Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 19.01.2011

LSG Berlin und Brandenburg: leistungserbringer, abgabe von hilfsmitteln, abrechnung, versorgung, juristische person, ärztliche verordnung, anfechtungsklage, krankenkasse, behörde, prozessstandschaft

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 19.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 112 KR 244/07
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 530/07
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. August 2007 geändert. Es wird
festgestellt, dass die Festbetragsfestsetzung vom 1. Dezember 2004 rechtswidrig war, soweit sie bezüglich der
Produkt-gruppe der Hilfsmittel zur Kompressionstherapie folgende Regelung enthielt: "Die Körpermaße sind auf der
Basis des vorgenannten Maßschemas voll-ständig bei der Abrechnung anzugeben." 2. Auf die Berufung der Kläger
wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2007 geändert. Es wird festgestellt, dass die
Festbetrags-festsetzung vom 23. Oktober 2006 rechtswidrig war, soweit sie bezüglich der Produktionsgruppe der
Hilfsmittel zur Kompressionstherapie folgende Rege-lung enthielt: "Die Körpermaße sind auf der Basis des
vorgenannten Maß-schemas vollständig bei der Abrechnung anzugeben." 3. Im Übrigen werden die Berufungen
zurückgewiesen. 4. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
tragen die Kläger gesamtschuldnerisch zu 19/20 und der Be-klagte zu 1/20. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten
nicht zu erstatten. 5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen Festbetragsfestsetzungen, die die Beigeladenen für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 für
bestimmte Produktgruppen im Hilfsmittelbereich vorgenommen haben.
Der Kläger zu 1.) ist eine juristische Person des privaten Rechts im Sinne von § 85 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 80 Satz 1
Handwerksordnung (HwO) für das Orthopädie-Mechaniker- sowie für das Bandagisten- Handwerk. Nach eigenen
Angaben repräsentiert er zugelassene Leis-tungserbringer für die Abgabe von Hilfsmitteln mit einem
Organisationsgrad von mindestens 90% bundesweit, soweit es sich um Sanitätshäuser mit einer bestimmten
Zulassung handelt, und hat für alle Mitgliedsbetriebe bundesweit geltende Verträge nach § 127 Abs. 1 Sozialge-
setzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung (alte Fassung ¬&61485; aF)
abgeschlossen. Nach § 5 seiner Satzung können neben den Landesinnungsverbänden nach § 79ff HwO auch
Handwerksinnungen und selbständige Handwerker die Mitgliedschaft erwerben, soweit sie nicht anderweitig auf
Bundesebene vertreten sind. Zu seinen Aufgaben zählt nach § 3 seiner Satzung unter anderem, die Interessen der
beiden o.g. Handwerke wahr-zunehmen und die angeschlossenen Landesinnungsverbände und Handwerksinnungen in
der Erfüllung ihrer gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgabe zu unterstützen. Ferner kann er die wirtschaftlichen
und sozialen Interessen der den angeschlossen Landesinnungsverbänden und Handwerksinnungen angehörenden
Mitglieder fördern (§ 4 der Satzung).
Die Klägerinnen zu 2.) bis 6.), deren Mitglieder ebenfalls zugelassene Leistungserbringer nach § 126 SGB V aF sind,
haben nach eigenen Angaben für diese auf Landesebene Verträge mit den Primärkassen über die Versorgung der
Versicherten mit Hilfsmitteln nach § 127 Abs. 1 SGB V in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung
geschlossen.
Die Rechtsvorgänger der Beigeladenen haben in ihrer damaligen Funktion als Spitzenverbände der Krankenkassen am
1. Dezember 2004 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 (B Anz. vom 10. Dezember 2004, Nr. 235a) bundesweite
Festbeträge unter anderem für Einlagen, Inkonti-nenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und Stomaartikel
beschlossen. Im Kapitel "Festbeträge für Einlagen" finden sich unter anderem folgende Passagen:
"Die Spitzenverbände der Krankenkassen bestimmen gemäß § 36 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit (i.V.m.) § 213
SGB V gemeinsam und einheitlich Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Die Spitzenverbände der
Krankenkassen setzen auf dieser Basis die nachfolgenden Festbeträge für Einlagen fest. Die Festbeträge treten am
1. Januar 2005 in Kraft und gelten bundesweit.
Bei den Festbeträgen für Einlagen handelt es sich um Bruttopreise, die die gesetzliche Mehrwertsteuer in der jeweils
geltenden Höhe enthalten. Eine ggf. notwendige Anpas-sung wird im Rahmen der nach § 36 i.V.m. § 35 SGB V
vorgeschriebenen Überprü-fung vorgenommen.
Nach neueren Erkenntnissen ist bei der Abgabe von Kopieeinlagen (08.03.01) ein Gipsabdruck nicht erforderlich.
Deshalb werden die abrechenbaren Zusatzoptionen (08.99.99.0009 und 08.99.99.0010) im Festbetragsgruppensystem
gestrichen. Ein Trittspurenabdruck reicht für die korrekte Erstellung von Kopieeinlagen aus. Die Kos-ten für den
Trittspurabdruck sind in dem Festbetrag enthalten.
Mit dem Festbetrag sind sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit der Abgabe der Produkte entstehen (z. B. die
Materialkosten, der Trittspurabdruck, die Einweisung in die Handhabung der Produkte, ggf. notwendige Nacharbeiten
und andere Dienstleis-tungen) abgegolten. Die Einlagen haben mindestens den Qualitätsstandards des Hilfs-
mittelverzeichnisses nach § 128 SGB V i.V.m. § 139 SGB V zu entsprechen."
Bei den Festbeträgen der Positionen 08.03.01 (Kopieeinlagen) bis 08.03.06.0 (Stoßab-sorber/Fersenkissen) handelt es
sich um Paarpreise. Die weiteren Festbeträge (08.03.06.1 "herausnehmbarer Verkürzungsausgleich" bis
08.99.99.0010 "Formab-druck aus eigener Werkstatt") sind als Stückpreise ausgewiesen."
(Unter der Positionsnummer 08.03.01 "Kopieeinlagen (3/4-lang)":)
Bei Ledereinlagen mit Längsgewölbestütze (08.03.01.0) ist eine 3/4 lange Lederdecke im Festbetrag enthalten. Die
Zusätze 09.99.99.001 bis 0005 und 0007 bis 0008 sind nach gesonderter ärztlicher Begründung zusätzlich
abrechenbar.
Bei Kopieeinlagen aus thermoplastisch verformbaren Kunststoffen (08.03.01.1) sind die Zusätze 08.99.99.0001-0008
nach gesonderter ärztlicher Begründung zusätzlich abrechenbar. Bei Leichtmetalleinlagen (08.03.01.2) sind die
Zusätze 08.99.99.0001 bis 0008 nach gesonderter ärztlicher Begründung zusätzlich abrechenbar.
Bei Edelstahleinlagen (08.03.01.3) sind die Zusätze 08.99.99.0001 bis 0008 nach ge-sonderter ärztlicher Begründung
zusätzlich abrechenbar.
In den Kapiteln, die die anderen o.g. Produktgruppen betreffen, finden sich zum Teil wörtlich übereinstimmende
Passagen.
Darüber hinaus enthält das Kapitel "Festbeträge für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie" den folgenden Absatz:
"Die Abgabe von maßgefertigten Kompressionsstrümpfen und -strumpfhosen ist nur möglich, wenn die Versorgung
mit einem Serienprodukt entsprechend der Maßtabelle in der Produktgruppe "Hilfsmittel zur Kompressionstherapie"
des Hilfsmittelverzeich-nisses aufgrund abweichender Körpermaße nicht möglich ist. Die Körpermaße sind auf Basis
des vorgenannten Maßschemas vollständig bei der Abrechnung anzugeben.
