Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 07.07.2008

LSG Berlin-Brandenburg: ddr, anpassung, europäische menschenrechtskonvention, verwaltungsakt, juristische person, unechte rückwirkung, zugehörigkeit, menschenrechte, republik, eigentumsschutz

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
22. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 22 R 1457/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 256 Abs 2 S 1 SGB 6, § 96
SGG
Altersrentenhöhe; Rentenanpassungsmitteilung
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juli
2008 sowie der Bescheid vom 21. August 2000, die Rentenanpassungsmitteilungen zum
01. Juli 2002 und zum 01. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.
Juli 2003 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli 2007 und 01. Juli 2008
geändert.
Die Beklagte wird ihrem Anerkenntnis entsprechend verurteilt, bei der Regelaltersrente
für den Zeitraum vom 01. April 1960 bis 05. September 1960 ein Entgelt in Höhe von
1.920 Mark zuzüglich 633 Mark, letztere bis zur Beitragsbemessungsgrenze und vom 06.
September 1960 bis 31. Dezember 1960 eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit
zu berücksichtigen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu einem
Zehntel zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Regelaltersrente.
Der im Juni 1935 geborene Kläger, der von September 1953 bis August 1958 ein
Hochschulstudium in den Fachrichtungen Philosophie und Psychologie erfolgreich
abschloss (Zeugnis der K-Universität L vom 01. September 1958), war vom 01.
September 1958 bis 31. März 1960 als wissenschaftlicher Assistent an der M--
Universität H, vom 01. April 1960 bis 31. August 1961 nach den Eintragungen im
Sozialversicherungsausweis als Leiter einer sozialistischen Bildungsstätte bei der
Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), nach Angaben des Klägers jedoch
tatsächlich in der Produktion bei den B Werken, vom 01. September 1961 bis 31.
Dezember 1971 als wissenschaftlicher Assistent und Arbeitsgruppenleiter bei der
Deutschen Akademie der Wissenschaften zu B sowie vom 01. Februar 1972 als
wissenschaftlicher Oberassistent, ab 01. Januar 1976 als Dozent und ab 01. Januar 1984
bis wenigstens 30. Juni 1990 als ordentlicher Professor an der H- zu B beschäftigt.
Zum 01. Oktober 1963 wurde er in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an
wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der
DDR (AVI) einbezogen (Urkunde der Deutschen Versicherungsanstalt vom 14.
November 1963). Eine erneute Einbeziehung in die AVI erfolgte zum 01. Februar 1978
(Urkunde der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik vom
06. April 1978).
Mit Bescheid vom 04. Februar 2000 stellte die Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt), die Zeit vom 01. September 1958
bis 31. März 1960 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI, die Zeit vom 01. September 1961
bis 31. Dezember 1971 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der
wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der
Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin (AVI-AW) und die Zeit
vom 01. Januar 1972 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI jeweils unter
Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest. Ein dagegen gerichtetes
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Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest. Ein dagegen gerichtetes
Rechtsbehelfsverfahren endete am 25. November 2002 beim Sozialgericht Berlin (S 3
RA 2431/00*14) damit, dass die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für
erledigt erklärten.
Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 21. August 2000
Regelaltersrente ab 01. Juli 2000 bei 0,7636 persönlichen Entgeltpunkten und 71,1426
persönlichen Entgeltpunkten (Ost). Sie legte hierbei die im Bescheid vom 04. Februar
2000 festgestellten Arbeitsentgelte, vom 01. Januar 1962 bis 31. Dezember 1963 und
vom 01. Januar 1966 bis 30. Juni 1990 bis zur Beitragsbemessungsgrenze, zugrunde. Bis
zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigte sie auch die vom 01. Januar 1961 bis 31.
August 1961 erzielten Arbeitsverdienste von 7.400 Mark. Vom 01. April bis 30. Juni 1960
rechnete sie einen Arbeitsverdienst von 640 Mark, vom 01. Juli bis 31. Dezember 1960
einen Arbeitsverdienst von 1.280 Mark an.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er wende sich
gegen die Systementscheidung, wonach Ansprüche der gesetzlichen
Rentenversicherung und der Zusatzversorgungssysteme aufgehoben worden seien.
Dadurch werde der Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG)
verletzt. Es entstehe eine unverständliche Benachteiligung gegenüber Hochschullehrern,
die vor dem 30. Juni 1995 leistungsberechtigt geworden seien. Das Argument, solche
benachteiligten Hochschullehrer hätten von ihren Verdiensten Rücklagen bilden können,
widerspreche dem Prinzip der Rentenversorgung nach erbrachten Leistungen. Im
Hinblick auf die geringe Zahl der neu berufenen Hochschullehrern aus den neuen
Bundesländern treffe die Begründung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu,
der Gesetzgeber habe zur Finanzierbarkeit der Sozialversicherung die Möglichkeit
gehabt, das Versicherungssystem der DDR bei Kürzung der Ansprüche der betroffenen
Hochschullehrer in das System der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern. Zudem
habe er massive Benachteiligungen in der DDR erlitten.
Mit Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2002 wurde der Rentenbetrag von bisher
1.588,90 Euro auf 1.634,69 Euro erhöht. Mit Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli
2003 wurde der Rentenbetrag von bisher 1.634,69 Euro auf 1.654,10 Euro erhöht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück:
Sie könne als Verwaltungsbehörde verfassungsrechtlichen Bedenken nicht Rechnung
tragen, solange Vorschriften nicht vom BVerfG als verfassungswidrig erkannt worden
seien.
Dagegen hat der Kläger am 28. Juli 2003 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Er ist der Ansicht gewesen, das BVerfG habe in seinem Urteil vom 28. April 1999
(BVerfGE 100, 1) noch nicht abschließend über die späteren Zugangsrentner mit
zusätzlichen Versorgungsansprüchen entschieden. Für den Kläger als solchen
Zugangsrentner bleibe der enteignende Charakter der Systementscheidung bestehen.
Zu den einschlägigen Grundsatzfragen der Renten- und Versorgungsüberleitung seien
beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mehrere Verfahren anhängig.
Mit Bescheid vom 08. März 2004 verfügte die Beklagte die Einbehaltung eines
Pflegeversicherungsbeitrages in Höhe von 1,70 v. H. (28,12 Euro) der monatlichen Rente
ab 01. April 2004. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach dem Zweiten Gesetz
zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) und anderer Gesetze
vom 27. Dezember 2003 der Rentner ab 01. April 2004 den Beitrag zur
Pflegeversicherung allein zu tragen habe.
Gegen diesen Bescheid hat sich der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 19. Dezember
2006 gewandt.
Mit Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2007 wurde der Rentenbetrag von bisher
1.654,10 Euro auf 1.662,74 Euro erhöht. Mit Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli
2008 wurde der Rentenbetrag von bisher 1.662,74 Euro auf 1.680,75 Euro erhöht.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 21. August 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2003 und der Entscheidungen über die
Rentenanpassung und Rentenangleichung Ost ab 01. Juli 2000 und des Bescheides vom
08. März 2004 die Beklagte zu verpflichten, ihm ein höheres Alterseinkommen zu
gewähren und dabei folgendes zu berücksichtigen:
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1.1.1.die Beklagte hat die Ansprüche des Klägers auf Rente aus der SV und
auf zusätzliche Rente aus der Zusatzversorgung in Übereinstimmung mit dem
Zahlbetragsschutz des Einigungsvertrages, gemäß Gesetz zum 31. Dezember 1991
erhöht um 6,84 v. H. und ab 01. Juli 1990 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und
Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn nach den
gleichen Konditionen zu gewähren, wie sie bis vom EV für Bestandsrentner vorgesehen
sind und wie sie für den Kläger des Leiturteils des BVerfG berechnet wurden,
1.1.2. die Versichertenrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der
allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI) und nicht abgesenkt nach dem
besonderen Alterssicherungsrecht Ost auf die verfassungswidrig abgesenkte besondere
Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228 a und 256 a SGB VI) zu berechnen,
1.1.3. eine Vergleichsberechnung ist gemäß § 307 b SGB VI in der Fassung
des 2. AAÜG-ÄndG nach den Vorgaben des BVerfG wie für Bestandsrentner
vorzunehmen, zumal sich für die Zugangsrentner bis zum 30. Juni 1995 in den
tatsächlichen Verhältnissen keine der vom EV und dem BVerfG angenommenen
Veränderungen ergeben haben,
1.1.4. die Anpassungen der Rente und die Rentenangleichungen Ost an West
haben zum 01. Juli 2000, zum 01. Juli 2001, zum 01. Juli 2002, zum 01. Juli 2003, zum 01.
Juli 2004, zum 01. Juli 2005 sowie zum 01. Juli 2006 nach den verbindlichen Vorgaben des
EV und des GG zu erfolgen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch auf die
„Anpassung Ost“ nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28. April 1999 unter
Eigentumsschutz steht,
1.1.6. die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des
Alterseinkommens ergebenden Resultate sind zu vergleichen und der höchste Betrag ist
als Rente zu leisten.
Mit Urteil vom 07. Juli 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat außerdem
entschieden, dass die Beklagte die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten
zu zwei Dritteln zu erstatten hat: Die Klagen gegen die für die Zeit ab 01. Juli 2000
erteilten Rentenanpassungsmitteilungen seien ebenso unzulässig wie die Klage gegen
den Bescheid vom 08. März 2004, die nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
Gegenstand des Verfahrens geworden sei, da sie eine Regelung zur Kranken- und
Pflegeversicherung beinhalte. Im Übrigen sei die Klage nicht begründet, denn höhere
monatliche Einzelansprüche habe der Kläger nicht. Der Kläger gehöre nicht zu dem im
EV genannten Personenkreis, der bis 30. Juni 1995 leistungsberechtigt gewesen sei. Er
falle auch nicht unter die Regelungen des § 4 Abs. 4 Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) und des § 307 b SGB VI. Somit habe die
Beklagte den Wert der monatlichen Altersrente zutreffend unter Berücksichtigung der
ermittelten Entgeltpunkte berechnet. Sie habe den in der DDR erzielten Verdienst mit
den jeweiligen Werten der Anlage 10 zum SGB VI hochgerechnet und durch das
Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt und bis zur
Beitragsbemessungsgrenze nach § 260 SGB VI berücksichtigt. Dies sei nach dem Urteil
des BVerfG vom 28. April 1999 verfassungsgemäß. Die Kostenentscheidung entspreche
dem Ergebnis der Hauptsache nicht, da der Kläger in keinem Klagepunkt obsiegt habe.
Sie folge aus § 193 SGG und orientiere sich im Ergebnis in der Hauptsache.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 22. Juli 2008 zugestellte Urteil richtet
sich die am 24. Juli 2008 eingelegte Berufung des Klägers.
Der Kläger ist der Ansicht, das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) bzw. die Vorschriften
des SGB VI und das AAÜG, soweit es vorliegend angewandt werde, verstießen gegen
den Einigungsvertrag (EV), das GG und die Europäische Menschenrechtskonvention
(EMRK). Die Vorschriften seien nicht ordnungsgemäß gemäß dem GG zustande
gekommen. Sie seien unüberschaubar, unverständlich und zu unbestimmt. Von den
Gerichten seien diese Grundsatzfragen bislang noch nicht ordnungsgemäß und auf
wissenschaftlicher Grundlage geprüft worden. Unsubstantiierte Behauptungen in
gerichtlichen Entscheidungen vermochten eine überzeugende wissenschaftlich-fundierte
Begründung nicht zu ersetzen. Im Übrigen seien Beweisanträge unbeachtet geblieben.
Insgesamt seien die Positionen des Sozialgerichts nicht nachvollziehbar, soweit die mit
Klageänderung mögliche Erweiterung des Klagegegenstandes auf die Entscheidungen
über die Verweigerung der vom EV und GG vorgegebenen Rentenanpassungen und der
Rentenangleichung Ost an West als unzulässig erklärt worden und die Bedeutung der
Vergleichsberechnung nicht erkannt worden seien. Das BSG habe zu den Fragen der
Renten- und Versorgungsüberleitung keine zuverlässige und solide Entscheidungspraxis
entwickelt. Die Gerichte nähmen den unverhältnismäßig verminderten Wert des
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entwickelt. Die Gerichte nähmen den unverhältnismäßig verminderten Wert des
Alterseinkommens nicht zur Kenntnis. Sie unterließen Feststellungen zu den tatsächlich
nachteiligen Wirkungen der bestehenden Vorschriften. Die Systementscheidung bewirke
eine diskriminierende auf Enteignung beruhende Ungleichbehandlung gegen den
vergleichbaren Rentnern bzw. Ruheständlern aus den alten Ländern. Dafür existierten
keine nachvollziehbaren und verständlichen oder gar akzeptablen Motive und Gründe.
Die Rente werde in echter Rückwirkung nach der besonderen
Beitragsbemessungsgrenze Ost und nach anderen als Sonderrecht Ost geschaffenen
Instrumentarien berechnet. Die besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost gehe mit
unverhältnismäßigen Einbußen einher. Dies treffe auch für die späteren Zugangsrentner
wie den Kläger zu. Es handele sich um entschädigungslose Eingriffe in das Eigentum. Es
werde die Angleichung der Alterseinkommen Ost an West verweigert.
