Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 26.07.2004

LSG Berlin und Brandenburg: ddr, europäische menschenrechtskonvention, altersrente, zugehörigkeit, eigentum, grundrecht, verwaltungsakt, aufwertung, wertsteigerung, analogie

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 26.07.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 7 RA 5295/99
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 16 RA 26/01
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. Februar 2001 wird
zurückgewiesen. Die Klagen gegen den Rentenbescheid vom 31. Juli 2001 und gegen den Bescheid vom 8. März
2004 und die Rentenanpassungsentscheidungen zum 1. Juli 2000, 1. Juli 2001, 1. Juli 2002, 1. Juli 2003 und auf
Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Verfahren vor dem
Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger ist 1938 geboren worden. In der DDR war er vom 1. August 1956 bis zum 25. Mai 1984 (mit einer
Unterbrechung von November 1959 bis Oktober 1960) bei der Nationalen Volksarmee (NVA) tätig und hatte,
beginnend ab dem 27. Dienstmonat (August 1959) eine Versorgungszusage nach der Sonderversorgung der
Angehörigen der NVA. Vom 26. Mai 1984 bis April 1990 war der Kläger bei der Gesellschaft für Sport und Technik
(GST) beschäftigt. Im Lauf des vom Kläger 1998 beantragten Verfahrens zur Kontenklärung erließ die
Wehrbereichsverwaltung VII als Träger der Sonderversorgung einen so genannten Entgeltbescheid vom 23. November
1998, der - nachdem der Kläger erfolglos Rechtsbehelfe eingelegt und schließlich die Berufung vor dem
Landessozialgericht Berlin zurückgenommen hatte (Az. S 13 RA 1157/99 - L 5 RA 10/02) - bestandskräftig wurde. In
dem Bescheid wurden als Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung die Zeiträume August bis Oktober 1959 und
November 1960 bis 25. Mai 1984 festgestellt. Die Voraussetzungen für eine Begrenzung der Entgelte nach § 6 Abs. 2
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) wurde nicht festgestellt, für die Zeit vom 1. August 1956
bis zum 31. Juli 1959 wurden in einer gesonderten Bescheinigung die erzielten Entgelte mitgeteilt. In dem
Kontenklärungsbescheid vom 4. Januar 1999 stellte die Beklagte die in dem beigefügten Versicherungsverlauf
enthaltenen Daten bis Dezember 1992 verbindlich fest, wobei die in der Zeit der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung
erzielten Einkünfte bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wurden. Nachdem die Beklagte einem Teil des
vom Kläger eingelegten Widerspruchs abgeholfen hatte (Bescheid vom 9. April 1999), war nunmehr auch die Zeit vom
2. November 1959 bis 31. Oktober 1960 als Beitragszeit in den Versicherungsverlauf eingestellt und es wurden für die
Zeit vom 18. Juni 1984 bis 30. Juni 1990 so genannte Überentgelte bis zur Beitragsbemessungsgrenze
berücksichtigt. Nunmehr machte der Kläger geltend, dass Ansprüche, die von ihm in der DDR rechtmäßig erworben
worden seien, unter Verletzung des Einigungsvertrages (EV) und des Grundgesetzes (GG) missachtet würden. Er
werde von einer den Lebensstandard sichernden Vollversorgung ausgeschlossen und hierbei schlechter als Bestands-
und Zugangsrentner behandelt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember
1999 zurück. Mit seiner Klage hat der Kläger beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und einen Bescheid
neu zu erlassen unter Berücksichtigung des Anspruchs auf zusätzliche Altersversorgung in der Höhe, in der in der