Mit ihrer Klage vom 10. Januar 2005, mit der alle Kläger sowohl eigene als auch Rechte der von ihnen vertretenen
Mitglieder – im Falle des Klägers zu 1.): einzelne Leistungserbringer ei-nerseits, Innungen bzw. deren Landesverbände
andererseits – verfolgen, machen sie geltend, die Festbetragsfestsetzungen verletzten sie sowie die zugelassenen
Sanitätshäuser in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Die Festsetzung von Festbeträgen für Einlagen und für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie durch den Beschluss der
ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 (BAnz. vom 20. Juni 2006, S. 4524-4526) haben
die Klägerinnen mit der beim Sozialgericht Berlin unter dem Az. S 28 KR 1901/06 geführten Klage angegriffen. Dieses
Verfahren ruht derzeit.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 (B Anz. vom 17. November 2006, Nr. 216 a) haben die ehemaligen
Spitzenverbände der Krankenkassen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 unter an-derem für alle o.g. Produktgruppen
neue Festbeträge festgesetzt und hierbei die oben zitierten Passagen weitgehend wiederholt; wegen der Einzelheiten
wird auf Blatt 8a bis 8r der Gerichts-akte zum Rechtsstreit L 9 KR 534/07 verwiesen.
Nachdem die Kläger die Auffassung vertreten haben, durch die beiden zuletzt genannten Fest-betragsfestsetzungen
habe sich die Hauptsache erledigt, und demzufolge nur noch die Feststel-lung der Rechtswidrigkeit der
Festbetragsfestsetzung vom 1. Dezember 2004 beantragt haben, hat das Sozialgericht Berlin (Az.: S 112 KR 244/07)
mit Urteil vom 1. August 2007 die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
Die Festbetragsfest-setzungen vom 11. Mai 2006 und 23. Oktober 2006 seien nicht im Sinne § 96 Abs. 1 Sozialge-
richtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, weil sie die ursprünglich angegrif-fene
Festbetragsfestsetzung vom 1. Dezember 2004 weder geändert noch ersetzt hätten. Den Klägern fehle es an einer
Anfechtungsbefugnis, weil es aus den Gründen der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.
November 2004 (Az.: B 3 KR 16/03 R) an einer mögli-chen Verletzung eigener Rechte mangele. Durch die
streitbetroffenen Allgemeinverfügungen würden offensichtlich weder Abgabepreise geregelt noch Vertragsbedingungen
festgeschrie-ben. Die von den Klägern inkriminierten Texte seien evident keine Regelungen im Sinne von § 31
Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Gegen dieses ihnen am 9. August 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Kläger vom 30. August 2007
(Az.: L 9 KR 530/07). Die gegen die Festbetragsfestsetzung vom 23. Oktober 2006 gerichtete Klage (Az.: S 81 KR
3481/06) vom 18. Dezember 2006 hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 31. Juli 2007 als unzulässig
abgewiesen, da diese Festbetragsfestsetzung gemäß 96 Abs. 1 SGG als im Rechtsstreit S 112 KR 244/07 bereits
angefochten gelte und daher wegen bereits bestehender Rechtshängigkeit nicht erneut anhängig gemacht werden
könne.
Gegen diesen ihnen am 31. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 31. August 2007 ebenfalls
Berufung eingelegt (Az.: L 9 KR 534/07).
Zur Begründung ihrer Berufungen bringen die Kläger vor: Das Urteil des BSG vom 24. No-vember 2004 (Az.: B 3 KR
16/03 R) rechtfertige die Annahme der Unzulässigkeit nicht. Denn die jenem Verfahren zu Grunde liegenden
Festbetragsfestsetzungen hätten keinerlei zusätzliche Regelungen – wie im hiesigen Fall – enthalten. Entgegen der
Rechtsauffassung der 112. Kam-mer des Sozialgerichts handele es sich im hiesigen Fall um Regelungen mit
Außenwirkung für Dritte, die in gesetzeswidriger Weise getroffen worden seien. Allerdings habe diese Kammer des
Sozialgerichts ¬&61485; im Gegensatz zur 81. Kammer in ihrem Gerichtsbescheid vom 31. Juli 2007 &61485; § 96
SGG zutreffend nicht angewandt. Entgegen der gesetzlichen Ermächtigung seien in den angegriffenen Beschlüssen
der Beigeladenen keine Festbeträge, sondern Abgabepreise festgesetzt worden. Dies ergebe sich bereits aus dem
Wortlaut dieser Regelung, da von Brutto-, Paar- oder Stückpreisen die Rede sei. Das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) habe in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (Az.: 1 BvL 30/95) die fehlende Grundrechtsbetroffenheit für
Leistungserbringer des Hilfsmittelsektors gerade damit begründet, dass keine Kaufpreise fest-gesetzt werden dürften.
Gemessen an den Kriterien der Preisangabenverordnung vom 18. Ok-tober 2002 (BGBl. I 4197) seien von den
Beigeladenen Preise festgesetzt worden. Bei den ent-sprechenden Regelungen handele es sich um Verwaltungsakte
in Form von Allgemeinverfü-gungen nach § 31 Satz 2 SGB X. Denn wenn in einer Festbetragsfestsetzung, die
Allgemein-verfügung ist, im Festsetzungsteil eine Definition gegeben werde, dass die Festbeträge als Prei-se
festgesetzt würden, sei dies eine Regelung im Sinne von § 31 SGB X. In den zahlreichen seinerzeitigen
Veröffentlichungen in der Presse sei jeweils immer von Preisen die Rede gewe-sen. Auch von
Krankenkassenmitarbeitern seien Festbeträge als Festpreise bezeichnet worden und auch so behandelt worden.
Solche Preisregelungen und Regelungen, wonach Festbeträge als Preise anzusehen seien, richteten sich direkt und
unmittelbar an Leistungserbringer und de-ren vertragsschließende Organisationen als Adressaten. Da
Allgemeinverfügungen ohne Be-gründung veröffentlicht würden, sei wegen § 37 Abs. 3 und 4 SGB IX davon
auszugehen, dass alles, was öffentlich bekannt gemacht worden sei, auch zum verfügenden Teil der Allgemein-
verfügung zähle. Des weiteren träfen die Festbetragsfestsetzungen zahlreiche Abrechnungsregelungen, die ein-seitig
nicht getroffen werden dürften, sondern einer Vertragsumsetzung vorbehalten seien. So-weit beispielsweise im Text
vor den Festbeträgen geregelt sei, dass bei der Abgabe von Kopie-einlagen ein Gipsabdruck nicht erforderlich sei,
weshalb bestimmte Zusatzoptionen im Festbe-tragsgruppensystem gestrichen würden, sei dies eine unzulässige
Veränderung des Gruppen-systems, welches vor Festsetzung der Festbeträge festzustellen sei. Soweit ferner für die
Erstel-lung von Kopieeinlagen ein Trittspurabdruck als ausreichend angesehen werde und die Kosten hierfür im
Festbetrag enthalten sein sollen, sei es nicht Aufgabe der Spitzenverbände der Kran-kenkassen gewesen, in den
Festbetragsfestsetzungen selber Regelungen über die Herstellung einseitig vorzugeben. Im Übrigen ergebe sich aus
dem Gruppensystem nicht, dass Kopieeinla-gen einen Trittspurabdruck enthielten. Vielmehr sei in der
Produktbeschreibung lediglich zu le-sen, welche Bestandteile eine solche Kopieeinlage habe und bei welchen
Indikationen diese Einlage Verwendung finde. Ob ein Formabdruck, der als Zusatzposition mit einem eigenen
Festbetrag versehen sei, für die Herstellung erforderlich sei oder nicht, könne jedenfalls nicht im
Festbetragsfestsetzungsteil (siehe Position 08.99.99.0009/0010) angeordnet und geregelt werden. Wenn in den
angegriffenen Beschlüssen der Beigeladenen geregelt werde, dass sämt-liche Kosten, die im Zusammenhang mit der
Abgabe der Produkte entstünden (Materialkosten, Trittspurabdruck, Einweisung in die Handhabung der Produkte, ggf.
