Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 15.04.2003

LSG Berlin-Brandenburg: zugehörigkeit, produktion, ddr, anwartschaft, industrie, betriebsinhaber, mechaniker, verordnung, besteller, ausbildung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
12. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 12 RA 69/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 AAÜG, § 8 AAÜG
Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. April
2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte in ihrer Eigenschaft als
Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme weitere Zeiten der Zugehörigkeit
zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten
Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1935 geborene Kläger bestand nach einem Studium an der Ingenieurschule für
Elektrotechnik „FS“ in M am 22. Juli 1961 die Ingenieurprüfung und erwarb die
Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ (Fachrichtung elektrische
Regelungstechnik) zu führen. Danach war er vom 1. September 1961 bis zum 31.
Oktober 1972 als Ingenieur, später Entwicklungsingenieur beim VEB W angestellt. Ab
dem 1. November 1972 war er als Entwicklungsingenieur und Laborleiter bei dem
Ingenieur K O – wissenschaftliche Gerätefertigung – beschäftigt. Nach Übernahme dieses
Betriebs und Eingliederung in das Institut für Elektronik (später: Institut für
Kosmosforschung) der Akademie der Wissenschaften wurde das Arbeitsverhältnis des
Klägers ab dem 1. März 1977 mit der Akademie der Wissenschaften fortgeführt, wo der
Kläger als Entwicklungsingenieur und später als Arbeitsgruppenleiter tätig war. Mit
Wirkung vom 1. Juni 1979 wurde ihm eine zusätzliche Altersversorgung für
wissenschaftliche Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der
Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin zugesagt.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 1997 stellte die Beklagte die Zeit vom 1. Juni 1979 bis zum
30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der
wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der
Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin, die in diese Zeit
fallenden Arbeitsausfalltage sowie die erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Brief vom 12. Februar 1999 beantragte der Kläger eine Überprüfung dieser
Entscheidung. Er habe seit dem 1. September 1961 als Labor- und
Entwicklungsingenieur im wissenschaftlichen Gerätebau gearbeitet. In den Betrieben und
Einrichtungen, in denen er gearbeitet habe, habe dafür grundsätzlich die Anwartschaft
für die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz bestanden.
Mit Bescheid vom 11. August 1999 stellte die Beklagte nunmehr auch die Zeit vom 1.
September 1961 bis 31. Oktober 1972 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen
Altersversorgung der technischen Intelligenz und die währenddessen erzielten
Arbeitsentgelte fest sowie als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der
wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der
Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin nunmehr bereits die
Zeit ab dem 1. März 1977 (bis zum 30. Juni 1990).
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, da die Zeit vom 1. November 1972 bis 28.
Februar 1977, während der er als Entwicklungsleiter bei dem Ingenieur K O beschäftigt
gewesen sei, nicht berücksichtigt sei.
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Zur Begründung seiner nach Zurückweisung des Widerspruchs (Widerspruchsbescheid
vom 10. November 1999, abgesandt am 17. November 1999) am 16. Dezember 1999
erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, dass der Betrieb K O für verschiedene
staatliche Stellen (wissenschaftliche Institute, volkseigene Betriebe und auch den
Sportclub D) Telemetrieanlagen entworfen und gebaut habe. Einschließlich des
Betriebsinhabers und seiner Ehefrau hätten zehn Personen dort gearbeitet, darunter ein
Konstrukteur, der die Gehäuse entwickelt und die Fertigungsunterlagen für die
mechanischen Teile erstellt habe. Hauptsächlich für diesen habe eine Zeichnerin
Schaltpläne und mechanische Zeichnungen gefertigt. Zwei Ingenieure seien für die
Konstruktion und Fertigungsüberwachung zuständig gewesen. Weiterhin seien drei
Mechaniker beschäftigt gewesen, die die Teile gebaut und zusammengesetzt hätten.
Soweit Normgestelle oder -gehäuse vorhanden gewesen seien, seien diese eingekauft
und verwendet worden. Einzelne Gewerke wie Lackierung, Gravurarbeiten oder
Kabelbaumfertigung seien an andere Betriebe vergeben worden. Er selbst habe mit dem
Betriebsinhaber die konzeptionelle Entwicklung ausgeführt. In der Regel seien Kleinserien
von fünf bis zehn Stück hergestellt worden.
Durch Urteil vom 15. April 2003 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom
11. August 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. November 1999
geändert und die Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 8. Oktober 1997 zu ändern
und die Beschäftigungszeiten vom 1. November 1972 bis 28. Februar 1977 als Zeiten
der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetzes sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten
Entgelte festzustellen. Das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG)
sei auf den Kläger anwendbar, dem eine Versorgungszusage erteilt worden sei und der
demzufolge eine Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung erworben habe. Da er vom 1.
