Urteil des LSG Bayern vom 18.12.2001

LSG Bayern: innere medizin, aufwand, bedingung, zusage, betriebskrankenkasse, versicherungsverhältnis, wohnung, krankenversicherung, schulbesuch, sozialmedizin

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.12.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 4 P 36/98
Bayerisches Landessozialgericht L 7 P 32/00
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.03.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger fordert von der Postbeamtenkrankenkasse Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der
Pflegestufe II.
Der am 1993 geborene Kläger war bis Ende März 1997 bei der Siemens-Betriebskrankenkasse in der gesetzlichen
Pflegeversicherung mitversichert gewesen, seither ist er bei der Postbeamtenkrankenkasse, deren Interessen von der
Beklagten wahrgenommen werden, in der gesetzlichen Pflegeversicherung mitversichert.
In einem Gutachten der Ärztin für Sozialmedizin F. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern
vom 28.02.1994 für die Siemens-Betriebskrankenkasse heißt es, beim Kläger bestehe ein Down-Syndrom, das alleine
in diesem Alter noch keine Schwerpflegebedürftigkeit bedingen würde; nun bestehe aber bei ihm der starke Verdacht
auf eine Rachenmissbildung mit Schluckschwierigkeiten, so dass das Füttern eine erheblich höhere Sorgfalt
beanspruche. Auch sei das Kind in der Entwicklung deutlich zurückgeblieben, könne noch nicht alleine sitzen oder
krabbeln und müsse wegen des Herzfehlers auch intensiv beobachtet werden. Insgesamt sei der Pflegebedarf
dadurch gegenüber einem gesunden Kind des gleichen Alters doch erheblich erhöht, so dass die medizinischen
Voraussetzungen für die Schwerpflegebedürftigkeit zunächst vorlägen. Eine Verringerung des Hilfebedarfs wäre
eventuell nach der Versorgung mit einer Gaumenplatte und durch weitere intensive Krankengymnastik und
Frühförderung möglich. Aus einem Gutachten des Dr. G. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in
Bayern vom 24.02.1995, angefertigt für die Siemens-Betriebskrankenkasse auf der Grundlage der Feststellungen bei
einem Hausbesuch am 20.02.1995 durch die Pflegefachkraft E. , geht hervor, dass der Kläger an einem Down-
Syndrom und einem angeborenen Herzfehler in der Vorkammerscheidewand sowie an Schluckschwierigkeiten leidet.
Das Ausmaß der Hilfebedürftigkeit erfülle die Voraussetzungen der Pflegestufe II des Rechts der gesetzlichen
Pflegeversicherung; bei gezielter Förderung der geistigen und körperlichen Entwicklung könne sich der Hilfebedarf
jedoch verringern.
Mit Schreiben vom 10.04.1997 teilte die Postbeamtenkrankenkasse dem Kläger mit, infolge des Wechsels seiner
Pflegeversicherung habe sie die im Gutachten vom 20.02.1995 angeregte Wiederholungsbegutachtung in Auftrag
gegeben, werde aber die seinerzeit festgestellte Pflegestufe II vorläufig übernehmen. Im Untersuchungsbericht des
Arztes Dr. G. der Gesellschaft für Medizinische Gutachten (Medicproof) vom 25.04.1997, angefertigt für die
Postbeamtenkrankenkasse ist angegeben, der Kläger leide an einem Down-Syndrom mit Koordinationsstörung der
Extremitäten als Folge der syndrombedingten Entwicklungsstörung, einer Minderung von Sprachproduktion und
Sprachverständnis, einer Antriebsminderung und einer Verständnisstörung. Im Laufe der letzten zwölf Monate sei eine
Besserung zu verzeichnen gewesen. Er bedürfe der Hilfe im Wesentlichen beim Waschen und beim Baden und infolge
einer Inkontinenz bei der Darm- und Blasenentleerung, außerdem müsse er ständig beaufsichtigt werden. Hilfsmittel
seien nicht notwendig, auch in Zukunft sei eine langsame Besserung zu erwarten. Die Pflegebedürftigkeit erfülle seit
dem 01.04.1997 nur noch die Voraussetzungen der Pflegestufe I.
