Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 08.06.2004

LSG Berlin und Brandenburg: mitgliedschaft, allgemeine lebenserfahrung, die post, gestaltung, zugang, versicherungsschutz, bekanntgabe, behörde, beendigung, verwaltungsakt

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 08.06.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 7 KR 169/01
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 4 KR 37/03
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Die
Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird
nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft zum 15. September 2001.
Die Klägerin, die seit 1992 als selbständige Versicherungsmaklerin tätig ist, ist bei der Beklagten seit dem 01. Juni
1993, ab 01. Januar 2001 ohne Anspruch auf Krankengeld, freiwillig krankenversichert.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2001 forderte die Beklagte die Klägerin auf, innerhalb einer Woche 497,56 DM für den
Beitragsmonat Juni 2001 zu zahlen. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Krankenversicherungsbeitrag von
433,44 DM, dem Beitrag zur Pflegeversicherung von 57,12 DM, einem Säumniszuschlag von 4,00 DM und einer
Mahngebühr von 3,00 DM. Der Bescheid enthält außerdem die in kursiver Schrift gehaltene Mitteilung: "Beachten Sie
bitte auch die beigefügten Hinweise zur Rechtslage, die Gegenstand dieses Bescheides sind. Unter "Folgen des
Zahlungsverzuges" wird auf Seite 2 des Bescheides unter Bezeichnung der Rechtsvorschriften Folgendes ausgeführt:
Die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung und die Mitgliedschaft der in der Pflegeversicherung
Weiterversicherten endet kraft Gesetzes mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für zwei Monate die fälligen
Beiträge nicht entrichtet wurden. Die Pflegeversicherung bei der Kaufmännischen Krankenkrasse endet mit Ablauf des
Tages, an dem die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung endet. Daraus ergeben sich folgende
Konsequenzen:
1. Sofortiger Verlust des Versicherungsschutzes, auch für die Angehörigen in der Familienversicherung.
2. Eine erneute freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist in aller Regel nicht möglich.
3. Verlust des Pflegeversicherungsschutzes, auch für die Angehörigen in der Familienversicherung.
Mit weiterem Bescheid vom 16. August 2001 forderte die Beklagte die Klägerin auf, 497,56 DM für den Beitragsmonat
Juli 2001 möglichst innerhalb einer Woche zu zahlen.
Der Bescheid enthielt außerdem folgende Hinweise:
Unsere gesamte Forderung beträgt damit einschließlich der bereits angeforderten und noch nicht beglichenen
Rückstände 995,12 DM.
"Bitte bedenken Sie:" Ihre KKH-Mitgliedschaft - und damit ihr Versicherungsschutz in der Kranken- und
Pflegeversicherung - endet kraft Gesetzes und unwiderruflich zum 15. September 2001, wenn Sie ihre
Beitragsschulden bis dahin nicht ausgeglichen haben. In der gesetzlichen Krankenversicherung können sie sich
danach nicht mehr weiterversichern, auch wenn sie die Beiträge später nachzahlen.
...
Bitte lesen Sie unbedingt auch die nächste Seite dieses Bescheides; sie enthält wichtige Hinweise zur Rechtslage
und zu den rechtlichen Folgen.
Auf Seite 2 des Bescheides werden dieselben Hinweise hinsichtlich der Folgen des Zahlungsverzuges wie im
Bescheid vom 18. Juli 2001 gegeben.
Die Verwaltungsakte der Beklagten enthält im Anschluss an den Bescheid vom 16. August 2001 folgenden Vermerk:
"Mitglied kommt am 21. August 2001 in die Geschäftsstelle und zahlt 1 ½ Beiträge ein."
Eine von der Klägerin am 28. August 2001 veranlasste Banküberweisung in Höhe von 497,56 DM an die Beklagte
schlug wegen Angabe einer falschen Kontonummer fehl.
Mit weiterem Beitragsbescheid vom 18. September 2001 forderte die Beklagte die Klägerin auf, einen Betrag von
497,56 DM für den Beitragsmonat August 2001 innerhalb einer Woche zu zahlen.
Zugleich stellte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 18. September 2001 das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft
in der Krankenversicherung und der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pflegeversicherung zum Ablauf des 15.
