Urteil des LSG Bayern vom 16.05.2006

LSG Bayern: umkehr der beweislast, arbeitsamt, arbeitserlaubnis, arbeitsentgelt, beitragsnachforderung, genehmigung, koch, gaststätte, teilzeitarbeit, vollzeitbeschäftigung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 16.05.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 10 KR 280/03
Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 170/04
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13.05.2004 abgeändert und der
Bescheid der Beklagten vom 08.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2003 dahingehend
abgeändert, dass sich die Beitragsforderung auf 8.122,00 EUR reduziert. II. Im Übrigen wird die Berufung
zurückgewiesen. III. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. IV. Die Revision wird nicht zugelassen. V. Der
Streitwert wird auf 9.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Anfechtung eines Beitragsnachforderungsbescheids und die Erstattung von 8.999,89 EUR.
Der Kläger ist der Erbe der am 10.12.2002 verstorbenen M. S. , die Inhaberin des Gasthofes M. A. in H. war. Er ist
bzw. war auch Gesellschafter des Ferienhotels "Zum G." GmbH & Co. KG, ebenfalls in H ... Als
versicherungspflichtige Arbeitnehmer im Gasthof waren die Beigeladenen zu 1) bis 4) mit Unterbrechungen wie folgt
gemeldet: Die Beigeladene zu 1) von Juni 1997 bis Mai 2001 als Bedienung, der Beigeladene zu 2) von Dezember
2000 bis Oktober 2003 als Beikoch, der Beigeladene zu 3) ab Juli 1998 als Hauptkoch und der Beigeladene zu 4) von
Dezember 1997 bis Januar 2003 als Beikoch. Für diese tschechischen Arbeitnehmer waren jährliche
Arbeitserlaubnisse erteilt worden; dies geschah nach Vorlage einer von den Arbeitsvertragsparteien unterschriebenen
Einstellungsbestätigung für tschechische Grenzarbeitnehmer über eine Vollzeittätigkeit und das monatliche tarifliche
Entgelt. Lediglich die Beigeladene zu 1) war regelmäßig nur als Teilzeitbeschäftigte gemeldet. Für den Beigeladenen
zu 2) wurde ab März 2003 eine geänderte Arbeitszeit, für den Beigeladenen zu 4) ab 20.12.2000 eine Arbeitszeit von
19 Stunden wöchentlich vermerkt. Bei einer von der Beklagten durchgeführten Betriebsprüfung des Gasthofes S. am
20.03.2002 betreffend den Zeitraum vom 01.12.1997 bis 31.12.2001 stellte diese fest, dass der vom Arbeitsamt
genehmigte Mindestlohn in unterschiedlichem Ausmaß unterschritten worden ist. U.a. erhielt der Beigeladene zu 2) in
der Zeit von Dezember 2000 bis Oktober 2001 statt der angegebenen 2.971,00 DM lediglich 1.350,00 DM, der
Beigeladene zu 3) von Januar bis März 2001 statt 2.899,00 DM nur 1.350,00 DM und der Beigeladene zu 4) von
Oktober 1999 bis Oktober 2000 statt 2.899,00 DM nur 1.350,00 DM. In den vom Steuerbüro des Klägers geführten
Lohnkonten waren anders als für die Beigeladene zu 1) jeweils für die Beigeladenen zu 2) bis 4) 40 Wochenstunden
angegeben. Mit Bescheid vom 08.11.2002 machte die Beklagte gegenüber Frau S. eine Nachforderung in Höhe von
8.999,89 EUR geltend. Dem widersprach der Kläger am 18.12.2002 mit der Begründung, aufgrund mündlicher
Absprache über eine zeitlich geringere Arbeitsleistung habe die Klägerin nur die tatsächlich gezahlte Vergütung
geschuldet. Diese Absprachen seien formlos gültig gewesen. Der Kläger habe auf Anfrage vom Arbeitsamt K.