Nacharbeiten und andere Dienstleistungen), abgegolten seien, belege dies deutlich, dass tatsächlich Verkaufspreise
im Sinne von Komplettpreisen und nicht Festbeträge geregelt werden sollten. Darüber hinaus sei im Gruppensystem
von Trittspurabdruck, Einweisung in die Handhabung von Produkten, Nacharbeiten und anderen Dienstleistungen
überhaupt nicht die Rede. Wenn aber diese Dienst-leistungen, die nicht einmal näher konkretisiert und bezeichnet
worden seien, im Gruppensys-tem nicht niedergelegt seien, könnten sie auch nicht mit einem Festbetrag versehen
werden. Nach den angegriffenen Regelungen setze die Abrechnung die Angabe der Körpermaße eines Patienten in
vollständiger Form voraus. Die Vorlage eines Maßschemas bei der Abrechnung sei aber sinnlos, da lediglich durch
Inaugenscheinnahme der Verhältnisse bei einem Patienten entschieden werden könne, ob eine
Konfektionsversorgung ausreichend sei oder ob eine Maß-versorgung durchgeführt werden müsse. Es werde insoweit
eine – allenfalls vertraglich be-gründbare – Verpflichtung durch Allgemeinverfügung geschaffen, die sich
ausschließlich an den Leistungserbringer richte, weil der Patient ein Maßschema nicht habe, diesem nicht vorlie-gen
könne und auch die Abrechnung von ihm nicht eingereicht werde. Darüber hinaus würden unzulässigerweise auch
Verordnungsvoraussetzungen, z.B. bei den Kopieeinlagen (Positionsnummer 08.03.01), geregelt. Nach § 127 Abs. 1
Satz 2 SGB V seien die Abrechnungsregelungen für Festbeträge ausdrücklich vertraglichen Regelungen vorbehal-ten.
Im übrigen fehle eine Befugnis der Beigeladenen, eine gesonderte ärztliche Begründung für die "Abrechnung" von
Festbeträgen zu verlangen. Denn nach der damals anzuwendenden Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinie vom 1. Oktober
1992 (Ziffern 8.2 und 8.3) sollte der ver-ordnende Arzt bei einer Hilfsmittelversorgung nur die Produktart nennen oder
eine entspre-chende 7-stellige Positionsnummer angeben, wobei das Einzelprodukt dann durch den Fach-handel nach
Maßgabe der mit den Krankenkassen abgeschlossenen Verträge ausgewählt wer-den solle. Bezüglich der Festbeträge
für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie seien darüber hinaus in rechtswidriger Weise spezielle Vertragsinhalte
vorgegeben worden. Nach der Hilfs-mittelrichtlinie sei es Aufgabe des Vertragsarztes, eine Verordnung nach Maß oder
eine Kon-fektionsverordnung auszusprechen. Grundsätzlich hänge die Frage einer Maßanfertigung von der ärztlichen
Verordnung ab. Insbesondere die Klägerinnen zu 2.) bis 6.) hätten im Vertrags-bereich Nordrhein-Westfalen ein
dezidierte vertragliche Regelung abgesprochen, die eine Prü-fung der Notwendigkeit einer Maßversorgung vorsehe. In
diesem Zusammenhang habe das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 7. November 2002 (Az.: L
2 KN 66/01 KR) in einem als Musterverfahren geführten Prozess für den Landesvertrag Nordrhein-Westfalen bindend
festgestellt, dass eine Krankenkasse nicht befugt sei, die Abrechnung von der Vorlage einer Maßkarte abhängig zu
machen. Indem durch die angegriffenen Beschlüsse der Beigeladenen neue Vertragsbedingungen als Zuatzanordnung
der Festbetragsfestsetzung eingeführt würden, greife dies unmittelbar in das Vertragsverhältnis der Klägerinnen zu 2.)
bis 6.), aber auch in die Berufsausübungsfreiheit der von diesen Klägerinnen vertretenen Sanitäts-häuser in Nordrhein-
Westfalen ein. Zwischenzeitlich sei auch durch das Urteil desselben Ge-richts vom 13. Dezember 2007 (Az.: L 2 KN
17/05 KR) gegenüber den Rechtsvorgängern der Beigeladenen zu 5.) und 6.) rechtskräftig festgestellt, dass eine
Krankenkasse nicht berechtigt ist, jede Genehmigung und/oder Abrechnung von vertragsärztlich verordneten
Kompressions-strümpfen oder -strumpfhosen nach Maß von der Vorlage einer Maßkarte abhängig zu machen. Auch
wenn § 39 Abs. 2 SGB X grundsätzlich auch eine teilweise Aufhebung eines angefoch-tenen Verwaltungsaktes
zulasse, komme im hiesigen Fall nur eine völlige Aufhebung der Fest-betragsfestsetzungen in Betracht.
Die Kläger beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. August 2007 und den Gerichtsbe-scheid des Sozialgerichts Berlin vom
31. Juli 2007 aufzuheben,
2. festzustellen, dass die Festbetragsfestsetzungen vom 1. Dezember 2004 für Einla-gen, Inkontinenzhilfen,
Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und für Stomaarti-kel, veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 10. Dezember
2004, Nr. 235 a rechts-widrig waren, 3. die Festbetragsfestsetzungen vom 23. Oktober 2006 für Inkontinenzhilfen und
Stomaartikel, veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 17. November 2006, Beilage Nr. 216 a) aufzuheben und
4. festzustellen, dass die Festbetragsfestsetzungen vom 23. Oktober 2006 für Einla-gen und Hilfsmittel zur
Kompressionstherapie, veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 17. November 2006, Beilage Nr. 216 a), rechtswidrig
waren,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert.
Die Beigeladenen halten das angefochtene Urteil für zutreffend und bringt ergänzend vor: auch die
Abrechnungsregelungen für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie dienten der Konkretisie-rung von Festbeträgen. Im
übrigen handele es sich bei den Festsetzungen zu den für die Ab-rechnung erforderlichen Angaben um eine
wiederholende Verfügung &61485; und somit keinen mate-riellen Verwaltungsakt &61485; zu Bestimmungen im
Festbetragsgruppensystem vom 26. Mai 1997, welche Bestandteil der noch auf Landesebene vorgenommenen
Festbetragsfestsetzung gewesen seien.
Während des Berufungsverfahrens haben die früheren Spitzenverbände der Krankenkassen
- am 17. September 2007 neue Festbeträge für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie mit Wirkung ab dem 01. Januar
2008, - am 03. Dezember 2007 neue Festbeträge für Einlagen mit Wirkung ab dem 01. März 2008
beschlossen. Die diesbezügliche Klage ist unter dem Az.: S 73 KR 3215/07 am Sozialgericht Berlin anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes und Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beigeladenen zu 2), die Ge¬genstand der mündlichen Verhandlung war,
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind überwiegend unbegründet. Nur soweit die streitgegenständlichen Be-schlüsse der ehemaligen
Spitzenverbände der Krankenkassen für die Abrechnung von Hilfsmit-teln zur Kompressionstherapie die Angabe von
Körpermaßen auf der Basis eines Maßschemas verlangen, haben die Klagen Erfolg. Im übrigen hat das Sozialgericht
im Ergebnis zu Recht die teilweise unzulässigen und teilweise unbegründeten Klagen abgewiesen.
A) Der Senat entscheidet nach der Verbindung beider Rechtsstreite in der mündlichen Ver-handlung über die
Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. August 2007 und über ihre Berufung
gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2007. Streitgegenstand ist somit zum einen die
Allgemeinverfügung der ehemali-gen Spitzenverbände der Krankenkassen vom 01. Dezember 2004 hinsichtlich der
Festsetzung von Festbeträgen für die Produktgruppen Einlagen, Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kom-
pressionstherapie und Stomaartikel und zum anderen die Allgemeinverfügung der ehemaligen Spitzenverbände der
Krankenkassen hinsichtlich der Festbetragsneufestsetzungen für diese Produktgruppen vom 23. Oktober 2006.