Es sei Beweis zu erheben, ob dem Kläger ein diskriminierendes unverhältnismäßig
vermindertes den Einigungsvertrag sowie seine Grund- und Menschenrechte
verletzendes Alterseinkommen zugemessen worden sei. Der Kläger gehe davon aus,
dass in entsprechender Anwendung des § 96 SGG alle Entscheidungen, die die Höhe der
Rente beträfen, Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Der angeblich weite
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers dürfe nicht zu Eingriffen in die dem Kläger in
der DDR dauerhaft zugesicherten Rechte führen. Der EV habe in Übereinstimmung mit
dem GG darauf abgezielt zu gewährleisten, dass sich die Einkommens- und
Lebensverhältnisse Ost an West schrittweise anglichen und die Rechte und Ansprüche,
die von den ehemaligen DDR-Bürgern in die Bundesrepublik mitgebracht worden seien,
in ihrem Wert dauerhaft und eingriffsbeständig bewahrt würden. Der EV sei bei der
zeitlichen Beschränkung der Zahlbetragsgarantie davon ausgegangen, dass ab 01. Juli
1995 die beigetretenen Bürger über gleiche Alterssicherungsrechte verfügten. Dass
auch auf dem Gebiet des Alterssicherungsrechts noch lange keine Rechtseinheit erreicht
worden sein würde, hätten die Partner des EV nicht gewusst. Dies mache erforderlich,
erneut über den Eigentums-, Bestands- und Vertrauensschutz zu befinden. Es müsse
erreicht werden, dass der Sinn des EV und des GG auch für spätere Rentenzugänge
verwirklicht werden könne.
Für Anspruchserwerbszeiten nach dem 28. Februar 1971 sei mit dem RÜG eine
besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost geschaffen worden, die von einem
Einkommen von 600 Mark monatlich ausgehe. Nur bei Bürgern, die gleichzeitig
Rentenansprüche bzw. -anwartschaften aus einem Versorgungssystem oder aus der
FZR erworben hätten, werde unter Berücksichtigung von Beitragsleistungen die
Versichertenrente bis zu der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze berechnet.
Zusätzliche Rentenleistungen aus den von ihnen erworbenen zusätzlichen, über die
Versichertenrente hinausgehenden Ansprüche bzw. Anwartschaften erhielten diese
Bürger hingegen nicht. Für die Zeit vom 01. Januar 1960 bis 31. Dezember 1960 habe
der Verdienst des Klägers über 600 Mark gelegen. Er verlange, dass sein tatsächlicher
Verdienst als Beitragsbemessungsgrundlage zugrunde gelegt werde. So habe er in
dieser Zeit bei den Buna-Werken 8.325 Mark verdient. Bei der Berücksichtigung der
tatsächlichen Verdienste während der Zeit im Versorgungssystem werde die Umsetzung
der Entscheidung des BSG vom 28. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) gefordert,
insbesondere für das Jahr 1965. Dort habe sein monatlicher Grundverdienst bei 875
Mark gelegen.
Die Rentenanpassung diene dem Schutz bereits erworbener geldwerter Rechte vor
inflationsbedingten Einbußen. Wegen der seit vielen Jahren durchgeführten Anpassung
der Renten unterhalb der Inflationsrate (Rentenkürzung) sei unbestritten ein Schutz des
realen Geldwertes des Rechts auf Rente nicht mehr gegeben. Außerdem werde seit
mehreren Jahren die Rentenanpassung von der Entwicklung des Einkommens der in
Deutschland abhängig Beschäftigten abgekoppelt. Dies verletze Art. 3 GG. Wie das
BVerfG in seiner Entscheidung vom 09. Dezember 2008 – 2 BvL 1/07 u. a. zum Ausdruck
gebracht habe, liefere das Argument der Haushaltskonsolidierung allein keinen
sachlichen Grund für Ungleichbehandlungen. Mittlerweile habe das BVerfG bei seiner
Entscheidung zu den Hartz IV-Regelsätzen festgestellt, dass eine Übernahme der
Anpassungsregeln aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich ausscheide.
Der Kläger wende sich aufgrund der fortdauernden Abschmelzung seiner Rente auch
gegen die so genannten Dämpfungsfaktoren, speziell gegen den so genannten
Riesterfaktor in der Rentenanpassungsformel. Für Ost und West sei mehrfach der gleiche
Anpassungssatz für die Rentendynamisierung vorgegeben worden. Die gleiche (2000)
bzw. eine fortdauernd unzureichend unterschiedliche Anpassung (2001, 2002 und 2003)
sowie gar keine (2004, 2005, 2006) und gleiche (2007, 2008) für das Beitrittsgebiet und
für die alten Bundesländer verletze Art. 3 GG dadurch, dass Ungleiches gleich behandelt
werde und dass die Ziele der Rentenangleichung Ost an West dauerhaft aufgegeben
worden seien. Auch habe das BVerfG es als gleichheitswidrig angesehen, dass die den
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worden seien. Auch habe das BVerfG es als gleichheitswidrig angesehen, dass die den
Kriegsopfern nach § 31 Abs. 1 Satz …. Bundesversorgungsgesetz (BVG) gewährten
Beschädigungsgrundrenten in den alten und neuen Bundesländern über 1998 hinaus bei
gleicher Beschädigung ungleich bleiben sollten. Um sich ein umfassendes Bild von der
seit 2000 bis 2008 verschlechterten Situation und deren Auswirkungen zu machen, sei
eine Beweisaufnahme notwendig, insbesondere um zu klären, wie sich der Wert des
Alterseinkommens des Klägers bei entsprechender Anwendung der Realwertgarantie
(Inflationsschutz) seit 2000 unter Berücksichtigung der im EV vorgegebenen Angleichung
der Renten Ost an West entwickelt habe. Dabei sei auch die Höhe der tatsächlichen
durchschnittlichen Entgelte der Jahre 2006 und 2007 zu prüfen. Bekanntermaßen seien
die vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen Bruttolöhne und -gehälter für die
vergangenen Jahre zu gering ermittelt worden. Der Kläger erwarte vom Gericht eine auf
wissenschaftlicher Grundlage aufbauende und ordnungsgemäße Prüfung der von ihm
vorgetragenen Grundsatzfragen. Unsubstantiierte Behauptungen in gerichtlichen
Entscheidungen vermöchten eine überzeugende wissenschaftlich-fundierte Begründung
nicht zu ersetzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil vom 07.07.2008 in der Hauptsache aufzuheben und den
Rentenbescheid vom 21.08.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
17.07.2003 einschließlich der Entscheidungen über die Rentenanpassungen/-
angleichungen Ost an West seit dem 01.07.2000 sowie alle im Laufe des Verfahrens
weiteren erteilten Rentenbescheide abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, dem
Kläger ein höheres Alterseinkommen aus den von ihm in seinem Arbeitsleben
rechtmäßig erworbenen Anwartschaften auf Ansprüche auf ein angemessenes
Alterseinkommen ab Rentenbeginn zu gewähren. Der Anspruch des Klägers auf Renten
aus der SV und der Zusatzversorgung sind in ihrer realen Höhe zu berücksichtigen und
an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, in der diese
Ansprüche in der DDR rechtmäßig erworben und als Eigentum in die Bundesrepublik
Deutschland mitgebracht wurden. Es sind analog der Regelung für die Bestandsrentner
der Zahlbetragsschutz des EV sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands-
und dauerhafter Vertrauensschutz zu gewähren. Dazu sind insbesondere
2.1. das Eigentum des Klägers, das er in Form von Ansprüchen und
Anwartschaften aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht hat,
umfassend zu achten, die Ansprüche auf Rente aus der SV und auf Zusatzversorgung in
Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des EV, zum 31.12.91 erhöht um 6,84 %
und ab 01.07.90 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im
Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn nach den gleichen Konditionen
zu gewähren, wie sie vom EV für Bestandsrentner vorgesehen und vom BVerfG (BVerfGE
100, 1 ff.) bestätigt wurden;
2.2. die Versichertenrente nach dem SGB VI unter Berücksichtigung der
Anwartschaften/Ansprüche im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze
gemäß § 260 SGB VI und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere
Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228 a und 256 a SGB VI), also auch nicht nach dem
ebenfalls verfassungswidrigen besonderen Alterssicherungsrecht Ost zu berechnen, und
die Zusatzrentenansprüche aus dem Versorgungssystem anzuerkennen, die in der DDR
per Gesetz, Anordnung, Verwaltungsakt und Versicherungsvertrag dauerhaft zum Erhalt
des im Berufsleben erworbenen Lebensniveaus zugesichert worden sind; die
Versichertenrente ist damit unter Einbeziehung der in der Bundesrepublik ab 01.07.90
ergänzend erworbenen Anwartschaften zu einer mit Eintritt des Leistungsfalls im
Rentenrecht lebensstandardwahrenden Vollversorgung aufzustocken.
2.3. die Anpassungen der Rente sowie die Rentenangleichung Ost an West
seit dem 01.07.2000 sind fortlaufend nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des
GG durchzuführen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch auf die „Anpassung
Ost“ nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28.04.99 unter Eigentumsschutz steht
(BVerfGE 100, 1 <44, 54>); wobei die Anpassung die jährliche Inflationsrate nicht
unterschreiten darf (B 4 RA 120/00).
2.4. Die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des zu
erwartenden Alterseinkommens ergebenden Resultate sind zu vergleichen; der höchste
Betrag ist zu zahlen.
3. Für die Zeit vom 01.01.1960 bis 31.12.1960 sind die tatsächlich erzielten
Entgelte als Beitragsbemessungsgrundlage der Rentenberechnung zugrunde zu liegen.
4. Für die Zeiten im Versorgungssystem sind nach der Entscheidung des
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4. Für die Zeiten im Versorgungssystem sind nach der Entscheidung des
BSG (B 4 RS 4/06 R) die tatsächlichen Verdienste, einschließlich aller zusätzlichen
Verdienste, zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Hinsichtlich der Anerkennung von
Zeiten im Versorgungssystem sei sie an die Entscheidung des
Zusatzversorgungsträgers gebunden. Die dem angefochtenen Rentenbescheid
nachfolgenden Rentenanpassungen sowie der Bescheid vom 08. März 2004 seien nicht
nach § 96 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.
Der Senat hat vom Kläger die gesamten Rentenanpassungsmitteilungen, die ihm nach
seinem Vorbringen bekanntgegeben wurden, und von der DIE LINKE Sachsen-Anhalt die
Lohnunterlagen über die Beschäftigung des Klägers als Leiter der Bildungsstätte
(Gehaltskonten 1960 und 1961) beigezogen.
Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 08. Juni 2010 für die Zeit vom 01. April
bis 05. September 1960 ein Entgelt in Höhe von 1.920 Mark und für die Zeit vom 06.
September bis 31. Dezember 1960 eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit
anerkannt.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2010 hat die Beklagte zusätzlich
anerkannt, bei der Regelaltersrente für die Zeit vom 01. April 1960 bis 05. September
1960 einen weiteren Arbeitsverdienst in Höhe von 633 Mark der DDR bis zur
Beitragsbemessungsgrenze anzurechnen.
Nach Ansicht des Klägers - der diese Teilanerkenntnisse nicht angenommen hat -
erzielte er im Zeitraum vom 01. April bis 31. Dezember 1960 einen Verdienst von 8.325
Mark. Außerdem sei sein gesamter Verdienst und nicht nur der
sozialversicherungspflichtige Verdienst zu berücksichtigen. Jahresendprämien seien für
die Zeit vom 01. September 1958 bis 31. Dezember 1965 anzurechnen. Dazu sei von
Amts wegen bei den Lohnarchiven zu ermitteln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen
Verwaltungsakten der Beklagten (65 030635 I 000), der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Dies gilt, soweit die Teilanerkenntnisse der Beklagten im Schriftsatz vom 08. Juni 2010
und in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2010 Wirkung entfalten. Da der
Kläger diese Teilanerkenntnisse nicht angenommen hat, hat im Umfang dieser
Teilanerkenntnisse nach § 202 SGG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Zivilprozessordnung
(ZPO) ein Teilanerkenntnisurteil zu ergehen, ohne dass hierbei zu prüfen ist, ob der
Anspruch besteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz mit
Erläuterungen, 9. Auflage, § 101 Rdnr. 19).
Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Bescheid vom 21. August 2000 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2003 insoweit zu Recht abgewiesen, als höhere
Regelaltersrente über die von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisse, für die
Zeit vom 01. April bis 05. September 1960 ein Entgelt in Höhe von 1.920 Mark und einen
weiteren Arbeitsverdienst in Höhe von 633 Mark bis zur Beitragsbemessungsgrenze
sowie für die Zeit vom 06. September bis 31. Dezember 1960 eine Anrechnungszeit
wegen Arbeitsunfähigkeit anzurechnen, nicht zu gewähren ist. Die genannten Bescheide
sind daher lediglich in diesem Umfang zu ändern. Infolgedessen sind allerdings ebenfalls
die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli 2002, 01. Juli 2003, 01. Juli 2007 und 01.
Juli 2008 zu ändern.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sind die beiden erstgenannten
Rentenanpassungsmitteilungen bereits mit der Klage gegen den Bescheid vom 21.
August 2000 angefochten gewesen, denn diese wurden nach § 86 SGG Gegenstand des
Widerspruchsverfahrens (Vorverfahrens). Die beiden letztgenannten
Rentenanpassungsmitteilungen, die während des erstinstanzlichen Verfahrens ergangen
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Rentenanpassungsmitteilungen, die während des erstinstanzlichen Verfahrens ergangen
sind, sind nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand dieses Verfahrens geworden.
Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften liegen vor.
Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue
Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens (§ 86 erster Halbsatz SGG). Nach § 96
Abs. 1 SGG in der Fassung vor der Änderung durch Gesetz vom 26. März 2008 (BGBl I
2008, 444) gilt: Wird nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen
abgeändert oder ersetzt, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des
Verfahrens. Seit der Rechtsänderung bestimmt § 96 Abs. 1 SGG: Nach Klageerhebung
wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach
Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen
Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.
