Urteil des LSG Bayern vom 23.01.2006

LSG Bayern: aufschiebende wirkung, vollziehung, härte, anfechtungsklage, aussetzung, beitragspflicht, lebensversicherungsvertrag, form, anforderung, nebenkosten

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 23.01.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 6 KR 252/05 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 5 B 571/05 KR ER
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.09.2005 wird
zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten der Beschwerde.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob das Begehren der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung eines Beitragsbescheides vom
Sozialgericht zu Recht abgelehnt worden ist. Die pflichtversicherte Antragstellerin erhielt am 01.06.2004 aus dem
Lebensversicherungsvertrag ihres Ehemanns eine Kapitalzahlung der betrieblichen Altersversorgung. Mit Bescheid
vom 04.05.2004 stellte die Antragsgegnerin die Beitragspflichtigkeit dieser Einnahme fest und forderte ab 01.06.2004
einen monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 55,72 EUR. Dabei legte sie 1/120 der
Kapitalabfindung als monatlichen Zahlbetrag zugrunde. Im Widerspruchsverfahren machte die Antragstellerin geltend,
sie sei nach zwei Jahren aus dem Betrieb ihres Ehemanns ausgeschieden und habe die Beitragszahlung danach von
ihrem eigenen Gehalt bei einem anderen Arbeitgeber bestritten. Zur Beitragsberechnung sei daher allenfalls der Anteil
heranzuziehen, der auf die zweijährige Betriebszugehörigkeit entfalle. Die Beklagte wies den Widerspruch am
22.12.2004 unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zurück. Die dagegen am 04.01.2005 erhobene
Klage ruht bis zum Abschluss anhängiger Musterstreitverfahren zur beitragsrechtlichen Behandlung von
Versorgungsbezügen ab Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes zum 01.01.2004 (Beschluss vom
20.04.2005). Am 09.08.2005 hat die Antragstellerin beantragt, vorläufig die Pflicht zur Beitragszahlung auszusetzen,
nachdem sie allergrößte Probleme habe, die Beiträge zu entrichten, andererseits die Rechtmäßigkeit der Forderung
aber noch nicht höchstrichterlich geklärt sei. Das Sozialgericht Bayreuth hat den Antrag auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung der Klage vom 04.01.2005 mit Beschluss vom 05.09.2005 zurückgewiesen. Die Art der
Finanzierung einer Leistung der betrieblichen Altersversorgung stelle nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts kein Abgrenzungskriterium für die Beitragspflicht dar und schließlich habe die Antragstellerin
nicht glaubhaft gemacht, der monatliche Beitrag in Höhe von 55,72 EUR stelle eine unbillige Härte dar. Gegen diesen
am 06.09.2005 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 04.10.2005 Beschwerde eingelegt und darauf
hingewiesen, dass sie die Beiträge zur Lebensversicherung mit Mitteln gezahlt habe, die bereits der Beitragspflicht
zur Sozialversicherung unterlegen hätten. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.09.2005 die
aufschiebende Wirkung der Klage vom 04.01.2005 gegen den Bescheid vom 04.05.2004 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten des Sozialgerichts und der Antragsgegnerin, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug
genommen wird.
II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der
Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.09.2005 ist rechtmäßig. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf
Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 04.01.2005 erhobenen Klage. Nach § 86a Abs.1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen,
Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86a Abs.2 Nr.1
SGG). Bei dem strittigen Bescheid vom 04.05.2004 handelt es sich um einen Bescheid, mit dem die Antragsgegnerin
Beiträge geltend macht. § 86a Abs.2 Nr.1 SGG ist also erfüllt. Gemäß § 86b Abs.1 Nr.2 in Verbindung mit § 86a
Abs.2 Nr.1 und Abs.3 kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen die Anfechtungsklage
keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. In den Fällen des § 86a
Abs.2 Nr.1 SGG soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine
unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 86a Abs.3 Satz 2 SGG).
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides. Die Rechtsgrundlage, §
229 Abs.1 Nr.5 in Verbindung mit Abs.1 Satz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V ist im Widerspruchsbescheid korrekt
wiedergegeben worden. Danach sind auch Kapitalleistungen aus Lebensversicherungsverträgen, die der Arbeitgeber
aus Anlass des Beschäftigungsverhältnisses für den Arbeitnehmer abgeschlossen hat, beitragspflichtig. Dass dies für
Renten aus Lebensversicherungsverträgen gilt, ist ebenso höchstrichterlich geklärt (BSG SozR 2200 § 180 Nr.47) wie
die Unmaßgeblichkeit der Art der Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung (BSG, 12. Senat, Urteil vom
21.08.1997, 12 RK 35/96 unter Hinweis auf Urteile des BSG vom 30.03.1995 in SozR 3-2500 § 229 Nrn.7 und 8 mit
weiteren Nachweisen). Nachdem das Bundessozialgericht die Beitragspflichtigkeit auch bei Renten bejaht hat, die
ausschließlich auf Eigenleistungen des Arbeitnehmers beruhen, bestehen keine ernsthaften Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des strittigen Bescheides. Die Vollziehung des angegriffenen Bescheides stellt für die Antragstellerin
auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte gemäß § 86a Abs.3 SGG dar.
Eine unbillige Härte in diesem Sinne liegt vor, wenn durch die sofortige Vollziehung oder Zahlung dem
Beitragspflichtigen wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder
nur schwer - etwa durch eine spätere Rückzahlung - wiedergutzumachen sind. Derartige drohende Nachteile hat die
Antragstellerin weder im Klage- noch im Beschwerdeverfahren vorgetragen oder glaubhaft gemacht.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der
entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).