Der Senat entscheidet hingegen nicht über die Festbetragsfestsetzungen vom 11. Mai 2006, 17. September 2007 und
3. Dezember 2007. Hierbei kann offen bleiben, ob § 96 SGG insoweit im vorliegenden Fall überhaupt anwendbar wäre.
Allerdings hat der Senat § 96 SGG bei Fest-betragsfestsetzungen im Arzneimittelbereich angewandt (vgl. Urteile vom
16. Dezember 2009, Az.: L 9 KR 8/08, und vom 24. Februar 2010, Az.: L 9 KR 351/09, jeweils veröffentlicht in Ju-ris).
Von den dortigen Sachverhalten, in denen nur jeweils ein einziger von insgesamt zahlrei-chen Festbeträgen je
Festbetragsfestsetzung (Allgemeinverfügung) angegriffen wurde, unter-scheidet sich der vorliegende Rechtsstreit
gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen haben die Kläger nicht nur einen bestimmten Festbetrag, sondern
regelmäßig zahlreiche Festbeträge ("Festpreise") angegriffen; zum anderen haben sie Textpassagen, die sich auf eine
Vielzahl von Hilfsmitteln beziehen, beanstandet. Schließlich haben die Rechtsvorgänger der Beigeladenen mit den
späteren Festbetragsfestsetzungen teilweise auch die Systematik der Hilfsmittelgrup-pierungen verändert, ohne dass
auf den ersten Blick zu erkennen ist, ob es ich hierbei um in-haltliche oder bloß formale Änderungen oder gar nur um
Schreibfehler handelt. Insbesondere der zuletzt genannte Umstand hätte bei einer Einbeziehung aller späteren
Festbetragsfestset-zungen u.U. dazu führen können, dass der Senat umfangreiche Beweiserhebungen hätte durch-
führen müssen, nur um die Voraussetzungen von § 96 SGG prüfen zu können. Die Anwendung von § 96 SGG hätte
dann entgegen seiner Zielsetzung keinen Beitrag zur Prozessökonomie (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer
Sozialgerichtsgesetz, 9.A., § 96 Rd. 1a m.w.N.) geleistet, sondern zu einer ggf. erheblichen Verfahrenserschwerung
geführt. Die Klärung dieser Frage kann jedoch dahinstehen. Denn die Kläger haben, nachdem der Senat in der
mündlichen Ver-handlung die aus einer Anwendung von § 96 SGG resultierenden Schwierigkeiten ausführlich mit den
Beteiligten erörtert hat, ihre Anträge als Ausdruck ihrer Dispositionsbefugnis (vgl. a.a.O. Rd. 11a m.w.N.) ausdrücklich
auf die beiden o.g. Festbetragsfestsetzungen be-schränkt. Hieran ist der Senat gebunden.
B) Die Berufungen sind infolge eines Parteiwechsels kraft Gesetzes gegen den jetzigen Beklag-ten, den
Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zu richten (vgl. schon Urteile des Senats vom 16. Dezember 2009, Az.: L 9
KR 8/08, und vom 24. Februar 2010, Az.: L 9 KR 104/08 und L 9 KR 351/09, sowie Beschluss des Senats vom 19.
Dezember 2008, L 9 B 192/08 KR ER, alle veröffentlicht in Juris). Dementsprechend hatte der Senat das jeweilige
Rubrum umzu-stellen, die bisherigen Beklagten sind beigeladen worden. Zuständig für die Festsetzung von
Festbeträgen für Hilfsmittel ist gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung
i.V.m. § 217 f Abs. 1 SGB V nämlich ausschließlich der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; den Beigeladenen
zu 1.) bis 6.) fehlt hierzu seit diesem Zeitpunkt jegliche Kompetenz. Zwar bleibt die prozessuale Stellung einer
beklagten Behörde grundsätz-lich unberührt, wenn nach Erhebung einer Klage eine andere Behörde für den Erlass der
streit-gegenständlichen Entscheidung zuständig wird. Eine Ausnahme gilt aber jedenfalls dann, wenn der
Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Verwaltung beruht. Organisations-akte in diesem Sinne sind –
wie im vorliegenden Fall – gesetzliche oder durch die Verwaltung getroffene Maßnahmen, durch die der bisherige
Zuständigkeitsbereich der ursprünglich beklag-ten Behörde geändert wird (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.
Oktober 2002, I R 17/01, veröffentlicht in Juris). Prozessuale Folge dieses Wechsels in der Behördenzuständigkeit ist
zumindest bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ein Parteiwechsel kraft Gesetzes, da mit diesen
Klagen in der Regel ein auch in die Zukunft gerichtetes Begehren ver-folgt wird und maßgeblicher Zeitpunkt für die
Beurteilung der Sach- und Rechtslage in diesen Fällen die letzte mündliche Verhandlung ist (Bundessozialgericht,
Urteil vom 5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/07 R, veröffentlicht in Juris). Anderes gilt für (reine) Anfechtungsklagen, da diese
allein in die Vergangenheit, nämlich auf den Zeitpunkt des angefochtene Bescheides, weisen und sich daher
grundsätzlich gegen die den Bescheid erlassende Behörde richten (vgl. Bundes-sozialgericht, a.a.O. sowie Urteil vom
5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/06 R, veröffentlicht in Juris). Von Letzterem ist jedoch im Falle der Funktionsnachfolge
wiederum eine Ausnahme zu ma-chen, da sie zu einer ersetzenden Zuständigkeitsverlagerung führt, wie der
vorliegende Rechts-streit anschaulich belegt. Soweit der Gesetzgeber neue Zuständigkeitszuordnungen vornimmt
bzw. die Besetzung von kollegial verfassten Behörden ändert, sind die nunmehr als zuständig bestimmten Behörden
in ihrer dem aktuellen Recht entsprechenden Zusammensetzung für alle Entscheidungen in allen Verfahren aus ihrem
sachlichen Aufgabenbereich zuständig, unabhän-gig davon, zu welchem Zeitpunkt sich die zu prüfenden Umstände
abgespielt haben. Soweit keine Übergangsbestimmungen erlassen werden, treten die neu als zuständig bestimmten
Be-hörden bzw. diese in ihrer neuen Besetzung in vollem Umfang an die Stelle der alten Behör-den. Für sämtliche
anstehenden Entscheidungen - unter Einschluss von Nebenentscheidungen zu bereits getroffenen Entscheidungen
(z.B. zu den Kosten) - sind ausschließlich die nunmehr zuständigen Behörden verantwortlich (im Ergebnis ebenso:
Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2007, B 12 P 4/06 R, sowie Urteil vom 9. April 2008, B 6 KA 34/07 R, jeweils
veröf-fentlicht in Juris). Weil den Beigeladenen zu 1) bis 6) ab dem 1. Juli 2008 jegliche Kompetenz im Bereicht der
Festbetragsfestsetzung genommen wurde, fehlt ihnen seither jede rechtliche Befugnis, die angegriffene
Festbetragsfestsetzung zu ändern oder aufzuheben; die Abgabe ei-nes prozessualen (Teil-)Aner¬kennt¬nisses etwa
wäre rechtlich unzulässig. Hierzu ist nur noch die seit dem 1. Juli 2008 zur Festbetragsfestsetzung gesetzlich
ermächtigte Behörde – der Spit-zenverband Bund der Krankenkassen – berechtigt.
C) Die gegen die Festbetragsfestsetzung vom 1. Dezember 2004 gerichtete Klage vom 10. Ja-nuar 2005 (Az.: S 112
KR 244/07) hat teilweise Erfolg.
I) Sie ist allerdings nur teilweise zulässig.
1) Statthafte Klageart war zunächst die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1, 1. Alt. SGG. Denn die Festsetzung von
Festbeträgen stellt einen Verwaltungsakt nach § 31 SGB X in Form einer Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 SGB X)
dar (BSG, Urteil vom 24. November 2004, Az.: B 3 KR 16/03 R). Nachdem der Beschluss der ehemaligen
Spitzenverbände der Krankenkassen vom 1. Dezember 2004 durch die späteren Festbetragsfestsetzungen
hinsichtlich aller Produkt-gruppen für die aktuelle Versorgung von Versicherten mit Hilfsmittel keine Rechtswirkungen
mehr entfaltet und der Rechtsstreit sich dadurch in der Hauptsache erledigt hat, ist die Klage als
Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs. 3 SGG) statthaft.