Bei Rentenanpassungsmitteilungen handelt es sich zwar um Verwaltungsakte, die auf
einer anderen, eigenständigen Rechtsgrundlage, nämlich auf § 65, § 68, § 69 und § 254
c, § 255 a, § 255 b sowie § 255 e und 255 g SGB VI beruhen. Daraus folgt jedoch weder
etwas für noch gegen die Anwendbarkeit der genannten Vorschriften der §§ 86 und 96
Abs. 1 SGG. Maßgebend dafür, ob eine Änderung vorliegt, ist der jeweilige
Verfügungssatz. Mit dem Bescheid vom 21. August 2000 wurde die Höhe der
Regelaltersrente, nämlich der Monatsbetrag der Rente, festgesetzt. Mit den jeweiligen
Rentenanpassungsmitteilungen wurde die Höhe der Regelaltersrente, nämlich der
Monatsbetrag der Rente, unmittelbar abgeändert. Ab dem jeweiligen
Rentenanpassungszeitraum steht Rente nicht mehr in der bis dahin gewährten, sondern
ausschließlich in der neuen Höhe zu. Träfe es zu, dass die Rentenanpassungsmitteilung
nicht den vorangegangenen Verwaltungsakt über die Höhe der Rente ändert, könnte der
Versicherte neben dem neuen Monatsbetrag der Rente zusätzlich - da die vorherige
Verfügung über die Rentenhöhe mangels Änderung weiterhin wirksam wäre – auch den
bisherigen Monatsbetrag der Rente fordern. Es ergibt sich jedoch aus § 64 und § 65 SGB
VI, dass dies nicht der Fall ist. Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn 1.
die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte,
2. der Rentenartfaktor und 3. der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn
miteinander vervielfältigt werden. Zum 01. Juli eines jeden Jahres werden die Renten
angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen
Rentenwert ersetzt wird. Mit der jeweiligen Rentenanpassung wird damit der jeweilige
Monatsbetrag der Rente neu bestimmt und damit gegenüber der bisherigen Regelung
geändert (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 120/00 R, abgedruckt in
SozR 3-2600 § 255c Nr. 1 = BSGE 90,11).
Die Klage gegen den Bescheid vom 08. März 2004 hat das Sozialgericht zu Recht als
unzulässig abgewiesen.
Dieser Bescheid ist nicht nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des erstinstanzlichen
Verfahrens geworden, denn mit diesem Bescheid verfügte die Beklagte die Einbehaltung
eines Pflegeversicherungsbeitrages von der monatlichen Rente. Sie traf damit keine
Regelung zum Monatsbetrag der Rente. Dieser Bescheid mag zwar im Wege der
Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren
angefochten worden sein. Die insoweit geänderte Klage ist jedoch mangels Einhaltung
der Klagefrist unzulässig. Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats
nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Hat ein Vorverfahren
stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§
87 Abs. 2 SGG). Gegen den Bescheid vom 08. März 2004, der nach der zutreffenden
Rechtsbehelfsbelehrung den Widerspruch innerhalb eines Monats vorsah, hat sich der
Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2006, also nicht mehr fristgerecht,
gewandt. Der Bescheid vom 08. März 2004 ist daher für die Beteiligten in der Sache
bindend, denn der gegen ihn gegebene Rechtsbehelf wurde nicht (fristgerecht) eingelegt
(§ 77 SGG). Bei dieser Sachlage kommt auch nicht die Auslegung der geänderten Klage
als zugleich (verfristeter) Widerspruch mit der Aussetzung des Widerspruchsverfahrens
bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides in Betracht, denn im gerichtlichen
Verfahren könnte deswegen inhaltlich (sachlich) zur Einbehaltung des
Pflegeversicherungsbeitrages nicht entschieden werden (zum Erfordernis eines
wenigstens fristgerecht eingelegten Rechtsmittels: BSG, Urteil vom 18. Februar 1964 -
11/1 RA 90/61, angedruckt in BSGE 20, 199; BSG, Urteil vom 20. März 1996 – 6 RKa
51/95, abgedruckt in SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 = BSGE 78, 98).
Für das Begehren des Klägers gibt es, soweit es über die Teilanerkenntnisse der
Beklagten hinausgeht, keine Rechtsgrundlage.
Dem Kläger steht kein zu dynamisierender Besitzschutzbetrag nach Übergangsrecht zu.
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§ 307 b SGB VI, insbesondere § 307 b Abs. 1 Sätze 1 bis 3, Abs. 4 Sätze 1 bis 2 und Abs.
6 Satz 1 SGB VI, ist nicht anwendbar.
Danach ist die Rente nach den Vorschriften dieses Buches (SGB VI) neu zu berechnen.
Für die Zeit vom 01. Januar 1992 an ist zusätzlich eine Vergleichsrente zu ermitteln. Die
höhere der beiden Renten ist zu leisten. Diese höhere Rente ist mit dem um 6,84 v. H.
erhöhten Monatsbetrag der am 31. Dezember 1991 überführten Leistung einschließlich
einer Rente aus der Sozialpflichtversicherung (weiterzuzahlender Betrag) und dem nach
dem Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrag, der sich für den 01. Juli 1990 nach
den Vorschriften des im Beitrittsgebiet geltenden Rentenrechts und den maßgebenden
leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems ergeben hätte, zu
vergleichen. Die höchste Rente ist zu leisten. Der weiterzuzahlende Betrag oder der
besitzgeschützte Zahlbetrag wird nur solange gezahlt, bis der Monatsbetrag die Rente
entweder nach den Vorschriften des SGB VI oder die Vergleichsrente erreicht.
Allerdings setzen die genannten Regelungen voraus, dass am 31. Dezember 1991
Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente des Beitrittsgebietes bestand (§
307 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Einen solchen Anspruch hatte der Kläger jedoch nicht.
Ein zu dynamisierender Besitzschutzbetrag steht ihm auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 bis Satz 6 AAÜG zu.
Danach ist bei einer Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem wenigstens der
Monatsbetrag, der sich als Summe aus Rente und Versorgung auf der Grundlage des
am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet geltenden Rentenrechts und der zu diesem
Zeitpunkt maßgebenden leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen
Versorgungssystems zum 01. Juli 1990 ergibt, höchstens jedoch der jeweilige
Höchstbetrag nach § 10 Abs. 1 oder 2 AAÜG, um 6,84 v. H. zu erhöhen und solange zu
zahlen, bis die nach den Vorschriften des SGB VI berechnete Rente diesen Betrag
erreicht. § 4 Abs. 4 Satz 1 AAÜG gilt nur, wenn der Berechtigte oder die Person, von der
sich die Berechtigung ableitet, einen Anspruch aus dem Versorgungssystem gehabt
hätte, wenn die Regelungen der Versorgungssysteme weiter anzuwenden wären.
Mindestens ist der anzupassende Betrag zu leisten. Die Anpassung erfolgt zum 01. Juli
eines jeden Jahres mit dem aktuellen Rentenwert. Hierfür werden aus dem nach § 4 Abs.
4 Satz 1 und 2 AAÜG für den Monat Juli 1990 nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets
ermittelten Betrag persönliche Entgeltpunkte errechnet, indem dieser Betrag durch den
aktuellen Rentenwert und den für die Rente nach dem SGB VI maßgebenden
Rentenartfaktor geteilt wird. Unterschreitet der Monatsbetrag des angepassten Betrages
den Monatsbetrag, der nach § 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AAÜG festgestellten Leistung, wird
dieser solange gezahlt, bis die angepasste Rente diesen Betrag erreicht.
Allerdings verlangen die genannten Regelungen, dass eine Rente nach den Vorschriften
des SGB VI in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 beginnt und der
Berechtigte oder die Person, von der sich die Berechtigung ableitet, am 18. Mai 1990
seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatte (§ 4 Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 AAÜG). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die Regelaltersrente des
Klägers beginnt erst am 01. Juli 2000.
Die Berechnung der Regelaltersrente folgt somit allein den Vorschriften des SGB VI.
Diese Rechtslage ist nicht verfassungswidrig.
Das BVerfG hat bereits im vom Kläger angeführten Urteil vom 28. April 1999
entschieden, dass es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet,
dass der Gesetzgeber die in der DDR erhobenen Ansprüche und Anwartschaften aus
Zusatz- und Sonderversorgungssystemen durch eine einheitliche, ausschließlich aus der
gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung unter Verzicht auf
Zusatzleistungen, die der betrieblichen Altersversorgung oder der Zusatzversorgung
des öffentlichen Dienstes in Westdeutschland gleichen, ersetzt hat. Von daher ist
unerheblich, dass dem Gesetzgeber auch andere rechtliche Möglichkeiten zur Regelung
dieser Versorgungsleistung, insbesondere bezogen auf bestimmte Berufsgruppen der
Zusatzversorgung wie den Hochschullehrern, offen gestanden hätten.
Es liegt weder eine Verletzung von Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) noch des
Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) vor.
Dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterfallen, soweit es sich um
öffentlich-rechtliche Anwartschaften oder Ansprüche handelt, (nur) diejenigen
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öffentlich-rechtliche Anwartschaften oder Ansprüche handelt, (nur) diejenigen
Rechtspositionen, die gegenüber einem Träger der auf dem Grundgesetz beruhenden
Staatsgewalt begründet wurden. Eine Anwartschaft auf eine Rente aus eigener
Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, die mit der Erfüllung der
allgemeinen Wartezeit entsteht, wird danach grundsätzlich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG
geschützt. Der Gegenstand dieses Schutzes ergibt sich insgesamt aus der jeweiligen
Gesetzeslage. Rentenanwartschaften beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in
ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die
Einzelelemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie
selbständige Ansprüche. Im Hinblick auf Art. 14 GG ist die rentenversicherungsrechtliche
Position insgesamt Schutzobjekt (BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL
10/00, abgedruckt in BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr. 7 m.w.N.).
Die in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Ansprüche und
Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen genießen den
verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG damit nur in der
Form, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrages erhalten haben. In
Anlage II zum EV Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Ziffer 9 Buchstabe b Sätze 1, 4
und 5 ist für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme geregelt: Die erworbenen
Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
Alter und Tod sind, soweit dies noch nicht geschehen ist, bis zum 31. Dezember 1991 in
die Rentenversicherung zu überführen. Bei Personen, die am 03. Oktober 1990
leistungsberechtigt sind, darf bei der Anpassung nach Satz 3 Nr. 1, wonach Ansprüche
und Anwartschaften nach Art, Grund und Umfang den Ansprüchen und Anwartschaften
nach den allgemeinen Regelungen der Sozialversicherung in dem in Art. 3 EV genannten
Gebiet unter Berücksichtigung der jeweiligen Beitragszahlungen anzupassen sind, der
Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und
dem Versorgungssystem zu erbringen war. Bei Personen, die in der Zeit vom 04.
Oktober 1990 bis 30. Juni 1995 leistungsberechtigt werden, darf bei der Anpassung nach
Satz 3 Nr. 1 der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der
Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen gewesen wäre, wenn der
Versorgungsfall am 01. Juli 1990 eingetreten wäre. Die Zahlbetragsgarantie im EV ist
somit nur für Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge des Beitrittsgebiets bis 30. Juni
1995 als Eigentumsposition ausgestaltet, nicht jedoch zugunsten derjenigen, denen eine
Rente nach dem SGB VI erst nach dem 30. Juni 1995 zusteht (BVerfG, Urteil vom 28.
April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95, abgedruckt in BVerfG 100, 1, 51; BSG, Urteil
vom 10. April 2003 - B 4 RA 41/02 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 260 Nr. 1, und vom
23. August 2005 - B 4 RA 52/04 R, zitiert nach juris).
Stand dem Kläger somit nach dem EV ein Anspruch auf einen zu dynamisierenden
Besitzschutzbetrag nicht zu, kann mit seiner Nichtgewährung begrifflich bereits kein
Eingriff in eine eigentumsgeschützte Rechtsposition verbunden sein. Die Regelung im EV
schließt damit zugleich das Entstehen eines Vertrauensschutzes in einen solchen
Anspruch aus.
Die unterschiedliche Behandlung der Bestandsrentner und der rentennahen
Zugangsrentner gegenüber den anderen Zugangsrentnern, also die Stichtagsregelung
auf den 30. Juni 1995, verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dafür gibt es einen
sachlichen Grund.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem
Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede
Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe
von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt,
obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE
112, 50, 67 m.w.N.). Dem Gesetzgeber wird insbesondere durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht
verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl
jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist
allerdings, dass sich die Einführung des Stichtages überhaupt und die Wahl des
Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist
(BVerfG, Beschluss vom 16. März 2006 - 1 BvR 1311/96 m.w.N.; BVerfGE 101, 239, 270).
Das BVerfG hat in der genannten Entscheidung vom 28. April 1999 ausgeführt: „Es ist
mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass die begünstigende Wirkung der Zahlbetragsgarantie
nach dem EV auf Bestandsrentner und Rentenzugänge bis zum 30. Juni 1995 begrenzt
wurde.“
Dem Urteil des BVerfG ist dazu zur Begründung im Wesentlichen zu entnehmen: Die
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Dem Urteil des BVerfG ist dazu zur Begründung im Wesentlichen zu entnehmen: Die
Entscheidung des Gesetzgebers, Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der
Deutschen Demokratischen Republik zu schließen und die darin erworbenen Ansprüche
und Anwartschaften ausschließlich in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen,
benachteiligt allerdings höherverdienende Versicherte der Versorgungssysteme
gegenüber Angehörigen entsprechender Berufsgruppen in den alten Bundesländern, die
außer oder statt Ansprüchen oder Anwartschaften aus der gesetzlichen
Rentenversicherung Ansprüche und Anwartschaften aus anderen
Alterssicherungssystemen haben und deshalb im Alter auf einem höheren Niveau
abgesichert sind. Bevorzugt sind ferner Angehörige der Sozialpflichtversicherung und der
freiwilligen Zusatzrentenversicherung sowie aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen Berechtigte, die noch erwerbsfähig und aus diesem Grund
in der Lage sind, zusätzlich zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung oder
stattdessen Anwartschaften und Ansprüche in einem anderen Versorgungssystem zu
erwerben. Diese Gruppe kann sich noch auf die neue Versorgungslage einstellen und
ihre Situation durch eine zusätzliche Maßnahme der Altersvorsorge verbessern. Die
Ungleichbehandlung ist jedoch im Wesentlichen durch gewichtige Gründe gerechtfertigt.