Mit Schreiben vom 06.05.1997 teilte die Postbeamtenkrankenkasse der Klagepartei daraufhin mit, sie werde ab
01.04.1997 Leistungen nach der Pflegestufe I erbringen. Dem widersprach die Klagepartei mit Schreiben vom
02.06.1997; mit weiterem Schreiben vom gleichen Tage forderte sie die Postbeamtenkrankenkasse auf, weiterhin
Leistungen nach der Pflegestufe II zu bezahlen. Mit Arztbrief vom 01.08.1997 an die Postbeamtenkrankenkasse
führte die Kinderärztin Dr. W. im wesentlichen aus, die Hilfebedürftigkeit des Klägers bedeute für die Familie ein
Höchstmaß an Anstrengung; die bekannten Koordinationsstörungen würden sich zwar bessern, allerdings aufgrund
eines Höchstmaßes an regelmäßiger und intensiver Förderung. Auch die Sprache und das Sprachverständnis seien
noch nicht altersentsprechend und bedürften einer täglichen und intensiven Beübung. Außerdem sei der Antrieb
gemindert, was zur Folge habe, dass alle pflegerischen und pädagogischen Maßnahmen mit großer Geduld ausgeführt
werden müßten und einen erheblichen Zeitaufwand erforderten, da auch die Verständigung durch Sprache nur
begrenzt möglich sei. An dem Gutachten der Postbeamtenkrankenkasse sei im wesentlichen zu rügen, dass es zwar
einräume, dass Hilfebedarf in Beaufsichtigung und in den Verrichtungen des täglichen Lebens bestünde, dass jedoch
bei den einzelnen Verrichtungen der Umfang dieser Beaufsichtigung und Anleitung nicht berücksichtigt werde,
außerdem werde nicht berücksichtigt das Ausmaß der geistigen, motorischen und sozialen Förderung zuhause und
der Aufwand für die Wiederherstellung der Ordnung nach aggressiven Impulsen.
Daraufhin veranlasste die Postbeamtenkrankenkasse eine neuerliche Überprüfung der Hilfebedürftigkeit des Klägers.
Mit Untersuchungsbericht vom 15.09.1997 teilte der Arzt für innere Medizin Dr. B. von der Gesellschaft für
Medizinische Gutachten (Medicproof) mit, der Kläger könne gut gehen, er zeige ein flüssiges und sicheres Gangbild,
es bestünden keine bekannten Hör- und Sehstörungen; es bestehe eine Oligophrenie, der Entwicklungsrückstand
betrage ca. anderthalb bis zwei Jahre, der Kläger verwende keine Zweiwortsätze, er habe ein normales Körpergewicht,
die Größe sei im unteren Bereich, es bestünden aggressive Tendenzen, er sei körperlich teilweise sehr aktiv. Der
Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege belaufe sich einschließlich wöchentlicher Fahrten zur Logopädie auf 201
Minuten, wovon altersbedingt ein Hilfebedarf von 120 Minuten abzuziehen sei. Der Kläger sei in die Pflegestufe I
einzuordnen, es sei künftig eher eine Abnahme des Pflegebedarfs zu erwarten. Mit ausführlichem "Obergutachten"
vom 25.09.1997 bekräftigte derselbe Arzt seine im Untersuchungsbericht vom 15.09.1997 getroffenen Feststellungen.
Mit Schreiben vom 01.10.1997 und 19.11.1997 informierte die Postbeamtenkrankenkasse die Klagepartei über das
Begutachtungsergebnis und lehnte die geforderte Anhebung ihrer Leistungen auf die Höhe der Pflegestufe II ab; in
beiden Schreiben wies sie auf die nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen maßgebliche Frist von sechs
Monaten zur Einreichung einer Klage hin.
Am 02.04.1998 reichte der Kläger hiergegen beim Sozialgericht Landshut Klage ein. Zur Begründung führte der
Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen aus, dem Gutachten des Dr. G. könne nicht gefolgt werden,
weil darin die angebliche Verringerung des Hilfebedarfs nicht überzeugend beschrieben sei; zutreffend beschreibe
vielmehr Frau Dr. W. die Voraussetzungen der Einstufung des Klägers. Auch seien der Mehraufwand für das
Verbringen des Klägers in den Kindergarten und die dort von der Mutter verbrachte Wartezeit zu berücksichtigen.