erfahren, nur die Ausweitung der Beschäftigung ohne Genehmigung des Arbeitsamts sei unzulässig. Teilweise sei die
Abweichung der tatsächlichen Lohnhöhe von der in der Einstellungsbestätigung genannten auf die fehlende
Anpassung der Löhne an die Tariferhöhung zurückzuführen, insoweit werde der Bescheid nicht angefochten. Die
übrige Nachforderung in Höhe von 7.108,90 EUR sei nicht berechtigt, da die Arbeitszeit im Einvernehmen mit den
Arbeitnehmern herabgesetzt worden sei. Die fehlende Änderung der Lohnkonten sei ebenso wie die
Tariflohnanpassung auf das Verschulden des Steuerbüros zurückzuführen. Auch andere Unstimmigkeiten wie die
tägliche Arbeitszeit seien zweifellos falsch eingetragen worden, was der Kläger nicht bemerkt habe.
Stundenaufzeichnungen oder Dienstpläne seien nicht vorhanden. In Zeiten verkürzter Arbeitszeit hätten die
Beigeladenen hauptsächlich am Wochenende gearbeitet. Das Steuerbüro bestätigte am 03.03.2003, versehentlich bei
verkürzter Arbeitszeit die tatsächlichen Arbeitsstunden nicht geändert zu haben. Die Beigeladenen zu 2) bis 4)
unterzeichneten gleichlautende Erklärungen, in den strittigen Zeiträumen nicht vollschichtig gearbeitet und den Lohn
entsprechend der geminderten Arbeitszeit erhalten zu haben. Beklagte und Arbeitsamt führten am 25.04.2003 eine
Nachprüfung durch. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass der Beigeladene zu 3) entsprechend der Genehmigung des
Arbeitsamts neben einem weiteren Koch als Vollzeitkoch beschäftigt und entlohnt worden ist. Der Beigeladene zu 4)
wurde zuletzt im Mai 2003 als Koch/Kellner 20 Wochenstunden beschäftigt. Der Kläger erklärte telefonisch, die
betroffenen Arbeitnehmer hätten in der Vergangenheit, wie beim Arbeitsamt beantragt und genehmigt, gearbeitet,
"nicht mehr und nicht weniger". Der beim Arbeitsamt K. für Grenzgänger zuständige Mitarbeiter erinnerte sich an
keinen konkreten Anruf des Klägers oder seiner verstorbenen Frau wegen Veränderungen der Arbeitsbedingungen.
Allgemein werde in solchen Fällen der Arbeitgeber zu einer neuen Antragstellung aufgefordert. Die Beklagte wies den
Allgemein werde in solchen Fällen der Arbeitgeber zu einer neuen Antragstellung aufgefordert. Die Beklagte wies den
Widerspruch am 25.08.2003 zurück. Die Halbierung der Arbeitszeit sei nicht nachgewiesen, da
Stundenaufzeichnungen fehlten, die Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz nicht eingehalten und in den
monatlichen Lohnkonten 40 Stunden pro Woche angegeben seien. Zudem sei die Halbierung der Arbeitszeit lediglich
als beispielhaft bezeichnet worden bzw. der Kläger selbst habe angegeben, die Arbeitszeit habe sich nach der
Genehmigung des Arbeitsamts gerichtet. Die Unkenntnis von der Höhe des Tariflohns sei nicht glaubhaft, da dieser
auf den Einstellungsbestätigungen vermerkt worden sei. Dagegen hat der Kläger am 19.09.2003 Klage erhoben und
den Bescheid in voller Höhe angefochten. Entgegen der ursprünglichen Behauptung seien nicht Tariferhöhungen
Ursache der Minderung des Arbeitslohns gewesen, sondern der Umstand, dass die Arbeitnehmer jeweils
unterbrochene Arbeitsverhältnisse hatten. Das Sozialgericht Regensburg hat die Klage am 13.05.2004 unter
Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides abgewiesen. Bei ausländischen Arbeitnehmern sei für die
Beitragshöhe der Inhalt der erteilten Arbeitserlaubnis maßgebend. Von einer geringeren Arbeitszeit könne nur bei
Genehmigung durch das Arbeitsamt ausgegangen werden. Gegen dieses am 12.07.2004 zugestellte Urteil hat der