Die Berufsgruppen, die in der Bundesrepublik Deutschland einerseits und der Deutschen
Demokratischen Republik andererseits Ansprüche auf eine Versorgung haben, die über
die gesetzliche Rentenversicherung hinausgeht, sind nicht deckungsgleich. Sie
unterscheiden sich nicht nur nach Arbeitsgebieten, Umfang und Qualifikation. Vielmehr
fällt auch ins Gewicht, dass die westdeutschen Berechtigten in der Regel erheblich
höhere Beitragsleistungen für ihre über die Rente hinausgehende Versorgung geleistet
haben. Das steht einer Pflicht, höherverdienende Versicherte aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik rückwirkend und
kostenfrei so zu stellen, als hätten sie die Voraussetzungen erfüllte, von denen die
Zusatzversorgung in Westdeutschland abhing, entgegen. Außerdem ist zu
berücksichtigen, dass auch in der Bundesrepublik Deutschland die als „zweite Säule“ der
Alterssicherung bezeichnete Zusatzversorgung in der Vergangenheit nicht jedermann
zugänglich war. Auch soweit der betroffene Personenkreis mit solchen Angehörigen von
Versorgungssystemen ungleich behandelt wird, die weiterhin erwerbsfähig sind und
daher ihre Versicherungsbiografie noch günstig beeinflussen können, liegt kein
Gleichheitsverstoß vor. Welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse für eine
Gleich- oder Ungleichbehandlung als maßgeblich anzusehen sind, entscheidet
grundsätzlich der Gesetzgeber. Er bleibt innerhalb seiner Gestaltungsbefugnis, wenn er
es ablehnt, zu Lasten der Versichertengemeinschaft oder der Allgemeinheit den alters-
oder schicksalsbedingten Umstand voll auszugleichen, dass Personen im erwerbsfähigen
Alter bessere Chancen haben als Rentner und Angehörige rentennaher Jahrgänge,
Zugang zu ergänzenden Alterssicherungssystemen zu finden.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Verfassungsgemäßheit der
Ungleichbehandlung zwischen Bestandsrentnern sowie rentennahen Zugangsrentnern
einerseits und anderen Zugangsrentnern andererseits nicht davon abhängig, dass den
anderen Zugangsrentnern eine Altersversorgung ermöglicht wird, die annähernd die
Altersbezüge verschafft, welche Bestandsrentner oder rentennahe Zugangsrentner mit
vergleichbarer Erwerbsbiografie erreichen. Ein solches Niveau ist objektiv schon
ausgeschlossen, da wegen der Berechnungsvorschriften der Versorgungssysteme
gerade die höherverdienenden Versicherten der Versorgungssysteme Anwartschaften
und Ansprüche erwerben konnten, die auch unter Berücksichtigung einer Altersvorsorge
nach der so genannten „zweiten“ oder „dritten“ Säule nicht zu erreichen sind. Das
BVerfG macht die Verfassungsgemäßheit der Ungleichbehandlung nicht vom Zugang zu
ergänzenden Alterssicherungssystemen oder der Höhe der daraus resultierenden
Versorgungsleistung abhängig. Es verweist lediglich darauf, dass Personen im
erwerbsfähigen Alter bessere Chancen als Rentner und Angehörige rentennaher
Jahrgänge haben, sowie darauf, dass die Versorgungssituation noch durch eine
zusätzliche Maßnahme der Altersversorgung verbessert werden kann. Es ist daher im
Fall des Klägers nicht wesentlich, dass ihm gegebenenfalls der Zugang zur
Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (sog. VbL-Leistung) verwehrt blieb. Jedenfalls
stand auch ihm die Möglichkeit offen, seine Versorgungssituation durch eine
Altersvorsorge der so genannten „dritten Säule“ innerhalb des Zeitraumes von 10
Jahren seiner Erwerbstätigkeit seit Juli 1990 günstiger zu gestalten. Der Kläger konnte
sich und musste sich im Hinblick auf die Regelungen im EV auf die neue
Versorgungslage, dass nämlich seine Altersversorgung ausschließlich auf eine Rente
nach den Vorschriften des SGB VI beschränkt ist, einstellen. Nach dem Urteil des BVerfG
ist ausschlaggebend, dass der Gesetzgeber innerhalb seiner Gestaltungsbefugnis
berücksichtigen durfte, dass die von höherverdienenden Versicherten aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen erbrachten eigenen Beitragsleistungen erheblich hinter
den Beitragsleistungen zurückblieben, die westdeutsche Berechtigte für ihre über die
Rente hinausgehende Versorgung geleistet haben. Daran anknüpfend hat das BSG im
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Rente hinausgehende Versorgung geleistet haben. Daran anknüpfend hat das BSG im
Urteil vom 10. April 2003 - B 4 RA 41/02 R (abgedruckt in SozR 4-2600 § 260 Nr. 1)
dargelegt, dass vor dem Hintergrund des Staatsbankrotts der DDR und den im Hinblick
hierauf von der Bundesrepublik Deutschland organisatorisch und finanziell zu
bewältigenden Problemen wirtschaftlicher und finanzieller Art und unter Beachtung der
Gesamtleistungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland, der Stabilität der Finanzen
des Bundes und der Länder sowie der Rentenversicherungsträger der Gesetzgeber nicht
verpflichtet war, den Zeitraum für die Übergangsregelung auszudehnen. Im Hinblick auf
die Gesamtkonzeption bei der Überführung von Anwartschaften des Beitrittsgebietes in
das SGB VI ist die Stichtagsregelung damit sachlich gerechtfertigt und es ist nicht
willkürlich, dass nach Ablauf von etwa 5 ½ Jahren nach dem Beitritt die für alle
Rentenberechtigten nach dem SGB VI geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur
Anwendung gelangen. Das BVerfG hat im Urteil vom 28. April 1999 keine Ausdehnung
der auf den 30. Juni 1995 begrenzten Übergangsregelungen verlangt.
Wird der Kläger von der bestehenden Übergangsregelung nicht erfasst, kommt es nicht
darauf an, ob und in welcher Weise sich seine relative Position innerhalb seiner
Rentnergeneration durch die Überleitung seiner in Zusatzversorgungssystemen
erworbenen Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung verändert. Das
BVerfG hat die Erheblichkeit der relativen Position allein im Zusammenhang mit den
Bestandsrentnern und den rentennahen Zugangsrentnern betont. Jedoch selbst für
diesen Personenkreis besteht kein absoluter, sondern lediglich ein relativer Schutz
dieser relativen Position. Im Beschluss vom 15. September 2006 - 1 BvR 799/98 hat das
BVerfG nämlich die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 03. August 1999 - B 4 RA 24/98
R), wonach der besitzgeschützte Zahlbetrag nicht nach den für das Beitrittsgebiet
geltenden Vorschriften, sondern nach den allgemeinen Vorschriften zu dynamisieren ist,
als mit seiner Entscheidung vom 28. April 1999 in Einklang stehend bestätigt. Dies
bedeutet nichts anderes als die langfristige Angleichung des besitzgeschützten
Zahlbetrages an das Rentenniveau des SGB VI. Hat der Kläger danach also keinen
bestandsgeschützten Zahlbetragsanspruch, ist nichts vorhanden, was - nach Auffassung
des Klägers gemäß den für das Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften - zu dynamisieren
ist.
Diese Rechtslage verstößt auch nicht gegen Art. 1 der Anlage 1 (Zusatzprotokoll zur
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK), wonach jede natürliche oder juristische Person das
Recht auf Achtung ihres Eigentums hat und niemandem sein Eigentum entzogen werden
darf, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch
Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen
Bedingungen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 25. September 2007 -
12923/03 u.a. - entschieden, dass die Gewährung eines Bestandsschutzes nur bis zum
30. Juni 1995 Eigentumsrechte nicht verletzt. Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen,
dass der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland angesichts des einmaligen
historischen Kontextes sowie der ungeheuren Aufgaben, denen er sich gegenüber
gesehen habe, um die vielen Fragen zu regeln, die sich durch den Übergang von einem
kommunistischen Regime zu einem demokratischen und marktwirtschaftlichen System
zwangsläufig gestellt hätten, über einen weiten Ermessensspielraum verfügt habe.
Weder der Staats- noch der Einigungsvertrag hätten den Betroffenen Rechte verliehen,
die über diejenigen hinausgingen, die nach bundesdeutschen Rechtsvorschriften
zustünden.
Der Gerichtshof hat damit zugleich einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des
Art. 14 EMRK verneint.
Dem Antrag des Klägers, Beweis zu erheben, um aufgrund einer umfassenden
Aufklärung des Sachverhalts und der tatsächlichen Auswirkungen der angefochtenen
Bescheide, der zugrunde liegenden Vorschriften des RÜG sowie des EV eine
ausreichende Grundlage für eine fundierte Einschätzung zu erhalten, ob dem Kläger ein
diskriminierendes unverhältnismäßig vermindertes, den Einigungsvertrag sowie seine
Grund- und Menschenrechte verletzendes Alterseinkommen zugemessen worden ist,
das die juristische und tatsächliche Spaltung Deutschlands auf dem Gebiet der
Alterssicherung weiter dauerhaft vertieft, ist nicht zu entsprechen.
Zum einen kommt es aus Rechtsgründen auf einen solchen Beweis nicht an, denn wie
dargelegt verletzen die angefochtenen Bescheide insbesondere keine Grund- und
Menschenrechte.
Zum anderen erfüllt dieser Beweisantrag nicht die Mindestanforderungen, die prozessual
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Zum anderen erfüllt dieser Beweisantrag nicht die Mindestanforderungen, die prozessual
an einen solchen Antrag zu stellen sind. Es werden keine Tatsachen behauptet, sondern
lediglich Mutmaßungen über Tatsachen, die selbst nach Auffassung des Klägers
gegeben oder nicht gegeben sein können, geäußert. Dabei handelt es sich um einen
verfahrensrechtlich unzulässigen Ausforschungsbeweis.
Die Beklagte hat die Höhe der Regelaltersrente im Wesentlichen zutreffend nach den
Vorschriften des SGB VI festgesetzt.
Wie bereits eingangs dargelegt ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn 1. die
unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, 2.
der Rentenartfaktor und 3. der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn
miteinander vervielfältigt werden (§ 64 SGB VI). Die persönlichen Entgeltpunkte für die
Ermittlung des Monatsbetrages der Rente ergeben sich aus der Summe aller
Entgeltpunkte insbesondere für Beitragszeiten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Dabei treten
Entgeltpunkte (Ost) an die Stelle der ermittelten Entgeltpunkte für Zeiten mit Beiträgen
für eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit im Beitrittsgebiet (§ 254 d Abs. 1 Nr.
1 SGB VI).
Nach § 256 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet
nach dem 08. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage
10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das
Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Für das Kalenderjahr des
Rentenbeginns und für das davor liegende Kalenderjahr ist der Verdienst mit dem Wert
der Anlage 10 zu vervielfältigen, der für diese Kalenderjahre vorläufig bestimmt ist. Als
Verdienst zählen nach § 256 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI der tatsächlich erzielte
Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge
gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für Zeiten vor
dem 01. Januar 1992 oder danach bis zum 31. März 1999 zur Aufrechterhaltung des
Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 279 b SGB VI) gezahlt
worden sind.
Nach § 256 a Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB VI zählen als Verdienst auch die
nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 01. Juli
1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden
Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen in einem Sonderversorgungssystem
erworbener Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung nicht gezahlt werden konnten. Für Versicherte, die berechtigt
waren, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten, gilt dies für Beträge
oberhalb der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen zur Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung nur, wenn die zulässigen Höchstbeiträge zur Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung gezahlt worden sind.
Nach § 259 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI wird für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz-
oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG bei der Ermittlung der
Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt. Nach § 260 Satz 2 SGB
VI werden für Beitragszeiten u. a. im Beitrittsgebiet die im Bundesgebiet geltenden
Beitragsbemessungsgrenzen angewendet.
Für Zeiten der Zugehörigkeit zu den Zusatzversorgungssystemen der AVI (Anlage 1 Nr.
4 AAÜG) und der AVI-AW (Anlage 1 Nr. 5 AAÜG) vom 01. September 1958 bis 31. März
1960, vom 01. September 1961 bis 31. Dezember 1971 und vom 01. Januar 1972 bis 30.
Juni 1990 sind weitere Arbeitsverdienste nicht zu berücksichtigen.
Die Beklagte legte im Bescheid vom 21. August 2000 die mit Bescheid vom 04. Februar
2000 von der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Versorgungsträger (§ 8 Abs. 4 Nr. 1
AAÜG) festgestellten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG) bis
zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde. Der Bescheid vom 04. Februar
2000 ist bestandskräftig, so dass die Beklagte in ihrer Eigenschaft als
Rentenversicherungsträger daran gebunden ist (§ 8 Abs. 5 AAÜG). Somit ist der Kläger
mit dem Einwand, es seien für die genannten Zeiten weitere Arbeitsverdienste,
insbesondere Jahresendprämien, bei der Regelaltersrente anzurechnen, so dass der
Bescheid vom 21. August 2000 über die Höhe der Regelaltersrente rechtswidrig sei,
ausgeschlossen. Solange der Bescheid vom 04. Februar 2000 nicht wegen
Rechtswidrigkeit zurückgenommen und durch einen anderen Bescheid mit höheren
Arbeitsverdiensten ersetzt ist, erweist sich der Bescheid vom 21. August 2000 insoweit
als rechtmäßig.
