Urteil des LSG Bayern vom 27.05.2008

LSG Bayern: anhaltende somatoforme schmerzstörung, unfallfolgen, wahrscheinlichkeit, diagnose, arbeitsunfall, arbeitsunfähigkeit, bayern, röntgen, bedingung, subjektiv

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 27.05.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 3 U 43/02
Bayerisches Landessozialgericht L 3 U 192/07
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.09.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung eines CRPS I im Bereich des linken Fußes als Folge des
Unfalls vom 04.05.2000 und Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H.
Die 1971 geborene Klägerin, Altenpflegerin, erlitt am 04.05.2000 einen Arbeitsunfall, als ihr eine Kiste mit
Mineralwasser auf den linken Fuß fiel.
Dr. S., Chirurg, Kreiskrankenhaus A-Stadt, diagnostizierte am 08.05.2000 eine Quetschung des linken Mittel- und
Vorfußes mit Schürfung. Eine Knochenverletzung wurde im Röntgenbefund ausgeschlossen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen, ein
Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Bayern, Berichte des Dr. S. vom 26.05.2000, 22.03.2000, 14.08.2000,
25.08.2000, des Dr. H., Chirurg, Unfallchirurg, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M. vom 14.11.2000, des Dr. S.
vom 13.12.2000, 26.01.2001, den Abschlussbericht des Prof. Dr. B./Dr. H., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik
M., vom 14.05.2001 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 04.04.2001 bis 11.05.2001, der Dr. H.,
Fachärztin für Orthopädie, vom 31.05.2001 sowie die Unterlagen hinsichtlich des Unfalls vom 11.11.1999 mit dem
Operationsbericht des Prof. Dr. I. hinsichtlich der am 23.02.2001 durchgeführten diagnostischen Arthroskopie bei und
holte ein Gutachten des Prof. Dr. B./Dr. H. vom 03.07.2001 und eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. B.
vom 08.08.2001 ein.
Prof. Dr. B./Dr. H. haben ausgeführt, dass es durch den Unfall zu einer Fußquetschverletzung gekommen sei mit
klinischen Zeichen einer beginnenden Algodystrophie. Bei der Untersuchung habe sich lediglich eine diskrete
Weichteilschwellung im Fußrückenbereich gezeigt. Radiologisch, kernspintomographisch sowie skelettszintigraphisch
habe sich kein Hinweis mehr für das Vorhandensein einer Algodystrophie gefunden. Die von der Klägerin
angegebenen Bewegungseinschränkungen im linken oberen Sprunggelenk seien zu einem großen Teil nicht
objektivierbar. Bezüglich der Fußverletzung bestehe Arbeitsfähigkeit ab dem 29.05.2001. Die MdE betrage unter 10
v.H.
Dr. B. stellte eine MdE von 10 v.H. ab dem 04.05.2000 bis 31.12.2000 fest. Der Befund, den Prof. Dr. I. am
10.01.2001 erhoben habe, rechtfertige keine MdE mehr in Höhe von 10 v.H.
Mit Bescheid vom 21.09.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Durch den Arbeitsunfall sei es zu
einer Fußquetschverletzung links mit nachfolgenden klinischen Zeichen einer beginnenden posttraumatischen
Algodystrophie gekommen. Als Folge des Arbeitsunfalls sei eine leichte Schwellneigung im Bereich des linken
Fußrückens gegeben. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 28.05.2001 bestanden. Die darüber hinaus
bestehende Arbeitsunfähigkeit sei auf unfallunabhängige Erkrankungen zurückzuführen.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte beratende Stellungnahmen des Dr. B. vom 07.11.2001 und vom
11.01.2002 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei der
Begutachtung in der Unfallklinik M. vom 18.06.2001 seien keine objektiven Zeichen für das Vorliegen einer
Algodystrophie festgestellt worden. Arbeitsfähigkeit sei daher ab dem 29.05.2001 anzunehmen. Auch eine MdE in
messbarem Grade, also wenigstens in Höhe von 10 v.H., liege ab diesem Zeitpunkt nicht vor.
Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, den
Beklagten in Abänderung des Bescheides vom 21.09.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2002
zu verpflichten, bei der Klägerin als Unfallfolge ein CRPS im Bereich linker Fuß festzustellen und ihr deswegen
Verletztengeld (12.06.2001 bis 31.10.2001) und im Anschluss daran Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 40
v.H. zu gewähren.