November 1972 bis zum 28. Februar 1977 eine entgeltliche Beschäftigung verrichtet
habe, für die ihrer Art nach ein besonderes Versorgungssystem bestanden habe, könne
er verlangen, dass diese Zeit als eine der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der
Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt werde. Der Kläger habe eine
Ausbildung zum Ingenieur abgeschlossen, sei berechtigt gewesen die
Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen und im streitigen Zeitraum als Ingenieur
beschäftigt gewesen. Dieser Betrieb sei allerdings kein volkseigener Produktionsbetrieb
gewesen, sondern habe im privaten Eigentum des Inhabers gestanden. Der Betrieb sei
jedoch als Konstruktionsbüro einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder
des Bauwesens gleichgestellt. Im Bereich der Technik seien unter „Konstruktion“ die
Bauart eines technischen Erzeugnisses sowie sein technischer Entwurf zu verstehen. Der
Konstruktionsprozess verlaufe im Wesentlichen in den vier Hauptphasen Planen,
Konzipieren, Entwerfen und Ausarbeiten. Unter Berücksichtigung dieser
Begriffsbestimmung sei der Betrieb als Konstruktionsbüro anzusehen, da der
Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich des Planens, Konzipierens, Entwerfens und
Ausarbeitens und nicht in der Fertigung bzw. Produktion gelegen habe. Von den neben
der Ehefrau des Inhabers, die lediglich die Buchhaltung geführt habe, beschäftigten
Arbeitnehmern seien nur drei Mechaniker für die tatsächliche Fertigung der zuvor
geplanten und entwickelten Anlagen zuständig gewesen. Daraus ergebe sich, dass die
überwiegende Zahl der Mitarbeiter in der Konstruktion im engeren Sinne tätig gewesen
sei. Dazu hätten ein Konstrukteur, eine Zeichnerin sowie zwei Ingenieure gehört. Der
Kläger sei selbst mit dem Entwurf und der Entwicklung der elektrischen Teile befasst
gewesen und habe die Endprüfung der Geräte vorgenommen und gemeinsam mit dem
Betriebsinhaber die konzeptionelle Entwicklung durchgeführt. Danach habe nicht die
Fertigung der individuellen Geräte, die auch nur in Kleinserien von fünf bis zehn Stück
erfolgt sei, im Vordergrund der Unternehmung gestanden, sondern der zur Fertigung
dieser Geräte erforderliche Konstruktionsprozess, der dem Betrieb das Gepräge
gegeben habe.
Gegen das ihr am 30. Juli 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. August 2003
eingelegte Berufung der Beklagten, zu deren Begründung sie anführt, dass der Betrieb,
in dem der Kläger zur fraglichen Zeit beschäftigt gewesen sei, weder ein volkseigener
Produktionsbetrieb noch ein einem solchen gleichgestelltes „Konstruktionsbüro“
gewesen sei. Es habe in der DDR juristisch und ökonomisch selbständige
Zentralentwicklungs- und Konstruktionsbüros gegeben. Diese seien als solche errichtet
und grundsätzlich auch so bezeichnet worden. Hauptzweck eines Konstruktionsbüros
seien der Entwurf und die Berechnung von Einzelteilen gewesen. Diese
Konstruktionsbüros seien deshalb den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt
worden, weil es an der für jene maßgeblichen „Produktion“ gefehlt habe. Diese
Gleichstellung gelte jedoch nicht für Betriebe, die – wie der Betrieb des Ingenieurs K O –
Konstruktionsaufgaben und Produktion in sich vereint, aber nicht die Rechtsform eines
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Konstruktionsaufgaben und Produktion in sich vereint, aber nicht die Rechtsform eines
volkseigenen Betriebes gehabt hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. April 2003 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, die er für unbegründet hält. Die Auslegung des Begriffs
„Konstruktionsbüro“ durch das Sozialgericht Berlin sei nicht zu beanstanden. Die
Beklagte schränke den möglichen Wortsinn dieses Begriffs zu stark ein.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf
die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von der
Beklagten vorgelegte ZV-Akte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen
ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die beim nicht mehr bestehenden Landessozialgericht Berlin eingelegte, zulässige (§§
143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) Berufung der Beklagten,
über die jetzt das in Übereinstimmung mit § 28 Abs. 2 SGG durch den Staatsvertrag
über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg
vom 26. April 2004 errichtete Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden
hat, auf das das Verfahren gemäß Artikel 28 dieses Staatsvertrages am 1. Juli 2005 in
dem Stand, in dem es sich an diesem Tag befunden hat, übergegangen ist, erweist sich
als begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist dementsprechend aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Der Kläger kann von der – seit dem 1. Oktober 2005 unter dem Namen „Deutsche
Rentenversicherung Bund“ fortgeführten (§ 1 Satz 1 des als Artikel 82 des Gesetzes zur
Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung [RVOrgG] vom 9.