September 2001 fest. Die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung ende mit Ablauf des nächsten
Zahltages, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet worden seien.
Die Klägerin habe die Beiträge nicht gezahlt. Sie sei mit den Bescheiden vom 18. Juli 2001 und 16. August 2001
jeweils auf die Folgen der fehlenden Beitragszahlung hingewiesen worden.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Bescheid vom 16. August 2001 sei
zusammen mit dem Bescheid vom 18. September 2001 erst am 19. September 2001 zugegangen. Der
Zahlungstermin sei zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen gewesen. Sie habe nunmehr am 19. September 2001
995,12 DM überweisen. Im Übrigen habe sie bereits nach Erhalt des Schreibens vom 27. August 2001 am 28. August
2001 einen weiteren Betrag von 497,56 DM bar bei der Postbank eingezahlt, der jedoch aufgrund der von ihr unrichtig
eingetragenen Kontonummer bei der Beklagten nicht angekommen sei, wie ein Nachforschungsauftrag ergeben habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09. November 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Klägerin sei mit
den Bescheiden vom 18. Juli 2001 und 16. August 2001 auf die Rückstände und die möglichen Folgen der
Nichtzahlung der Beiträge aufmerksam gemacht worden. Zusätzlich habe sich die Geschäftsstelle Brandenburg mit
der Klägerin zweimal telefonisch in Verbindung gesetzt, um auf das mögliche Ende der Mitgliedschaft hinzuweisen.
Die Klägerin habe aufgrund dessen im Juni 2001 umgehend den Ausgleich des gesamten Rückstandes zugesagt.
Nach einem erneuten Anruf im August 2001 habe sie erklärt, am 21. August 2001 persönlich in der Geschäftsstelle
die Beiträge für 1 ½ Monate einzahlen zu wollen. Daran habe sie sich jedoch nicht gehalten. Der Vortrag, den
Bescheid vom 16. August 2001 erst zusammen mit dem Bescheid vom 18. September 2001 über das Ende der
Mitgliedschaft erhalten zu haben, sei als Schutzbehauptung zurückzuweisen. Es widerspreche der allgemeinen
Lebenserfahrung, dass Schreiben, die zentral gedruckt würden und am selben Tag automatisch zum Postversand
gelangten, erst mit einem über einen Monat datierten Schreiben bei den Mitgliedern eingingen.
Dagegen hat die Klägerin am 29. November 2001 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben.
Es sei unzutreffend, dass sich die Beklagte mit der Klägerin zweimal telefonisch in Verbindung gesetzt habe, um auf
das mögliche Ende der Mitgliedschaft wegen der rückständigen Beiträge nochmals hinzuweisen. Richtig sei lediglich,
dass die Klägerin nach Erhalt des Bescheides vom 18. September 2001 bei der Beklagten angerufen und mitgeteilt
habe, dass der geforderte Betrag in Höhe von 497,56 DM bereits am 28. August 2001 von ihr überwiesen worden sei.
Es gebe auch keine allgemeine Lebenserfahrung dahin, dass die Postlaufzeiten entsprechend der Post-
Universaldienstleistungsverordnung vom 15. Dezember 1999 nicht überschritten würden. Jedenfalls seien
Verzögerungen der Briefbeförderung nicht der Klägerin zuzurechnen. Soweit die Beklagte meine, die Klägerin sage
hinsichtlich des Zugangs des Bescheides vom 16. August 2001 nicht die Wahrheit, möge sie dies beweisen.