Kläger am 03.08.2004 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe sich mit der Kernproblematik, nämlich, ob das
geschuldete Arbeitsentgelt auf der Grundlage der Arbeitsgenehmigung berechnet werden dürfe, nicht
auseinandergesetzt. Es habe auch die Erklärungen der Beigeladenen über den Sachverhalt und den angebotenen
Beweis, die Einvernahme des Steuerberaters, nicht gewürdigt. Die Bundesagentur hat das Ermittlungsverfahren gegen
den Kläger wegen falscher Auskünfte gegenüber dem Arbeitsamt am 12.11.2003 eingestellt. Die Betriebsinhaberin sei
verstorben, eine Zeugin habe bestätigt, dass sich die Arbeitszeit verringert habe, und es sei auch nicht zu widerlegen,
dass das Steuerbüro die Reduzierung der Arbeitszeit versehentlich nicht dokumentiert habe. Im Rahmen des
Ermittlungsverfahrens hat der Beigeladene zu 2) am 07.11.2003 mitgeteilt, er sei zeitweilig ganztägig und teilweise in
Teilzeit beschäftigt gewesen. Die einzelnen Zeiträume könne er nicht mehr angeben. In der mündlichen Verhandlung
am 13.09.2005 ist die Beigeladene zu 1), am 08.11.2005 sind die Beigeladenen zu 3) und 4) gehört bzw. als Zeugen
vernommen worden. Auf den Inhalt der Protokolle wird insoweit Bezug genommen. Anschließend hat sich die
Vertreterin der Beklagten bereit erklärt, einen schriftlichen Vergleichsvorschlag auf folgender Grundlage zu
unterbreiten: 1. Der Beigeladene zu 3) wurde in der Zeit von Januar bis März 2001 20 Stunden wöchentlich
beschäftigt. 2. Der Beigeladene zu 2) wurde ab Dezember 2000 24 Stunden wöchentlich beschäftigt. 3. Der
Beigeladene zu 4) wurde ab Dezember 2000 15 Stunden wöchentlich beschäftigt. Die Beteiligten erklärten sich mit
einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung für den Fall einverstanden, dass der Vergleichsvorschlag nicht
angenommen werde. Mit Schreiben vom 08.12.2005 hat die Beklagte die entsprechend dem Vergleichsvorschlag vom
08.11.2005 geänderten Berechnungsanlagen übersandt und die Nachforderung auf 5.902,96 EUR beziffert. Der Kläger
hat dieses Vergleichsangebot nicht angenommen. Er hat sich dagegen gewandt, dass die Arbeitszeit des
Beigeladenen zu 4) erst ab der Einstellung des Beigeladenen zu 2) im Dezember 2000 reduziert werde. Der
Beigeladene zu 4) habe angegeben, lediglich im ersten Jahr vollzeitbeschäftigt worden zu sein, so dass die ihn
betreffende Nachforderung in Höhe von 3.777,76 EUR nicht gerechtfertigt sei. Vorsorglich werde der Beigeladene zu
4) nochmals als Zeuge dafür benannt, dass das von ihm zitierte erste Jahr der Beschäftigung ab dem Zeitpunkt seiner
erstmaligen Einstellung beim Kläger gemeint gewesen sei und damit jedenfalls für 1999 oder 2000 eine
Vollzeitbeschäftigung ausgeschlosen werden könne. Die Beklagte hat sich einer Änderung ihres Vergleichsvorschlags
im Hinblick auf die ungenauen Angaben des Beigeladenen zu 4) verschlossen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13.05.2004 sowie den Bescheid der Beklagten
vom 08.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13.05.2004
zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 6) schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg, der
Bundesagentur für Arbeit sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch nur teilweise als begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13.05.2004 ist ebenso abzuändern wie der Bescheid der Beklagten
vom 08.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2003. Die Beitragsnachforderung für die Zeit
vom 01.01.1998 bis 31.12.2001 ist in Höhe von 8.122,00 EUR rechtmäßig. Die Unaufklärbarkeit der Frage, ob die
