Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2004

LSG Berlin-Brandenburg: krankheit, arbeitsunfähigkeit, innere medizin, freiwillige versicherung, ablauf der frist, satzung, arbeitsentgelt, juristische person, hypertonie, probezeit

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
24. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 24 KR 11/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 09.
Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens
nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom
28. August 2003 bis 15. Dezember 2004.
Der 1950 geborene Kläger war vom 01. Juni 2000 bis 31. März 2001 freiwilliges und vom
01. April 2001 bis 31. August 2001 wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld
versicherungspflichtiges Mitglied der BKK für steuerberatende und juristische Berufe
(Rechtsvorgängerin der Beklagten), die sich zum 01. Januar 2004 mit der BKK Z-A zur
Beklagten vereinigte.
Zum 01. September 2001 nahm der Kläger eine Beschäftigung als
Direktionsbevollmächtigter bei der AG auf und beantragte per Fax am 07. September
2001 (wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze) die freiwillige
Versicherung bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Nach dem Arbeitsvertrag vom
20. August 2001 war ein Grundgehalt während der sechsmonatigen Probezeit von 4.725
DM monatlich und nach Ablauf der Probezeit von 5.341 DM monatlich vereinbart. Es
wurde außerdem festgelegt, dass der Kläger zusätzlich zu seinem Grundgehalt
erfolgsabhängige Bezüge, Sonderzahlungen, einen pauschalierten Aufwendungsersatz,
einen Dienstwagen sowie Bewirtungs- und Repräsentationskosten erhält. Dazu wurden u.
a. folgende Vereinbarungen getroffen:
„Anlage 3 Ziffer 5 Provisionsgarantie/Abrechnung
Sie erhalten eine Provisionsgarantie von monatlich 2000,00 DM, die als Vorleistung auf
den Gesamtbetrag der verdienten Provision (Erfolgs- und Abschlussprovision)
angerechnet wird. Diese Provisionsgarantie gilt ab Vertragsbeginn für zwei Jahre. Die
Abrechnung der Erfolgsprovision wird jeweils zum 31. Dezember eines Kalenderjahres
vorgenommen. Ein Guthaben wird Ihnen ausgezahlt; ein Negativ-Saldo ist unter
Berücksichtigung der vereinbarten Provisionsgarantie von Ihnen auszugleichen.
Anlage 5 Ziffer 3 Sonderzahlungen
Sie haben in den Monaten April und November Anspruch auf je eine Sonderzahlung
(Mai- und Weihnachtsgeld). Anspruch und Höhe richten sich nach dem jeweiligen
Manteltarifvertrag der Branche und der jeweils geltenden betrieblichen Regelungen.
Bemessungsgrundlage für die Mai- und Weihnachtssonderzahlung nach dem Tarifvertrag
für das private Versicherungsgewerbe (tarifliche Sonderzahlung) und der
Betriebsvereinbarung über Sozialleistungen der VDL-VDS (betriebliche Sonderzahlung)
in den jeweils gültigen Fassungen sind ein Sechstel der erfolgsabhängigen Bezüge
(Erfolgsprovisionen) und der Festgehälter in dem jeweiligen sechsmonatigen
Bemessungszeitraum. Die Mai- und Weihnachtssonderzahlung beträgt jeweils im
Höchstfall das 2,5fache des höchsten Bruttogehaltes (ohne Zulagen), dass der
Gehaltstarif für das private Versicherungsgewerbe (Innendienst) jeweils vorsieht.
Anlage 4 weitere Leistungen Ziffer 5
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Zur Abgeltung von sonstigem Sachaufwand (Energie, Raum) erhalten Sie bis auf
weiteres einen monatlichen Pauschbetrag in Höhe von zur Zeit 50 DM brutto gemäß den
jeweils geltenden betrieblichen Bestimmungen.
Anlage 4 weitere Leistungen Ziffer 1 Abs. 2
Zur Bestreitung notwendiger persönlicher Kosten, die im Zusammenhang mit der
Aufgabenerfüllung im vertraglich festgelegten örtlichen und fachlichen Arbeitsbereich
entstehen, wie z. B. Verpflegungs- und Übernachtungskosten etc., wird Ihnen ein
pauschalierter Aufwendungsersatz gemäß den jeweils geltenden betrieblichen
Bestimmungen gewährt.
Anlage 4 weitere Leistungen Ziffer 1 Abs. 1 und Ziffer 2
Für die Reisetätigkeit zur Erfüllung Ihrer dienstlichen Aufgaben können Sie einen
Dienstwagen beantragen, dessen Nutzung die jeweils geltenden betrieblichen
Bestimmungen zugrunde liegen. Sofern kein Dienstfahrzeug eingesetzt wird und Sie Ihr
Privatfahrzeug zu dienstlichen Zwecken nutzen, werden Ihnen die im Zusammenhang
mit der Aufgabenerfüllung im vertraglich festgelegten örtlichen und fachlichen
Arbeitsbereich entstehende Fahrtkosten (sämtliche mit dem Betrieb des Fahrzeugs
anfallende Kosten) mit einer Pauschale gemäß den jeweils geltenden betrieblichen
Bestimmungen abgegolten.