Außerdem habe Dr. G. zu Unrecht den altersbedingten Abzug auf 120 Minuten veranschlagt; richtig sei jedoch beim
Alter des Klägers ein Abzug von 105 Minuten gewesen. In ihrer Erwiderung teilte die Postbeamtenkrankenkasse u.a.
mit, sie dürfe aufgrund gesetzlicher Vorschriften die private Pflegeversicherung nicht selbständig durchführen. Sie sei
von der Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen zur Durchführung der Pflegeversicherung nach dem
PflegeVG vom 26.05.1994 für die Mitglieder der PBeaKK und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten
(GPV)" beauftragt, alle im Zusammenhang mit der Durchführung der privaten Pflegeversicherung anfallenden
Aufgaben in Bezug auf ihre Mitglieder zu erledigen. Dazu gehöre auch das Bearbeiten von Klagen. Deshalb richte sich
die Klage in Wirklichkeit gegen die GPV. In der Sache sei die Herabsetzung der Pflegestufe, wie von den
Sachverständigen dargelegt, gerechtfertigt.
Das Sozialgericht beauftragte die Ärztin für Sozialmedizin Dr. H. mit der Erstellung eines
Sachverständigengutachtens. In ihrem aufgrund persönlicher Untersuchung des Klägers erstatteten Gutachten vom
17.02.2000 führte diese Ärztin im wesentlichen aus, der Kläger gehe seit September 1996 in einen normalen
Kindergarten. Im Vergleich zur letzten Begutachtung durch die Beklagte habe sich eine Änderung des Grundleidens
nicht ergeben; dies sei auch nicht zu erwarten. Der Kläger habe sich jedoch weiterhin positiv entwickelt und sei damit
selbständiger als bei den Vorbegutachtungen vom 25.04.1997 und 15.09.1997; diese positive Entwicklung sei ein
fortlaufender Prozess. Der zeitliche Aufwand beim Waschen und Baden, bei der Zahnpflege und beim Kämmen sei
gegenüber dem Gutachten des Dr. B. in etwa gleich geblieben; der zeitliche Aufwand sei identisch mit dem Aufwand
für die Ganzwäsche, so dass ein zusätzlicher Zeitaufwand durch das Baden nicht eintrete. Eine wesentliche
Besserung sei jedoch bezüglich der Darm- und Blasenentleerung erfolgt. Der Kläger trage seit Dezember 1999 keine
Windel mehr, allerdings bestehe auch noch keine vollständige Kontinenz. Der Hilfebedarf sei gegenüber der Zeit der
völligen Harn- und Stuhlinkontinenz deutlich geringer geworden; während 1997 der Hilfebedarf im Bereich der
Körperpflege 77 Minuten betragen habe, belaufe er sich jetzt auf 42 Minuten. Eine positive Entwicklung sei auch bei
der Nahrungsaufnahme eingetreten. Der Kläger nehme die Speisen nunmehr selbständig zu sich, ein Zeitaufwand für
das mundgerechte Zubereiten der Nahrung sei jedoch weiterhin erforderlich. Auch bei der Mobilität habe sich
gegenüber 1997 eine Änderung ergeben; es seien jetzt nur noch fünf bis zehn Minuten Hilfe beim Zubettgehen am
Abend notwendig. Für das An- und Ausziehen seien zweimal täglich ebenfalls fünf bis zehn Minuten Hilfe erforderlich.
Der Hilfebedarf für Verrichtungen im Bereich der Grundpflege betrage jetzt noch 65 Minuten, im Bereich der
Grundpflege gebe es allerdings keinen altersbedingten Abzug mehr; bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sei eine
Pauschale von 30 Minuten anzusetzen.
Mit Urteil vom 22.03.2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klagepartei. Zu
ihrer Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die zeitlichen Ansätze im Gutachten der Frau Dr. H. würden der
Situation des Klägers nicht gerecht. Zudem müsse der Aufwand berücksichtigt werden, der sich dadurch ergebe, dass
der Kläger seit 11.09.2000 in Oberösterreich eine integrative Grundschule besuche, zu der er täglich gefahren werden
müsse. Die Wegstrecke betrage 22 Kilometer, der Zeitaufwand belaufe sich täglich auf zwei Stunden und fünf
Minuten. Entsprechendes gelte für die Wahrnehmung von wöchentlichen Terminen in einer logopädischen Praxis und
zur Teilnahme an ergotherapeutischen Maßnahmen. Außerdem stehe dem Kläger wegen der Bestimmungen des Art.