Die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Zeit vom 01. April 1960 bis 31.
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Die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Zeit vom 01. April 1960 bis 31.
August 1961 scheidet aus. Dabei kann dahinstehen, ob in diesem Zeitraum
Jahresendprämien beitragspflichtiger Arbeitsverdienst im Sinne des § 256 a Abs. 3 Satz
1 SGB VI waren, ob solche überhaupt gewährt wurden oder ob davon Pflichtbeiträge im
Sinne des § 256 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI gezahlt wurden.
Mit den vom 01. Januar bis 31. August 1961 erzielten Arbeitsverdiensten wurde bereits
die Beitragsbemessungsgrenze erreicht, so dass darüber hinausgehende
Arbeitsverdienste nicht mehr anrechenbar sind.
Dasselbe gilt für die Zeit vom 01. April bis 05. September 1960, denn mit den
Arbeitsverdiensten, wie sie im beigezogenen Gehaltskonto 1960 nachgewiesen sind, wird
ebenfalls die Beitragsbemessungsgrenze erreicht. Nach diesem Gehaltskonto erzielte
der Kläger jeweils 800 Mark monatlich im April, Mai und Juni sowie 153,85 Mark vom 01.
bis 05. September.
Nach Anlage 2 zum SGB VI beträgt die jährliche Beitragsbemessungsgrenze für 1960
10.200 DM, mithin die monatliche Beitragsbemessungsgrenze 850 DM (10.200 DM : 12;
§ 122 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) und die tägliche Beitragsbemessungsgrenze 28,33 DM
(10.200 DM : 360; analog § 123 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Daraus ermittelt sich ein
höchstens der Rentenberechnung zugrunde zu legendes Arbeitsentgelt von 2.550,00 DM
(3 x 850,00 DM) und 141,65 DM (5 x 28,33 DM), mithin insgesamt 2.691,65 DM. Daraus
wiederum folgt, dass nicht der gesamte Arbeitsverdienst von 2.400 Mark (3 x 800 Mark)
und 153,85 Mark, insgesamt 2.553,85 Mark, sondern lediglich ein Arbeitsverdienst von
2.350,58 Mark berücksichtigt werden kann. Wird nämlich der Arbeitsverdienst von
2.350,58 Mark mit dem Wert der Anlage 10 zum SGB VI für das Jahr 1960 von 1,1451
vervielfältigt, resultiert daraus das Arbeitsentgelt von 2.691,65 DM, welches die
Beitragsbemessungsgrenze darstellt. Mit ihren Teilanerkenntnissen hat die Beklagte mit
Arbeitsverdiensten von 1.920,00 Mark und 633 Mark, insgesamt von 2.553 Mark,
begrenzt auf die Beitragsbemessungsgrenze bereits das höchstmöglich zu
berücksichtigende Arbeitsentgelt angerechnet.
Im Hinblick auf das vorliegende Gehaltskonto für 1960 und die bereits erreichte
Beitragsbemessungsgrenze kann dahinstehen, ob mit der
Arbeitsverdienstbescheinigung des Landesvorstandes der PDS Sachsen-Anhalt vom 17.
Januar 2000 ein höherer Arbeitsverdienst nachgewiesen werden kann, soweit dort für den
Zeitraum vom 01. April 1960 bis 31. Dezember 1960 ein Arbeitsverdienst von 8.325
Mark mit dem Zusatz „ohne Abzug von Kuren und KT“ (wohl Krankentage) mitgeteilt
wird.
Die vom Kläger geltend gemachten massiven Benachteiligungen in der DDR sind für die
Höhe der Regelaltersrente ohne Bedeutung, solange nicht die Voraussetzungen von
Nachteilen in der Rentenversicherung nachgewiesen und von der zuständigen Behörde
nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz durch Bescheid festgestellt sind.
Soweit der Kläger im Übrigen geltend macht, die maßgebenden Vorschriften seien nicht
ordnungsgemäß gemäß dem GG zustande gekommen, sie seien unüberschaubar,
unverständlich und zu unbestimmt, fehlt es dafür an entsprechenden vom Kläger
konkret vorgetragenen Anhaltspunkten.
Da der Kläger solche Anhaltspunkte nicht benennt und sich auch nicht mit der
Rechtsprechung des BVerfG zu diesen verfassungsrechtlichen Fragen auseinandersetzt,
besteht kein Anlass für das Gericht, sich mit solchen Fragen abstrakt-theoretisch
befassen.
Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Fragen der Renten- und
Versorgungsüberleitung, soweit sie den ihn betreffenden Sachverhalt berühren, sowohl
durch das BSG als auch durch das BVerfG eindeutig und abschließend entschieden. Sein
Vorwurf, das Sozialgericht habe die Bedeutung der Vergleichsberechnung nicht erkannt,
ist unzutreffend. Eine Vergleichsberechnung ist bei einem Rentenzugang ab 01. Juli 2000
aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, wie das Sozialgericht zutreffend
dargestellt hat.
Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag, dass die Rente in echter Rückwirkung nach der
besonderen Beitragsbemessungsgrenze Ost und nach anderen als Sonderrecht Ost
geschaffenen Instrumentarien berechnet werde. Mit Bescheid vom 21. August 2000
wurde dem Kläger erstmalig Regelaltersrente bewilligt und diese Rente berechnet. Es ist
mithin schlichtweg ausgeschlossen, dass mit diesem Bescheid die Rente in echter
Rückwirkung anders als in einem früheren Bescheid berechnet sein könnte. Zudem ist
nicht ersichtlich, dass der Kläger durch eine besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost
97
98
nicht ersichtlich, dass der Kläger durch eine besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost
berührt sein könnte, denn für den Zeitraum vom 01. März 1971 bis 30. Juni 1990 werden
die von ihm erzielten Arbeitsverdienste bis zur Beitragsbemessungsgrenze
berücksichtigt. Unklar bleibt, was der Kläger unter den anderen als Sonderrecht Ost
geschaffenen Instrumentarien versteht. Soweit er damit die Vorschriften der §§ 228 a
und 256 a SGB VI ansprechen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass diese Regelungen
nicht verfassungswidrig sind. Wie das BSG im Urteil vom 14. März 2006 - B 4 RA 41/04 R
(abgedruckt in SozR 4-2600 § 255a Nr. 1)ausgeführt hat, rechtfertigt der allgemeine
Gleichbehandlungsgrundsatz als Gebot der sachgerechten Differenzierung die im
Grunde systemwidrige Ungleichbehandlung zwischen der Bewertung der im
Beitrittsgebiet und der im „alten Bundesgebiet“ erbrachten wirtschaftlichen Vorleistung
und des Maßstabs des Rentnerlohns, jedenfalls bis zur Herstellung einheitlicher
Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Die übergangsrechtliche
Sonderbewertungsvorschrift des § 254 b Abs. 1 SGB VI stellt in Verwirklichung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes sicher, dass die Teilhabeberechtigung aus
Beitrittsgebietszeiten unter Wahrung des Verhältnisses der im Beitrittsgebiet
versicherten Arbeitsentgelte zum Durchschnittsentgelt der dort Beschäftigten im
jeweiligen Kalenderjahr gewonnen wird (Entgeltpunkte ); ebenso wird
gewährleistet, dass das Systemversprechen gemäß den aktuellen wirtschaftlichen
Bedingungen der versicherten Beschäftigten im Beitrittsgebiet erfüllt wird (aktueller
Rentenwert ). Maßgebend für die übergangsrechtliche Sonderbewertung ist bis
zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet die Überlegung, dass
der Geldwert von Renten im Beitrittsgebiet auch bei bundesgesetzlich durch Aufwertung
und Hochwertung auf „West-Niveau“ gleichgestellter Vorleistung dem im übrigen
Bundesgebiet geltenden Geldwert erst dann entsprechen soll, wenn (auch) die Lohn- und
Gehaltssituation im Beitrittsgebiet an die im übrigen Bundesgebiet angeglichen ist.
Dadurch wird zum einen eine Überlastung der Arbeitgeber und der aktiven Versicherten
verhindert und zum anderen gesichert, dass die Renten „Ost“ auch bis zur Herstellung
einheitlicher Lebensverhältnisse an der Entwicklung der Löhne und Gehälter der aktiven
Versicherten im Beitrittsgebiet nach dem Alterslohnprinzip teilhaben. Diese vom BSG
bezogen auf den Zeitpunkt des 20. Juli 2000 gegebene Begründung hat weiterhin
Bestand, da nach wie vor einheitliche Lebensverhältnisse im Bundesgebiet nicht
hergestellt sind.
Für das Begehren des Klägers, die Rentenanpassungen nach „den verbindlichen
Vorgaben des EV und des GG“ an die Lohn- und Einkommensentwicklung im
Beitrittsgebiet durchzuführen, ist eine Rechtsgrundlage insbesondere im EV und dem GG
nicht ersichtlich. Die Rentenanpassungen als auch die zeitweilige Aussetzung bzw. das
zeitweilige Ausbleiben von Rentenanpassungen sind nicht verfassungswidrig.
Dies hat das BVerfG mit Beschluss vom 26. Juli 2007 – 1 BvR 824/03 und 1 BvR 1247/07
bezogen auf die Rentenanpassungszeitpunkte des 01. Juli 2000 und des 01. Juli 2004
entschieden. Dieser Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt,
denn sie waren auch Bevollmächtigte im Verfahren 1 BvR 824/03. Das BVerfG hat u. a.
ausgeführt: Die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist nicht verletzt.
Selbst wenn man, soweit die regelmäßige jährliche Rentenanpassung an die Entwicklung
gestiegener Arbeitseinkommen in den Jahren 2000 und 2004 ganz oder teilweise
unterblieben ist, darin eine Beeinträchtigung des Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 Satz
1 GG sieht, wäre die Eigentumsgarantie vorliegend nicht verletzt. Sowohl die am
Preisindex ausgerichtete Rentenanpassung zum 01. Juli 2000 als auch deren
Unterbleiben zum 01. Juli 2004 stellen sich als gesetzliche Maßnahmen dar, die Inhalt
und Schranken gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsgemäß bestimmen würden.
Das BVerfG hat bei der eigentumsrechtlichen Prüfung auf die Höhe von
Rentenleistungen bezogener gesetzlicher Regelungen anerkannt, dass dem
Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben muss, um das
Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten.
Beide Maßnahmen sind von dem gewichtigen öffentlichen Interesse bestimmt, einem
Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Rentenversicherung entgegenzuwirken.
Maßgebend für die Ausrichtung der Rentenanpassung am Ziel des Inflationsausgleichs
zum 01. Juli 2000 war der sprunghafte Anstieg der Staatsverschuldung. Die Aussetzung
der Rentenanpassung zum 01. Juli 2004 diente ebenfalls der Stabilisierung des
Beitragssatzes und damit der Stabilisierung des Rentenversicherungssystems
insgesamt. Der Gesetzgeber durfte unter Ausschöpfung des ihm bei der Gestaltung des
Sozialrechts zukommenden Spielraums die Preisindex orientierte Rentenanpassung zum
01. Juli 2000 und die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01. Juli 2004 als geeignet
und erforderlich ansehen. Die Einschätzung der von den beiden Maßnahmen
ausgehenden Entlastungswirkungen zugunsten der öffentlichen Haushalte und der
Beitragszahler ist nicht zu beanstanden. Es liegt innerhalb des dem Gesetzgeber
eingeräumten Gestaltungsermessens, wenn er der Stabilisierung oder der Verringerung
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eingeräumten Gestaltungsermessens, wenn er der Stabilisierung oder der Verringerung
des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung Priorität, insbesondere aus
arbeitsmarktpolitischen Gründen, einräumt. Diese gesetzlichen Maßnahmen waren auch
verhältnismäßig. Beide Maßnahmen bildeten lediglich zeitlich begrenzte, punktuelle
Ausnahmen von dem ansonsten geltenden Grundsatz der jährlich an die Entwicklung der
Arbeitseinkommen ausgerichteten Rentenanpassungen. Sie hatten kein strukturelles
Gewicht. Beide gesetzlichen Maßnahmen führten zudem nicht zu einer betragsmäßigen
Reduzierung der monatlichen Rente. Sie hatten lediglich zur Folge, dass sich der Wert
der Rentenbeträge infolge der zwischenzeitlichen Geldentwertung minderte. Es ist nicht
ersichtlich, dass diese verhältnismäßig geringe Entwertung der Rentenbeträge infolge
der zwischenzeitlichen Preissteigerung einen erheblichen Nachteil begründete. Ein
Verstoß gegen das Rechts- und Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ist
ebenfalls nicht ersichtlich. Aus der Erwartung einer fortwährenden Erhöhung des
Leistungsniveaus der Renten ergibt sich kein schützenswertes Vertrauen in eine
uneingeschränkte und stetige Rentenerhöhung, weil weder die Rechtslage noch die
Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung eine entsprechende Automatik
begründen könnten. Allerdings ist der Gesetzgeber bei Eingriffen in die Systematik der
regelmäßigen Rentenanpassung verfassungsrechtlich gebunden. Es bedarf im
vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung, wo der Gestaltungsspielraum des
Gesetzgebers seine Grenze findet, denn es ist offensichtlich, dass die angegriffenen
Maßnahmen diese Grenze nicht erreichen. Sie führten lediglich zu einer zeitlich
begrenzten, eher geringen Entwertung der Rentenbeträge durch die zwischenzeitliche
Steigerung der Lebenshaltungskosten. Die im Jahr 2000 erfolgte Anpassung des
aktuellen Rentenwerts und des aktuellen Rentenwerts (Ost) nach dem gleichen
Steigerungssatz verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1
GG. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, für Rentner, deren
Ansprüche sich nach den besonderen Vorschriften für das Beitrittsgebiet bestimmen,
eine besondere Form der Rentenanpassung zum 01. Juli 2000 vorzusehen.
