Urteil des LSG Bayern vom 18.02.2010

LSG Bayern: wiederaufnahme, prozesspartei, zivilprozessordnung, beitragsrückerstattung, serbien, staatsangehörigkeit, aufenthalt, staatenlosigkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 18.02.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 14 R 281/09 A
Bayerisches Landessozialgericht L 13 R 998/09 B
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 5. August 2009 wird als unzulässig
verworfen.
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 5.
August 2009, mit dem dieses das Ruhen des Verfahrens angeordnet hat.
In dem vor dem Sozialgericht noch anhängigen Verfahren ist ein vom Bf geltend gemachter Anspruch auf Erstattung
zu Unrecht entrichteter Beiträge nach § 26 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) streitig. Der Bf hat geltend
gemacht, er habe Ende 2008 bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Bg) einen Antrag auf
Erstattung der Rentenbeiträge gestellt. Die Bg habe diesen Antrag abgelehnt. Dabei wird im Hauptsacheverfahren als
klärungsbedürftig angesehen, ob der Bf die serbische Staatsbürgerschaft besitzt oder ob Staatenlosigkeit besteht. Die
Bg hat dem Bf anheim gestellt, eine amtliche Bescheinigung der serbischen Behörden vorzulegen, dass keine
serbische Staatsangehörigkeit vorliegt sowie den Aufenthaltstitel über den rechtmäßigen Aufenthalt als nicht-
serbischer Staatsangehöriger in Serbien zu übersenden.
Mit Beschluss vom 5. August 2009 hat das Sozialgericht das Ruhen des Verfahrens angeordnet, ohne den Beschluss
näher zu begründen. Mit Schreiben vom 6. August 2009 hat es dem Bf ebenfalls anheim gestellt, die
Staatsbürgerschaft feststellen zu lassen. Bis zu einer Entscheidung über die Staatsbürgerschaft werde das Ruhen
des Verfahrens angeordnet.
Mit der gegen den Beschluss gerichteten Beschwerde hat sich der Bf gegen das Ruhen des Verfahrens gewandt und
umfangreiche Ausführungen zum geltend gemachten Klageanspruch gemacht. In diesem Zusammenhang hat er auch
weitere Anträge gestellt, insbesondere Anträge zum Fortgang der Sachverhaltsaufklärung sowie die Bg anzuweisen,
eine Beitragsrückerstattung vorzunehmen.
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 8. Januar 2010 hat der Bf die Beschwerde ausdrücklich aufrecht erhalten.
II.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich der Beschluss des Sozialgerichts vom 5. August 2009, mit
dem das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde. Die vom Bf vorgebrachten weiteren Anträge, die das weitere
Verfahren sowie den Klageanspruch als solches betreffen, sind damit nicht Gegenstand der
Beschwerdeentscheidung.
Die Beschwerde ist unzulässig. Zwar ist gegen einen Ruhensbeschluss gemäß §§ 172 Abs. 1, 173
Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht statthaft; die Beschwerde gegen einen
Beschluss über die Anordnung des Ruhens des Verfahrens ist nicht gemäß § 172 Abs. 2 SGG ausgeschlossen (s.a.
Meyer-Ladewig/Kel- ler/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, Vor § 114 Rdnr. 5).
Voraussetzung der Zulässigkeit einer Beschwerde ist jedoch das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses an der
begehrten Aufhebung. Daran fehlt es u.a. dann, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden
kann (BSG NZS 99, 346). Dies ist dem Bf als Prozesspartei durch den Antrag auf Wiederaufnahme und Fortführung
des Verfahrens nach § 202 SGG in Verbindung mit § 250 der Zivilprozessordnung (ZPO) möglich (so z.B. auch
Bayerisches LSG, Beschluss vom 14. August 2008, Az.: L 7 B 631/08 AS; Thüringer LSG, Beschluss vom 16. Juli
2009, Az.: L 6 B 92/09; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. November 2009, Az.: L 19 B 335/09 AS;
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. mit weiterem Nachweis; a.A.: Sächsisches LSG, Beschluss vom 29. August
2005, Az.: L 1 B 74/05 KR unter der Voraussetzung der damals noch gemäß 174 SGG notwendigen
Abhilfeentscheidung des Sozialgerichts bei Einlegung einer Beschwerde).
Dabei unterscheidet der Senat nicht, ob beide Beteiligten das Ruhen beantragt hatten oder ob dies, wie vorliegend,
nicht der Fall war. In beiden Fallkonstellationen ist es dem Bf zuzumuten, die Wiederaufnahme und Fortsetzung des
Verfahrens zu beantragen. Über diesen Antrag hat das Sozialgericht ggf. durch rechtsbehelfsfähigen Beschluss zu
entscheiden (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 251 Rdnr. 4, 5).
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen. Es ist daher nicht zu prüfen, ob das Ruhen zu Recht
angeordnet wurde.
Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten ist im Hauptsacheverfahren zu treffen (§ 193 SGG), da es sich
um eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung in einem noch anhängigen Rechtsstreit handelt. Insoweit gilt
der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 10; LSG Nordrhein-Westfalen,
a.a.O.).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).