkommen der abhängigen Beschäftigten in der RV betrug im Jahr 2000 54.256,00 DM
(vgl. Anlage 1 zum SGB VI). Wegen der höheren Bemessungsgrenze ist davon auszugehen, dass der
durchschnittliche Jahresarbeitsverdienst in der UV nach § 82 SGB VII mindestens diesen Betrag erreichte. Auf Grund
der Dynamisierungsvorschriften ist vereinfacht weiter davon auszugehen, dass dieser Wert auch einem früheren
durchschnittlichen Jahreseinkommen entspricht. Die Verletztenrente für einen solchen durchschnittlichen
Jahresarbeitsverdienst würde ein Zwölftel von zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes nach § 56 Abs. 3 SGB VII bei
einer MdE von 100 3.014,22 DM monatlich, bei einer MdE von 50 1.507,11 DM monatlich betragen. Anrechnungsfähig
wären von den letzteren nach Abzug des BVG-Freibetrages ab dem 1. Juli 2000 1.103,11 DM monatlich. Für das
Zusammentreffen mit einer Rente nach dem SGB VI ergäbe sich auf dieser Grundlage ein monatlicher Grenzwert von
3.164,93 DM (ein Zwölftel von 70 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes). Die durchschnittlichen Altersrenten
(Rentenzahlbeträge der Rentenzugänge) für Männer in den alten Bundesländern erreichten im Jahr 2000 eine Höhe
von 1.791,00 DM (Verband deutscher Rentenversicherungsträger -VdR-, Rentenversicherung in Zahlen 2001, S. 46).
Träfe eine solche durchschnittliche Altersrente mit einer durchschnittlichen Verletztenrente (für einen Grad der MdE
von 50) zusammen, bliebe die Rente aus der UV anrechnungsfrei. Erst bei überdurchschnittlich hohen Renten nach
dem SGB VI, einem hohen Grad der MdE oder einem unterdurchschnittlich niedrigen Jahresarbeitsverdienst im Jahr
vor dem Arbeitsunfall würde das Zusammentreffen der Renten für Tatbestände in den alten Bundesländern bzw. seit
1992 in den neuen Bundesländern zu erweiterten Anrechnungen führen.
Davon unterscheidet sich grundsätzlich die Situation von unfallverletzten Rentenberechtigten in den neuen
Bundesländern bei einem Arbeitsunfall vor dem 1. Juli 1990. Zwar ist der fiktive Jahresarbeitsverdienst für die UV in
den neuen Bundesländern durch die Dynamisierung entsprechend dem aktuellen Rentenwert Ost (§ 215 Abs. 2 SGB
VII i.V.m. § 1153 RVO) vor allem von 1991 bis 1994 deutlich gestiegen, weshalb sich der Unterschied zwischen den
fiktiven Werten und den realen Durchschnittsverdiensten zunächst angeglichen hat. Auf Grund der Entwicklung der
Gehälter in den alten und neuen Bundesländern hat sich dieser ursprünglich überproportionale Anstieg gegenüber den
alten Bundesländern jedoch verlangsamt. Dessen ungeachtet ist wegen des niedrigen Ausgangsbetrages von
13.680,00 DM für die neuen Bundesländer im Jahr 1990 bei einem Durchschnittseinkommen von 41.946 DM in
diesem Jahr selbst bei einer höheren Dynamisierung der Rentenanpassungen in den neuen gegenüber den alten
Bundesländern davon auszugehen, dass der fiktive Jahresarbeitsverdienst nach § 215 Abs. 2 SGB VII i.V.m. § 1152
Abs. 2 RVO auf Dauer nicht den durchschnittlichen realen Jahresarbeitsverdienst erreichen wird. Dies gilt erst recht
für den Kläger, der im Jahr vor dem Unfall ein überdurchschnittlich hohes Einkommen erzielt hat und der eine
überdurchschnittlich hohe Rente erhält.