Anlage 4 weitere Leistungen Ziffer 6
Gegen entsprechenden Nachweis erstatten wir Ihnen Bewirtungs- und
Repräsentationskosten bis zu einem Betrag von zurzeit jährlich 2.000 DM. Der Betrag ist
möglichst in monatlich gleichen Teilen zu verbrauchen.
Das Arbeitsverhältnis wurde in der Probezeit zum 28. Februar 2002 durch den
Arbeitgeber gekündigt.
Am 28. Februar 2002 um 02.24 Uhr meldete sich der Kläger (per Fax) bei der AG
arbeitsunfähig und legte (auch) der Rechtsvorgängerin der Beklagten die
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Facharztes für Innere Medizin Dr. G vor, der
Arbeitsunfähigkeit ab 27. Februar 2002 bescheinigte.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte darauf hin Krankengeld vom 01. März 2002
bis 27. August 2003.
Mit Schreiben vom 25. April 2003 und 11. Juni 2003 unterrichtete die Rechtsvorgängerin
der Beklagten den Kläger über die Rahmenfrist vom 27. Februar 2002 bis 26. Februar
2005 und die Anspruchsdauer des Krankengeldes vom 27. Februar 2002 bis 27. August
2003. Außerdem veranlasste sie das Gutachten des Medizinischen Dienstes der
Krankenversicherung (MDK) des Dr. H vom 06. Juni 2003.
Der Kläger wandte sich mit Widerspruch am 15. Juli 2003 dagegen, dass sein
Krankengeld am 27. August 2003 ende. Nachdem er am 26. August 2003 die
Arbeitsunfähigkeits-Endbescheinigung des Facharztes für Innere Medizin Dr. G vom 21.
August 2003 zum 25. August 2003 als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt
hatte, teilte ihm die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 27. August
2003 mit, dass damit der Anspruch auf Krankengeld am 25. August 2003 geendet habe
und forderte 138,54 Euro für die Zeit vom 26. bis 27. August 2003 zurück.
Am 31. August 2003 legte der Kläger die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes
für Neurologie und Psychiatrie S vom 26. August 2003 über eine Zeit ab 26. August
2003 bis voraussichtlich 04. September 2003 wegen F 41.2. (Angst und depressive
Störung, gemischt) vor und verlangte die Weiterzahlung von Krankengeld.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten holte die Stellungnahme des Dr. H des MDK vom
02. September 2003 ein.
Mit Bescheid vom 01. September 2003 lehnte die Beklagte Krankengeld für eine Zeit
nach dem 25. September 2003 ab. Die Mitgliedschaft des Klägers habe mit dem 25.
August 2003 (Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeitszeit) geendet. Nach Ende der
Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bestehe nach § 19 Abs. 2 Sozialgesetzbuch
Fünftes Buch (SGB V) ein Leistungsanspruch nur noch für einen Monat. Für die erneute
Krankheit ab 26. August 2003 sei der Leistungsanspruch somit bis zum 25. September
2003 begrenzt.
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Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, ein Erlöschen der
Mitgliedschaft sei nicht eingetreten, da er wegen der bis zum 27. August 2003 erfolgten
Zahlung von Krankengeld am 26. August 2003 noch Mitglied gewesen sei. Damit führe
jede neue Krankheit, hier also die ab 26. August 2003 bestehende Erkrankung von Angst
und depressiver Störung, die nicht bereits während einer bestehenden
Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei, nach § 48 Abs. 1 SGB V zu einem neuen Anspruch
auf Krankengeld für 78 Wochen.
Der Kläger hat außerdem am 26. September 2003 beim Sozialgericht Neuruppin Klage
erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 9 KR 125/03 registriert worden ist.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2003 in der Gestalt des Bescheides vom 03. November
2003 setzte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ab 26. September 2003 Beiträge zur
freiwilligen Krankenversicherung auf einer Mindestbemessungsgrundlage von 793,33
Euro sowie zur Pflegeversicherung fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Dezember 2003 wies sie außerdem den Widerspruch
zurück: Ein nachgehender Leistungsanspruch habe über den 25. August 2003
tatsächlich nicht bestanden, denn der Kläger sei nicht versicherungspflichtig beschäftigt
gewesen. Vielmehr habe die freiwillige Krankenversicherung, ab 26. August 2003 jedoch
ohne Anspruch auf Krankengeld, fortbestanden. Mit Beendigung des
Beschäftigungsverhältnisses und des Krankengeldbezuges am 25. August 2003 seien
die Voraussetzungen für eine Krankengeldversicherung weggefallen. Eine durchgehende
Arbeitsunfähigkeit habe nicht vorgelegen, denn beide Krankheitsfälle hätten sich zeitlich
nicht überschnitten. Der Kläger selbst habe im Widerspruchsverfahren angegeben, dass
die erste Erkrankung bis zum 25. August 2003 24.00 Uhr bestanden habe und die zweite
Erkrankung am 26. August 2003 um 00.00 Uhr eingetreten sei.