45 PflegeVG Bestandsschutz zu, wobei er wegen des zwischenzeitlichen Wechsels zu einer privaten Pflegekasse
gegenüber einem in einer gesetzlichen Pflegekasse Versicherten nicht schlechter gestellt werden dürfe. Wenn die
Bestimmung des Art. 45 PflegeVG schon dazu führe, dass ein Versicherter, der vor dem Inkrafttreten des Rechts der
gesetzlichen Pflegeversicherung die Voraussetzungen der Pflegestufe II in Wirklichkeit gar nicht erfüllt habe, wegen
der Bestandsschutzregelung auch nach dem 01.04.1995 keine Kürzung hinnehmen müsse, wie das Sozialgericht
Gelsenkirchen entschieden habe, dann müsse dies erst Recht für einen Versicherten gelten, der im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Rechts der gesetzlichen Pflegeversicherung zu Recht der Pflegestufe II zugeordnet worden sei.
Soweit sich die Beklagte darauf berufe, dass sie ihre Zusage, Leistungen nach der Pflegestufe II zu gewähren,
ausdrücklich nur vorläufig gegeben habe, sei dies unerheblich. Denn eine darin zu sehende Bedingung sei unwirksam,
da dem Erklärungsgegner die damit verbundene Ungewissheit nicht zugemutet werden könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.03.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger
Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II ab 01.04.1997 zu gewähren.
Demgegenüber beantragt die Beklagte,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt dazu vor, die Begutachtungen hätten ergeben, dass nunmehr nur noch die Voraussetzungen der Pflegestufe
I vorlägen. Der Hilfebedarf, der sich für den Besuch der Grundschule ergebe, könne im übrigen nicht berücksichtigt
werden. Denn relevant im Sinne der gesetzlichen Pflegeversicherung sei nur derjenige Hilfebedarf bei der Mobilität,
der notwendig sei, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen. Dazu gehöre Hilfebedarf im
Zusammenhang mit dem Schulbesuch nicht. Ob für die Wahrnehmung von Terminen in einer logopädischen Praxis
etwas anderes gelte, könne offen gelassen werden, denn auch bei Berücksichtigung der dafür im Tagesdurchschnitt
anfallenden 16 Minuten ergebe sich keine Einstufung in die Pflegestufe II. Auch die Bestimmungen über den
Bestandsschutz führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Zum einen sei zweifelhaft, ob diese überhaupt die Träger
der privaten Pflegeversicherung binden könnten, zum anderen sei dort ohnehin immer nur der tatsächliche
Pflegebedarf versichert.
Im Termin am 26.07.2001 hat das Berufungsgericht den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert; auf die
Zusammenfassung des Erörterungsergebnisses in der Niederschrift vom gleichen Tage wird Bezug genommen. Die
Beteiligten haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Des Weiteren wird zur Ergänzung des
Tatbestandes Bezug genommen auf den Tatbestand des Ersturteils und die dort angeführten Beweisunterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger stehen seit 01.04.1997 Leistungen nach der Pflegestufe I der
gesetzlichen Pflegeversicherung zu, nicht aber nach der Pflegestufe II. Zur Begründung wird auf die ausführlichen und
zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Auch das Vorbringen im Berufungsverfahren führt nicht zu einer anderen Einschätzung.
Soweit die Klagepartei fordert, auch den Aufwand für den Besuch der Grundschule in den Umfang des
berücksichtigungsfähigen Hilfebedarfs einzubeziehen, steht dem die von der h.M. nach Ansicht des Senats zutreffend
vorgenommene Auslegung des Verrichtungskatalogs des § 14 Abs. 4 SGB XI entgegen, der wortgleich auch von den
für das hier zugrundeliegende Versicherungsverhältnis geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommen
worden ist (§ 1 Abs. 5 Buchst. c der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung).