Dezember 2004 [BGBl. I S. 3242] verkündeten Gesetzes zur Errichtung der Deutschen
Rentenversicherung Bund und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-
See) – Beklagten die von ihm begehrten Feststellungen nicht verlangen.
Ein Anspruch darauf könnte sich ausschließlich aus § 8 Abs. 2, 3 Satz 1 und 4 Nr. 1
AAÜG ergeben. Dieses Gesetz ist auf den Kläger anwendbar, dem in der DDR eine
Versorgungszusage erteilt worden ist, aufgrund derer er eine Anwartschaft auf eine
zusätzliche Altersversorgung erworben hat. Die Beklagte hat dementsprechend die
„Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung
oder Tätigkeit ausgeübt worden ist“ und die als Pflichtbeitragszeiten in der
Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) und die während dieser Zeiten
tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen und dem Träger der
Rentenversicherung mitzuteilen (§ 8 Abs. 2 AAÜG). Die Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem hängt nicht notwendig davon ab, ob und wann in der DDR
eine Versorgungszusage erteilt worden ist; Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG
liegen auch vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist,
derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (BSG,
Urteile vom 24. März 1998 – B 4 RA 27/97 R – und vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 117/00 R –,
SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 bzw. 6).
Eine solche Beschäftigung hat der Kläger in dem hier fraglichen Zeitraum (1. November
1972 bis 28. Februar 1977) bei dem Ingenieur K O nicht ausgeübt. Eine zusätzliche
Altersversorgung für Angehörige der technischen Intelligenz war dafür nicht vorgesehen.
Nach § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17.
August 1950 (GBl. S. 844; inhaltlich übereinstimmend die entsprechende Verordnung
des Magistrats von Groß- Berlin vom 25. November 1950 [VOBl. I S. 362]) in Verbindung
mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.
Mai 1951 (GBl. S. 487) bzw. vom 25. Juni 1951 (VOBl. I S. 323) mussten dazu drei
Voraussetzungen erfüllt sein: Eine zusätzliche Altersversorgung wurde danach Personen
gewährt, die
a) berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche
Voraussetzung) und die
b) eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche
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b) eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche
Voraussetzung), und zwar
c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder
in einem diesen gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung) (stellvertretend
BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6).
Dies hat das Sozialgericht richtig erkannt und dargestellt. Gleichfalls zu Recht hat es
angenommen, dass der Kläger berechtigt war, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu
führen und (auch) im hier streitigen Zeitraum eine dieser Ausbildung entsprechende
„Ingenieurtätigkeit“ ausgeübt hat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist jedoch die dritte (betriebliche
Voraussetzung) nicht erfüllt. Der Kläger war in dieser Zeit nicht in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen
gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Der Kläger ist selbst nicht der Ansicht, er sei in
dieser Zeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen. Es kann
offenbleiben, ob der Betrieb, in dem er gearbeitet hat, schon deshalb nicht als
„Produktionsbetrieb“ anzusehen ist, weil dort nicht nach dem „fordistischen
Produktionsmodell“ Sachgüter industriell hergestellt (s. dazu BSG, Urteil vom 9. April
2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6), sondern nur Kleinserien von speziellen
wissenschaftlichen Geräten nach den jeweiligen Anforderungen der Besteller gebaut
wurden. Jedenfalls war der Betrieb kein volkseigener, sondern stand in Privateigentum
des Ingenieurs K O.
Der Betrieb war auch kein – durch § 1 Abs. 2 der 2. DB den volkseigenen
Produktionsbetrieben gleichgestelltes – „Konstruktionsbüro“. Dabei kann dahinstehen,
ob durch diese Regelung den volkseigenen Produktionsbetrieben auch „private“
Konstruktionsbüros gleichgestellt wurden oder nur im Volkseigentum stehende. Denn
der Kläger war nicht in einem Konstruktionsbüro beschäftigt. Maßgeblich ist insoweit der
Sprachgebrauch in der DDR, in der unter Konstruktionsbüro eine „Einrichtung
(verstanden wurde) mit der Aufgabe, im Prozess der Vorbereitung der Produktion die
Erzeugnisse zu gestalten, die Konstruktionszeichnungen anzufertigen, die Stücklisten
aufzustellen und die Funktion des Erzeugnisses zu erproben.“ (Ökonomisches Lexikon,
3. Aufl., Berlin 1978-80; vgl. dort auch die Stichwörter „Konstruktion“,
„Konstruktionsvertrag“ und „Vorbereitung der Produktion“; vgl. ferner SG Dresden,
Urteil vom 17. August 2005 – S 8 RA 2024/03 –). Kennzeichen des Konstruktionsbüros ist
danach die Produktionsvorbereitung – im Gegensatz zur Produktion (Fertigung,
Herstellung).