Beigeladenen zu 1) bis 4) entsprechend dem in den Einstellungsbestätigungen beschriebenen Umfang tatsächlich für
die Ehefrau des Klägers tätig gewesen sind, geht zu Lasten des Klägers. Die Passivlegitimation des Klägers ergibt
sich aus § 1967 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten. Die
verstorbene Ehefrau des Klägers war Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1) bis 4). Zwar wurden die Anträge auf
Arbeitsgenehmigung der tschechischen Arbeitnehmer auch mit dem Stempel der Betriebe des Klägers versehen, die
Lohnkontoführung ist aber bei der verstorbenen Ehefrau verblieben. Es ist daher davon auszugehen, dass die
verstorbene Ehefrau Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1) bis 4) war. Als Arbeitgeberin war die verstorbene Ehefrau
des Klägers verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 8.122,00 EUR zu zahlen (§ 28e
Sozialgesetzbuch - SGB - IV). Insoweit hat die Beklagte bei ihrer Prüfung gemäß § 28p SGB IV ein Defizit
festgestellt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag errechnet sich aus dem Arbeitsentgelt, das in § 14 SGB IV
definiert ist. Danach sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung,
gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie
geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14
Abs.1 SGB IV). Ob die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) tatsächlich das Arbeitsentgelt erhalten haben, das in den von
den Arbeitsvertragsparteien unterschriebenen Einstellungsbestätigungen im Einzelnen bezeichnet ist und das die
Beklagte ihrer Berechnung im Bescheid vom 08.11.2002 zugrunde gelegt hat, ist offen. Dennnoch ist die Forderung
der Beklagten nicht zu beanstanden. Lediglich hinsichtlich der Beschäftigung des Beigeladenen zu 3) Anfang des
Jahres 2001 war die Beitragsnachforderung zu korrigieren. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts kann nicht bereits
aus der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung gemäß § 284 SGB III auf einen Anspruch der Beigeladenen zu 1) bis 4)
gegen den Arbeitgeber geschlossen werden. Es mag sein, dass es dem inländischen Arbeitgeber nicht gestattet ist,
einen Ausländer zu anderen Bedingungen zu beschäftigen, als er sie dem Arbeitsamt gemäß § 284 Abs.3 SGB III
mitgeteilt hat. Daraus folgt jedoch nicht, dass diese Meldungen privatrechtsgestaltende Wirkung haben.
Anhaltspunkte hierfür ergeben sich weder aus § 284 SGB III selbst noch aus der Arbeitsgenehmigungsverordnung in
der Fassung vom 17.09.1998. Abweichende Vereinbarungen zwischen dem Ausländer und dem Arbeitgeber haben
nicht zur Folge, dass der vom Arbeitsamt genehmigte Arbeitsvertrag fiktiv weiter gilt. Ein Arbeitsvertrag, der
abgeschlossen wird, ohne dass eine entsprechende Arbeitsgenehmigung vorliegt, ist nicht nach § 134 BGB nichtig;
lediglich die Erfüllung ist unmöglich (vgl. BAG AP Nrn.2 bis 4 zu § 19 Arbeitsförderungsgesetz - AFG -). Dies führt zur
Suspendierung der wechselseitigen Vertragspflichten (§§ 275, 323 BGB). Für die Zeit der Suspendierung gelten die
Regeln des faktischen Arbeitsverhältnisses, d.h., der Arbeitgeber ist verpflichtet, für tatsächlich geleistete Arbeit die
entsprechende Vergütung zu bezahlen (Düe in Niesel, SGB III, Arbeitsförderung, Kommentar, 2. Auflage, § 284 Rz.7).
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) tatsächlich weniger gearbeitet haben als
dies in den Anträgen auf Arbeitserlaubnis bekundet worden ist. In den monatlichen Lohn-/Gehaltsabrechnungen des
zuständigen Steuerbüros ist für die Beigeladenen zu 2) bis 4) eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche angegeben.