Danach sind bei der Verrichtung Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung nur solche Maßnahmen zu
berücksichtigen, die der Aufrechterhaltung der Lebensfähigkeit in der Wohnung dienen und die zu diesem Zweck
unerlässlich sind. Ob dies überhaupt für den Schulbesuch angenommen werden kann, kann offen gelassen werden.
Denn jedenfalls liegt dies nicht vor bei dem Besuch einer Schule, bei der es allein die Entfernung notwendig macht,
die versicherte Person täglich dorthin zu bringen. Dass dies so ist, wird schon daran deutlich, dass in einem solchen
Falle auch bei einem nicht behinderten Kind der gleiche Zeitaufwand anfallen würde, denn auch dieses müsste in eine
derart weit entfernt liegende Grundschule täglich gebracht werden.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Herabstufung von der Pflegestufe II nach der Pflegestufe I
mit Wirkung vom 01.04.1997 durch die Beklagte aus anderen Gründen als wegen Fragen der Zuordnung zu einer der
gesetzlichen Pflegestufen rechtswidrig gewesen sei, namentlich, dass die Beklagte aus verfahrensrechtlichen
Gründen zu einem solchen Vorgehen nicht befugt gewesen sei. Dass die Beklagte zu einem solchen Vorgehen, d.h.
zu einer Überprüfung der Anspuchsberechtigung und ggf. einer Neubewertung grundsätzlich berechtigt ist, ergibt sich
aus dem zugrundeliegenden Versicherungsvertrag. Denn die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die auf das
zugrundeliegende Versicherungsverhältnis Anwendung finden, enthalten in § 6 u.a. folgende Regelung: "Eintritt, Stufe
und Fortdauer der Pflegebedürftigkeit ... sind durch einen von dem Versicherer beauftragten Arzt festzustellen. Die
Feststellung wird in angemessenen Abständen wiederholt ..." Damit ist u.a. vereinbart, dass auch während des
Leistungsbezugs der jeweilige Umfang der Leistungsberechtigung, namentlich verursacht durch eine Änderung des
relevanten Hilfebedarfs oder bei der Begründung eines neuen privatrechtlichen Versicherungsverhältnisses,
berücksichtigt werden darf, sofern dies ärztlich festgestellt worden ist. Dabei ergeben sich Grenzen dafür allenfalls
aus den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Rechts. Deren Mißachtung ist hier jedoch nicht zu erkennen.
Insbesondere kann der Klagepartei nicht gefolgt werden, wenn sie vorträgt, die Einschränkung der von der Beklagten
abgegebenen Zusage von Leistungen nach der Pflegestufe II, wonach diese nur vorläufig bis zu der nächsten
ärztlichen Prüfung erfolgt ist, sei nicht wirksam gewesen. Zuzustimmen ist der Klagepartei, dass die Beklagte diese
Zusage unter einer auflösenden Bedingung erteilt hat, nämlich unter der Bedingung, dass die Wirkung der Zusage
entfallen solle, falls eine künftige ärztliche Begutachtung zu einem anderen Ergebnis führen würde. Gründe dafür,
dass eine solche Bedingung gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen hätte, sind nicht zu erkennen; insbesondere
hat sie nicht zu einer zumutbaren Ungewissheit geführt; denn die von ihr ausgehende Ungewissheit ist nichts anderes
als das Wesen jeder Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB.
Der Kläger kann sich schließlich auch nicht auf den Bestandsschutz des Art. 45 PflegeVG berufen. Denn darin ist
lediglich festgelegt, dass dem Kläger aufgrund des vorangegangenen Leistungsbezugs nach den Vorschriften des
SGB V beim Inkrafttreten des Rechts der gesetzlichen Pflegeversicherung unabhängig vom Umfang seines
Hilfebedarfs die Pflegstufe II zugebilligt werden muss. Die Bestimmungen des Art. 45 PflegeVG legen jedoch nichts
über das weitere Schicksal der Einstufung des Klägers fest; dieses richtet sich vielmehr nach den für sein
Versicherungsverhältnis geltenden allgemeinen Verfahrensregeln. Danach kann die Einstufung in die Pflegestufe II
aber keinen Bestand haben. Denn die maßgebenden Verfahrensregeln für den hier umstrittenen Zeitraum sind die
Bestimmungen des § 6 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Danach war eine Neueinstufung aufgrund einer
medizinischen Überprüfung im Falle der Neubegründung eines privatrechtlichen Versicherungsverhältnisses möglich.