Obgleich in dem Betrieb des Ingenieurs K O zweifellos Konstruktionsaufgaben erfüllt
wurden, beschränkte sich dieser Betrieb gerade nicht auf die Konstruktion
wissenschaftlicher Geräte. Sein Gegenstand war vielmehr – was auch in seiner Firma
zum Ausdruck kam – die Produktion (Herstellung) wissenschaftlicher Geräte
(„wissenschaftliche Gerätefertigung“). Das Erzeugnis, das in diesem Betrieb
„schöpferisch produziert“ und dem Besteller geliefert wurde, war nicht die
„Konstruktion“ eines Gerätes, sondern das bestellte Gerät selbst.
Als andere durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellte Einrichtung kann der Betrieb
ebenfalls nicht angesehen werden. Insbesondere war er kein „wissenschaftliches
Institut“, „Forschungsinstitut“ oder „Laboratorium“. Darunter sind gleichfalls
eigenständige Einrichtungen zu verstehen, die anders als betriebliche Forschungs- oder
Entwicklungsabteilungen keine zweck- und betriebsbezogenen Aufgaben wahrzunehmen
hatten, sondern bei der Auswahl ihrer Forschungsaufgaben und –ziele „frei“ waren (vgl.
BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 56/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 4). Soweit in dem
Betrieb auf wissenschaftlich-technischer Grundlage geforscht bzw. Verfahren oder
Geräte entwickelt wurden, waren diese Arbeiten demgegenüber auf die Erfüllung des
Hauptbetriebszwecks, der wissenschaftlichen Gerätefertigung, gerichtet.
Es ist nicht zu verkennen, dass der Kläger als mit Ingenieuraufgaben beschäftigter
Ingenieur eines privaten Betriebes gegenüber den entsprechenden Beschäftigten eines
volkseigenen Produktionsbetriebes durch den Ausschluss von der zusätzlichen
Altersversorgung benachteiligt wurde. Diese Benachteiligung ist jedoch Ausdruck der
ideologisch begründeten Benachteiligung privater Betriebe durch die damaligen
Machthaber der DDR, zu deren rückwirkender Korrektur die Staatsgewalt der
Bundesrepublik Deutschland – auch verfassungsrechtlich – nicht verpflichtet ist. Ebenso
wenig sind die Fachgerichte verfassungsrechtlich gehalten, die aus einer Normsetzung
oder Verwaltungspraxis der Deutschen Demokratischen Republik folgende
Ungleichbehandlung ihrer Bürger zu überprüfen und gegebenenfalls zu beseitigen
(BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. –).
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In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Kläger es seinerzeit nicht für nötig
hielt, durch den Beitritt zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung eine Anwartschaft auf
eine höhere Altersrente zu erwerben, obwohl er zu dieser Zeit noch keine
Versorgungszusage erhalten hatte und damit auch nicht rechnen durfte.
Die fragliche Zeit ist auch nicht als (weitere) Zeit der Zugehörigkeit zum
Zusatzversorgungssystem der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der
Wissenschaften zu Berlin und der Deutschen Akademie der
Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin festzustellen. Der Umstand, dass der Betrieb
des Ingenieurs K O von der Akademie der Wissenschaften übernommen und zunächst in
das Institut für Elektronik (später: Institut für Kosmosforschung) eingegliedert und die
Zeit der Beschäftigung möglicherweise arbeitsrechtlich – unter Umständen auch nur für
die Berechnung der Betriebszughörigkeit – als eine der Beschäftigung bei der Akademie
der Wissenschaften anerkannt oder einer solchen gleichgestellt wurde, führt
versorgungsrechtlich nicht rückwirkend zu einer Beschäftigung als wissenschaftlicher
Mitarbeiter bei der Akademie der Wissenschaften, derentwegen eine zusätzliche
Altersversorgung eingeführt wurde.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und
berücksichtigt, dass die Klage keinen Erfolg hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht
erfüllt; insbesondere ist ein Bedürfnis für eine Klärung des Begriffs „Konstruktionsbüro“
(in Abgrenzung zu einem Produktionsbetrieb) durch das Bundessozialgericht nicht
erkennbar.
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