Weder verstößt die Aussetzung der weiteren Rentenanpassungen gegen das GG, noch
gebietet das GG die Rentenanpassung in einer bestimmten Höhe, insbesondere in Höhe
eines Inflationsausgleichs.
Dies hat das BSG bereits hinsichtlich der Rentenanpassung zum 01. Juli 2003 (Urteil vom
20. Dezember 2007 – B 4 RA 48/05 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 65 Nr. 2) und
hinsichtlich der Rentenanpassung zum 01. Juli 2005 (Urteil vom 21. Januar 2009 – B 12 R
1/07 R, abgedruckt in USK 2009-53, unter vollständiger inhaltlicher Bezugnahme auf das
Urteil vom 13. November 2008 – 13 R 13/08 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 255e Nr. 1)
entschieden.
Die dafür genannten Gründe, die sich der Senat zu Eigen macht, gelten für die anderen
Rentenanpassungen in gleicher Weise.
Sowohl der Altersvorsorgeanteil, der durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur
Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten
Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG) vom 21. März
2001 (BGBl I 2001, 403)mit § 68 Abs. 3 SGB VI eingeführt wurde und wegen der
Sonderregelung des § 255e SGB VI erstmals für die Rentenanpassung zum 1.7.2003
Bedeutung gewann, wodurch sich die Rentenanpassung zwar im Grundsatz weiter an der
Entwicklung der Bruttolöhne orientiert, aber neben den Beiträgen zur gesetzlichen
Rentenversicherung auch Beiträge zur Alterssicherung als fiktiver Beitrag zur privaten
Altersvorsorge mit einbezogen werden, als auch der Nachhaltigkeitsfaktor, der durch das
Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen
Rentenversicherung (RVNG) vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1791, 1798) geschaffen
wurde und mit dem unter Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung vor allem
auch der rückläufigen Entwicklung der Geburten und der Zuwanderung sowie der
Veränderung im Erwerbsverhalten bewirkt werden soll, dass sich die Rentenanpassung
nach der Veränderung des Verhältnisses von Rentnern und Beitragszahlern vollzieht,
sind verfassungsgemäß.
Das BSG hat dazu unter anderem ausgeführt:
Der Senat kann weiterhin offen lassen, ob eine Rentenanpassung überhaupt in den
Schutzbereich des Art 14 Abs. 1 GG fällt oder aber eine nicht eigentumsgeschützte
bloße Erwartung auf zukünftige Teilhabe an steigenden Einkünften der
Rentenbeitragszahler darstellt (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007, SozR 4-2600 § 65
Nr. 1 RdNr 15) . Die Einführung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors
verstößt jedenfalls nicht gegen Art 14 Abs. 1 GG. Auch das BVerfG hat die Frage, ob die
regelmäßige Anpassung von Renten unter den Schutz der Eigentumsgarantie fällt, bis
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regelmäßige Anpassung von Renten unter den Schutz der Eigentumsgarantie fällt, bis
heute offen gelassen (BVerfG vom 26.7.2007, abgedruckt in NZS 2008, 254) Der 4.
Senat des BSG ging noch in seiner Entscheidung vom 31. Juli 2002 (BSGE 90, 11, 19 =
SozR 3-2600 § 255c Nr. 1) von einem Schutz vor inflationsbedingten Einbußen aus. Er
hat diese Auffassung in seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 (B 4 RA 9/05 R - Juris,
RdNr 19 ff) dahingehend modifiziert, dass Rentner nach dem SGB VI in Bezug auf eine
Rentenanpassung kein im GG geregeltes Recht i.S. eines Anspruchs gegen die
Bundesregierung als Verordnungsgeber oder gegen den Deutschen Bundestag auf
Anhebung des aktuellen Rentenwerts haben (Urteil vom 21. Januar 2009 – B 12 R 1/07
R).
Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an, denn einen Anspruch auf
eine Rentenanpassung wenigstens in Höhe eines Inflationsausgleichs sehen und sahen
die Gesetze der gesetzlichen Rentenversicherung nie vor. Die Rentenanpassung folgt, so
das BSG im Urteil vom 20. Dezember 2007 - B 4 RA 9/05 R, seit den
Rentenreformgesetzen 1957 (Gesetz zur Neuregelung des Rechts der
Rentenversicherung der Angestellten - Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz -
vom 23. Februar 1957, BGBl I 1957, 88; Gesetz zur Neuregelung des Rechts der
Rentenversicherung der Arbeiter - Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz -
vom 23. Februar 1957, BGBl I 1957, 45) grundsätzlich der Lohn- und Gehaltsentwicklung.
Grundlage dessen ist das mit den Rentenreformgesetzen 1957 eingeführte
Alterslohnprinzip. Die Rente soll mit Blick auf den zuvor allein von seinem Lohn oder
Gehalt lebenden Arbeitnehmer nicht Zuschuss zum Lebensunterhalt sein, sondern den
durch versichertes Arbeitsentgelt oder -einkommen erworbenen Anteil seines
Lebensstandards nach Maß der eigenen Vorleistung bewahren. Die Altersrentner sollten
"aus der Nähe des Fürsorgeempfängers in die Nachbarschaft des Lohnempfängers"
gerückt werden (vgl. BT-Drucks 2437 vom 5. Juni 1956, S 57). Dieses Ziel bedingt die
Koppelung des "Alterslohns" der Rentenbezieher an die reale Lohn- und
Gehaltsentwicklung der Beschäftigten. Sind Kaufkraft des Geldes sowie Löhne und
Gehälter nicht stabil, kann die wirtschaftliche Stellung des Rentenberechtigten nicht
erhalten bleiben, wenn der Wert der Rente - wie vor 1957 - an den Nominalwert früherer
Beiträge oder versicherter Entgelte gebunden würde. Deshalb richtet sich die Zuweisung
des Geldwertes eines Rechts auf Rente grundsätzlich nach der Entwicklung der
beitragsbelasteten Arbeitsverdienste der aktuell versicherten Arbeitnehmer (vgl. auch
BSGE 86, 262, 300 f = SozR 3-2600 § 210 Nr. 2 S 43 f m. w. N.). Instrument der
Anbindung der Rente an die Entwicklung des beitragsbelasteten Arbeitsverdienstes der
Aktiven ist der sog. aktuelle Rentenwert. Die Rentenanpassung stellt sich in Bezug auf
die Entwicklung des Monatsbetrags der Rente somit aber als offenes System dar. Die
jährliche Anpassung des Monatsbetrags der Rente kann bei negativer
Bruttolohnentwicklung, steigenden Rentenversicherungsbeiträgen oder steigenden
Vorsorgeaufwendungen und auch bei Kombinationen solcher Entwicklungen nicht nur zur
Erhöhung, sondern auch zur Senkung des Monatsbetrags der Rente führen. Der Schutz
vor inflationsbedingten Einbußen ist und war hingegen kein Bestandteil des
Alterslohnprinzips bzw. der, so das BSG im Urteil vom 20. Dezember 2007 – B 4 RA
48/05 R, "Produktivitätsrente", wonach die Rentenanpassung grundsätzlich an der
Entwicklung der Arbeitsverdienste der aktiven Versicherten angebunden ist, ohne stets
einen Wertanstieg zu garantieren und ohne einfachgesetzliche Eingriffe des Parlaments
in die "Regelhaftigkeit" der Anpassung auszuschließen.
Das BSG hat weiter ausgeführt:
Auch wenn man den Schutzbereich des Art 14 Abs. 1 GG durch das Ausbleiben einer
Rentenanpassung als beeinträchtigt ansieht, wäre die Eigentumsgarantie durch die
Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils oder des Nachhaltigkeitsfaktors nicht
verletzt. Beides dient der Sicherung des Vertrauens der jüngeren Generation in die
Zukunftsfestigkeit der Rentenversicherung und gewährleistet einen gerechten Ausgleich
der finanziellen Belastungen zwischen den Generationen, wird also durch einen
Gemeinwohlzweck bzw. ein gewichtiges öffentlichen Interesse bestimmt.
Die Einführung sowohl des Altersvorsorgeanteils als auch des Nachhaltigkeitsfaktors war
dazu erforderlich, geeignet und verhältnismäßig.
Bei der Einführung des Altersvorsorgeanteils im Jahre 2001 durch das AVmEG stand aus
Sicht des Gesetzgebers die Problematik der rückläufigen Geburtenzahl einerseits und
die steigende Lebenserwartung und damit die immer länger werdende Rentenlaufzeit
andererseits im Vordergrund (BT-Drucks 14/4595 S 1). Der jüngeren Generation drohte
eine Beitragsbelastung von 24 v. H. bis 26 v. H. im Jahre 2030 ohne die Gewissheit zu
haben, trotz hoher Beiträge eine ausreichende Rente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung zu erhalten (BT-Drucks 14/4595 S 37). Das Vertrauen in die
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Rentenversicherung zu erhalten (BT-Drucks 14/4595 S 37). Das Vertrauen in die
Zukunftsfestigkeit der gesetzlichen Alterssicherung konnte deshalb durch eine
Beitragsbegrenzung geschaffen werden. Ein stabiler Beitragssatz leistet einen
wesentlichen Beitrag zur Begrenzung der Lohnnebenkosten und damit für mehr
Wachstum und Beschäftigung in Deutschland (BT-Drucks 14/4595 S 37). Die Einführung
des Altersvorsorgeanteils ist im Zusammenhang mit der Einführung der zusätzlichen
kapitalgedeckten Altersvorsorge (Riester-Rente) zu sehen. Nur durch den Abschluss
dieser und anderer Altersvorsorgemaßnahmen kann die künftige Niveauabsenkung der
gesetzlichen Rentenversicherung für die jetzigen Beitragszahler kompensiert werden.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Beitragszahler zur allgemeinen
Rentenversicherung ab dem Jahre 2002 beginnend mit einem Mindestbeitrag von 1 v. H.
und steigend auf 4 v. H. seiner beitragspflichtigen Einnahmen i. S. des SGB VI bis zum
Jahre 2008 eine von der allgemeinen Rentenversicherung unabhängige Altersversorgung
aufbauen (BT-Drucks 14/4595 S 38, 39). Diese Aufwendungen beeinträchtigen die Höhe
der verfügbaren Nettolöhne der Arbeitnehmer und sind daher bei der Ermittlung des
Anstiegs der beitragspflichtigen Einnahmen i. S. des SGB VI zu berücksichtigen (BT-
Drucks 14/4595 S 47; Senatsurteil vom 27. März 2007, SozR 4-2600 § 65 Nr. 1 RdNr. 25)
Dabei kann es nicht als sachwidrig gewertet werden, dass § 255e Abs. 3 SGB VI den
Anstieg der steuerlich geförderten Beiträge zur privaten Alterssicherung nicht genau
abbildet, sondern pauschaliert nachzeichnet, auch um einen kontinuierlichen Anstieg
darzustellen (vgl. Senatsurteil vom 27.3.2007, SozR 4-2600 § 65 Nr. 1 RdNr. 25).
Genauso wenig ist es sachwidrig, dass der Altersvorsorgeanteil bei der Rentenanpassung
unabhängig davon berücksichtigt wird, inwieweit die "Riester-Rente" von den
Beschäftigten tatsächlich angenommen wird und damit die entsprechenden Beiträge in
der Tat das verfügbare Einkommen des durchschnittlichen Beschäftigten mindern. Denn
der Arbeitnehmer, der keine zusätzliche private Altersvorsorge aufbaut, mag dadurch
sein gegenwärtiges verfügbares Einkommen erhöhen, jedoch nur gegen den Preis
späterer Belastung (vgl. Senatsurteil a.a.O.; Wiechmann, DAngVers 2003, 307, 309). Die
Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils bei der Berechnung der Rentenanpassung
gewährleistet, dass Rentenempfänger an der steigenden Belastung der Erwerbstätigen
für die Altersvorsorge durch eine geringere Rentenanpassung beteiligt werden. Die
Einsparung bei voller Wirkung des Altersvorsorgeanteils soll bei ca. 10 Milliarden Euro
liegen (Brall/Dünn/Fasshauer, DRV 2005, 460, 478)
Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors war erforderlich, weil nicht ersichtlich ist,
welche anderen weniger belastenden Maßnahmen in Betracht zu ziehen wären. Die
Begrenzung der Lohnzusatzkosten stand auch bei der Einführung des
Nachhaltigkeitsfaktors durch das RVNG im Vordergrund (BT-Drucks 15/2149, S 1).
Richtschnur für die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors war der Grundsatz der
Generationengerechtigkeit. Die Jüngeren dürfen nicht durch zu hohe Beiträge
überfordert werden. Nur mit verkraftbaren Beiträgen zur gesetzlichen
Rentenversicherung wird der Spielraum geschaffen, der erforderlich ist, um
eigenverantwortlich ergänzende Altersvorsorge betreiben zu können (vgl. BT-Drucks
15/2149, S 1). Der demografische Wandel und die künftige Beschäftigungsentwicklung
erfordern die Berücksichtigung des Verhältnisses von Beitragszahlern und Rentnern bei
der Rentenanpassung. Auf einen Rentenempfänger kamen Mitte der siebziger Jahre 2,75
Beitragszahler, während es im Jahre 2006 noch 1,4 Beitragszahler waren (vgl.