Schließlich hilft dem Kläger auch nicht die Berufung darauf, dass er nicht schlechter gestellt werden dürfe als ein in
der gesetzlichen Pflegeversicherung Versicherter. Zum einen gibt es ein derartiges Gleichstellungsgebot nicht. Hätte
der Gesetzgeber nämlich die völlige Gleichstellung von Versicherten in der privaten Pflegeversicherung und
Versicherten in der gesetzlichen Pflegeversicherung gewollt, so hätte er auf die Einführung zweier unterschiedlicher
Versicherungszweige für das gleiche Risiko verzichten müssen. Dies hat er aber nicht getan. Auch die von § 23 Abs.
1 Satz 2 SGB XI geforderte Gleichwertigkeit bedeutet nicht, dass die Einzelheiten der Versicherungsverträge in den
beiden Zweigen der Pflegeversicherung des SGB XI identisch zu sein hätten. Im Übrigen würde auch eine
konsequente Gleichbehandlung des Klägers mit einem bei einem Leistungsträger der gesetzlichen Pflegeversicherung
Versicherten grundsätzlich nicht zur Begründetheit der Berufung führen. In der gesetzlichen Pflegeversicherung gelten
zwar mit den §§ 45, 48 SGB X besondere Bestands- und Vertrauensschutzbestimmungen zugunsten des
Versicherten, die nach herrschender und zutreffender Meinung, die auch der Senat vom Inkrafttreten des SGB XI an
vertreten hat, in den Vertragsverhältnissen der privaten Pflegeversicherung schon ihrer Natur nach nicht zur
Anwendung kommen können. Gleichwohl, auch wenn man den Fall des Klägers nach § 48 SGB X behandelt hätte,
wäre das Ergebnis grundsätzlich kein anderes als das vorliegende gewesen. Denn nach § 48 Abs. 1 SGB X kann bei
einer wesentlichen Änderung in den rechtlichen oder tatsächlichen Leistungsvoraussetzungen auch im Recht der
öffentlichrechtlichen Sozialversicherung eine Leistung entsprechend geändert oder herabgesetzt werden. Auch nach
dieser Bestimmung hätte der Kläger damit keinen Schutz seiner Rechtsposition beanspruchen können. Denn aus den
im Laufe des Verwaltungsverfahrens eingeholten ärztlichen Gutachten ist zu entnehmen, dass beim Inkrafttreten der
gesetzlichen Pflegeversicherung zum 01.04.1995 durchaus ein berücksichtigungsfähiger Hilfebedarf bestanden hat,
der eine Einstufung in die Pflegestufe II gerechtfertigt hat, und dass sich dieser Hilfebedarf in der Folgezeit dergestalt
verändert hat, dass jedenfalls zum 01.04.1997 nur noch die Voraussetzungen für die Pflegestufe I gegeben waren.
Allerdings hätte nach den - hier nicht anwendbaren - Vorschriften des SGB X die Leistungskürzung grundsätzlich erst
mit Bekanntgabe des Änderungsbescheides wirksam werden können (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X), nicht ohne weiteres
auch rückwirkend, bezogen auf den Zeitpunkt des Eintritts der Änderung. Dass dies hier dazu führen würde, dass die
Leistungen an den Kläger nicht schon zum 01.04.1997 auf das Maß der Pflegestufe II reduziert werden konnten,
sondern erst ab dem 06.05.1997, hilft dem Kläger auch dann nichts, wenn man von einer grundsätzlichen
Gleichstellung mit den bei einer öffentlichrechtlichen Pflegekasse Versicherten ausgehen würde. Denn diese
Verschiedenheit ist dem vom Gesetzgeber offensichtlich gewollten Umstand geschuldet, dass für das bei der
Festsetzung der Leistungen zu beachtende Verfahren in den beiden Zweigen der Pflegeversicherung des SGB XI
grundlegend verschiedene Rechtsvorschriften und Rechtsinstitute gelten.
Weil das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, können dem Kläger keine außergerichtlichen Kosten zugesprochen
werden. Ein Grund für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 SGG besteht nicht.