DDR die Ansprüche rechtmäßig erworben worden seien, insbesondere ohne die Begrenzung, welche
verfassungswidrig unter Anwendung des AAÜG vorgesehen sei, sowie angepasst an die neuen wirtschaftlichen
Verhältnisse. Die geltenden Vorschriften verstießen gegen das GG und die Europäische Menschenrechtskonvention
(EMRK). Durch Gerichtsbescheid vom 19. Februar 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei
unbegründet. Weder die so genannte Systementscheidung noch die daraus folgende Berücksichtigung der Entgelte
nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze verstießen gegen einfaches Recht oder das GG. Gleiches gelte für die
Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze (West) auf die vom Kläger ab August 1984 erzielten und in der
Sozialpflichtversicherung der DDR versicherten Entgelte, die auf DM umgewertet und anschließend auf das Niveau
der westlichen Arbeitsverdienste hochgewertet worden seien. Mit seiner Berufung hat der Kläger zunächst die in der
ersten Instanz gestellten Anträge weiter verfolgt. Er ficht nunmehr auch den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli
2001 an, mit dem ihm ab 1. August 2001 Altersrente für langjährig Versicherte bewilligt worden ist. Weiterhin ist er der
Auffassung, ihm würden verfassungswidrig Versorgungsleistungen vorenthalten, welche er in der DDR rechtmäßig
erworben habe. Im Besonderen sei die "besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost" nicht anzuwenden und der
Zahlbetrag der nach den ursprünglichen DDR-Vorschriften errechneten Rente festzustellen und dieser Zahlbetrag als
"Realwert" gemäß den Vorgaben des EV und des GG zu leisten. Außerdem verlangt er eine so genannte
Vergleichsberechnung und wendet sich gegen die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2000, 2001, 2002, 2003 und 2004
sowie gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2004, durch den sie den bisherigen Rentenbescheid mit
Wirkung ab 1. April 2004 insoweit geändert hat, als sie aus dem monatlichen Rentenhöchstwert Beiträge zur
Pflegeversicherung in Höhe von 1,70 % einbehalten hat. Der Kläger beantragt ausweislich der Schriftsätze vom 1.
März und 15. Juli 2004, den Gerichtsbescheid vom 19. Februar 2001, den Bescheid der Beklagten vom 9. April 1999
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1999 und in der Fassung des Rentenbescheides vom
31. Juli 2001 sowie die Entscheidungen über die Rentenanpassung und Rentenangleichung Ost an West zu ändern
und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine höhere Rente zu gewähren, ferner den Bescheid vom 8. März 2004
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, zum 1. Juli 2004 die Rente anzupassen.
Wegen der Begründung im Einzelnen und den dazu gestellten "Anträgen" wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 1.
März 2004 unter B und auf den Schriftsatz vom 15. Juli 2004 verwiesen. Die Beklagte beantragt, die Berufung
zurückzuweisen und die Klagen gegen den Rentenbescheid vom 31. Juli 2001 und gegen den Bescheid vom 8. März
2004 sowie gegen die Rentenanpassungsentscheidungen zum 1. Juli 2000, 1. Juli 2001, 1. Juli 2002 und 1. Juli 2003
sowie auf eine Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten
haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der Einzelheiten des
Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet; die Klagen, über die der Senat erstinstanzlich zu entscheiden hatte, sind teils
unzulässig, teils unbegründet. Die Berufung ist hinsichtlich des angefochtenen Kontenklärungsbescheids vom 4.
Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1999 unbegründet, weil die hiergegen vor
dem Sozialgericht erhobene Anfechtungsklage nach Erlass des Rentenbescheides vom 31. Juli 2001 unzulässig
geworden ist. In diesem Rentenbescheid, der in entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Verfahrens vor dem Landessozialgericht geworden ist, sind die
Feststellungen aus dem Kontenklärungsbescheid in vollem Umfang enthalten und aufgegangen. Es ist angesichts
dessen kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für einen Rechtsbehelf gegen den Kontenklärungsbescheid erkennbar,
zumal der Kläger gegen die im Bescheid vom 9. April 1999 enthaltenen Feststellungen auch keinerlei konkrete
Einwendungen mehr erhoben hatte, sondern nur noch - pauschal - "in der DDR rechtmäßig erworbene Ansprüche"
geltend gemacht hatte. Soweit der Kläger erstmals im Verfahren vor dem Landessozialgericht eine Rentenanpassung
zum 1. Juli 2000 sowie ferner eine zum 1. Juli 2001 und zum 1. Juli 2004 geltend macht und sich des Weiteren der
Sache nach gegen die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2002 und 1. Juli 2003 sowie gegen den Bescheid
vom 8. März 2004 wendet, hatte der Senat erstinstanzlich "auf Klage" und somit nicht im Rahmen der Berufung zu
entscheiden (s. dazu auch BSG SozR 3-1500 § 29 Nr. 1). Die insoweit erhobenen Anfechtungs- bzw. Leistungsklagen
sind unzulässig. Die Rentenanpassungsmitteilungen und der Bescheid vom 8. März 2004, der - wie dem
Prozessbevollmächtigten aus einer Vielzahl anderer Verfahren bekannt ist - wegen der bei allen Rentenbeziehern
erforderlichen Neufestsetzung des Pflegeversicherungsbeitrags zu ergehen hatte, sind nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG
i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens vor dem Landessozialgericht geworden. Diese Verwaltungsakte
haben die Rentenwertfestsetzung in dem Rentenbescheid vom 31. Juli 2001 weder geändert noch ersetzt, sondern
setzen sie lediglich als Grundlage für die Anpassungsentscheidung bzw. für den Abzug des Beitragssatzes zur
Pflegeversicherung voraus (BSG, Urteil vom 10. April 2003 -B 4 RA 41/02 R-). Dem entsprechend kann der Kläger
auch kein Leistungsbegehren geltend machen, welches die Änderung der ergangenen Bescheide erfordern würde.
Eine Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 kann der Kläger nicht zulässig geltend machen, weil die Beklagte darüber
zum einen bisher keine Verwaltungsentscheidung getroffen hat und zum anderen ein entsprechender Verwaltungsakt
aus den zuvor genannten Gründen nicht zulässig in das Verfahren vor dem Landessozialgericht einbezogen werden
kann. In das Verfahren einzubeziehen war hingegen der Rentenbescheid vom 31. Juli 2001, der in entsprechender
Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden war, weil
er die Kontenklärungsbescheide vom 4. Januar 1999 und 9. April 1999 auf der Grundlage der darin enthaltenen
Feststellungen mit der Feststellung der Altersrente gegenstandslos gemacht hatte. Auch über diesen Bescheid hatte
der Senat erstinstanzlich kraft Klage zu befinden. Soweit der Kläger danach ein zulässiges Klagebegehren geltend
macht, ist die Klage unbegründet. Dabei geht das Gericht davon aus, dass das klägerische Begehren einer
"Rentenanpassung" zum 1. Juli 2000 und 1. Juli 2001 - also für Zeiten vor Rentenbeginn - dahin zu verstehen ist,
dass der Kläger ab dem Beginn der Rente am 1. August 2001 eine Rentenwertfestsetzung auf der Grundlage eines
höheren aktuellen Rentenwerts begehrt und insoweit die Rentenwertfestsetzung in dem Rentenbescheid vom 31. Juli
2001 der Höhe nach angreift. Gemäß § 64 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ergibt sich der (anfängliche)
Monatsbetrag der Rente, wenn (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen
Entgeltpunkte bzw. Entgeltpunkte (Ost), (2.) der Rentenartfaktor und (3.) der aktuelle Rentenwert bzw. der aktuelle