Waltermann, NJW 2008, 2529). Der Gesetzgeber kann im Rahmen der Prüfung, inwieweit
die gesetzgeberische Maßnahme erforderlich war, nicht darauf verwiesen werden, durch
eine finanzielle Belastung einer anderen Bevölkerungsgruppe in Form einer
Beitragserhöhung, einer Steuererhöhung zur Erhöhung des Bundeszuschusses oder
anderer Maßnahmen im Bereich der Sozialversicherung sei die Einführung
rentenerhöhungsdämpfender Maßnahmen nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 116, 96, 127;
BVerfGE 117, 272, 298; BVerfG vom 26. Juli 2007, NZS 2008, 254, 255).
Die Einführung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors ist
verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Belastung für die Inhaber der geschützten
Position, d. h. die jetzigen Rentenempfänger, steht in einem angemessenen Verhältnis
zu den mit der Regelung verfolgten Interessen (vgl. BVerfGE 74, 203, 214 ff) Die
Einführung der rentenerhöhungsdämpfenden Maßnahmen sind im Hinblick auf die
Intensität, die Schwere und die Tragweite der Eigentumsbeeinträchtigung zumutbar.
Überdies muss sich der Nachhaltigkeitsfaktor - wie die Rentenanpassungen der Jahre
2007 und 2008 gezeigt haben - nicht immer zulasten der Rentner auswirken. Entwickelt
sich nämlich die Relation zwischen der Zahl der Beitrag zahlenden Arbeitnehmer und der
Zahl der Rentenempfänger - entgegen der Prognose bei Einführung des
Nachhaltigkeitsfaktors im Jahre 2004 (und dem demografischen Langzeittrend) -
zugunsten der Beitragszahler, wirkt der Nachhaltigkeitsfaktor rentensteigernd.
Die Einführung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors verstoßen auch
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Die Einführung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors verstoßen auch
nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das Vertrauen des Klägers muss
gegenüber den gewichtigen öffentlichen Interessen an einer Finanzierbarkeit des
Rentenversicherungssystems zurückstehen. Im Rahmen des Vertrauensschutzes ist
zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des
gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen (BVerfGE 64, 87, 104).
Bei Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Höhe der Renten stellt eine
erst in der Zukunft wirksam werdende Regelung nur eine unechte Rückwirkung dar. Diese
ist zulässig, wenn die Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des
Einzelnen und der Bedeutung des Anliegens für das Wohl der Gemeinschaft zugunsten
der neuen Beschränkung des Anspruchs ausgeht.
Die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in den letzten Jahrzehnten hat bei
den betroffenen Rentnern die Erwartung begründet, es finde eine fortwährende Erhöhung
des Leistungsniveaus der Renten statt (BVerfGE 64, 87, 105). Für die kontinuierliche
Erhöhung des Rentenniveaus in der Vergangenheit war allerdings die günstige
wirtschaftliche Entwicklung verantwortlich. Deshalb ist in Vergessenheit geraten, dass
mit der Mitgliedschaft in der Rentenversicherung - wie überall - nicht nur Chancen,
sondern auch Risiken verbunden sind (BVerfGE 58, 81, 123; Wiechmann, DAngVers
2003, 307, 308). Zu diesen gehören die Veränderungen der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit und der Produktivität genauso wie die Veränderung der Lohn- und
Gehaltssumme oder die Veränderungen im demografischen Bereich. Das BVerfG hat auf
diesen Umstand bereits in seiner Entscheidung vom 01. Juli 1981 (vgl. BVerfGE 58, 81,
123 hingewiesen. Die Rentenversicherung ist Teil der Gesellschaft und unterliegt daher
sich verändernden Rahmenbedingungen. Die Veränderung der Geburtenrate, des
Arbeitsmarkts und der ökonomischen Verhältnisse kann daher nicht mit dem Argument
des Vertrauensschutzes ignoriert werden. Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung
von einem erheblichen öffentlichen Interesse an einer Finanzierbarkeit des
Rentenversicherungssystems aus und hat dem Ausgleich zwischen Ausgaben und
Einnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung ein hohes Gewicht beigemessen
(BVerfGE 64, 87, 106).
Hinzu kommt, dass der Aufwand der heutigen Rentner für die "Erwirtschaftung" eines
Entgeltpunkts in der gesetzlichen Rentenversicherung früher zum Teil wesentlich unter
dem heutigen lag. Während heute für einen Entgeltpunkt des Durchschnitts-
Jahresentgelts 19,9 v. H. entrichtet werden müssen, lagen die Beitragssätze für die
Rentenversicherung zwischen 1957 bis Anfang der achtziger Jahre bei 14 v. H bis 18 v. H
(vgl. Holzapfel, LVAMitt 2005, 263, 268). Der Wert eines Entgeltpunkts ist aber für alle
heutigen und zukünftigen Rentner gleich hoch und ergibt sich aus dem jeweiligen
aktuellen Rentenwert. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, das
eine offenkundige Disproportionalität von Beitragsleistung und versicherungsrechtlicher
Leistung verbietet (vgl. Papier in Freiheit und Eigentum, Festschrift für Leisner, 1999,
721, 740 f), könnte eine weitere übermäßige Beitragssteigerung Probleme aufwerfen.
Die vom Gesetzgeber beschlossenen Maßnahmen führen auch nicht zu einer
substantiellen Entwertung der erreichten Ansprüche und Anwartschaften mit der Folge,
dass diese im Ergebnis leer liefen. In dem Gesetz zur Rentenanpassung 2008 vom 26.
Juni 2008 (BGBl I 2008, 1076) verschiebt der Gesetzgeber die Erhöhung des
Altersvorsorgeanteils für die Jahre 2008 und 2009 durch Änderung des § 255e Abs. 3
SGB VI auf die Jahre 2012 und 2013 (Gesetz zur Rentenanpassung 2008, Art 1 Nr. 3).
Diese Maßnahme erhöht die Rentenanpassung 2008 von 0,46 v. H. auf 1,1 v. H. und soll
die Rentenbezieher angemessen an der verbesserten Arbeitsmarktsituation und der
Stabilisierung der Rentenfinanzen beteiligen (BT-Drucks 16/8744).
Die vom Kläger aufgezeigten im Beitrittsgebiet und den alten Bundesländern im selben
Umfang erfolgten Rentenanpassungen zum 01. Juli 2007 und 01. Juli 2008 bedeuten
entgegen seiner Ansicht keine Abkehr von der schrittweisen Herstellung der
Rentenangleichung Ost an West. Dies stellt vielmehr eine Vergünstigung dar.
In der Begründung zur Rentenwertbestimmungsverordnung 2007 (
www.bmas.de/portal/3304/entwurf_bestimmung_rentenwerte_kabinettsbeschluss.html )
heißt es (Seite 8, 9): Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts in den alten
Bundesländern berücksichtigt die Veränderung der Bruttolöhne und –gehälter je
Arbeitnehmer im Jahr 2006 gegenüber dem Jahr 2005 um 0,98 v. H., die Veränderungen
bei den Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge des Jahres 2006
gegenüber dem Jahr 2005 mit 0,5 v. H. und den Nachhaltigkeitsfaktor mit 1,0019. Auf
dieser Basis erhöht sich der bis zum 30. Juni 2007 maßgebende aktuelle Rentenwert ab
dem 01. Juli 2007 von 26,13 Euro auf 26,27 Euro. Dies entspricht einem Anpassungssatz
von 0,54 v. H. Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts (Ost) berücksichtigt die
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von 0,54 v. H. Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts (Ost) berücksichtigt die
Veränderung der Bruttolöhne und –gehälter im Jahr 2006 gegenüber dem Jahr 2005 um
0,49 v. H. Die Veränderung des Altersvorsorgeanteils und der Nachhaltigkeitsfaktor sind
bundeseinheitliche Werte. Insoweit gelten die gleichen Werte wie bei der Ermittlung des
aktuellen Rentenwerts. Auf dieser Basis würde sich der bis zum 30. Juni 2007
maßgebende bisherige aktuelle Rentenwert (Ost) von 22,97 Euro auf 22,98 Euro
erhöhen. Dies entspräche einem Anpassungssatz von 0,04 v. H. Der aktuelle Rentenwert
(Ost) ist jedoch mindestens um den Prozentsatz anzupassen, um den der aktuelle
Rentenwert angepasst wird. Der aktuelle Rentenwert (Ost) wird daher um 0,54 v. H.
angepasst. Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt somit zum 01. Juli 2007 23,09 Euro.
Für die Rentenanpassung zum 01. Juli 2008 nach dem Rentenwertbestimmungsgesetz
2008 gilt insoweit nichts anderes (BT-Drucksache 16/8744, S. 8, 9): Die Bestimmung des
aktuellen Rentenwertes in den alten Ländern berücksichtigt die Veränderung der
Bruttolöhne und –gehälter im Jahr 2007 gegenüber dem Jahr 2006 um 1,4 v. H., die
Veränderung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der allgemeinen
Rentenversicherung des Jahres 2007 gegenüber dem Jahr 2006 um 0,4 v. H. und den
Nachhaltigkeitsfaktor mit 1,0022. Aufgrund der Änderungen des §§ 255 e Abs. 3 SGB VI
beträgt der Altersvorsorgeanteil in den Jahren 2006 und 2007 einheitlich 2,0 v. H., womit
die anpassungsdämpfende Wirkung des Faktors für die Veränderung des
Altersvorsorgeanteils entfällt (Begründung zu Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b [§ 255 e SGB VI],
S. 8). Gemeinsam mit der Veränderung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der
allgemeinen Rentenversicherung wirken die Aufwendungen für die Altersvorsorge im
Ergebnis mit einem Faktor von 0,9949. Auf dieser Basis erhöht sich der bis zum 30. Juni
2008 maßgebende aktuelle Rentenwert ab dem 01. Juli 2008 von 26,27 Euro auf 26,56
Euro. Dies entspricht einem Anpassungssatz von 1,1 v. H. Die Bestimmung des
aktuellen Rentenwerts (Ost) berücksichtigt die Veränderung der Bruttolöhne und -
gehälter im Jahr 2007 gegenüber dem Jahr 2006 um 0,54 v. H. Die durchschnittlichen
Beitragssätze zur allgemeinen Rentenversicherung, die Höhe des Altersvorsorgeanteils
und der Nachhaltigkeitsfaktor sind bundeseinheitliche Werte. Insoweit gelten die gleichen
Werte wie bei der Ermittlung des aktuellen Rentenwerts. Auf dieser Basis würde sich der
bis zum 30. Juni 2008 maßgebende bisherige aktuelle Rentenwert (Ost) von 23,09 Euro
auf 23,15 Euro erhöhen. Dies entspräche einem Anpassungssatz von 0,26 v. H. Der
aktuelle Rentenwert (Ost) ist jedoch mindestens um den Prozentsatz anzupassen, um
den der aktuelle Rentenwert angepasst wird. Der aktuelle Rentenwert (Ost) wird daher
um 1,1 v. H. angepasst. Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt somit zum 01. Juli 2008
23,34 Euro.
Es mag zwar zutreffen, dass für das Jahr 2006 und für das Jahr 2007 ein zu geringes
durchschnittliches Jahresentgelt zugrunde gelegt wurde. Nach einer Auskunft des
Statistischen Bundesamtes (so Johannes Steffen, Arbeitnehmerkammer Bremen,
Hintergrund Sozialpolitik: Rentenanpassung 2009 vom 02. April 2009, vgl. www.ak-
sozialpolitik.de/doku/05_soziales/sgb_vi/209_04_02_rentenanpassung2009.pdf ) ist die
im Osten deutlich höherer Lohnsteigerung im Jahre 2008 gegenüber dem Jahre 2007 auf
bis zum Jahr 2004 zurückreichende „statistische Überarbeitungseffekte“ im Umfang von
insgesamt 1 Prozentpunkt zurückzuführen, wodurch die durchschnittlichen
Jahresentgelte in den neuen Ländern um rund 30 Euro (2004), 50 Euro (2005), 130 Euro
(2006) und 3 Euro (2007) angehoben wurden. Daraus folgt jedoch nichts für die bereits
vorgenommenen Rentenanpassungen. Nach § 68 Abs. 7 Satz 1 SGB VI sind bei der
Bestimmung des neuen aktuellen Rentenwerts für das vergangene Kalenderjahr die dem
Statistischen Bundesamt zu Beginn des Kalenderjahres vorliegenden Daten zu den
Bruttolöhnen und –gehältern je Arbeitnehmer und für das vorvergangene und das dritte
zurückliegende Kalenderjahr die bei der Bestimmung des bisherigen aktuellen
Rentenwertes verwendeten Daten zu den Bruttolöhnen und -gehältern je Arbeitnehmer
zugrunde zu legen. Damit sind erst nachträglich bekannt gewordene andere (zu hohe
oder zu niedrige) Daten zu den Bruttolöhnen und -gehältern unbeachtlich.
Die Entscheidung des BVerfG zu den den Kriegsopfern nach § 31 Abs. 1 Satz 1
Bundesversorgungsgesetz (BVG) gewährten Beschädigungsgrundrenten (Urteil vom 14.
März 2000 - 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96, abgedruckt in BVerfGE 102, 41)rechtfertigt
nicht, die unterschiedliche Wirtschaftsleistung in den alten und neuen Bundesländern mit
dem daran anknüpfenden unterschiedlichen Lohn- und Gehaltsniveau bei den Renten
der gesetzlichen Rentenversicherung unbeachtet zu lassen.
Das BVerfG hat in dieser Entscheidung maßgeblich auf die immaterielle Komponente der
Beschädigungsgrundrenten abgehoben.