Dagegen hat der Kläger am 05. Januar 2004 beim Sozialgericht ebenfalls Klage erhoben,
das mit Beschluss vom 09. Februar 2004 beide Verfahren verbunden hat.
Der Kläger hat vorgetragen, es habe zwischen dem 25. und 26. August 2003 keinen
Zeitraum ohne Mitgliedschaft gegeben, denn die vorherige Erkrankung habe bis 24.00
Uhr gedauert und die neue Erkrankung ab 00.00 Uhr begonnen. Trete Arbeitsunfähigkeit
am Tag nach dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit ein, liege keine hinzutretende
Krankheit vor, so dass jeweils eigenständige Dreijahreszeiträume bestünden. Der Kläger
sei außerdem pflichtversichert gewesen. Sein Einkommen habe unterhalb der
Jahresarbeitsentgeltgrenze von 78.300 DM für 2001 und von 40.500 Euro für 2002
gelegen, denn während der Probezeit könne nicht mit der notwendigen Sicherheit darauf
geschlossen werden, dass die zunächst angenommenen Einnahmen aus der
Beschäftigung auch für die nächsten 12 Monate zu erwarten seien. Aufwendungsersatz
in Höhe von 1.250 DM und Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 DM stellten keinen
geldwerten Vorteil dar und seien somit kein Arbeitsentgelt. Der Aufwendungsersatz von
1.250 DM sei für die private Pkw-Nutzung zu dienstlichen Zwecken, die
Aufwandsentschädigung von 50 DM für die zur Verfügungstellung des Home Office für
seinen Arbeitgeber gewährt worden. Bei den erfolgsabhängigen Bezügen in Höhe von
2.000 DM habe ebenfalls nicht davon ausgegangen werden können, dass diese
regelmäßig jeden Monat anfielen. Abgesehen davon sei Versicherungspflicht spätestens
mit der Beendigung der Beschäftigung durch die arbeitgeberseitige Kündigung
eingetreten, denn seither habe nicht mehr von einem regelmäßigen Einkommen
ausgegangen werden können, das über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegen würde. Ab
26. August 2003 sei keine Behandlung wegen eines akuten Bluthochdrucks erfolgt.
Allerdings seien weiterhin Medikamente gegen den Bluthochdruck eingenommen
worden. Ab 26. August 2003 sei er durchgängig arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
Zeitweilig seien zu der von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie S gestellten
Diagnosen noch andere Diagnosen hinzugekommen. Der Kläger hat die
Verdienstabrechnungen der AG für die Zeit von September 2001 bis Februar 2002
vorgelegt.
Nachdem die Beklagte einen Anspruch auf Krankengeld für den 26. und 27. August 2003
anerkannt hatte, hat der Kläger erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 01. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.
Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 26. August
2003 nach den gesetzlichen Vorschriften Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass nach den §§ 14 Abs. 1 und 5 Abs. 2 ihrer
Satzung ab 26. August 2003 eine freiwillige Krankenversicherung ohne Anspruch auf
Krankengeld bestehe. Der frühere Arbeitgeber habe den Kläger zum 01. September
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Krankengeld bestehe. Der frühere Arbeitgeber habe den Kläger zum 01. September
2001 unter der Beitragsgruppe KV 9 (freiwillige Versicherung/Firmenzahler) gemeldet
gehabt.
Mit Urteil vom 09. Dezember 2004 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an den
Kläger für den 26. und 27. August 2003 Krankengeld zu gewähren und im Übrigen die
Klage abgewiesen: Der Kläger sei ab 01. September 2001 nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V
versicherungsfrei gewesen, da sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt nach der
gebotenen vorausschauenden Betrachtungsweise die Jahresarbeitsentgeltgrenze von
78.300 DM im Jahr 2001 und 40.500 Euro im Jahr 2002 überstiegen habe. Dies folge
daraus, dass bereits die Summe von Gehalt (4.725 DM monatlich) und
erfolgsabhängigen Bezügen (2.000 DM monatlich) zusammen 6.725 DM monatlich
(80.700 DM jährlich) betragen und damit die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten
habe. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages sei die Zahlung auch der erfolgsabhängigen
Bezüge nicht ungewiss, sondern voraussichtlich zu erwarten gewesen. Dem
Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze stehe auch nicht entgegen, dass der
Kläger im Jahre 2001 nur vier Monate bei der AG beschäftigt gewesen sei und in diesem
Zeitraum ausweislich der Verdienstabrechnung für Dezember 2001 eine steuerpflichtige
Bruttovergütung von insgesamt 32.499,68 DM erhalten habe und somit im Kalenderjahr
2001 weniger als 78.300 DM Arbeitsentgelt erzielt habe. Das maßgebende
Jahresarbeitsentgelt sei nämlich in vorausschauender Betrachtung auf die nächsten 12
Monate ab Aufnahme einer Beschäftigung bzw. einer wesentlichen Änderung des
Entgelts zu ermitteln. Bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen
Beschäftigungsverhältnis sei regelmäßig das 12fache der vereinbarten Monatsbezüge
als Jahresarbeitsverdienst anzusehen (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSGE 18, 49).