Das SG hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen und einen Befundbericht des Prof. I. vom 10.06.2002
beigezogen und Gutachten des Dr. P., Chirurg, Orthopäde, vom 02.10.2002 mit ergänzenden Stellungnahmen vom
26.04.2006 und 05.11.2002, auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Dr. P., Arzt für
Orthopädie vom 29.09.2003 sowie des Prof. Dr. T./Dr. S., Neurologische Klinik der Technischen Universität C-Stadt,
mit psychosomatisch-psychotherapeutischem Zusatzgutachten des PD Dr. G./Privatdozent Dr. Dr. H. vom
14.03.2005 mit ergänzender Stellungnahme des Prof. Dr. T. vom 07.12.2005 eingeholt. Die Beklagte hat eine
beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B., Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie vom 13.02.2006 vorgelegt, die
Klägerin eine Stellungnahme des Prof. Dr. I. vom 04.02.2003.
Dr. P. hat ausgeführt, dass sich in der Kernspintomographie am 08.05.2000 weder eine Fraktur noch ein
Knochenmarksödem gezeigt habe. Es habe eine Weichteilschwellung ohne entsprechende Flüssigkeitsansammlung
vorgelegen. Die Quetschung und Prellung des Vorfußes sei nach spätestens acht Wochen abgeklungen. Die darüber
hinaus fortbestehenden Funktionsstörungen könnten nicht als Unfallfolgen aufgefasst werden. Bei der dargestellten
erheblichen Beeinträchtigung der Gehfähigkeit handele es sich um eine "somatoforme Schmerzstörung".
Dr. P. hat festgestellt, dass eine vermehrte Rötung im Bereich des linksseitigen Fußrückens feststellbar sei, jedoch
keine vermehrte Schwellneigung. Aufgrund der Schmerzhaftigkeit sei bei Berührung des Gelenkes die Prüfung der
Beweglichkeit nur eingeschränkt durchzuführen gewesen. Hinsichtlich der Abgrenzung des CRPS zu einer
somatoformen Schmerzstörung sei eine Untersuchung auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet zu empfehlen.
Prof. Dr. T. hat dargelegt, dass der Unfall zu einem komplex-regionalen Schmerzsyndrom der linken unteren
Extremität geführt habe. Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit seien weiterhin gegeben. Die MdE sei mit
40 v.H. einzuschätzen. Am linken Fuß sei mit dem vorhandenen Spontanschmerz, der Allodynie, der Hautverfärbung
des Fußes, der Temperaturunterschiede der Füße und der Schmerzbesserung im Ischämietest der unteren
Extremitäten die typische Symptomkonstellation eines CRPS vorhanden. Die Tatsache, dass radiologische
Untersuchungen in der Vergangenheit keine für ein CRPS typischen Befunde gezeigt hätten, könne nicht gegen die
Diagnose gewertet werden, da diese Untersuchungen zwar bei pathologischen Befunden zur Untermauerung der
Diagnose geeignet seien, allerdings bei negativen Befunden keineswegs die Diagnose ausschließen könnten. Eine
somatoforme Schmerzstörung sei nicht anzunehmen. Erforderlich sei insoweit, dass das Ausmaß der körperlichen
Befunde im Widerspruch stehe mit den geklagten Beschwerden. Bei der Klägerin sei zwar eine gewisse Fokussierung
auf die körperlichen Beschwerden eingetreten. Angesichts der Massivität der Befunde hinsichtlich der durch die
Schmerzen eingeschränkten motorischen Funktionen zusammen mit den permanenten Schmerzen und der
Berührungsempfindlichkeit, sei dies jedoch nachvollziehbar. Der Symptomenkomplex sei daher nicht als Ausdruck
einer psychosomatischen Erkrankung zu werten. Hierzu würden auch die vegetativen Begleitsymptome und der
zumindest in den unteren Extremitäten messbare Temperaturunterschied von einem Grad Celsius nicht passen. Bei
der Schmerzsymptomatik des linken Beines handele es sich daher am wahrscheinlichsten um ein CRPS Typ I (ohne
Nervenverletzung) als Folge des Arbeitsunfalls. Die seltene Entwicklung eines zweiten komplex-regionalen
Schmerzsyndroms könne nur als individuelle genetische Disposition zur Entwicklung einer solchen Krankheit gewertet
werden. Wesentliche Ursache sei für die aktuelle Beschwerdesymptomatik der Arbeitsunfall.
Dr. P. hat darauf hingewiesen, dass ein CRPS nicht nachgewiesen sei. Weder die klinische Untersuchung noch die
bildgebenden Verfahren zeigten Hinweise auf fassbare Unfallfolgen. Allein die von der Klägerin angegebenen
Schmerzen und die von ihr demonstrierte aktive Einschränkung der Beweglichkeit reichten nicht aus, einen
Kausalzusammenhang zwischen den Bagatelltraumen und den demonstrierten Schmerzen herzustellen. Es seien
auch weder Muskelminderungen noch nachgewiesene erhebliche Differenzen bei der Messung der Umfangmaße
festzustellen gewesen. Objektiv nachweisbare Unfallfolgen lägen daher nicht vor.
