Urteil des LSG Bayern vom 19.09.2001

LSG Bayern: kopfschmerzen, radiologische untersuchung, commotio cerebri, behandlung, arbeitsunfall, wahrscheinlichkeit, unfallfolgen, umschulung, neurologie, vollrente

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 19.09.2001 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 41 U 132/96
Bayerisches Landessozialgericht L 2 U 168/99
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. November 1998 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am 1967 geborene Kläger erlitt auf dem Weg zur Arbeitsstelle am 26.09.1992 gegen 13.00 Uhr einen Unfall, als
ein anderes Fahrzeug auf seinen PKW auffuhr.
Am gleichen Tag gegen 17.00 Uhr suchte er den Allgemeinarzt Dr.B. auf und klagte über Schmerz im Genick, Vertigo,
Übelkeit und Schmerz am 1. Lendenwirbelkörper. Am 12.10.1992 konsultierte der Kläger den Orthopäden Dr.M. , der
angab, der Kläger habe keinen Arbeits- bzw. Wegeunfall, sondern lediglich einen Autounfall angegeben. Bei der ersten
Untersuchung diagnostizierte Dr.M.: Kopfschmerz, HWS-Rotation beiderseits deutlich eingeschränkt, neurologische
Begleitsymptomatik. Die Röntgenaufnahmen zeigten einen leichten kyphotischen Knick der Halswirbelsäule, keine
diskoligamentäre Verletzung, an der Brustwirbelsäule eine Einschränkung der Innenrotation. Der Heilverlauf war bis
zum 01.12.1992 gut und komplikationslos. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde nicht ausgestellt.
Am 22.06.1993 machte die Hamburg-Münchener Ersatzkasse gegenüber der Beklagten einen Ersatzanspruch
geltend; Arbeitsunfähigkeit habe vom 26.09.1992 bis 09.10.1992 vorgelegen. Gewährt worden seien
Krankengymnastik, Eisbehandlung und Fango. Die für den Kraftfahrzeughaftpflichtschaden zuständige Allianz-
Versicherungs-AG wies im Schreiben vom 13.05.1994 auf unfallunabhängige Vorerkrankungen wie Spondylolysthese
hin. Der Kläger gab an, er habe vom 03.09.1990 bis 16.06.1992 eine Umschulung zum Immobilienkaufmann
absolviert.
Im Gutachten vom 29.03.1995 führte der Orthopäde Dr.K. aus, der Kläger habe angegeben, er sei von Beruf gelernter
Bauschlosser (Heizungsbauer). Im Rahmen dieser Tätigkeit sei es jedoch zu belastungsabhängigen Schmerzen,
insbesondere im Bereich des Nackens und der Halswirbelsäule gekommen. Deswegen sei eine Umschulung
durchgeführt worden. Danach habe er keine Schmerzen mehr gehabt. Unmittelbar nach dem Unfall habe er ziehende
Schmerzen im Nacken verspürt, die sich nach zwei bis drei Stunden gesteigert hätten, so dass er sich zu Dr.B.
begeben habe.
Dr.K. erklärte, die Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule zeigten keine Folgen einer Instabilität. Bei der Annahme
einer mittelschweren Zerrung sei zu unterstellen, dass diese Weichteilverletzung sechs Monate nach dem
Unfallereignis zur Ausheilung gekommen sei und dass für weitere sechs Monate statische und dynamische
Anpassungsvorgänge abgelaufen seien. Nach zwölf Monaten sei die Zerrverletzung folgenlos ausgeheilt gewesen. Die
Röntgendokumente der Halswirbelsäule zeigten keine bedeutsamen degenerativen Vorschädigungen, ebensowenig
anlagebedingte Formvarianten. Allerdings habe schon früher eine erhebliche Beschwerdesymptomatik der HWS
bestanden, die zu den Umschulungsmaßnahmen geführt habe. Weiter lägen eine erhebliche statische und
dynamische Insuffizienz, eine muskuläre Dysbalance der Brust- und Lendenwirbelsäule vor mit Hohlkreuzbildung,
einer linkskonvexen lumbalen Skoliose und schwach entwickelter Muskulatur des Rückens und Abdomens. Das
Röntgenbild der Lendenwirbelsäule zeige eine Variante am lumbosakralen und am dorsolumbalen Übergang.