Mit Urteil vom 27. Mai 2003 hat das Sozialgericht antragsgemäß den Bescheid vom 18. September 2001 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. November 2001 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin über
den 15. September 2001 hinaus freiwilliges versichertes Mitglied der Beklagten ist: Die in den Beitragsbescheiden
enthaltenen allgemeinen Hinweise mit Abdruck des Gesetzestextes genügten nicht den Anforderungen an einen
ordnungsgemäßen Hinweis auf die Folgen des Zahlungsverzuges. Der Hinweis auf die Verzugsfolgen müsse
ausdrücklich und individuell erfolgen. Er müsse auch vollständig und rechtlich zutreffend sein. Des Weiteren müsse
der Versicherte in die Lage versetzt werden, ohne Zeitverlust, der bei Zweifeln über die Rechtslage entstehen könne,
zur Erhaltung seines Versicherungsschutzes tätig zu werden. Dies erfordere schließlich, dass die textliche und
drucktechnische Gestaltung des Hinweises den schwerwiegenden Folgen des Verzuges, nämlich den Verlust des
Versicherungsschutzes einschließlich der Familienversicherung und der Möglichkeit erneuter freiwilliger Versicherung,
Rechnung trage. Diesen Anforderungen genügten die Hinweise der Beklagten nicht. Keiner dieser Bescheide enthalte
den ausdrücklichen Hinweis auf ein beziffertes mögliches Ende der Mitgliedschaft und deren Folgen. Die Gestaltung
des Hauptteils der Beitragsbescheide gebe auch keinen hinreichenden Fingerzeig, dass gravierende Folgen zu
erwarten seien. Die Bitte um Beachtung der beigefügten Hinweise werde der Bedeutung der Folgen für den
Versicherten nicht gerecht. Nach der Lebenserfahrung werde der durchschnittliche Leser eines solchen Bescheides
eher keinen Anlass sehen, sich mit den anliegenden kleingedruckten Hinweisen auf die Rechtslage eingehend
auseinander zu setzen. Auch die Bitte nach Begleichung der Forderung innerhalb einer Woche, ohne dies
gestalterisch oder textlich in Zusammenhang mit § 191 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) und den
Folgen zu setzen, genüge nicht, den Versicherten die Situation hinreichend deutlich vor Augen zu führen. Die
Formulierung, dass die beigefügten Hinweise Gegenstand des Bescheides seien, sei ebenfalls nicht geeignet, die
"Neugier" des Lesers auf diese Hinweise zu erhöhen. Es sei auch davon auszugehen, dass die Klägerin diese
Hinweise nicht gelesen habe. Die Beitragsbescheide enthielten zudem keinen Hinweis darauf, dass nunmehr zwei
Monate fällig seien. Ausdrücklich hätte auch der Hinweis erfolgen müssen, dass die Mitgliedschaft zum 15.
September 2001 enden werde. Der Bundesgerichtshof (BGH) stelle an die Belehrung, die sich nach der
Parallelvorschrift des § 39 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ergebe, ebenfalls sehr hohe Anforderungen.
Gegen das ihr am 21. Juli 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 04. August 2003 eingelegte Berufung der
Beklagten.
Sie trägt vor: Bei dem Beitragsbescheid vom 16. August 2001 handele es sich um ein maschinell erstelltes
Schreiben. Dies sei durch Eingabe in die EDV im zentralen Druck erzeugt und versandt worden. Ein Aussortieren von
Hand der maschinell gedruckten und zum Versand gebrachten Schreiben sei aufgrund der Menge der täglich
erzeugten Schreiben und der Tatsache, dass diese in der Hauptverwaltung und nicht vor Ort in der Niederlassung
gedruckt würden, nicht möglich. Der maschinelle Versand werde im Geschäftsvorfall "FONA" lückenlos dokumentiert
und könne nicht gelöscht werden. Es sei somit nahezu unmöglich und völlig lebensfremd, dass die Klägerin den
Bescheid vom 16. August 2001 zusammen mit dem Bescheid vom 18. September 2001 über einen Monat später
erhalten habe. Der Bescheid vom 18. September 2001 werde nicht zentral in der Hauptverwaltung, sondern dezentral
vor Ort gedruckt, da er vom Sachbearbeiter zu unterschreiben sei. Der Hinweis auf die Verzugsfolgen sei im
Beitragsbescheid vom 16. August 2001 ausdrücklich und individuell erfolgt.
Für den Tag des Zuganges des Bescheides vom 16. August 2001 könne die Beklagte keinen Beweis erbringen. Es
sei jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin diesen Bescheid bereits vor dem 19. September 2001 und sogar vor
dem 28. August 2001 erhalten habe. So habe die Klägerin auf telefonische Anfrage mitgeteilt, dass sie am 21. August
2001 in die Geschäftsstelle kommen und 1 ½ Monate Beiträge einzahlen werde. Zudem habe sie am 28. August 2001
einen Betrag von 497,56 DM zur Weiterleitung bar bei der Post eingezahlt. Diesen Betrag habe sie ausschließlich dem
Bescheid vom 16. August 2001 und nicht dem Schreiben vom 27. August 2001, in dem über den Beitrag ab 01.