Es hat u. a. ausgeführt: Anders als die sonstigen nach dem Bundesversorgungsgesetz
gewährten Leistungen hat die Grundrente für Beschädigte nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG
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gewährten Leistungen hat die Grundrente für Beschädigte nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG
neben einer materiellen eine besondere immaterielle Komponente. Sie ist deshalb eine
Leistung eigener Art. Sie stellt die Entschädigung für die Beeinträchtigung der
körperlichen Integrität dar und soll die Mehraufwendungen ausgleichen, die das
Kriegsopfer infolge der Schädigung gegenüber einem gesunden Menschen hat (vgl. BT-
Drucksache 1/1333, S. 43, 45; BT-Drucksache 3/1239, S. 21). Die Genugtuungsfunktion
der Beschädigtengrundrente zeigt sich auch in ihrer näheren rechtlichen Ausgestaltung.
Die Rente wird unabhängig von den persönlichen Lebensverhältnissen des einzelnen
Beschädigten, seinen Einkünften und seinem Vermögen gewährt. Anders als bei den
einkommensabhängigen Leistungen bleibt sie bei der Bemessung anderer staatlicher
Leistungen grundsätzlich unberücksichtigt. Wird danach die Beschädigtengrundrente
nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG wesentlich von der Vorstellung des ideellen Ausgleichs
eines vom Einzelnen im Militärdienst für die staatliche Gemeinschaft erbrachten
gesundheitlichen Sonderopfers geprägt und ist diese immaterielle Komponente nicht
von der materiellen zu trennen, so ist es im Hinblick auf das grundgesetzliche
Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu rechtfertigen, sie einem Kriegsbeschädigten
aus den neuen Ländern auf Dauer in geringerem Umfang zugute kommen zu lassen,
obgleich sein Opfer im gleichen Krieg für den gleichen Staat erbracht wurde. Eine
unterschiedliche Entschädigung für das gleiche Opfer kann deshalb für eine
Übergangszeit ihre sachliche Rechtfertigung in dem mit der deutschen Einigung
einhergehenden außerordentlichen staatlichen Finanzierungsbedarf finden. Sie verliert
ihre Rechtfertigung aber dann, wenn deutlich wird, dass das gesetzgeberische Ziel einer
zügigen und schrittweisen Angleichung des Entschädigungsniveaus im gesamten
Bundesgebiet mit dem in Einsatz gebrachten rechtlichen Instrumentarium in absehbarer
und für die Leistungsberechtigten erlebbarer Zeit nicht erreichbar ist. Dies ist spätestens
Ende 1998 erkennbar gewesen. Es ist daher durch Art. 3 Abs. 1 GG geboten, dass die
Grundrente insgesamt für alle Berechtigten ab 1. Januar 1999 gleich bemessen wird. Die
Feststellung der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffene Regelung des §
84 a BVG ist auf die Grundrente des § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG wegen deren
Genugtuungsfunktion beschränkt. Sie kann nicht auf andere Leistungen nach dem
Bundesversorgungsgesetz und insbesondere auch nicht auf die rein materiell
ausgerichtete Kleiderverschleißpauschale (§ 15 BVG) erstreckt werden.
Letztgenannter Aussage folgend hat das BVerfG dementsprechend mit Beschluss vom
07. Januar 2005 - 1 BvR 286/04, abgedruckt in SozR 4-3100 § 84a Nr. 5 entschieden,
dass die Regelung des § 84 a Satz 1 BVG über die unterschiedliche Höhe einer
Witwengrundrente nach dem BVG im Beitrittsgebiet und in den alten Bundesländern
nicht verfassungswidrig ist.
Es hat u. a. ausgeführt: Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die
angegriffene Regelung bewegt sich innerhalb der dem Gesetzgeber durch den
Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Ausgestaltung von Versorgungsleistungen
vorgegebenen Grenzen. Die Ungleichbehandlung ist hinreichend gerechtfertigt. Das vom
Gesetzgeber gewählte Angleichungskonzept ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden (vgl. BVerfGE 102, 41 <45>). Es ist jedenfalls unter dem Gesichtspunkt
des Art. 3 Abs. 1 GG nicht sachwidrig gewesen, die Höhe der Geldleistungen an
Kriegsbeschädigte nach dem BVG an die Entwicklung der Standardrenten und damit -
über die Anpassung der Altersrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung - an die
Entwicklung der Arbeitsentgelte zu knüpfen. Damit ist auch eine gewisse soziale
Symmetrie von Arbeitseinkommen, Versichertenrenten und steuerfinanzierten
staatlichen Versorgungsleistungen sichergestellt worden (vgl. BVerfGE 102, 41 <55>).
Den aktuellen Wirtschafts- und Sozialdaten ist zu entnehmen, dass die im Zeitpunkt der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegende unterschiedliche
Leistungsfähigkeit der Wirtschaft in den alten und neuen Bundesländern nach wie vor
gegeben ist. Die Lebensverhältnisse weisen teilweise weiterhin große Unterschiede auf.
Das Anpassungskonzept des Gesetzgebers wird weiterhin nachhaltig verfolgt. Dieses
Bild von der wirtschaftlichen Entwicklung findet seine Entsprechung in der Situation, die
im Rentenversicherungsbericht 2004 der Bundesregierung beschrieben ist
(www.bmgs.bund.de/downloads/RVB04_Kabinett.pdf). Zwar sind danach im Jahre 2003
sowohl die Versichertenrenten der Frauen (661 gegenüber 482 Euro monatlich) als auch
diejenigen der Männer (1.033 gegenüber 987 Euro monatlich) in den neuen
Bundesländern höher als in den alten Bundesländern (a.a.O., S. 17). Bereinigt man aber
die Statistik um die unterschiedlichen Arbeits- und Beitragszeiten in den alten und
neuen Bundesländern, zeigt sich, dass der "Eckrentner" (Altersrentner nach 45
Versicherungsjahren mit Durchschnittsverdienst in der gesetzlichen Rentenversicherung)
am 1. Juli 2004 in den alten Ländern eine Rente von 1.073 Euro und in den neuen
Ländern eine Rente von 943 Euro erhielt (a.a.O., S. 22 f.). Aus dem
Rentenversicherungsbericht 2004 geht weiter hervor, dass der Verhältniswert am 1. Juli
2004 87,9 vom Hundert des Zahlbetrages in den alten Bundesländern betrug (a.a.O., S.
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2004 87,9 vom Hundert des Zahlbetrages in den alten Bundesländern betrug (a.a.O., S.
23 f.). Zwar ist dieser Wert unverändert gegenüber dem 1. Juli 2003. Dies lässt aber noch
nicht den Schluss zu, dass die Anpassungsdynamik zum Erliegen gekommen ist.
Jedenfalls liegt es nicht in der Zuständigkeit des BVerfG, dies mit Folgen für die
Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Regelung festzustellen. Es ist auch vor Art. 3
Abs. 1 GG hinreichend gerechtfertigt, dass § 84 a Satz 3 BVG die Witwengrundrente
nicht von der Absenkung ausnimmt. Denn zwischen den Beziehern einer
Beschädigtengrundrente und einer Schwerstbeschädigtenzulage einerseits und den
Beziehern einer Soldatenwitwenrente andererseits bestehen Unterschiede, welche ihrer
Art nach die Gewährung einer Grundrente in unterschiedlicher Höhe rechtfertigen.
Bereits im Urteil vom 14. März 2000 zur Beschädigtengrundrente (BVerfGE 102, 41) ist
ausgeführt, dass zwischen der Grundrente des (selbst) Geschädigten und der
Hinterbliebenenversorgung Unterschiede bestehen. Das BVerfG hat festgestellt, dass
die Beschädigtengrundrente eine besonders starke immaterielle Komponente aufweist,
die ihren Charakter deutlich prägt. Dies liege daran, dass die Beschädigtengrundrente
eine Entschädigung für die Beschädigung der körperlichen Integrität darstelle und die
hierdurch bedingten besonderen Aufwendungen mit tragen helfen solle (BVerfG, a.a.O.,
S. 59). Dieser Gedanke lässt sich nicht auf die Hinterbliebenenrenten übertragen. Die
Hinterbliebenen haben keine Verletzung ihrer eigenen körperlichen Integrität aufgrund
von Kriegshandlungen hinnehmen müssen, an denen sie beteiligt waren.
Wenn jedoch die Wirtschaftsleistung in den alten und neuen Bundesländern nach wie vor
unterschiedlich ist und auch weiterhin das Anpassungskonzept des Gesetzgebers
nachhaltig verfolgt wird, weil mit Blick auf die Entwicklung der Renten nicht festgestellt
werden kann, dass die Anpassungsdynamik zum Erliegen gekommen ist, lässt sich die
Verfassungswidrigkeit einer Regelung, die sich an diesem Sachverhalt orientiert, nicht
festzustellen.
Dem Urteil des BVerfG vom 09. Dezember 2008 – 2 BvL 1/07 u. a., abgedruckt in
BVerfGE 122, 210 = NJW 2009, 48, (zur so genannten Pendlerpauschale des
Einkommensteuerrechts) ist hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 GG nichts anderes zu entnehmen.
Das BVerfG hat in diesem Urteil ausgeführt, es habe als besondere sachliche Gründe für
Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher
Belastungsentscheidungen in seiner bisherigen Rechtsprechung vor allem
außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Typisierungs- und
Vereinfachungserfordernisse anerkannt, nicht jedoch den rein fiskalischen Zweck
staatlicher Einnahmenerhöhung. Die Neuregelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 2
Einkommensteuergesetz (EStG) verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, denn
ihr fehle eine hinreichende sachliche Begründung für die Abkehr vom
Veranlassungsprinzip bei der Abgrenzung der einkommensteuerrechtlichen
Bemessungsgrundlage. Insoweit hat das BVerfG jedoch nur das wiederholt, was ständige
Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG ist: Es bedarf sachlicher Gründe für eine
unterschiedliche rechtliche Behandlung. Wie oben dargelegt, stellt jedoch die weiterhin
vorhandene unterschiedliche Wirtschaftsleistung in den alten und neuen Bundesländern
den rechtfertigenden Grund dar, die Renten in den alten und neuen Bundesländern
unterschiedlich zu behandeln.
Nicht nachzuvollziehen vermag der Senat den Hinweis des Klägers auf das Urteil des
BVerfG vom 09. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u. a., abgedruckt in NJW 2010, 505 (zum so
genannten Hartz-IV-Regelsatz). Das BVerfG hat in diesem Urteil die Orientierung des
Regelsatzes an der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts nach § 68 SGB VI als
sachwidrigen Maßstabswechsel beanstandet. Während die statistische
Ermittlungsmethode nach § 28 Abs. 3 Satz 2 SGB XI auf Nettoeinkommen,
Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten abstelle, setze eine Fortschreibung
nach dem aktuellen Rentenwert nach § 68 Abs. 1 Satz 3 SGB VI an den Faktoren der
Entwicklung der Bruttolöhne und –gehälter, des Beitragssatzes zur allgemeinen
Rentenversicherung, in der Zeit vom 01. Juli 2005 bis zum 01. Juli 2013 zusätzlich des
Altersvorsorgeanteils (§ 255 e SGB VI), und an einem Nachhaltigkeitsfaktor an. Bereits
diese Faktoren stimmten nicht mit den nach § 28 SGB XI maßgeblichen Richtgrößen des
Nettoeinkommens, des Verbrauchs und der Lebenshaltungskosten überein. Der aktuelle
Rentenwert diene zudem nicht dazu, die zur Sicherung eines menschenwürdigen
Existenzminimums notwendigen Leistungen zu quantifizieren und entsprechend der
Veränderung des Bedarfs jährlich fortzuschreiben. Im Unterschied zum so genannten
Hartz IV-Regelsatz wird jedoch die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung gerade
durch die Faktoren bestimmt, die auch den aktuellen Rentenwert bzw. den aktuellen
Rentenwert (Ost) ausmachen. Eine Systemwidrigkeit lässt sich mithin nicht feststellen.
Aus dem aufgezeigten systematischen Unterschied zwischen dem Hartz IV-Regelsatz
einerseits und der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits ergibt sich
damit zugleich, dass aus der Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes nichts für eine
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damit zugleich, dass aus der Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes nichts für eine
entsprechende Erhöhung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung folgt. Denn
ansonsten käme es in der gesetzlichen Rentenversicherung gerade zu dem vom BVerfG
inkriminierten sachwidrigen Maßstabswechsel auch dort.
Dem weiteren Antrag des Klägers, Beweis darüber zu erheben, wie sich insbesondere
der Wert des Alterseinkommens des Klägers bei entsprechender Anwendung der
Realwertgarantie (Inflationsschutz) seit 2000 bis zum 01. Juli 2008 unter
Berücksichtigung der im EV vorgegeben Angleichung der Renten Ost an West entwickelt
hat, ist gleichfalls nicht zu entsprechen.
Die Gründe hierfür sind dieselben, mit denen der Senat den weiteren, bereits oben
erörterten Beweisantrag ablehnt.
Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass er die vom Kläger erwartete „auf
wissenschaftlicher Grundlage aufbauende und ordnungsgemäße Prüfung“ der von ihm
vorgetragenen Grundsatzfragen nicht zu leisten hat. Das Gericht hat in den
Entscheidungsgründen auf die entscheidungserheblichen Tatsachen einzugehen und
dabei die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sie in Erwägung zu
ziehen. Mit dem vorliegenden Urteil dürfte dies umfassend geschehen sein.
Die Berufung hat daher im Wesentlichen keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des
Rechtsstreits. Im Hinblick auf die Geringfügigkeit des Obsiegens ist die
Kostenentscheidung des Sozialgerichts entsprechend zu ändern. Der Grundsatz des
Verbots der reformatio in peius steht nicht entgegen, da über Kosten grundsätzlich von
Amts wegen zu entscheiden ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 193 Rdnr.
16; BSG, Urteil vom 10. September 1987 – 10 RAr 10/86 m. w. N. , abgedruckt in SozR
4100 § 141 b Nr. 40 = BSGE 62, 131).
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1
und 2 SGG) nicht vorliegen.
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