Bei Bestandsunfallrentnern aus dem Beitrittsgebiet, die eine Rente nach dem SGB VI erhalten, führt bereits eine
durchschnittlich hohe Altersrente dazu, dass die Verletztenrente fast vollständig zur Anrechnung gelangt. Dies kann
exemplarisch für das Jahr 2000 verdeutlicht werden. Der dynamisierte, fiktive Jahresarbeitsverdienst für die UV betrug
ab Juli 2000 35.728,12 DM, was einen monatlichen Grenzwert nach § 93 SGB VI von 2.084,14 DM (ein Zwölftel von
70 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes) begründete. Die durchschnittlichen Rentenzahlbeträge für Männer in den neuen
Bundesländern betrugen im Jahr 2000 bei den laufenden Renten 2.035,00 DM (VdR, Rentenversicherung in Zahlen
2001, S. 34). Damit war die durchschnittliche laufende Altersrente um knapp 50,00 DM niedriger als der Grenzwert,
anders formuliert: Von der anrechnungsfähigen Verletztenrente blieben lediglich 49,14 DM monatlich anrechnungsfrei.
Bei den durchschnittlichen Regelaltersrenten ab dem 65. Lebensjahr lag sogar der durchschnittliche monatliche
Rentenzahlbetrag von 2.136,00 DM im Jahr 2000 (VdR, aaO) über dem Grenzwert für die Zusammenrechnung der
beiden Leistungen. Einem durchschnittlichen Regelaltersrentner in den neuen Bundesländern verbleibt damit von der
Verletztenrente in der Regel nur der ohnehin anrechnungsfreie Grundbetrag nach dem BVG. Dies gilt erst recht für
solche unfallverletzten Rentner, die - wie der Kläger - eine überdurchschnittlich hohe Altersrente oder auch
Erwerbsminderungsrente erhalten.
bb) Diese Ungleichbehandlung von unfallverletzten Rentenberechtigten mit einem Arbeitsunfall in den neuen
Bundesländern vor dem 1. Juli 1990 gegenüber anderen Versicherten ist jedoch durch das unterschiedliche
Sicherungsniveau für Einkommensverluste aus der UV in der früheren DDR gegenüber dem in den alten
Bundesländern zu rechtfertigen. Soweit die UV auch einen immateriellen Schaden abdeckt, wird dieser gleichermaßen
und in gleicher Höhe durch die Freibetragsregelung ausgeglichen.
Die Leistungen aus der UV und der RV haben partiell die gleiche Funktion: Sie sollen Verluste aus
Erwerbseinkommen ausgleichen. Bei der UV sind dies die unfallbedingten Einkommensverluste, bei der RV die
Einkommensverluste durch Erwerbsminderung oder Alter. Besonders offensichtlich ist dies, wenn auf Grund eines
Arbeitsunfalls sowohl eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. voller Erwerbsminderung und eine volle
Verletztenrente zu gewähren ist. Eine Kumulation beider Leistungen wäre hier schon deshalb nicht sachgerecht, weil
der Einkommensverlust nur einfach und nicht doppelt durch die Sozialversicherung auszugleichen ist. Auch die
Altersrente dient dem Einkommensersatz, da mit dem Eintritt des Versicherungsfalls des Alters regelmäßig auch die
Erwerbstätigkeit aufgegeben und kein Erwerbseinkommen mehr erzielt wird. Bei den unfallverletzten Rentnern in den
alten Bundesländern bzw. in den neuen Bundesländern mit Unfällen seit dem 1. Januar 1992 gewährleistet die UV und
die RV ein im Ansatz gleiches Sicherungsniveau. Zwei Drittel des Einkommens im Jahr vor dem Arbeitsunfall werden
als Vollrente bei Verlust der Erwerbsfähigkeit gewährt. Ein Teil davon dient dem Ausgleich des immateriellen
Schadens (Freibetrag nach dem BVG), überwiegend hat die Leistung jedoch Einkommensersatzfunktion (vgl. BSG,
Urteil vom 31. März 1998 - B 4 RA 49/96 R -, SozR 2600 § 93 Nr. 7, Seite 57 f. m.w.N.).