Rentenwert (Ost) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Dieser anfängliche monatliche
Wert des Rentenanspruchs wird dann zum 1. Juli eines jeden Jahres angepasst, indem der bisherige aktuelle
Rentenwert durch einen neuen aktuellen Rentenwert bzw. aktuellen Rentenwert (Ost) ersetzt wird (§§ 65, 68, 254c,
255a, 255c ff SGB VI). Der Zugangsfaktor beträgt für den Kläger 1,0 (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 36, 99 Abs. 1
Satz 1 SGB VI), weil er die von ihm beantragte Altersrente für langjährig Versicherte (§ 36 SGB VI) ab dem 1. des
Monats nach Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen hat. Die persönlichen Entgeltpunkte ermitteln
sich nach näherer Maßgabe der §§ 66, 71, 256a, 263a SGB VI aus den zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten
(Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten einschließlich etwaiger Zuschläge oder Abschläge nach besonderen
Vorschriften). Dabei bezeichnet 1 Entgeltpunkt den Betrag, der sich ergibt, wenn die Beitragsbemessungsgrundlage
(mit anderen Worten das beitragspflichtige Entgelt) durch das Durchschnittsentgelt aller Versicherten für dasselbe
Kalenderjahr geteilt wird (§ 70 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. Anlage 1 zum SGB VI). Der Rentenartfaktor beträgt für
Renten wegen Alters 1,0 (§ 67 Nr. 1 SGB VI). Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer monatlichen Rente
wegen Alters der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten entspricht, wenn für ein Kalenderjahr Beiträge auf
Grund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind (§ 68 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Er ist mit anderen Worten der
Betrag für die Monatsrente aus genau einem Entgeltpunkt. Auf der Grundlage dieser Rentenformel hat die Beklagte
die Rente zutreffend berechnet. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine rentenrechtliche Zeit, welche der Kläger
zurückgelegt hat, nicht in die Rentenberechnung eingeflossen wäre. Für die Festsetzung eines höheren
Rentenhöchstwertes gibt es keine Rechtsgrundlage. Bestandsschutz, den der EV für die Angehörigen von
Zusatzversorgungssystemen garantiert und auf den sich der Kläger mit seinem Klageantrag zu B 1.1 aus dem
Schriftsatz vom 1. März 2004 erkennbar bezieht, greift im vorliegenden Fall nicht ein, weil bei Beginn seiner Rente die
im EV vorgesehene Übergangsfrist abgelaufen war. Nach Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Ziffer b Satz 5
EV darf nur bei Personen, die in der Zeit vom 4. Oktober 1990 bis zum 30. Juni 1995 leistungsberechtigt werden, der
Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu
erbringen gewesen wäre, wenn der Versorgungsfall am 1. Juli 1990 eingetreten wäre. Für die vom Kläger gewünschte
Vergleichsberechnung in Anlehnung an § 307 b SGB VI bleibt ebenfalls kein Raum. Unmittelbar ist die Vorschrift
schon deshalb nicht anwendbar, weil der Kläger für Dezember 1991 gegen einen Versicherungsträger der DDR nicht
das Recht hatte, Zahlung von Versorgung zu verlangen. Dies hätte durch einen bindend gewordenen Verwaltungsakt
oder durch eine Verwaltungsentscheidung einer Versorgungsstelle der DDR oder der Funktionsnachfolgerin einer
solchen Stelle festgestellt werden müssen (s. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002 -B 4 RA 27/02 R-). Solch eine
Entscheidung ist vorliegend nicht getroffen worden; auch der Kläger behauptet zudem nicht, bereits in der Zeit bis
Dezember 1991 einen Versorgungsanspruch im Sinne des § 1 AAÜG gehabt zu haben. Raum für eine analoge
Anwendung des § 307 b SGB VI auf "Zugangsrentner" besteht bereits deshalb nicht, weil der Gesetzgeber für diesen
Personenkreis besondere Vergleichsberechnungen vorgesehen hat (§ 4 Abs. 4 AAÜG, Artikel 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3
Rentenüberleitungsgesetz -RÜG-). Somit besteht keine planwidrige Regelungslücke, die durch eine Analogie gefüllt