Deren Zulässigkeit setzt ein Interesse der Kläger an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten
Verwaltungsaktes voraus. Dieses Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich für die hiesigen Kläger aus der
Wiederholungsgefahr in Bezug auf die angegriffenen Passagen des Beschlusses vom 1. Dezember 2004. Einer
Wiederholungsgefahr ist im vorliegenden Fall zu bejahen, auch wenn sich die Gefahr, dass eine spätere
Festbetragsfestsetzung wort- bzw. in-haltsgleiche Passagen enthält, durch die Allgemeinverfügungen vom 11. Mai
2006, 23. Okto-ber 2006, 17. September 2007 und 3. Dezember 2007 bereits verwirklicht hat und ein Kläger für diesen
Fall regelmäßig darauf verwiesen werden kann, die spätere Festbetragsfestsetzung mit der Anfechtungsklage
anzugreifen. Die Klägerseite hat allerdings mit Recht darauf hinge-wiesen, dass in ihrem Fall stets eine neue
Festbetragsfestsetzung erlassen wurde, noch ehe das Sozialgericht über die Anfechtungsklage gegen die frühere
Festbetragsfestsetzung entschieden habe. Da eine Änderung dieses Zustands angesichts der allgemein bekannten
außerordentlich hohen Belastung des Sozialgerichts Berlin nicht abzusehen ist und bei einer Verweisung der Kläger
auf die Anfechtungsklage effektiver Rechtsschutz i.S.v. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht gewährt würde, ist im
vorliegenden Rechtsstreit ausnahmsweise die eine Fortset-zungsfeststellungsklage gestattende Wiederholungsgefahr
trotz der Möglichkeit einer Anfech-tungsklage anzuerkennen. Ob auch – wie von den Klägern geltend gemacht – die
Vorbereitung einer Amtshaftungsklage ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im vorliegenden Fall begründen könnte,
kann offen blei-ben. Zweifel ergeben sich vor allem aus dem Umstand, dass die Feststellung der Rechtswidrig-keit in
einem durch den gesetzlichen Prozessstandschafter angestrengten Rechtsstreit nicht prä-judiziell für den
Schadensersatzprozess der Rechtsträger (hier: der nach § 126 SGB V aF zuge-lassenen Leistungserbringer) wäre
(Keller VersR 06, 1607ff m.w.N.). 2) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage setzt aber auch voraus, dass
die Anfech-tungsklage vor Eintritt der erledigenden Ereignisses zulässig war (Meyer-Ladewig/Keller/Lei¬the¬rer
Sozialgerichtsgesetz, 9.A., § 131 Rd. 9 m.w.N.). Die für die Zulässigkeit von Anfech-tungsklagen erforderliche
Klagebefugnis nach § 54 Abs. 1. Satz 2 SGG, d.h. die Möglichkeit, in eigenen Rechten verletzt zu sein, besteht nur,
soweit die Kläger eigene Rechte geltend ma-chen. Im vorliegenden Fall ist die Verletzung der Kläger in eigenen
Rechten nicht von vorn-herein ausgeschlossen, auch wenn nach der Rechtsprechung des BVerfG und BSG
Festbetrags-festsetzungen nur in sehr eingeschränktem Maße Rechte von Leistungserbringern verletzen können.
a) Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Leistungserbringer (Art. 12 GG) ist durch die gesetz-liche Einführung von
Festbeträgen für Arzneimittel (§ 35 SGB V) und Hilfsmittel (§ 36 SGB V) nicht tangiert. Das BVerfG hat in seinem
Urteil vom 17. Dezember 2002 (Az.: 1 BvL 28/95, 29/95, 30/95, veröffentlicht u.a. in BVerfGE 106, 275) entschieden,
dass Arzneimittel-hersteller und Hilfsmittellieferanten in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht berührt sind, soweit
der Gesetzgeber die Kassenverbände in den §§ 35 und 36 SGB V zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel
und Hilfsmittel ermächtigt hat. Damit steht für alle Verfassungs-organe, Gerichte und Behörden gemäß § 31 Abs 1
Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) fest, dass Festbetragsfestsetzungen als solche die Berufsfreiheit
dieser Unterneh-men nicht verletzen, weil sie lediglich die Rahmenbedingungen ihrer wirtschaftlichen Betäti-gung
betreffen, auf deren unveränderte Beibehaltung kein verfassungsrechtlich geschützter An-spruch besteht. Die
Festbeträge als solche konkretisieren nur, was auch ohne sie schon gilt, nämlich eine Beschränkung der
Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf wirtschaftliche Arzneimittel und Hilfsmittel. Die
Veröffentlichung der Festbeträge macht nur transparent, wo aus Wirtschaftlichkeitsgründen die Leistungspflicht der
gesetzlichen Kranken-versicherung für die einzelnen Arzneimittel und Hilfsmittel endet. Wird durch die Transpa-
renzwirkung der Festbeträge auf das Marktverhalten eines Unternehmens Einfluss genommen, ist dies ein bloßer
Reflex auf die Rechtsetzung, nicht aber ein Grundrechtseingriff. Dies schließt jedoch eine Klagebefugnis z.B. bei
wettbewerbsverzerrenden staatlichen Maß-nahmen (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2004, Az.: B 3 KR 23/04 R,
veröffentlicht in Ju-ris) oder aber dann nicht aus, wenn geltend gemacht wird, ein staatliches Organ habe die Gren-zen
seinen gesetzlichen Auftrags überschritten und hierdurch Rechte des Klägers verletzt.
b) Hieran gemessen verfügen die Kläger über die erforderliche Klagebefugnis, soweit sie aus eigenem Recht geltend
machen, bestimmte Inhalte der Festbetragsfestsetzung vom 01. Dezem-ber 2004 verletzten sie in ihrer
Vertragsabschlusskompetenz aus § 127 Abs. 2 SGB V aF. Nach § 127 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V aF schlossen
die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen
über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln und deren Wiedereinsatz sowie über die Preise und deren
Abrech-nung Verträge mit Verbänden der Leistungserbringer, soweit Festbeträge noch nicht festgelegt waren oder
nicht festgelegt werden konnten. Zudem regelten die Vertragsparteien nach § 127 Abs. 1 SGB V aF die Abrechnung
der Festbeträge. Zu den Verbänden der Leistungserbringer im Sinne dieser Vorschrift zählen sowohl
Handwerksinnungen nach § 52 ff. HwO sowie Lan-des- und Bundesinnungsverbände. Eine Verletzung der ihnen durch
§ 127 Abs. 1 SGB V aF zugebilligten Vertragsabschlusskompetenz durch die von ihnen beanstandeten Inhalte der
Fest-betragsfestsetzung vom 01. Dezember 2004 erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen. Dies genügt zur
Bejahung einer Klagebefugnis.
c) Hingegen scheidet eine Verletzung in eigenen Rechten von vornherein aus, soweit sich die Kläger aus eigenem
Recht auf eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG berufen.
aa) Juristische Personen als Grundrechtsinhaber anzusehen und sie in den Schutzbereich be-stimmter materieller
Grundrechte einzubeziehen, ist im Hinblick auf Art. 19 Abs. 3 GG nur dann gerechtfertigt, wenn deren Bildung und
Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der privaten natürlichen Personen ist, insbesondere wenn der "Durchgriff"
auf die hinter ihnen ste-henden Menschen es als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt. Diese Voraussetzungen
sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei juristischen Personen des Privat-rechts vielfach
erfüllt. Demgegenüber sind die materiellen Grundrechte und der zu ihrer Ver-teidigung geschaffene Rechtsbehelf der
Verfassungsbeschwerde auf juristische Personen des öffentlichen Rechts, jedenfalls soweit sie öffentliche Aufgaben
erfüllen, nach ständiger Recht-sprechung des BVerfG grundsätzlich nicht anwendbar. Denn die Erfüllung öffentlicher
Aufga-ben durch juristische Personen des öffentlichen Rechts vollzieht sich in aller Regel nicht in Wahrnehmung
unabgeleiteter, ursprünglicher Freiheiten, sondern aufgrund von Kompetenzen, die vom positiven Recht zugeordnet
und inhaltlich bemessen und begrenzt sind. Die Regelung dieser Beziehungen und die Entscheidung daraus
resultierender Konflikte sind nicht Gegen¬stand der Grundrechte, weil der unmittelbare Bezug zum Menschen fehlt.
Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen hat das BVerfG für solche juristische Personen des öf-fentlichen Rechts
oder ihre Teilgliederungen anerkannt, die von den ihnen durch die Rechts-ordnung übertragenen Aufgaben her
unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte ge-schützten Lebensbereich zugeordnet sind, wie z.B. Universitäten
und Rundfunkanstalten, oder die kraft ihrer Eigenart – wie z.B. Kirchen – ihm von vornherein zugehören (BVerfGE 68,
193 m.w.N.).
bb) Die klagenden Innungen können sich hiernach gegenüber den von ihnen angegriffenen Festbetragsfestsetzungen
nicht auf die als verletzt gerügten Grundrechte berufen.
Handwerksinnungen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit dem Recht auf Selbst-verwaltung (§ 53 HwO)
und aufgrund der gesetzlich durch die HwO ihnen zugewiesenen (Pflicht-)Aufgaben einerseits Teil der (im weiteren
Sinne) staatlichen Verwaltung; andererseits nehmen sie die gemeinsamen berufständischen und wirtschaftlichen
Interessen der in ihnen zu-sammengeschlossenen Handwerker wahr. Indem der Gesetzgeber durch § 127 Abs. 1 und
2 SGB V aF u.a. den Innungen und Innungsverbänden des Orthopädietechniker- und Banda-gistenhandwerks die
Vertragsabschlußkompetenz übertragen hat, sind die Innungen Vertrags-partner öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen
auf Grund staatlicher Kompetenzzuweisung und nach Maßgabe gesetzlicher Regelung geworden. Diese zusätzliche
Aufgabe ist materiell dem Bereich öffentlicher Verwaltung, also nicht dem Bereich der Interessenvertretung,
zuzuordnen. Die von den klagenden Innungen angegriffenen Festbetragsfestsetzungen betreffen ausschließ-lich ihren
öffentlich-rechtlichen Funktionsbereich.
Die klagenden Innungen erfüllen auch nicht die Voraussetzungen, unter denen juristischen Per-sonen des öffentlichen
Rechts partiell Grundrechtsfähigkeit zukommt. Denn ihre hier in Frage stehende Tätigkeit ist nicht einem durch
bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich ähnlich wie dem der Wissenschaft oder des Rundfunks (Art. 5
Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 GG) zugeordnet. Die Mitwirkung an Vereinbarungen gemäß § 127 SGB V aF ist unter
keinem denkbaren Gesichtspunkt Ausübung einer grundrechtlichen Freiheit; sie ist ausschließlich ho-heitlicher
Kompetenzvollzug. Hoheitliche Funktionen können aber nicht Gegenstand des Grundrechtsschutzes sein. cc) Der
Kläger zu 1) ist, soweit er durch § 127 Abs. 1 und 2 SGB V aF zum Vertragabschluss im Bereich der gesetzlichen
Krankenversicherung ermächtigt ist, ebenso wenig Träger von Grundrechten wie die Innungen.
Ein Bundesinnungsverband ist der freiwillige Zusammenschluss von Landesinnungsverbänden des gleichen
Handwerks oder sich fachlich oder wirtschaftlich nahestehender Handwerke im Bundesgebiet (§ 85 Abs. 1 i.V.m. § 79
Abs. 1 HwO). Wie die Handwerksinnungen ist er Teil der staatlich geregelten Organisation des Handwerks und nimmt
auf Grund gesetzlicher Er-mächtigung gleiche öffentliche Aufgaben im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
wahr wie die Innungen. Deshalb kann für seine Grundrechtsfähigkeit in diesem Wirkungsbe-reich nichts anderes
gelten als für die Innungen. Die Organisation der Innungsverbände als ju-ristische Person des Privatrechts vermag an
dieser Beurteilung nichts zu ändern.
3) Die Geltendmachung fremder Rechte durch die Kläger ist nur im Rahmen einer gesetzli-chen oder gewillkürten
Prozessstandschaft möglich. Deren Voraussetzungen liegen nur vor, soweit die Klägerinnen zu 2) bis 6) die Rechte
der ihnen angehörenden zugelassenen Leis-tungserbringer verfolgen.
a) Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. November 2004, Az.: B 3 KR 16/03 R, veröffentlicht in Juris)
haben die Handwerksinnungen u.a. die Aufgabe, die gemeinsamen ge-werblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern
(§ 54 Abs 1 Satz 1 HwO), und sind daher be-rechtigt, diese Interessen auch im gerichtlichen Verfahren im Wege der
(gesetzlichen) Pro-zessstandschaft zu verfolgen. Sie können neben ihren eigenen subjektiven Rechten auch die
subjektiven Rechte ihrer Mitglieder, also der als Hilfsmittelerbringer zugelassenen natürlichen und juristischen
Personen (§ 126 SGB V), im Wege einer Anfechtungs- und einer Fortset-zungsfeststellungsklage gegen einen
belastenden Verwaltungsakt geltend machen.
Danach sind die Kläger zu 2) bis 6) aufgrund gesetzlicher Prozessstandschaft berechtigt, die aus Art. 12 GG
ableitbaren Rechte ihrer nach § 126 SGB V aF zugelassenen Mitgliedsbetriebe in den hiesigen Verfahren geltend zu
machen.
b) Dieses Ergebnis kann allerdings auf eine Prozessstandschaft durch Landesinnungsverbände bzw. einen
Bundesinnungsverband nicht übertragen werden. Denn die Förderung der wirt-schaftlichen und sozialen Interessen der
den Handwerksinnungen angehörenden Mitglieder ist diesen Verbänden nach § 82 Satz 1 HwO bzw. § 85 Abs. 2 Satz
1 i.V.m. § 82 Satz 1 HwO nur als fakultative Aufgabe übertragen, sodass eine gesetzliche Prozessstandschaft
ausscheidet. Ei-ne gewillkürte Prozessstandschaft wird zwar nach allgemeiner Auffassung (vgl. Meyer-
Lade¬wig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 9.A., § 54 Rd. 11a; Böttiger, in: Breitkreuz/ Fich¬te
So¬zi¬algerichtsgesetz, Kommentar, § 54 Rd. 54, jeweils m.w.N.) auch im sozialgerichtlichen Verfahren zur zulässig
erachtet. Voraussetzung ist jedoch u.a., dass der Kläger durch Rechtsge-schäft ermächtigt wird, fremde Rechte im
eigenen Namen geltend zu machen (Böttiger a.a.O.). Hieran fehlt es (bislang) im vorliegenden Fall. Eine von jedem
jeweiligen Verbandsmitglied abgegebene, auf einen konkreten Rechtsstreit bezogene Erklärung ist von der Klägerseite
we-der behauptet noch nachgewiesen worden. Offen bleiben kann damit, ob die Kläger auch über das stets zusätzlich
erforderliche eigene Rechtsschutzinteresse (vgl. Meyer-Ladewig/Kel¬ler/ Lei¬therer a.a.O.) verfügen.
II) Die Klage vom 10. Januar 2005 ist weitgehend unbegründet, denn die Festbetragsfestset-zung vom 1. Dezember
2004 ist nur insoweit rechtswidrig, als sie die Abrechenbarkeit maßan-gefertigter Hilfsmittel zur Kompressionstherapie
von der Angabe der Körpermaße des Versi-cherten auf Basis eines Maßschemas oder einer Maßtabelle abhängig
macht (hierzu unter 5). Im übrigen (hierzu unter 1 bis 4) erweist sich dieser Beschluss als rechtmäßig; die hierauf be-
zogenen Einwände der Kläger sind unzutreffend. Bezüglich dieser Punkte bedarf es keiner Ent-scheidung, ob die
ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen eine Regelung i.S.v. § 31 SGB X getroffen haben. Denn diese
möglichen Regelungen sind in der Sache nicht zu bean-standen. 1) Entgegen der klägerischen Auffassung haben die
ehemaligen Spitzenverbände der Kranken-kassen in ihrem Beschluss vom 01. Dezember 2004 keine
Abgabehöchstpreise, sondern ledig-lich Festbeträge im Sinne von § 36 Abs. 2 SGB V aF festgesetzt.