Dies gelte auch bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen (BSG, Urteil vom 21. Mai
1963 - 7 RAr 3/62, abgedruckt in SozR RVO § 165 Nr. 40) und somit erst Recht bei
Beendigung eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses während der Probezeit. Da
die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung nicht vorgelegen hätten
und ein Bescheid, der Versicherungspflicht feststelle, nicht ergangen sei, sei eine
Pflichtversicherung auch nicht dadurch begründet worden, dass die Beklagte zeitweise
vom Bestehen einer Pflichtversicherung ausgegangen und demzufolge einen
nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V gewährt habe. Ein
Krankengeldanspruch sei ausgeschlossen. Wenn es sich bei der Krankheit Angst und
depressive Störungen, wegen der der Nervenarzt S ab 26. August 2003
Arbeitsunfähigkeit festgestellt habe, um eine zur arteriellen Hypertonie hinzugetretene
Krankheit handele, wegen der der Kläger vom 27. Februar 2002 bis 25. August 2003
arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, sei der Krankengeldanspruch mit Ablauf des 27.
August 2003 wegen Erschöpfung der Anspruchsdauer nach § 48 Abs. 1 SGB V erloschen.
Wenn hingegen die Angst und die depressiven Störungen eine neue, also mit oder nach
Ende der bisherigen Arbeitsunfähigkeit eingetretene, Erkrankung sei, sei der
Krankengeldanspruch wegen der bisherigen Krankheit einer arteriellen Hypertonie schon
am 25. August 2003 erloschen. Ein neuer Krankengeldanspruch, der nach den §§ 44
Abs. 1, 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V aufgrund der ab 26. August 2003 ärztlich festgestellten
Arbeitsunfähigkeit wegen Angst und depressiver Störungen grundsätzlich vom folgenden
Tag, dem 27. August 2003, hätte entstehen können, sei tatsächlich nicht entstanden, da
zum maßgebenden Zeitpunkt des 27. August 2003 mangels eines Arbeitsverhältnisses
der Kläger nach § 14 Abs. 1 der Satzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten in
Verbindung mit § 44 Abs. 2 SGB V nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert
gewesen sei. Ansprüche nach § 44 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 192 Abs. 1 Nr. 2
SGB V oder § 19 Abs. 2 SGB V seien schon deshalb nicht in Betracht gekommen, weil
der Kläger nicht pflichtversichert gewesen sei.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 11. Februar 2005 zugestellte Urteil
richtet sich die am 16. Februar 2005 eingelegte Berufung des Klägers.
Er ist der Ansicht, dass Versicherungsfreiheit nicht bestanden habe, da vorausschauend
keine sichere Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze zu erwarten gewesen sei.
Nach Anlage 3 Nr. 4 des Arbeitsvertrages seien unverdient gebliebene Provisionen
zurückzuzahlen gewesen. Die Entwicklung der Vertragsabschlüsse sei kaum
vorhersehbar gewesen. Zudem sei zweifelhaft, ob eine solche Sicherheit schon innerhalb
der Probezeit anzunehmen gewesen sei. Werde der vorliegende Fall der Kündigung
während der Probezeit mit dem Fall verglichen, dass das Arbeitsverhältnis durch den
Beginn des Erziehungsurlaubes unterbrochen worden sei, könne ein sachlich
nachvollziehbarer Grund für eine unterschiedliche Bewertung nicht erkannt werden. Der
Beginn des Erziehungsurlaubes mache es nach ständiger Rechtsprechung des BSG
erforderlich, in einer neuen vorausschauenden Betrachtungsweise zu ermitteln, ob die
Grenze weiterhin überschritten sei. Bei einem vollständigen Wegfall des Arbeitsentgelts
könne eine Fortdauer der Versicherungsfreiheit nicht anerkannt werden. Zudem habe
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könne eine Fortdauer der Versicherungsfreiheit nicht anerkannt werden. Zudem habe
das Sozialgericht zu Unrecht nicht festgestellt, ob es sich bei der neuen Erkrankung um
eine hinzugetretene oder neue Krankheit gehandelt habe. Dies sei
entscheidungserheblich, denn es sei irrelevant, ob die Mitgliedschaft mit oder ohne
Krankengeldanspruch bestanden habe, da sich das Wiederaufleben des
Krankengeldanspruches nach § 48 Abs. 1 SGB V richte. Nach Ansicht des Klägers
handele es sich bei der Krankheit Angst und depressive Störung um eine neue und nicht
um eine hinzugetretene Krankheit. Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung sei der Facharzt
für Innere Medizin Dr. G zu hören.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 09. Dezember 2004 zu ändern und die
Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01. September 2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 08. Dezember 2003 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit
vom 28. August 2003 bis 15. Dezember 2004 Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen
Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen
sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 01. September
2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Dezember 2003 ist
rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld vom 28. August 2003 bis
15. Dezember 2004.
Es kann hierbei dahinstehen, ob es sich bei der Krankheit F 41.2 (nach der ICD-10-
Systematik: „Angst und depressive Störung, gemischt“), die nach der Bescheinigung
des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Sr vom 26. August 2003 ab 26. August 2003
Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte, um eine weitere Krankheit handelte, die zu der
Krankheit I 10 (nach der ICD-10-Systematik: „essentielle Hypertonie“), die
nach der Endbescheinigung des Facharztes für Innere Medizin Dr. G vom 21. August
2003 bis 25. August 2003 Arbeitsunfähigkeit verursacht hatte, bis zum 25. August 2003
hinzutrat oder - wie vom Kläger behauptet - nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit
wegen essentieller primärer Hypertonie erstmalig am 26. August 2003 auftrat und eine
neue Arbeitsunfähigkeit auslöste. Im ersten Fall war der Anspruch auf Krankengeld nach
dem 27. August 2003 erschöpft. Im zweiten Fall war der Kläger wegen der weiteren
Krankheit nicht mit Krankengeld versichert.
Nach § 48 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung,
für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78
Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der
Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu,
wird die Leistungsdauer nicht verlängert.
Zur Bestimmung der Dauer des Krankengeldes sind nach der Methode der starren
Rahmenfrist (Blockfrist) Dreijahreszeiträume zu ermitteln. Der erstmalige Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit setzt eine Kette aufeinander folgender
Dreijahreszeiträume in Gang. Jede neue Krankheit, also nicht „dieselbe Krankheit“, hat
den Ablauf einer neuen Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden
Höchstbezugszeiten zur Folge. Die erste Blockfrist beginnt somit mit dem erstmaligen
Eintritt von Arbeitsunfähigkeit wegen der ihr zugrunde liegenden Krankheit. Dabei
beträgt das Krankengeld je Dreijahreszeitraum längstens 78 Wochen, also 546
Kalendertage (vgl. Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB V, 31.
Ergänzungslieferung, Höfler, § 48 Rdnrn. 5 und 6; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch V, K §
48 Rdnrn. 8 und 10).
Eine bestimmte Krankheit stellt mit einer anderen bestimmten Krankheit dieselbe
Krankheit im Rechtssinne dar, wenn jeweils ein im ursächlichen Sinne einheitliches
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Krankheit im Rechtssinne dar, wenn jeweils ein im ursächlichen Sinne einheitliches
Krankheitsgeschehen zugrunde liegt. Solange der regelwidrige Körper- oder
Gesundheitszustand weiter besteht und - fortlaufend oder mit Unterbrechungen - zu
Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen (Krankheitsbeschwerden)
führt, wobei Art und Ausprägungsgrad der Krankheitserscheinungen durchaus
unterschiedlich sein können, sofern sie jedenfalls auf dasselbe, medizinisch nicht
ausgeheilte Grundleiden zurückzuführen sind, handelt es sich um dieselbe Krankheit. Es
genügt daher, dass ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiter besteht
und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut
Krankheitssymptome hervorruft. Verursacht eine anatomische Veränderung immer
wieder gleichartige oder ähnliche Beschwerden, so ist, auch wenn für sich betrachtet
jedes Mal ein neues, akutes Krankheitsgeschehen vorliegt, dennoch dieselbe Krankheit
im Rechtssinne gegeben (BSG, Urteil vom 29. September 1998 - B 1 KR 2/97 R,
abgedruckt in SozR 3-2500 § 48 Nr. 8 = BSGE 83, 7; BSG, Urteil vom 07. Dezember
2004 - B 1 KR 10/03 R). Fehlt es hingegen an einer identischen gemeinsamen
Krankheitsursache, bilden mehrere bestimmte Krankheiten selbst dann nicht dieselbe
Krankheit, wenn sie gleich oder gleichartig bezeichnet werden. Ob eine neue Krankheit
und damit nicht „dieselbe Krankheit“ vorliegt, wenn ein gemeinsames Grundleiden
längere Zeit weder Arbeitsunfähigkeit noch Behandlungsbedürftigkeit verursacht, ist
bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden (vgl. auch Kasseler Kommentar, a.a.O., §
48 Rdnr. 4, wonach in diesem Falle eine neue Krankheit gegeben ist).
Vorliegend ist ausgehend von der zum 27. Februar 2002 wegen einer essentiellen
primären Hypertonie bescheinigten Arbeitsunfähigkeit die (erste) Blockfrist bis zum 26.
Februar 2005 zu bilden.
Innerhalb der Blockfrist vom 27. Februar 2002 bis 26. Februar 2005 wurde dem Kläger
bereits Krankengeld für 546 Tage gewährt bzw. durch das Urteil des Sozialgerichts
zugesprochen.