Hingegen sind in den Lohn-/Gehaltsabrechnungen für die Beigeladene zu 1) 19 Stunden pro Woche angegeben. Zwar
hat Herr K. vom Steuerbüro G. und Partner am 03.03.2003 bestätigt, versehentlich seien bei einer vom Kläger
mitgeteilten verkürzten Arbeitszeit die tatsächlichen Arbeitsstunden nicht geändert worden und laut Lohnprogramm
seien die Arbeitszeiten automatisch mit einer 40-Stundenwoche gespeichert worden. Konkrete Aussagen zum
Zeitpunkt verkürzter Arbeitszeit fehlen hingegen und sind auch nicht mehr zu erwarten, da Aufzeichnungen über
geleistete Arbeitsstunden weder bei der Betriebsprüfung, die im Steuerbüro stattgefunden hat, vorgefunden wurden,
noch laut Aussagen des Steuerbüros und des Klägers selbst vorhanden sind. Die Einlassungen des Klägers selbst
zur Erklärung der Differenzen zwischen den Angaben gegenüber dem Arbeitsamt und den tatsächlichen
Lohnleistungen sind nicht schlüssig. Während der Klägerbevollmächtigte wiederholt vorgetragen hat, die
Unterschreitung der jeweils gültigen Tariflöhne sei auf die Vereinbarung entsprechend zeitlich geringerer
Arbeitsleistung zurückzuführen, hat der Kläger im Rahmen einer Nachprüfung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt
S. am 25.04.2003 angegeben, die betroffenen Arbeitnehmer hätten, wie beim Arbeitsamt beantragt und von diesem
genehmigt, gearbeitet, "nicht mehr und nicht weniger". Hinzu kommt, dass zunächst eingeräumt wurde, die nahezu
durchgehende geringfügige Unterschreitung der Tariflöhne beruhe auf der Unkenntnis der Tariflohnanpassung. Im
Klageschriftsatz ist dies dahingehend korrigiert worden, das höhere Arbeitsentgelt sei tatsächlich nicht geschuldet
worden, da die Arbeitnehmer jeweils jährlich unterbrochene Arbeitsverhältnisse hatten und deshalb die auf
kontinuierlichen Arbeitsverhältnissen aufbauenden Tariferhöhungen keine Wirkung entfalten konnten. Tatsächlich
handelt es sich bei den in den Einstellungsbestätigungen genannten Monatsbeträgen für die strittigen Zeiträume um
die von der Dauer des Arbeitsverhältnisses unabhängigen allgemeinverbindlichen Tariflöhne (Bekanntmachung über
die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags für das Gaststätten- und Beherbungsgewerbe vom 24.03.1999
[BAnz Nr.76 vom 23.04.99, S.6892], vom 02.02.2000 [BAnz Nr.56 vom 21.03.2000, S.4603]. Diese sind von der
Arbeitgeberin regelmäßig trotz Kenntnis unterschritten worden. Hinsichtlich der Hauptforderung der Beklagten ist zu
differenzieren. Der Beigeladene zu 3), der seit Juli 1998 als Hauptkoch im Gasthof S. beschäftigt ist, war nahezu
durchgehend vollbeschäftigt. Lediglich in den Monaten Januar bis März 2001 hat er statt des untertariflichen
Monatslohns von 2.700,00 DM 1.350,00 DM erhalten. Hierzu hat er bei der Anhörung am 08.11.2005 glaubhaft
vorgetragen, in diesen wenigen Monaten sei die Gaststätte nur abends geöffnet gewesen und er habe nur 20 Stunden
in der Woche gearbeitet. Dem hat die Beklagte Rechnung getragen und in ihrem Vergleichsvorschlag vom 08.12.2005
die Forderung bezüglich des Beigeladenen zu 3) für die Zeit vom 01.01.2001 bis 05.11.2001 von 1.311,74 EUR auf
433,85 EUR reduziert. Daraus ergibt sich eine Minderung der Gesamtforderung um 877,89 EUR. Die Gesamtforderung
reduziert sich daher auf 8.122,00 EUR. Auch der Beigeladene zu 4) hat bei seiner Anhörung am 08.11.2005
angegeben, entgegen der Meldung beim Arbeitsamt nicht durchgehend vollzeitbeschäftigt gewesen zu sein. Er sei
lediglich im ersten Jahr vollzeitbeschäftigt gewesen; wie lange dies der Fall gewesen sei, könne er nicht genau sagen.