werden könnte. Die Voraussetzungen für die Vergleichsberechnungen nach § 4 Abs. 4 AAÜG und Artikel 2 § 1 Abs. 1
Nr. 3 RÜG erfüllt der Kläger nicht, weil seine Rente am 1. August 2001 und somit erst nach den in den Vorschriften
festgeschriebenen Übergangsfristen (bis 30. Juni 1995 bzw. 31. Dezember 1996) beginnt. Auch diese Vorschriften
sind keiner Analogie zugänglich, weil sie den berechtigten Personenkreis eindeutig festlegen und damit keine
planwidrige Regelungslücke ersichtlich ist. Von Verfassungs wegen, im Besonderen mit Blick auf den möglichen
eigentumsrechtlichen Schutz von Rentenanwartschaften (Artikel 14 Abs. 1 GG), ist es nicht geboten, den
Bestandsschutz über die einfachgesetzlichen Regelungen hinaus zu erweitern. Die Überführung der Renten und
Rentenanwartschaften aus der DDR in die gesamtdeutsche Sozialversicherung ist durch den Bestandsschutz, den die
Zahlbetragsgarantie für Rentenzugänge in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 in Artikel 30 Abs. 5 EV
und erweitert bis 31. Dezember 1996 durch Artikel 2 § 1 Abs ... 1 Nr. 3 RÜG gewährt hat, sozialverträglich gestaltet
worden. Darüber hinausgehende Schritte des Gesetzgebers waren verfassungsrechtlich nicht geboten. Es liegt
innerhalb seiner Gestaltungsbefugnis, wenn er davon absieht, zu Lasten der Versichertengemeinschaft oder der
Allgemeinheit den alters- oder schicksalsbedingten Umstand voll auszugleichen, dass Personen im erwerbsfähigen
Alter bessere Chancen als Rentner und rentennahe Jahrgänge haben, Zugang zu ergänzenden Systemen der
Alterssicherung zu finden (BVerfG, Beschluss vom 6. August 2002 - 1 BvR 586/98-, Rz 17; BVerfGE 100, 1 [46]). Der
Kläger, der auch nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten teils eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, teils
in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte, hatte zudem seit dem 3. Oktober 1990 noch über nahezu elf
Jahre Gelegenheit, finanzielle Vorsorge für eine ergänzende Altersversorgung zu treffen (s. dazu auch BSG, Urteil
vom 10. April 2003 -B 4 RA 41/02 R-). Gleichfalls nicht verpflichtet war der Gesetzgeber (unter dem Gesichtspunkt
des allgemeinen Gleichheitssatzes des Artikel 3 Abs. 1 GG) - wie es unter Punkt 1, einleitender Absatz, und Punkt
1.3 des Klageantrags vom 1. März 2004 anklingt -, den Kläger rückwirkend und kostenfrei so zu stellen, als hätte er
die Voraussetzungen erfüllt, von denen die Altersversorgung eines westdeutschen Berufskollegen abhängt (BVerfG,
Beschluss vom 13. Dezember 2002 -1 BvR 1144/00-, Rz 16; BVerfGE 100, 1 [45]). Keine rechtliche Grundlage gibt es
ferner dafür, für in der DDR erzielte Entgelte eine andere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden. Der Kläger
verkennt dabei, dass auf Grund des § 260 Satz 2 SGB VI die im Bundesgebiet (West) geltenden
Beitragsbemessungsgrenzen bereits für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet anwendbar sind. Dass diese allgemeine
Beitragsbemessungsgrenze überhaupt anwendbar ist, ist mit dem Grundrecht auf Eigentum vereinbar. Die
Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze (West) auf die überführten Leistungen ist durch die verfassungsrechtlich
zulässige Eingliederung der Renten- und Versorgungsanwartschaften der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung
des vereinigten Deutschlands (so genannte "Systementscheidung") vorgeprägt, sie kann nicht entfallen, ohne dass
das System der gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt gesprengt würde (BVerfG, Beschluss vom 6. August
2002 -1 BvR 586/98-, Rz. 11 und 13; BVerfGE 100, 1 [40 f.]). Dass Arbeitsentgelte, die in der DDR erzielt wurden,
überhaupt über dieser Beitragsbemessungsgrenze liegen, ergibt sich im Regelfall allein daraus, dass diese
Arbeitsentgelte gemäß § 256a SGB VI nicht in ihrer tatsächlich zu DDR-Zeiten erzielten Höhe berücksichtigt werden.