Wird somit unterstellt, dass die Krankheit F 41.2 (Angst und depressive Störung,
gemischt) zu der Krankheit einer essentiellen primären Hypertonie hinzutrat, kann
Krankengeld vom 28. August 2003 bis 15. Dezember 2004 nicht gewährt werden, denn
eine weitere während der Arbeitsunfähigkeit hinzutretende Krankheit verlängert die
Leistungsdauer in der Blockfrist nicht.
Wird hingegen unterstellt, dass die Krankheit F 41.2 (Angst und depressive Störung,
gemischt) erst nach Beendigung der wegen einer essentiellen primären Hypertonie
hervorgerufenen Arbeitsunfähigkeit eintrat, ist zwar § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht
anzuwenden. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründet jedoch gleichfalls - entgegen der
Ansicht des Klägers - keinen Anspruch auf Krankengeld, denn diese Vorschrift regelt das
Wiederaufleben eines Krankengeldanspruches für solche Sachverhalte, die nicht von § 48
Abs. 2 SGB V erfasst werden, für einen weiteren folgenden Dreijahreszeitraum (vgl.
Kasseler Kommentar, a.a.O. § 48 Rdnrn. 8, 8 d; BSG, Urteil vom 08. Dezember 1992 - 1
RK 8/92, abgedruckt in SozR 3-2500 § 48 Nr. 3 = BSGE 71, 290). § 48 SGB V trifft sowohl
mit seinem Abs. 1 als auch mit seinem Abs. 2 Regelungen über die Dauer des
Krankengeldes. Dies setzt notwendigerweise voraus, dass ein Anspruch auf Krankengeld
wegen einer versicherten Krankheit vorher bereits entstanden war. Endete hingegen die
Arbeitsunfähigkeit und somit ein deswegen bestandener Anspruch auf Krankengeld,
stellt sich die Frage nach der weiteren Dauer des Krankengeldes nicht. Tritt also danach
Arbeitsunfähigkeit infolge einer neuen Krankheit ein, die vor diesem Zeitpunkt nicht
bestand, geht es allein um das Entstehen eines Anspruches auf Krankengeld, welches
nicht in § 48 SGB V, sondern in § 44 SGB V normiert ist.
Tritt demnach während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit nicht hinzu,
scheidet ein Wiederaufleben wegen einer solchen Krankheit aus, denn eine erst danach
eingetretene Krankheit kann für einen vorher entstandenen Krankengeldanspruch
niemals (mit)ursächlich gewesen sein. Das BSG hat mit Urteil vom 08. Dezember 1992 -
1 RK 8/92 in diesem Sinne entschieden. Es hat dazu ausgeführt: Der Versicherte hat in
einem weiteren Dreijahreszeitraum erneut Anspruch auf Krankengeld, ohne die
verschärften Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V erfüllen zu müssen, wenn in der
vorhergehenden Blockfrist während des Krankengeldbezugs die Arbeitsunfähigkeit
zeitweise nur durch die hinzugetretene Krankheit bedingt war. Grund hierfür ist, dass mit
der hinzugetretenen als derselben Krankheit die Bezugsdauer von 78 Wochen wegen
dieser Krankheit in der vorhergehenden Blockfrist noch nicht verbraucht war. In diesem
Fall richtet sich, wie der Kläger zutreffend bemerkt, das Wiederaufleben des
Krankengeldanspruches nach § 48 Abs. 1 SGB V, wonach es lediglich erforderlich ist,
dass der Versicherte bei Beginn einer neuen Blockfrist die bestehende Arbeitsunfähigkeit
der Krankenkasse meldet und dass der Arbeitsunfähige der Krankenkasse als Mitglied
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der Krankenkasse meldet und dass der Arbeitsunfähige der Krankenkasse als Mitglied
angehört, wobei es unerheblich ist, ob es sich um eine Mitgliedschaft mit oder ohne
Krankengeldanspruch handelt. Ansonsten setzt die weitere Krankheit, die nicht hinzutritt,
nach Beendigung der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit einen neuen
Dreijahreszeitraum in Gang, wobei, da es insoweit nicht um die Dauer von Krankengeld
geht, zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit alle Voraussetzungen für die Gewährung von
Krankengeld vorliegen müssen.
Wird somit unterstellt, dass die Krankheit F 41.2. (Angst und depressive Störung,
gemischt) erst nach Beendigung der wegen einer essentiellen primären Hypertonie
verursachten Arbeitsunfähigkeit eintrat, richtet sich ein Anspruch auf Krankengeld nach §
44 SGB V.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die
Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in
einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24,
40 Abs. 2 und § 41 SGB V) behandelt werden. Die Satzung kann für freiwillig Versicherte
den Anspruch auf Krankengeld ausschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt
entstehen lassen (§ 44 Abs. 2 SGB V).
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat von der Vorschrift des § 44 Abs. 2 SGB V
Gebrauch gemacht und nach § 14 Abs. 1 ihrer Satzung geregelt, dass für die in § 5 Abs.