Mit Urteil vom 28.09.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Vorliegen eines CRPS sei nicht nachgewiesen. Bei
der Diagnose seien objektive Symptome zu fordern, wie z.B. eine dünne blasse Haut, entkalkte Knochen,
geschrumpfte Knochen, Weichteile und Muskeln, herabgesetzte Temperatur. Symptomatisch sei darüber hinaus ein
abnehmender Schmerz. Diese objektiven Befunde hätten bei den Begutachtungen nicht vorgelegen. Das SG stützte
sich dabei auf das Gutachten des Dr. P ... Prof. Dr. T. umschreibe dementsprechend die Diagnose eines CRPS Typ 1
als wahrscheinlich oder wahrscheinlichste Diagnose. Dies genüge nicht zum Nachweis der Gesundheitsstörung.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hat sich dabei auf das Gutachten des Prof. Dr. T.
gestützt.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen, die Akten des Zentrums Bayern Familie und
Soziales, Region Schwaben und die Akten der deutschen Rentenversicherung Bund beigezogen und ein Gutachten
der Dr. P., Neurologin und Psychiaterin, vom 06.11.2007 eingeholt.
Dr. P. hat ausgeführt, dass die Klägerin sich bei dem Unfall vom 04.05.2000 eine Fußquetschverletzung links
zugezogen habe mit Teilsymptomen eines CRPS I. Beschrieben wurde von den behandelnden Ärzten eine
Schwellungsneigung mit Hinweisen für eine beginnende Algodystrophie. Radiologisch waren keine Auffälligkeiten der
Knochen- oder Weichteilstrukturen zu verifizieren. Auch trophische Störungen im Bereich von Haut und Nägeln waren
nicht vorhanden. Im November 2000 waren außer einer diskreten Muskelminderung und einer leichten Schwellung und
Verfärbung des linken Fußes keine Besonderheiten mehr festzustellen. Selbst bei Annahme eines protrahierten
Verlaufes lasse sich bei schon beinahe unauffälligen Befunden im November 2000 und bei völlig unauffälligen
Befunden im Mai 2001 eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Unfallfolgen über den 28.05.2001 hinaus nicht begründen.
Unfallunabhängig bestehe das erheblich krankheitswertige psychosomatische Störungsbild einer anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung und einer somatoformen autonomen Funktionsstörung als Unterformen einer
Somatisierungsstörung.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.09.2006 sowie den Bescheid des Beklagten
vom 21.09.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2002 aufzuheben und festzustellen, dass ein
CRPS im Bereich des linken Fußes Unfallfolge ist, sowie den Beklagten zu verurteilen, aufgrund des Unfalls vom
04.05.2000 Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. zu gewähren, hilfsweise Dr. P. zu den im Schriftsatz vom
26.5.2008 aufgeworfenen Fragen und Prof. Dr. T. als sachverständigen Zeugen zu hören.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den
Inhalt der beigezogenen Akten S 3 U 42/02, S 3 U 43/02, S 3 U 44/02, S 3 U 306/01, L 3 U 343/06, L 3 U 190/07, L 3
U 192/07, L 3 U 191/07 und L 3 U 193/07, der Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Schwaben,
der Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.09.2006 ist
nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen und keinen Anspruch
auf Verletztenrente aufgrund des Unfalls vom 04.05.2000 hat.
Nach § 56 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines
Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 vom Hundert (v.H.)
gemindert ist.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und
Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit
nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen
Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall
führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach
dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als
ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung
zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat.
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der
versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, der
zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen der
erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte (vgl. BSGE 38, 127, 129).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls aus einem oder mehreren Schritten
bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende
Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei
fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche
Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSGE 19,
52; BSG Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R).
Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem
Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so
stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen
Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d. h. nach der geltenden ärztlich-
wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich
einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlung ist der Senat der Überzeugung, dass der Unfall vom 04.05.2000
keine Gesundheitsstörungen hinterlassen hat, die Ansprüche auf Verletztenrente begründen. Er stützt sich dabei auf
die überzeugenden Gutachten des Dr. P. und der Dr. P ... Das Gutachten des Prof. Dr. T. konnte den Senat nicht
überzeugen.
Die Klägerin hat sich bei dem Unfall eine Fußquetsch- und prellverletzung links zugezogen. Dies hat der Beklagte
auch mit den streitgegenständlichen Bescheiden anerkannt. Die Folgen sind spätestens nach acht Wochen
ausgeheilt, objektivierbare Dauerfolgen sind nicht verblieben. Die bei der Klägerin bestehenden Beschwerden sind
vielmehr einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung zuzuordnen, die unfallunabhängig besteht. Dies steht
aufgrund der Ausführungen von Dr. P. und Dr. P. fest.
Dr. P. hat dargelegt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Auffälligkeiten in der Koordination schmerzbedingt sind.