September 2001 von 490,56 DM monatlich informiert worden sei, entnehmen können.
Die Beklagte hat Auszüge aus "FONA" vorgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. Mai 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Der Hinweis im Beitragsbescheid vom 16. August 2001 auf die
rechtlichen Konsequenzen des Beitragsrückstandes sei nicht drucktechnisch hervorgehoben und werde der
Bedeutung damit nicht gerecht. Es treffe auch nicht zu, dass die Klägerin ausschließlich dem Bescheid vom 16.
August 2001 die Höhe der Beitragsforderung habe entnehmen können. Wäre ihr der Bescheid vom 16. August 2001
tatsächlich früher zugegangen, hätte sie einen Beitrag in Höhe von 995,12 DM und nicht lediglich, wie von der
Beklagten behauptet, für 1 ½ Monate gezahlt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Holger Rohloff als Zeugen. Wegen des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 08. Juni 2004 verwiesen. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die freiwillige Mitgliedschaft nicht zum 15. September 2001
beendet worden ist. Der Bescheid vom 18. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.
November 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Es ist nicht nachgewiesen, dass die
Beklagte die Klägerin auf die Folgen der unterlassenen Zahlung rechtzeitig hingewiesen hat. Im Übrigen ist der erteilte
Hinweis auch unzutreffend.
Nach § 191 Nr. 3 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für 2 Monate die
fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet wurden.
Voraussetzung dafür, dass die genannte Rechtsfolge eintritt, ist, dass der entsprechende Hinweis vor Ablauf des
nächsten Zahltages erfolgt.
Es ist jedoch nicht bewiesen, dass die Klägerin rechtzeitig vor dem 15. September 2001 auf die Rechtsfolge
hingewiesen wurde. Da dieser Hinweis im Bescheid vom 16. August 2001 enthalten war, kommt es auf den Zeitpunkt
der Bekanntgabe dieses Bescheides an.
Nach § 37 Abs. 2 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Geltungsbereich dieses
Gesetzbuches übermittelt wird, mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er
nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes
und den Zeitpunkt des Zuganges nachzuweisen.
Der danach erforderliche Nachweis ist vorliegend nicht geführt. Die von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen
sprechen nicht notwendigerweise dafür, dass die Klägerin den Bescheid vom 16. August 2001 vor dem 19. September
2001 erhalten hat.
Der Senat geht hierbei davon aus, dass, wie von der Beklagten vorgetragen, der Bescheid vom 16. August 2001 noch
am selben Tag zur Post aufgegeben wurde. Dies wird aus dem vorgelegten Auszug aus "FONA" belegt, denn dort ist
unter dem Druckdatum 16. August 2001 Beitragsrückstände - 2. Mahnstufe" vermerkt. Entgegen der Ansicht der
Beklagten gibt es jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass ein zur Post aufgegebenes Schreiben
innerhalb eines bestimmten Zeitraumes den Empfänger erreicht. Der so genannte Anscheinsbeweis, mit dem
bestimmte typische Geschehensabläufe, die im Einzelfall mit den üblichen Beweismitteln schwer beweisbar sind,
nachgewiesen werden können, kommt hier nicht in Betracht (Zöller, Zivilprozessordnung, 20. Auflage, vor § 284 Rdnr.
29, 31 unter Hinweis auf BGH 24, 313, 308 zur Absendung einer Einschreibsendung), denn ein Geschehensablauf, der
ansonsten nur schwer bewiesen werden könnte, liegt schon nicht vor. Die Beklagte hätte sich zum Nachweis des
Zugangs des Bescheides vom 16. August 2001 einer förmlichen Bekanntgabe durch Zustellung bedienen können.
Es bestehen auch Zweifel im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X daran, dass der Bescheid vom 16. August 2001
der Klägerin vor dem 15. September 2001 bekannt gegeben wurde. Nach dem Vortrag der Klägerin ging ihr der
Bescheid vom 16. August 2001 erst am 19. September 2001 zu. Die Beklagte hat demgegenüber keine Tatsachen
vorgetragen, die dagegen sprechen.