2 der Satzung bezeichneten Versicherten (freiwillige Mitglieder), die nicht in einem
Arbeitsverhältnis oder Berufsausbildungsverhältnis stehen oder hauptberuflich
selbständig erwerbstätig sind, der Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich
ausgeschlossen ist. Die Beklagte hat ebenfalls in § 15 Abs. 1 ihrer Satzung bestimmt,
dass für die in § 5 Abs. 2 ihrer Satzung bezeichneten Versicherten (freiwillige Mitglieder),
die nicht oder nur geringfügig gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Anspruch auf
Krankengeld ausgeschlossen ist, wobei für hauptberuflich selbständig Tätige diese
Regelung analog gilt.
Einen Anspruch auf Krankengeld hat somit derjenige, dessen Versicherung einen
solchen Anspruch vorsieht. Für freiwillig Versicherte, die keine versicherungspflichtige
Beschäftigung ausüben, ist danach ein Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossen.
Der Kläger war zum Zeitpunkt des 26. August 2003 freiwilliges Mitglied, dessen
Krankengeldanspruch aufgrund einer vorangegangenen versicherungsfreien
Beschäftigung mit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zum 25. August 2003 endete und
der zu Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit infolge einer neuen Krankheit am 26. August
2003 keine mehr als geringfügige Beschäftigung ausübte.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind versicherungspflichtig Arbeiter, Angestellte und zu ihrer
Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Die
Versicherungsfreiheit bestimmt sich bis zum 31. Dezember 2002 nach § 6 SGB V in der
Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2261), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl I 2001, 266). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V
sind versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt
75 v. H. der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und
Angestellten (Jahresarbeitsentgeltgrenze) übersteigt; dies gilt nicht für Seeleute;
Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben
unberücksichtigt. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der
Arbeiter und der Angestellten betrug im Jahr 2001 104.400 DM jährlich und 8.700 DM
monatlich (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2001; BGBl I
2000, 1710) und im Jahre 2002 54.000 Euro jährlich und 4.500 Euro monatlich (§ 3 Abs. 1
Nr. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2002; BGBl I 2001, 3302). Aus 75 v.
H. dieser Beträge resultieren somit 78.300 DM jährlich und 6.525 DM monatlich für 2001
und 40.500 Euro jährlich und 3.375 Euro monatlich für 2002.
Mit dem Begriff Jahresarbeitsentgelt wird an § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V angeknüpft.
Danach wird bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung das
Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt.
Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen
Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die
Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet
werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr
erzielt werden. Davon ausgenommen sind nur solche Einnahmen, die von der
Rechtverordnung nach § 17 Abs. 1 SGB IV erfasst sind.
Soweit danach Einnahmen zum Arbeitsentgelt und damit zum Jahresarbeitsentgelt
zählen, sind sie bei der Beurteilung von Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB
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zählen, sind sie bei der Beurteilung von Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB
V jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig erzielt werden. Dies setzt voraus,
dass sie mit hinreichender Sicherheit zufließen werden. Dies ist insbesondere der Fall,
wenn auf die Einnahmen ein Anspruch besteht. Bei normalem Ablauf der Dinge -
abgesehen von einer anderweitigen Vereinbarung über das Arbeitsentgelt oder nicht
voraussehbaren Änderungen der Beschäftigung - müssen die Einnahmen voraussichtlich
ein Jahr anhalten (BSG, SozR 2200 § 165 Nr. 15 und Nr. 65). Ob ein Anspruch besteht,
richtet sich nach den arbeitsrechtlichen Regelungen, so dass diese für eine
vorausschauende Beurteilung vornehmlich maßgeblich sind (vgl. auch Jahn,
Sozialgesetzbuch für die Praxis, SGB V, Klose, § 6 Rdnrn. 14, 20; Gesamtkommentar
(GK) - SGB V, Breuer, § 6 Rdnrn. 25, 53; Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, SGB V,
Kommentar, § 6 Rdnr. 4; Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 45.
Ergänzungslieferung, SGB V, Peters, § 6 Rdnrn. 10, 11; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch,
SGB V, Ergänzungslieferung 7/04, Gerlach K § 6 Rdnrn. 34 bis 37, 47, 48).
Werden die dargestellten Maßstäbe angelegt, war der Kläger - wie vom Sozialgericht
zutreffend ausgeführt - ab 01. September 2001 versicherungsfrei.
Zu seinen regelmäßigen Einnahmen rechneten zum einen sein Grundgehalt von 4.725
DM monatlich und zum anderen seine erfolgsabhängigen Bezüge von 2.000 DM
monatlich, also von insgesamt 6.725 DM monatlich.
Dies ergibt Jahreseinnahmen von 12 x 6.725 DM = 80.700 DM (41.261,25 Euro).