Tatsächlich sei er nur 15 Stunden im Hotel beschäftigt gewesen. Nachvollziehbar ist, dass er neben dem
Beigeladenen zu 3), der ab Juli 1998 als Hauptkoch in der Gaststätte tätig war, dort nicht eingesetzt war. Der
Beigeladene zu 3) hat nämlich angegeben, lediglich mit dem Beigeladenen zu 2) in der Küche des Gasthauses
beschäftigt gewesen zu sein. In welchem Umfang der Beigeladene zu 4) anschließend aber im Hotel bzw. in der
Gaststätte als Kellner beschäftigt war, ist offen. Dass er lediglich 15 Stunden statt, wie im Jahr 2000 beantragt, 19
Stunden tätig war, ist angesichts der tatsächlichen Lohnzahlung nicht glaubhaft. In diesem Fall wäre er nämlich, wie
sich aus der anläßlich des Vergleichsvorschlags der Beklagten erstellten Vergleichsberechnung ergibt, übertariflich
bezahlt worden. Ausgehend von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden hätten dem Beigeladenen zu 4)
1.255,15 monatlich zugestanden, tatsächlich erhalten hat er 1.350,00 DM. Ebensowenig überzeugend erscheint die
Begründung des Beigeladenen zu 4), weshalb er lediglich teilzeitbeschäftigt war. So hat er am 11.03.2003 gegenüber
der Beklagten erklärt, in den aufgeführten Zeiten September bis Dezember 1999 und Januar bis September 2000 sei
der Geschäftsgang so schlecht gewesen, dass eine Vollzeitbeschäftigung nicht mehr möglich gewesen sei.
Tatsächlich ist am 24.11.2000 die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für 19 Wochenstunden beantragt worden. Im Jahr
davor, am 02.11.1999, als angeblich bereits ein schlechter Geschäftsgang auffällig war, hat der Kläger die
Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) als Koch über 39 Wochenstunden beantragt. Eine Reduzierung der
Beitragsnachforderung, wie sie im Vergleichsvorschlag der Beklagten vom 08.12.2005 enthalten ist, kann daher nicht
bejaht werden. Auch der Beigeladene zu 2) hat am 11.03.2003 gegenüber der Beklagten angegeben, im strittigen
Zeitraum - in seinem Fall von Dezember 2000 und von Januar bis Oktober 2001 - nur Teilzeit gearbeitet zu haben. Er
habe die geleisteten Arbeitsstunden richtig ausgezahlt erhalten. Die Glaubwürdigkeit dieser schriftlichen Aussage
leidet jedoch ebenso wie die des Beigeladenen zu 4) daran, dass sie wortgleich und offensichtlich vorgefertigt war und
die Beigeladenen selbst zugeben, keine eigene Erinnerung an die genauen Zeiträume ihrer Teilzeitbeschäftigung zu
haben, da Stundenzettel oder sonstige Arbeitsnachweise nicht geführt wurden. Ihre Verwertung als Zeugenbeweis
scheidet von vornherein aus, da die Beigeladenen zu 2) und 4) Beteiligte des Verfahrens sind. Der überwiegend ab
1998 in Vollzeit beschäftigte Beigeladene zu 3) ist als Zeuge zur Art und dem Umfang der Beschäftigung der
Beigeladenen zu 4) und 2) gehört worden. Dieser hat ausgesagt, er wisse nicht, wieviele Stunden der Beigeladene zu
2), der als einziger Koch neben ihm beschäftigt war, gearbeitet habe. Wenn die Beklagte auf der Basis der Aussage
des Beigeladenen zu 3), der Beigeladene zu 2) sei regelmäßig am Wochenende und wohl auch an seinem freien Tag,
dem Dienstag, beschäftigt gewesen, von einer reduzierten Arbeitszeit auf 24 Stunden ab Dezember 2000 ausgeht,
hält dies einer genauen Überprüfung nicht stand. Im Dezember 2000 hat der Beigeladene zu 2) seine Arbeit im
Gasthaus aufgenommen und zwar nach Erteilung einer im Oktober 2000 beantragten Arbeitserlaubnis für 39 Stunden.