Die Klägerin verweist zutreffend darauf, dass sich die Höhe der am 28. August 2001 veranlassten Zahlung von 497,56
DM bereits aus dem Bescheid vom 18. Juli 2001 ergibt. Insoweit musste ihr daher der Bescheid vom 16. August 2001
zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegen. Auch der in der Verwaltungsakte der Beklagten niedergelegte Vermerk,
wonach die Klägerin am 21. August 2001 in die Geschäftsstelle kommen und Beiträge für 1 ½ Monate zahlen wolle,
deutet nicht notwendigerweise darauf hin, dass der Klägerin zu diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 16. August 2001
bekannt gegeben war. Mit diesem Bescheid wurden nämlich Beiträge für zwei Monate und nicht lediglich für 1 ½
Monate gefordert. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin aus eigenem Entschluss und unabhängig
vom Bescheid vom 16. August 2001 Teile ihrer Beitragsschuld begleichen wollte.
Legen daher bestimmte feststehende und bewiesene Tatsachen nicht nahe, dass ein Verwaltungsakt bereits vor dem
vom Empfänger genannten Zeitpunkt bekannt gegeben wurde, bestehen insoweit Zweifel, so dass die Behörde den
Zugang nachweisen muss.
Der rechtzeitige Zugang des Bescheides vom 16. August 2001 ist auch nicht durch sonstige Beweismittel bewiesen.
Der vom Senat vernommene Zeuge Rohloff hat sich nicht mehr an das Telefonat vom 20. August 2001 mit der
Klägerin erinnern können. Weitere über den Vermerk hinausgehende Tatsachen hat er nicht benennen können.
Insbesondere hat er nicht bestätigen können, dass die Klägerin sich damals auf den Bescheid bezogen hat, also zu
diesem Zeitpunkt bereits den Bescheid vom 16. August 2001 in Händen hatte.
Der von der Beklagten im Bescheid vom 16. August 2001 gegebene Hinweis auf die Rechtsfolge des § 191 Nr. 3 SGB
V ist im Übrigen zwar ausreichend, hinsichtlich der Beitragshöhe jedoch fehlerhaft gewesen.
Das Sozialgericht ist zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats vom 30. April 1997 - L 4 KR 2/95
davon ausgegangen, dass der Hinweis auf die Rechtsfolgen ausdrücklich und individuell erfolgen muss. Er muss
vollständig und rechtlich zutreffend sein. Der Versicherte muss aufgrund des Hinweises unmittelbar in der Lage sein
zu erkennen, dass er tätig werden muss, um seinen Versicherungsschutz zu erhalten. Der Rechtsfolgenhinweis dient
nicht dazu, die Beendigung der Mitgliedschaft herbeizuführen; er soll im Gegenteil dies gerade verhindern. Dem
Versicherten soll der Ernst der Lage vor Augen geführt werden und ihm soll aufgezeigt werden, was von ihm konkret
in der vorliegenden Situation zur Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Folgen verlangt wird. Der Versicherte soll
in Kenntnis der ihm drohenden Folgen seine Haltung überdenken und durch die spätere Entscheidung nicht überrascht
werden. Dies erfordert schließlich, dass die textliche und drucktechnische Gestaltung des Hinweises den
schwerwiegenden Rechtsfolgen, nämlich dem Verlust des Versicherungsschutzes einschließlich der
Familienversicherung und der regelmäßigen Unmöglichkeit einer erneuten freiwilligen Versicherung, Rechnung trägt.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts erfüllt jedoch der Hinweis im Bescheid vom 16. August 2001 grundsätzlich
die genannten Anforderungen.
Aus dem Bescheid wird eine Gesamtforderung ersichtlich.
Die Ansicht des Sozialgerichts, der Bescheid vom 16. August 2001 enthalte kein beziffertes mögliches Ende der
Mitgliedschaft, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Im Bescheid vom 16. August 2001 wird vielmehr gerade der
"15. September 2001" ausdrücklich als der Zeitpunkt bezeichnet, zu dem die Mitgliedschaft endet, wenn die
Beitragsschulden bis dahin nicht ausgeglichen sind. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts wird dort auch die
Rechtsfolge deutlich. Es wird nämlich darauf hingewiesen, dass der Versicherungsschutz in der Kranken- und
Pflegeversicherung zu diesem Zeitpunkt endet und auch eine Weiterversicherung nicht mehr möglich ist, selbst wenn
die Beiträge noch nach dem 15. September 2001 nachgezahlt würden.