Mit diesem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt wurde sowohl die
Jahresarbeitsentgeltgrenze für 2001 von 78.300 DM als auch für 2002 von 40.500 Euro
überschritten.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, waren insbesondere die
erfolgsabhängigen Bezüge nicht ungewiss, sondern zu erwarten, denn darauf bestand
nach dem Arbeitsvertrag vom 20. August 2001 ein Anspruch. Ungewiss war vielmehr -
und daher für die Bestimmung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts außer Betracht
zu lassen -, ob und inwieweit unverdient gebliebene Provisionen zurückzuzahlen waren.
Der Kläger ist insoweit keiner anderen Ansicht, denn er weist zu Recht darauf hin, dass
die Entwicklung der Vertragsabschlüsse kaum vorhersehbar gewesen sei. Auch den
weiteren Erwägungen des Sozialgerichts schließt sich der Senat in vollem Umfang an.
Der Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. Juni 1993 - 12
RK 48/91; abgedruckt in SozR 3-2500 § 10 Nr. 2 = BSGE 72, 292) zu einem
Beschäftigungsverhältnis während des Erziehungsurlaubs ohne Entgeltzahlung, aus der
er eine neue vorausschauende Betrachtungsweise nach der Kündigung herleitet, geht
fehl. Es wird zwar insoweit zutreffend aus diesem Urteil zitiert, wenn ausgeführt wird:
„Wenn der Gesetzgeber schon bei einer Verringerung des Entgelts auf die
Jahresarbeitsentgeltgrenze … von Versicherungspflicht … ausgeht und damit die
gesetzliche Krankenversicherung eintreten lässt, kann nicht bei vollständigem Wegfall
des Entgelts eine Fortdauer der Versicherungsfreiheit anerkannt und die Einbeziehung in
die gesetzliche Krankenversicherung versagt werden.“ Im Übrigen wird in diesem Urteil
weiter dargelegt: „Das Gesetz enthält keine sonstige Vorschrift, aus der sich eine
Fortdauer der Versicherungsfreiheit bei Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses ohne
Entgelt während des Erziehungsurlaubs entnehmen lässt. … Die vorliegende
Entscheidung führt dazu, dass die bisher wegen Überschreitens der
Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreien für die Zeit der Fortdauer des
Beschäftigungsverhältnisses ohne Entgeltzahlung während des Erziehungsurlaubs
beitragsfrei (§ 3 Satz 3 SGB V) familienversichert sind.“
Dieses Urteil besagt somit, dass eine neue vorausschauende Betrachtung für die Zeit
nach Ende einer Entgeltzahlung bei weiterem Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses
vorzunehmen ist. Dies bedeutet vorliegend, dass eine neue vorausschauende
Betrachtung auch nach dem Zeitpunkt der Kündigung für einen Zeitraum bis zum 28.
Februar 2002 nicht in Betracht kommt, denn das Beschäftigungsverhältnis hat insoweit,
insbesondere hinsichtlich des regelmäßigen Arbeitsentgelts, keine Änderung erfahren.
Eine wesentliche Änderung, die eine neue vorausschauende Betrachtung auslösen
könnte, kann frühestens zum 01. März 2002 mit dem Ende der Entgeltzahlung
eingetreten sein. Da zu diesem Zeitpunkt jedoch ein Beschäftigungsverhältnis, das
Anknüpfungspunkt für Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit sein kann, nicht
mehr existierte, erübrigt sich denknotwendig eine ins Leere gehende neue
vorausschauende Betrachtungsweise.
Handelte es sich somit bei der Krankheit F 41.2. (Angst und depressive Störung,
gemischt) um eine neue, am 26. August 2003 aufgetretene und Arbeitsunfähigkeit
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gemischt) um eine neue, am 26. August 2003 aufgetretene und Arbeitsunfähigkeit
verursachende Krankheit, fehlt es an einer Versicherung mit Krankengeld, aus der eine
entsprechende Zahlung verlangt werden kann.
Die Berufung muss mithin erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und
entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1
und 2 SGG) nicht vorliegen.
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
I. Rechtsmittelbelehrung
Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich
vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung
der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen
Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich
beim
Bundessozialgericht
Postfach 41 02 20
34114 Kassel
Graf-Bernadotte-Platz 5
34119 Kassel,
einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem
Bundessozialgericht eingegangen sein.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
- die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen
von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen
von Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche
Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem
sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und
die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit sowie ihres
Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Erfüllung dieser Aufgaben bieten und
die kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind,
- Bevollmächtigte, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im
wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, handeln, wenn
die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der
Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die
Vereinigung für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet,
- jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt.
Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie private
Pflegeversicherungsunternehmen brauchen sich nicht durch einen
Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu
begründen.
In der Begründung muss
- die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder
- die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts von der das Urteil
abweicht, oder
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- ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann,
bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 I
Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz
nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne
hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht
schon durch einen Bevollmächtigten aus dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften
oder Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines
Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim
Bundessozialgericht entweder schriftlich einzureichen oder mündlich vor dessen
Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und
Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der
Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen
Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen
der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse -
gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die
Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim
Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt
benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht,
einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende
Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die
übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
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