Nach § 33 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB V aF trug die Krankenkasse die Kosten eines Hilfsmit-tels, für das ein
Festbetrag nach § 36 SGB V festgesetzt war, bis zur Höhe dieses Betrages, während sie für andere Hilfsmittel die
jeweils vertraglich vereinbarten Preise gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB V aF übernahm; mit dem Festbetrag erfüllte
die Krankenkasse in diesen Fällen ihre Leistungspflicht (§ 12 Abs. 2 SGB V). Nach § 36 Absätze 1 und 2 SGB V aF
be-stimmten die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Hilfsmittel, für die Festbeträge
festgesetzt wurden (sog. Festbetragsgruppen). Des Weiteren setzten sie ge-meinsam und einheitlich erstmals bis
zum 31. Dezember 2004 für die nach Abs. 1 bestimmten Hilfsmittel einheitliche Festbeträge fest (§ 36 Abs. 2 Satz 1
SGB V aF). Diesem gesetzlichen Auftrag sind die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen mit ih-rem
Beschluss vom 01. Dezember 2004 nachgekommen. Insbesondere haben sie sich auf die Festsetzung von
Festbeträgen beschränkt und keine allgemeinen Abgabehöchstpreise be-stimmt. Zwar haben sie vereinzelt die
Begriffe "Bruttopreise", "Paarpreise" und "Stückpreise" verwendet. Dies allein führt jedoch entgegen der klägerischen
Auffassung nicht zur Regelung allgemeiner Abgabehöchstpreise, wie eine Auslegung des Beschlusses vom 01.
Dezember 2004 ergibt. Die Auslegung eines Verwaltungsaktes – auch in der Form einer Allgemeinverfü-gung nach §
31 Satz 2 SGB X – richtet sich nach den für Willenserklärung maßgebenden Aus-legungsgrundsätzen. Maßgeblich ist
hierbei der Empfängerhorizont eines verständigen Betei-ligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die
Behörde nach ihrem wirklichen Willen erkennbar in die Entscheidung einbezogen hat (Krasney, in: Kasseler
Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 31 SGB X, RdNr. 11 m.w.N.). Eine hieran orientierte Auslegung hat im
vorliegenden Fall daher zu berücksichtigen, dass die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen nicht nur ganz
überwiegend den Begriff "Festbetrag" anstelle von "Preis" ver-wandten, sondern nach ihrer einleitenden Bemerkung
mit ihrem Beschluss ausdrücklich die Umsetzung der ihnen in § 36 SGB V aF auferlegten gesetzlichen
Verpflichtungen, d.h. die Festsetzung von Festbeträgen, beabsichtigten. Es ist abgesehen von der dreimaligen
Verwen-dung des Begriffs "Preis" in keiner Weise erkennbar, dass die ehemaligen Spitzenverbände der
Krankenkassen mit ihrem Beschluss vom 01. Dezember 2004 über die ihnen gesetzlich über-tragene Aufgabe hinaus
allgemeine Abgabehöchstpreise festlegen wollten, die nicht nur den Umfang des Sachleistungsanspruchs gesetzlich
Krankenversicherter gegenüber ihrer Kranken-kasse begrenzen, sondern ¬&61485; weit darüber hinausgehend – im
Sinne einer staatlichen Gebühren-ordnung, wie z.B. der für Rechtsanwälte oder Ärzte, einen Höchstpreis für alle Fälle
bestim-men wollten, in denen zugelassene Leistungserbringer Hilfsmittel an Käufer aller Art, z. B. auch Privat- oder
Nichtversicherte, abgeben.
2) Die Spitzenverbände der Krankenkassen waren auch befugt, im Rahmen der Festbetragsfest-setzung Regelungen
zu treffen, welche sächlichen und Dienstleistungen mit dem Festbetrag abgegolten seien sollten.
Im Rahmen der Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln durch nach § 126 SGB V aF zu-gelassene
Leistungserbringer ist vielfach nicht nur die bloße Übereignung eines Hilfsmittels er-forderlich, sondern es sind auch
vorbereitende, begleitende und nachgehende Dienstleistungen unerlässlich, die ihrerseits mit Materialverbrauch und
somit zusätzlichen Sachkosten verbun-den sind. Beispielhaft sei für die hier einschlägigen Produktgruppen auf die
Anfertigung eines Fußabdrucks für die Herstellung einer Einlage, auf die Einweisung in die Handhabung und Pflege
eines Kompressionsstrumpfes sowie die ggf. nachträglich erforderliche Anpassung eines maßgefertigten Hilfsmittels
verwiesen. Bei der Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel ist daher zwangsläufig eine Regelung erforderlich,
welche der erforderlichen Begleitleistungen vom Festbetrag mit umfasst sein und den Sachleistungsanspruch des
Versicherten begrenzen soll. Die Einbeziehung solcher Begleitleistungen ist originärer Bestandteil einer Festbetrags-
festsetzung (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 1995, Az. 3 RK 23/94 &61485; Vorlagebeschluss &61485;, veröf-fentlicht
in juris). Die Kosten für die Anfertigung eines Trittspurabdruckes, für die Einweisung in die Handhabung von
Hilfsmitteln oder für bestimmte Hilfsmittelzusätze (z.B. integrierte Fil-ter bei geschlossenen Beuteln und Stoma-
Kappen) sind demzufolge nicht unzulässig, sondern erforderlicher Bestandteil einer Festbetragsfestsetzung im
Hilfsmittelbereich.
3) Es verstößt auch nicht gegen geltendes Recht, dass nach dem Beschluss vom 01. Dezember 2004 bei der Abgabe
von Kopieeinlagen (Positionsnummer 08.03.01) anstelle eines Gipsab-druckes ein Trittspurabdruck für erforderlich
gehalten wird.
Diese Regelung ist Ausprägung des das gesamte Recht der gesetzlichen Krankenversicherung prägenden
Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 2 Abs. 4, § 12 SGB V), wonach die Leistungen ausrei-chend, zweckmäßig und
wirtschaftlich sein müssen und das Maß des notwendigen nicht über-schreiten dürfen. Die ehemaligen
Spitzenverbände der Krankenkassen haben durch die o.g. Passage darauf hingewiesen, dass die mit der Herstellung
eines Gipsabdrucks zur Anfertigung einer Kopieeinlage verbundenen Kosten nicht erforderlich und somit
unwirtschaftlich sind. Auch eine solche Regelung ist im Zusammenhang mit der Festsetzung von Festbeträgen für
Hilfsmittel zulässig, da sie den von einer Festbetragsfestsetzung in erster Linie betroffenen Versicherten vor Augen
führt, dass sie, wenn sie die Herstellung einer Kopieeinlage auf der Grundlage eines Gipsabdruckes wünschen, die
hierfür erforderlichen Mehrkosten im Vergleich zu einer Kopieeinlage auf der Grundlage eines Trittspurabdrucks selbst
zu tragen haben. Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass es grundsätzlich ihnen überlassen bleibt, in welcher Weise
sie ein Hilfsmittel anfertigen. Gibt es jedoch bezüglich Herstellungsablauf und verwendetem Ma-terial mehrere
Möglichkeiten zur Anfertigung eines Hilfsmittels und finden die unterschiedlich hohen Herstellungskosten Ausdruck in
unterschiedlich hohen Abgabepreisen der Leistungser-bringer, darf im Rahmen einer Festbetragsfestsetzung auch
geregelt werden, dass bestimmt Herstellungswege dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht entsprechen und daher von
einem Fest-betrag nicht umfasst sind. Dementsprechend sahen die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA)
nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen Hilfsmittel-Richtlinien (Himi-RL) in ihren bis zum 6. Februar 2009
geltenden Fassungen (aF) in Ziffer 14 jeweils vor, dass "von gleichartig wirkenden Hilfsmitteln [ ...] im Rahmen der
Indikationsstellung das nach Art und Umfang dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprechende zu verordnen" sei.