Bereits dadurch aber, dass sie im Gegensatz zu allen anderen Forderungen und Verbindlichkeiten der DDR nicht in
einem Verhältnis von 1 zu 2 oder niedriger (Artikel 10 Abs. 5 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-,
Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
vom 18. Mai 1990, BGBl. II S. 537 sowie dessen Anlage 1 Artikel 6), sondern im Nominalwert von 1 zu 1 von M auf
DM umgestellt worden sind, ergibt sich eine Wertsteigerung, die sich zu Gunsten des Klägers auswirkt. Eine zweite
Wertsteigerung wurde dann dadurch herbeigeführt, dass die umgestellten Arbeitsverdienste durch Vervielfältigung mit
den Werten der Anlage 10 zum SGB VI durchschnittlich um mehr als das Zweifache angehoben wurden, um das
gegenüber dem bundesdeutschen Lohnniveau geringere Lohnniveau der DDR "auszugleichen". Die Versicherten aus
dem Beitrittsgebiet stehen also so, als ob sie die auf- und hochgewerteten Verdienste während eines Erwerbslebens
in der Bundesrepublik Deutschland erzielt und durch Beiträge bis zur "allgemeinen" Beitragsbemessungsgrenze
versichert hätten (s. zum Ganzen BSG, Urteil vom 10. April 2003 -B 4 RA 41/02 R-). Nur auf Grund dieser doppelten
Aufwertung kann es im Regelfall überhaupt dazu kommen, dass die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze
überschritten wird; eine "abgesenkte besondere Beitragsbemessungsgrenze" existiert somit nicht. Ein Verstoß gegen
Artikel 14 Abs. 1 GG kann darin schon deshalb nicht liegen, weil den für die Rentenberechnung angesetzten
Arbeitsentgelten kein entsprechendes Beitragsvolumen gegenübersteht, ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG
deshalb nicht, weil die Versicherten aus dem Beitrittsgebiet durch die Aufwertung über § 256a SGB VI gerade den
Versicherten aus den alten Bundesländern gleichgestellt werden. Schließlich entspricht auch der angesetzte aktuelle
Rentenwert (Ost) den gesetzlichen Vorgaben (§ 255a SGB VI). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe, die
der im Fall des Klägers für die erstmalige Rentenhöchstwertfestsetzung anzuwendende aktuelle Rentenwert (Ost)
deshalb hatte, weil er auf Dynamisierungen beruhte, die sich in den Jahren 2000 und 2001 abweichend von § 255a
Abs. 2 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 68 Abs. 2 bis 4 SGB VI nicht an der Entwicklung der Bruttogehälter orientiert haben (§§
255c und e SGB VI) bestehen nicht. Weder das Grundrecht auf Eigentum (Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG) noch der
allgemeine Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) verpflichten den Gesetzgeber, die Versicherten des Beitrittsgebiets
von der ansonsten verfassungsrechtlich zulässigen Aussetzung der arbeitsentgeltorientierten Wertbestimmung
auszunehmen (BSG SozR 3-2600 § 255c Nr. 1; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 1. Senats vom 28. Oktober
2002 -1 BvR 1736/02-). Den Beweisanträgen des Klägers (Punkt B 4 des Schriftsatzes vom 1. März 2004), die er in
der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht erhalten hat und die sich im Wesentlichen auf sozialpolitische Erwägungen
beziehen, musste nicht entsprochen werden. Denn der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt. Weil keine
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Vorschriften bestehen, musste der Senat den Rechtsstreit
auch nicht, wie vom Kläger angeregt nach Artikel 100 Abs. 1 GG aussetzen und eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts einholen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2
Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.