Die Beklagte hat damit einerseits die schwerwiegenden Rechtsfolgen deutlich gemacht, nämlich den unwiderruflichen
Verlust des Versicherungsschutzes.
Sie hat andererseits den Zeitpunkt des 15. September 2001 konkret benannt, zu dem diese Rechtsfolge eintritt.
Sie hat zum dritten der Klägerin aufgezeigt, was diese unternehmen muss, dass die genannte Rechtsfolge vermieden
wird, nämlich den Rückstand bis zum 15. September 2001 zu zahlen. Der weitere Hinweis, dass dies möglichst
innerhalb einer Woche nach Erhalt dieses Schreibens geschehe solle, stellt sicher, dass die Zahlung so rechtzeitig
erfolgt, dass sie auch spätestens am 15. September 2001 bei der Beklagten eingeht. Ob es dieses Hinweises bedurft
hätte, kann dahinstehen. Er erweist sich jedenfalls nicht als fehlerhaft oder irreführend.
Sind somit jedoch die wesentlichen Merkmale, die ein Hinweis nach § 191 Nr. 3 SGB V enthalten muss, auf der
ersten Seite des Bescheides vom 16. August 2001 dargestellt, so durfte sich die Beklagte damit begnügen,
hinsichtlich der Folgen des Zahlungsverzuges im Einzelnen auf die Seite 2 des Bescheides zu verweisen. Dies ist
schon deswegen ausreichend gewesen, weil im Wesentlichen dort die Rechtsfolgen lediglich unter Angabe der
Rechtsvorschriften wiederholt werden.
Der Hinweis auf die Rechtsfolge des § 191 Nr. 3 SGB V ist schließlich auch textlich und drucktechnisch ausreichend
gestaltet. Dazu bedarf es nicht der optischen Hervorhebung all der Merkmale, die der Rechtsfolgenhinweis enthalten
muss. Dies würde letztlich nämlich bedeuten, dass der gesamte Text auf Seite 1 des Bescheides vom 16. August
2001 besonders gestaltet werden müsste, weil dort die erforderlichen Merkmale enthalten sind. Damit könnte jedoch
der Zweck des Hinweises nicht besser erreicht werden. Soweit das Sozialgericht offensichtlich meint, die auf Seite 2
des Bescheides genannten "Folgen des Zahlungsverzuges" müssten in unmittelbarem Bezug und damit auch in
textlicher Nähe zum Hauptteil des Bescheides vom 16. August 2001, also auf dessen Seite 1, aufgenommen werden,
wird verkannt, dass damit der Rechtsfolgenhinweis nicht deutlicher und klarer wird. Würden die unter "Folgen des
Zahlungsverzuges" gemachten Ausführungen auf Seite 1 des Bescheides übernommen, müsste der Text kleiner
gestaltet werden, um dort alles erfassen zu können. Erfahrungsgemäß führen jedoch, wie das Sozialgericht im
Übrigen selbst erkennt, kleingedruckte Hinweise eher nicht dazu, dass sie von Versicherten gelesen werden.
Angesichts dessen wird der Zweck des Rechtsfolgenhinweises eher dadurch erreicht, dass in knappen Worten die
wesentlichen Merkmale auf Seite 1 eines Bescheides dargestellt werden und im Übrigen auf nachfolgende Seiten
bzw. Anlagen Bezug genommen wird. Werden so dem Versicherten bereits auf der 1. Seite eines Bescheides die
Rechtsfolgen deutlich, ist damit zugleich die "Neugier" des Lesers auf die weiteren und in die Einzelheiten gehende
Hinweise auf nachfolgenden Seiten bzw. Anlagen hinreichend geweckt. Wenn, wovon das Sozialgericht ausgeht, die
Klägerin die Hinweise nicht gelesen haben sollte, so geht dies grundsätzlich zu ihren Lasten.