In seiner Erklärung vom 07.11.2003 an die Bundesanstalt für Arbeit hat der Beigeladene zu 2) angegeben, an die
einzelnen Zeiträume der Ganztags- und Teilzeitarbeit könne er sich nicht mehr erinnern. Diese müssten sich aus
seinen Arbeitsgenehmigungen ergeben. Als auf Teilzeit umgestellt wurde, habe er das mit dem Chef besprochen.
Daraus kann entnommen werden, dass der Beigeladene zu 2) erst im Laufe seiner Beschäftigung auf Teilzeitarbeit
umsteigen musste. Im Oktober 2001 und 2002 sind erneut Anträge auf Arbeitserlaubnis für wöchentlich 39 Stunden
gestellt worden. Erst ab Februar 2003 ist eine Reduzierung auf 19 Stunden aktenkundig geworden. Die ursprüngliche
Berechnung der Beklagten im strittigen Bescheid ist daher nicht zu beanstanden. Es mag sein, dass die Teilzeitarbeit
der Beigeladenen zu 2) und 4) früher begonnen hat, als dies dem Arbeitsamt gegenüber mitgeteilt worden ist. Wann
dies tatsächlich der Fall war, ist nicht mehr aufklärbar. Daher ist die Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen zu
treffen. Zwar ist die Frage, wer die objektive Beweislast im Beitragsnachforderungsverfahren trägt, nicht explizit im
SGB IV geregelt. Es gilt also der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm
geltend gemachten Anspruch begründen. Für eine Beitragsnachforderung trägt also der prüfende Träger regelmäßig
die Beweislast (ähnlich für die Einzugsstelle BSG vom 29.04.1976 in SozR 1200 § 1399 Nr.4). Hat der Arbeitgeber
aber schuldhaft vereitelt, dass die Einzugsstelle die für die versicherungsrechtliche Beurteilung sowie die für die
Beitragsberechnung erforderlichen Tatbestände erfährt (z.B. durch Verletzung der ihm obliegenden Aufzeichnungs-
und Auskunftspflicht) und bestreitet der Arbeitgeber die von der Einzugsstelle behauptete Versicherungs- und
Beitragspflicht der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer, dann obliegt die Beweislast nicht der Einzugsstelle, sondern
dem Arbeitgeber (BSGE, a.a.O.). Es tritt dann eine Umkehr der Beweislast ein. Dies ist vorliegend gerechtfertigt.
Nach dem seit 1995 geltenden Nachweisgesetz ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, spätestens einen Monat
nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen zwischen ihm und
dem Beschäftigten schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen
(§ 2 Nachweisgesetz). Änderungen sind gemäß § 3 Nachweisgesetz schriftlich festzuhalten. Die Niederschrift ist zu
den Lohnunterlagen zu nehmen (§ 2 Abs.2 Ziffer 5 Beitragsüberwachungsverordnung). Tatsächlich existieren neben
den Formblättern vom Arbeitsamt keine schriftlichen Arbeitsverträge bzw. schriftlich vereinbarte Änderungen der
Arbeitsbedingungen. Ebensowenig wurden Stundenaufzeichnungen geführt. Damit hat die verstorbene Ehefrau des
Klägers ihre Aufzeichnungs- und Meldepflichten als Arbeitgeberin verletzt. In diesem Fall tritt eine Umkehr der
Beweislast ein (ebenso LSG für das Land Niedersachsen, 4. Senat, Urteil vom 25.07.1989 - L 4 KR 70/87). Weil es
anders als bei der Feststellung einer Ordnungswidrigkeit - Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die
Bundesagentur für Arbeit - nicht auf Verschulden des Arbeitgebers bzw. dessen Erben ankommt, hat die Forderung
der Beklagten Bestand.
Aus diesen Gründen war die Berufung überwiegend zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 154 Abs.2
Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs.3 GKG.