Zusätzlich bestehe ein leichtes Wirbelgleiten im Sinn einer Spondylolysthesis, das schon bei den
Musterungsuntersuchungen diagnostiziert worden sei.
Die vorbestehende Erkrankung sei durch den Arbeitsunfall nicht richtungweisend verschlimmert worden. Der
Gleitvorgang sei äußerst gering, Frakturschädigungen seien nicht erkennbar, und bei der ersten ärztlichen
Untersuchung sei eine Funktionseinschränkung nicht dokumentiert worden. Dagegen sei eine Schmerzsymptomatik
am Übergang der Brust- zur Lendenwirbelsäule in Höhe von LWK 1 beschrieben, also einem Punkt der Wirbelsäule,
der weit entfernt liege vom lumbosakralen Übergang. Als Unfallfolgen bestünden eine mittelschwere Zerrverletzung der
Halswirbelsäule sowie eine Zerrung und Stauchung der Lendenwirbelsäule. Die Verletzung der Lendenwirbelsäule sei
spätestens sechs Wochen nach dem Unfallereignis folgenlos ausgeheilt gewesen, die Distorsion der Halswirbelsäule
am 26.09.1993. Die MdE habe bis 26.03.1993 20 v.H., danach bis 26.09.1993 10 v.H. betragen. Jetzt seien
Unfallfolgen nicht mehr feststellbar.
Mit Bescheid vom 07.06.1995 gewährte die Beklagte vom 27.09.1992 bis 31.03.1993 Rente nach einer MdE um 20
v.H. wegen der Unfallfolgen: Zerrung der Halswirbelsäule, Stauchung und Zerrung der Lendenwirbelsäule als
vorübergehende, nicht richtungsweisende Verschlimmerung der vorbestehenden Schadensanlage.
Der Kläger übersandte ein Attest des Dr.B. vom 05.05.1995, nach dem zervikale Kopfschmerzen, LWS-Beschwerden
und Schmerzzustände vorlägen. Dr.M. teilte am 24.04.1995 mit, die letzte Vorstellung des Patienten sei am
05.04.1995 erfolgt. Es seien Blockierungen im Bereich der Halswirbelsäule mobilisiert worden.
Mit Widerspruch vom 21.06.1995 übersandte der Kläger eine Stellungnahme des Orthopäden Dr.L. vom 05.10.1995.
Es zeige sich eine auffällig starke muskuläre Dysbalance der Schulter-Nackenregion, die die Kopfschmerzen
hinlänglich erkläre. Die Funktion der Halswirbelsäule sei klinisch weitgehend frei, ebenso die der Brustwirbelsäule.
Blockierungszeichen ließen sich nicht finden. Die schmerzhafte Verspannung der Schulter-Nackenmuskulatur sei
Folge der Beschleunigungsverletzung, die zweifellos auch eine Weichteilverletzung herbeigeführt habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.1996 zurück. Dr.K. habe überzeugend
begründet, dass aufgrund des Arbeitsunfalles keinerlei Weichteilverletzung nachzuweisen sei.
Mit der Klage vom 01.03.1996 hat der Kläger eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. begehrt.
Das SG hat den Chirurgen Dr.L. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt, der im Gutachten vom 12.11.1997
ausgeführt hat, die radiologische Diagnostik der Halswirbelsäule habe eine diskoligamentäre Verletzung
ausgeschlossen. Dr.L. habe die Funktion der Halswirbelsäule als frei und ohne Blockierungs- phänomene
beschrieben. Seine Annahme, die jetzt nachweisbare schmerzhafte Verspannung der Schulter-Nackenmuskulatur sei
Unfallfolge, sei eine Hypothese und nicht bewiesen. Die muskuläre Dysbalance habe auch Dr.K. diagnostiziert. Sie
sei anlagebedingt und in keiner Weise Unfallfolge.