Auch in der RV soll ein bestimmter Anteil des sozialversicherungspflichtigen Durchschnittseinkommens im
Erwerbsleben durch die Rente ausgeglichen werden. Bis zum Rentenreformgesetz 1999 galt das Modell des so
genannten "Eckrentners", der nach 45 Beitragsjahren eine Altersrente in Höhe von 70 v.H. des
Durchschnittseinkommens eines Arbeitnehmers erreichen sollte. Treffen bei einer modelltypischen
Versicherungsbiografie beide Leistungen zusammen, so wird die Unfallente auch in den alten Bundesländern mit
Ausnahme des Freibetrages nach dem BVG voll angerechnet.
Bei den unfallverletzten Rentenbeziehern, die einen Arbeitsunfall in der DDR erlitten haben, liegt eine solche
Parallelität im Sicherungsniveau aus der UV und RV nicht vor. Das Sicherungsziel der RV ist im Grundsatz
vergleichbar, da das in der DDR erzielte Einkommen bis zu den Beitragsbemessungsgrenzen für die
Rentenberechnung berücksichtigt wird. Insoweit hat der Kläger mit seinem überdurchschnittlichen Einkommen auch
hohe Rentenanwartschaften nach Maßgabe des EV erworben. Dem gegenüber ist das Sicherungsniveau aus der UV
für frühere Arbeitsunfälle jedoch deutlich niedriger. Im Unfallversicherungsrecht der DDR war ein maximal versichertes
Einkommen von 600,00 Mark vorgesehen; die Vollrente für einen Körperschaden von 100 v.H. betrug 400,00 Mark
monatlich. Auf Grund der andersartigen Rechtsordnung ging es auch nicht darum, den zivilrechtlichen
Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber durch ein gesetzliches Unfallversicherungssystem abzulösen. Auf
Grundlage des EV (Artikel 30 Abs. 5 i.V.m. dem Rentenangleichungsgesetz der DDR) sind diese im Vergleich zu
Unfallrenten im Bundesgebiet abgesenkten Ansprüche in das bundesdeutsche Sozialversicherungssystem überführt
worden und genießen nur in dieser Höhe Eigentumsschutz. Nach der Bewertung des Gesetzgebers sollte ein
Unfallrentner, der vor dem 1. Juli 1990 einen Rentenanspruch aus der UV hatte, so behandelt werden, als hätte er im
Jahr vor dem Unfall nur ein niedriges Einkommen, nämlich hochgerechnet auf das Jahr 1990 1.140,00 DM monatlich
erzielt. Der Gesetzgeber hat damit die gesamte Gruppe der "Bestandsunfallrentner" fiktiv Personen in den alten
Bundesländern gleichgestellt, die vor dem Unfall ein so geringes Einkommen erzielt hatten.
Auf Grund dieses divergierenden Sicherungsniveaus ist es gerechtfertigt und systematisch konsequent, neben der
Rente aus der RV, die in vollem Umfang erhalten bleibt, keine Verletztenrente über dieses Sicherungsniveau hinaus
zu gewähren. Dem steht auch nicht entgegen, dass durch die Ausgestaltung der Anrechnungsvorschriften nicht der
Rentenversicherungsträger, sondern teilweise der Unfallversicherungsträger die Ansprüche aus der RV erfüllt. Es ist
zwar systemwidrig, dass beim Eintritt des Versicherungsfalls des Alters die Rente aus der RV und nicht die
Ansprüche gegen den Unfallversicherungsträger gemindert werden (BSG, a.a.O., Seite 61, 62). Gerade die
Ausgangssituation für unfallverletzte Rentenbezieher in den neuen Bundesländern zeigt, dass es systematisch
korrekt wäre, jedenfalls bei der Altersrente diese weiterhin voll zu gewähren und die Verletztenrente um die Beträge zu
kürzen, die nicht dem Ausgleich des immateriellen Schadens dienen. Diese Systemwidrigkeit führt jedoch nicht dazu,
dass eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliegt. Der Kläger erhält bei wirtschaftlicher
Betrachtung den erworbenen und eigentumsgeschützten Anspruch auf eine Altersrente (bzw. Rente wegen
Berufsunfähigkeit) in vollem Umfang; sie wird teilweise durch den Träger der UV als Leistungssurrogat ausgezahlt.