Bei der Untersuchung fanden sich keine Seitendifferenzen der Muskulatur, der Hautfarbe und Temperatur, der
Schweißsekretion und der Haut- und Nagelkonsistenz. Die von der Klägerin demonstrierten Kraft- und
Koordinationsdifferenzen sind auf die subjektiv erlebten Schmerzen zurückzuführen.
Das Vorliegen eines dauerhaft bestehenden komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) ist nicht nachgewiesen.
Typische Symptome dieser Erkrankung sind Schmerzen, sensible Störungen, motorische Störungen, vegetative
Störungen, aber auch trophische Störungen, darunter gestörtes Nagel- und Haarwachstum und
Knochenstoffwechselstörung mit Demineralisation. Derartige trophische Störungen sind bei schwerwiegenderen
motorischen Funktionsstörungen stets zu erwarten. In der dritten Phase des Krankheitsbildes ist ein vermehrter
Knochenumbau der gesamten Extremität festzustellen, nur ein minimaler Prozentsatz von ca. 3 % der von diesem
Krankheitsbild Betroffenen weist keine entsprechenden Knochenveränderungen auf. Bei der Klägerin liegen,
abgesehen von dem subjektiv beschriebenen Schmerz, keine sonstigen objektivierbaren Hinweise auf das Vorliegen
eines CRPS vor. Hinsichtlich der linken unteren Extremität konnte Dr. P. bei ihrer Untersuchung keine Konsistenz-
und Farbunterschiede erkennen, entgegen dem Gutachten Dr. T ...
Dr. P. hat zudem ausführlich dargelegt, dass bei der Klägerin bereits im Vorfeld des Unfalles eine krankheitswertige
psychosomatische Störung bestand. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vorerkrankungsverzeichnis, das auffällig
lange Arbeitsunfähigkeitszeiten enthält, des Weiteren zeigen die beigezogenen medizinischen Unterlagen der
Rentenversicherung und des Versorgungsamtes, dass die Klägerin an LWS-Beschwerden bei vordiagnostiziertem
Bandscheibenvorfall L5/S1 sowie an einer somatoformen autonomen Funktionsstörung des unteren
Gastrointestinaltraktes leidet. Im März 2001 stellt der behandelnde Allgemeinarzt neben einem psychovegetativen
Syndrom eine generalisierte Fibromyalgie mit rezidivierendem Schmerzsyndrom fest. Dr. S., Neurologe, stellte im
März 2002 eine Konversionssymptomatik fest, bei der Klägerin lag somit eine behandlungsbedürftige Erkrankung vor.
Es hat sich im Laufe der Zeit eine somatoforme Schmerzstörung entwickelt. Eine anhaltende somatoforme
Schmerzstörung beinhaltet einen andauernden, schweren und quälenden Schmerz, der durch einen physiologischen
Prozess oder eine körperliche Störung nicht vollständig erklärt werden kann. Er tritt in Verbindung mit emotionalen
Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf, die schwerwiegend genug sein sollten, um als entscheidende
ursächliche Faktoren gelten zu können. Die Folge ist meist eine beträchtlich gesteigerte persönliche oder
medizinische Hilfe und Unterstützung (vgl. ICD-10 Nr.10 F 45.4). Der Senat hat am Vorliegen dieses Krankheitsbildes
keinen Zweifel. Es kann dabei offen bleiben, ob und welche psychosoziale Belastungssituation für die Entwicklung
dieser psychosomatischen Störung vorliegt. Entscheidend ist, dass diese Erkrankung jedenfalls nicht mit
Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Das Unfallereignis war nicht geeignet, diese Erkrankung
hervorzurufen oder zu verschlimmern. Bei psychischen Erkrankungen ist für die Kausalität erforderlich, dass das
Unfallereignis und seine organischen Auswirkungen ihrer Eigenart und Stärke nach unersetzlich sind, d.h. z.B. nicht
mit anderen alltäglich vorkommenden Ereignissen austauschbar. Davon ist nicht auszugehen, wenn eine
entsprechende psychische Anlage so leicht "ansprechbar" war, dass sie gegenüber den Auswirkungen des
Unfallereignisses die rechtlich allein wesentliche Ursache ist (vgl. dazu BSGE 18, 173, 177; 19, 275, 278; BSG, Urteil
vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R). Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Unfall vom 04.05.2000 für die
Entwicklung der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung unersetzlich war.
Die bei der Klägerin jetzt vorliegende Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet in Form einer anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung ist demnach nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 04.05.2000
zurückzuführen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.09.2006 war somit zurückzuweisen.
Den Beweisanträgen des Klägers in der mündlichen Verhandlung war nicht stattzugeben, da der Sachverhalt
aufgeklärt ist und somit kein Ermittlungsbedarf mehr besteht (vgl. BSG, Urteil vom 12.4.2000, B 9 SB 2/99 R).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.