4) Rechtmäßig ist der Beschluss vom 01. Dezember 2004 auch insoweit, als er die Abrechen-barkeit bestimmter
Leistungen von einer gesonderten ärztlichen Verordnung abhängig machte. Denn insoweit wird lediglich Ziff. 25 Himi-
RL aF umgesetzt, welche folgende Bestimmungen enthielt:
"In der Verordnung ist das Hilfsmittel so eindeutig wie möglich zu bezeichnen, fer-ner sind alle für die individuelle
Versorgung oder Therapie erforderlichen Einzelan-gaben zu machen. Der Kassenarzt soll deshalb unter Nennung der
Diagnose und des Datums insbesondere angeben: 25.4 bei Hilfsmitteln &8722; Anzahl &8722; Bezeichnung des
Hilfsmittels nach Maßgabe der Arztinformation (s. Nr. 8.2) &8722; Art der Herstellung (Konfektion, Maßkonfektion,
Anfertigung nach Maß). Hinweise (z. B. über Zweckbestimmung, Material, Abmessungen), die eine funkti-onsgerechte
Anfertigung, Zurichtung oder Abänderung durch den Lieferanten ge-währleisten. Ggf. sind die notwendigen Angaben
der Verordnung gesondert beizufü-gen."
Die Festbetragsfestsetzung traf demzufolge insoweit keine eigenständige Regelung, sondern machte ihre Adressaten
lediglich darauf aufmerksam, dass für bestimmt Zusätze oder Zusatz-leistungen eine ausdrückliche ärztliche
Verordnung erforderlich war.
5) Vom gesetzlichen Auftrag in § 36 SGB V aF nicht mehr abgedeckt und somit rechtswidrig war es jedoch, dass die
Abrechenbarkeit maßangefertigter Hilfsmittel zur Kompressionsthera-pie von der Angabe der Körpermaße des
Versicherten auf der Basis eines Maßschemas oder einer Maßtabelle abhängig gemacht wurde.
Ein Zusammenhang mit der Höhe eines Festbetrages bzw. der von einem Festbetrag umfassten Leistungen im
Einzelnen ist insoweit nicht mehr erkennbar. Die Frage, welche Angaben eine Krankenkasse von einem
Leistungserbringer benötigt, um dessen Vergütungsantrag entspre-chen zu können, betraf &61485; entgegen der
Darstellung der Beklagtenseite &61485; nicht "die Konkretisie-rung des jeweiligen Festbetrages", sondern war
typischerweise Gegenstand der Verträge nach § 127 Abs. 1 SGB V aF. Satz 2 dieser Vorschrift sah daher
ausdrücklich vor, dass die Ver-tragspartner nach Satz 1, d.h. die Landesverbände der Krankenkassen und die
Verbände der Er-satzkassen einerseits sowie die Verbände der Leistungserbringer andererseits, "die Abrechnung der
Festbeträge" regeln. Das ist systemkonform, denn diese Frage tangiert den Sachleistungs-anspruch des Versicherten
gegenüber seiner Krankenkasse und dessen Begrenzung durch einen Festbetrag in keiner Weise.
Irrelevant ist demgegenüber, ob diese Abrechnungsbestimmungen schon in früheren Festbe-tragsgruppensystemen
enthalten waren. Zum einen war die erstmalig zum 31. Dezember 2004 zu erfolgende Festsetzung von Festbeträgen
durch die ehemaligen Spitzenverbände der Kran-kenkassen keine bloße Fortschreibung der bisher auf Landesebene
geltenden Festbeträge, da die Neuregelung die Vereinheitlichung der Festbeträge auf Bundesebene zur Schaffung
höherer Transparenz beabsichtigte. Auch wenn die Festbeträge auf Landesebene bis zur Festsetzung von
Festbeträgen auf Bundesebene fortgelten sollten, stellten letztere doch eine völlige Neure-gelung dar. Zum anderen
sind die Kläger nicht wegen der Hinnahme früherer gleichlautender Regelungen mit irgendwelchen Einwänden
präkludiert. Auf eine nach Auffassung der Kran-kenkassen gleichlautende Textpassage im Festbetragsgruppensystem
kann es schon deshalb nicht ankommen, weil dieses &61485; soweit ersichtlich &61485; nicht gesondert
veröffentlicht wurde; als mögliche Regelung i.S.v. § 31 SGB X wurde es entgegen § 37 SGB X nicht bekannt gegeben
und konnte daher keine gesonderte rechtliche Wirkung entfalten.
Die o.g. Abrechnungsbestimmung stellt eine Regelung mit Außenwirkung für Dritte i.S.v. § 31 SGB X dar. Durch den
Verstoß gegen § 127 Abs. 1 SGB V aF werden alle Kläger in eigenen Rechten verletzt.
D) Die gegen die Festbetragsfestsetzung vom 23. Oktober 2006 gerichtete Klage vom 18. De-zember 2006 hat
ebenfalls nur teilweise Erfolg.
I) Soweit sich die Klage gegen die Festbetragsfestsetzungen für Inkontinenzhilfen und Sto-maartikel wendet, bleibt sie
ohne Erfolg.
1) Statthafte Klageart ist insoweit die Anfechtungsklage. Denn bezüglich dieser beiden Hilfs-mittelgruppen gelten die
am 23. Oktober 2006 festgesetzten Festbeträge bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat fort. Diese
Anfechtungsklage ist mit den unter C) I) 2) und 3) ge-nannten Einschränkungen zulässig, d.h. nur sofern einerseits die
Kläger eine Verletzung ihrer aus § 127 SGB V aF herrührenden Vertragsabschlusskompetenz als eigenes Recht und
sofern andererseits die Kläger zu 2.) bis 6.) aufgrund gesetzlicher Prozessstandschaft die aus Art. 12 GG ableitbaren
Rechte ihrer nach § 126 SGB V aF zugelassenen Mitgliedsbetriebe geltend machen.
2) Die Anfechtungsklage ist allerdings in vollem Umfang unbegründet. Insofern kann grund-sätzlich auf die
Ausführungen des Senats unter C) II) verwiesen werden. Abweichend von der Festbetragsfestsetzung vom 1.
Dezember 2004 haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen in den allgemeinen Erläuterungen auf die
Verwendung des Wortteils "preis" fast durchgängig verzichtet. Von einer Festsetzung von Festpreisen kann
demzufolge erst recht keine Rede sein.
II) Im Übrigen richtet sich die Klage gegen die Festsetzung von Einlage bzw. Hilfsmitteln zur Kompressionstherapie.
1) Im Hinblick auf diese (Teil-)Streitgegenstände ist auch sie im selben Umfang, wie für die Klage vom 10. Januar
2005 unter C) I) 2) und 3) ausgeführt, zulässig, Insoweit ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft.
Denn bezüglich der Einlagen und der Hilfsmittel zur Kompressionstherapie entfaltet der Beschluss vom 23. Oktober
2006 für die aktuelle Versor-gung von Versicherten keine rechtlichen Wirkungen mehr.
2) Auch die Klage vom 18. Dezember 2006 ist nur insoweit begründet, als sich die Kläger ge-gen die die Angabe von
Körpermaßen der Versicherten betreffende Abrechnungsbestimmung für Hilfsmittel zur Kompressionstherapie
wenden. Insoweit kann grundsätzlich auf die Ausfüh-rungen des Senats unter C) II) verwiesen werden.
Abweichend von der Festbetragsfestsetzung vom 1. Dezember 2004 haben die ehemaligen Spitzenverbände der
Krankenkassen – wie bereits erwähnt – in den allgemeinen Erläuterungen auf die Verwendung des Wortteils "preis"
fast durchgängig verzichtet. Lediglich in den allge-meinen Erläuterungen zu Hilfen zur Kompressionstherapie ist an
einer Stelle (im 3. Absatz) noch von "Bruttopreisen" die Rede. Dennoch kann auch hier von einer Festsetzung von
Fest-preisen nicht die Rede sein.
E) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2, § 162 Abs. 3
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersicht-lich sind.