Soweit der Kläger sinngemäß weiter geltend macht, durch die Anrechnung werde der Zweck der Verletztenrente, auch
die besondere berufliche Betroffenheit auszugleichen, nicht mehr verwirklicht, greift auch dies nicht durch. Zum einen
zeigt die Versicherungsbiografie des Klägers, dass er nach dem Arbeitsunfall ein noch höheres Einkommen erzielen
konnte als davor, weshalb es zweifelhaft ist, dass den Kläger durch den Arbeitsunfall beträchtliche Nachteile in
finanziell-wirtschaftlicher Hinsicht getroffen haben. Zum anderen kann in der UV ein besonderes berufliches
Betroffensein berücksichtigt werden und nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII zu einer höheren MdE führen. In diesem
Fall erhöht sich auch der Freibetrag nach der BVG-Grundrente, weshalb ein Ausgleich erfolgen kann.
cc) Schließlich sind die Anrechnungsregelung und der Rückgriff auf einen pauschalen fiktiven Jahresarbeitsverdienst
in der UV auch durch Gründe der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt.
Der Kläger macht geltend, dass sein tatsächlicher Jahresarbeitsverdienst im Jahr vor dem Unfallereignis dynamisiert
entsprechend den Werten im Bundesgebiet, hilfsweise dynamisiert entsprechend der Werte seit 1990 in den neuen
Bundesländern für die Grenzwertberechnung berücksichtigt werden müsse. Unter Bezugnahme auf eine frühere
Bescheinigung gibt er das erzielte Arbeitsentgelt im Jahr vor dem Arbeitsunfall mit 12.100,67 Mark der DDR an, was
in DM-Beträgen umgerechnet und dynamisiert einem Wert von 87.083,71 DM als maßgeblichem
Jahresarbeitsverdienst ab 1999 entspreche. Bei einer Dynamisierung nach den Rentenanpassungen im Beitrittsgebiet
seit 1990 müsse ein Jahresarbeitsverdienst ab 1999 in Höhe von 59.788,08 DM berücksichtigt werden. Bereits das
vom Kläger selbst gesehene Problem, nach welchen Werten zu dynamisieren ist, zeigt, wie schwierig es ist, ein in der
DDR tatsächlich erzieltes Einkommen in die Grenzwertberechnung des § 93 SGB VI einzustellen. Hinzu kommen
weitere Schwierigkeiten. Der Jahresarbeitsverdienst in der UV stimmt nicht mit den berücksichtigten Arbeitsentgelten
in der RV überein. Maßgeblich für die UV ist der Gesamtbetrag des Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens auch
oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der RV. Welches Einkommen eine Person im Zwölfmonatszeitraum vor
einem Arbeitsunfall erzielt hat, ist daher nicht bereits im Kontenklärungsverfahren aufgeklärt. Der dafür nicht
zuständige Rentenversicherungsträger müsste nicht nur feststellen, wie § 82 Abs. 1 SGB VII anzuwenden ist,
sondern auch entscheiden, ob überhaupt die Regelberechnung greift oder eine Sondervorschrift zur Bemessung des
Jahresarbeitsverdienstes - etwa, wie vom Kläger geltend gemacht, aus Härtegründen - anzuwenden ist. Hinzu
kommen Probleme bei der zeitlichen Zuordnung des erzielten Verdienstes, der nicht mit Kalenderjahren
übereinstimmt.
Nach alledem hat die Beklagte zu Recht die Verletztenrente des Klägers mit Ausnahme des Freibetrages voll auf die
Renten nach dem SGB VI angerechnet, ohne dass ein Verfassungsverstoß vorliegt.
Im Rahmen der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass der Kläger teilweise - hinsichtlich des Freibetrages
- obsiegt hat.
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zu.