Im radiologischen Zusatzgutachten hat Prof.Dr.G. Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule beurteilt und ist zu dem
Ergebnis gekommen, es zeige sich eine altersentsprechend unauffällige Halswirbelsäule.
Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.L. hat im
Gutachten vom 11.07.1998 zusammenfassend ausgeführt, die Atteste, die dem Umschulungsantrag des Klägers
zugrunde gelegen hätten, beschrieben eine vermutete Insuffizienz des Stützgewebes sowie vertebragen bedingte
Cephalgien.
Der Kläger habe eine typische Schleuderverletzung erlitten, außerdem sei das rechte Kreuzdarmbeingelenk verletzt
worden. Die Hypermobilität bzw. Instabilität eines Kreuzdarmbeingelenks sei in den meisten Fällen durch eine
radiologische Untersuchung nicht verifizierbar. Zweifellos habe der Unfall eine Wirbelsäule getroffen, die zumindest an
der Lendenwirbelsäule eine gewisse Vorschädigung aufgewiesen habe. Die Bandscheibendegenerationen in den
Etagen C 2 bis C 4 könnten möglicherweise Hinweis für eine Vorschädigung der Halswirbelsäule sein; es spreche aber
mehr dafür als dagegen, dass sie unfallbedingt seien. Zwar könne eine Weichteilverletzung im Bereich der
Halswirbelsäule nicht sicher objektiviert werden, doch wegen der Progredienz des Schmerzverlaufs müsse
angenommen werden, dass eine solche Verletzung vorgelegen habe. Die Einschätzung einer unfallbedingten Störung
könne nicht von Bewegungsmessungen der Halswirbelsäule oder dem Fehlen radiologischer Befunde abhängig
gemacht werden. Die Entwicklung von muskulären Dysbalancen im Schulter-Nackenbereich sei mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit Folge der Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule. Auch die Instabilität des rechten
Kreuzdarmbeingelenks sei durchaus durch den Unfallmechanismus erklärbar und müsse als Unfallfolge angesehen
werden. Die Veränderungen an der Bandscheibe L 5/S 1 seien auf das anlagebedingte Wirbelgleiten zurückzuführen
und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht unfallbedingt. Retrospektiv könne man nicht exakt festlegen, wie
lange die unfallbedingte Schmerzstörung von Seiten der Hals- und Lendenwirbelsäule existiert habe und ab welchem
Zeitpunkt auch ohne Unfallereignis eine anlagemäßige Schmerzentwicklung eingetreten wäre. Aufgrund des Verlaufs
müsse eine unfallbedingte Schmerzsymptomatik bis 1996 angenommen werden. Die MdE sei vom 01.04.1993 bis
30.06.1996 auf 20 v.H. einzuschätzen, danach auf 0 v.H.
Dr.L. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 27.10.1998 ausgeführt, im Schreiben Dr.L. vom 05.10.1995 sei von
einer Verletzung des Kreuzdarmbeingelenkes nicht die Rede. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt
gewesen, eine Instabilität des rechten Kreuzdarmbeingelenkes setze aber immer eine Komplexverletzung des rechten
vorderen Beckenringes voraus, aus der die Instabilität resultiere. Insgesamt seien die Ausführungen Dr.L. nicht
überzeugend, auch nicht hinsichtlich der Veränderungen an der Halswirbelsäule.
Der Kläger hat ein Attest des Chiropraktikers M. vom 23.11.1998 übersandt, nach dem sich der Kläger seit
17.11.1998 bei ihm in Behandlung befinde. Die Verrenkungen und Blockaden könnten die Ursache für Kopfschmerzen,
HWS-Schmerzen und Schwindel sein und seien durchaus auf den Autounfall zurückzuführen. Der Heilpraktiker R. hat
in einem Attest vom 23.11.1998 ausgeführt, die Gleichgewichtsstörungen und Kopfschmerzen verbunden mit
in einem Attest vom 23.11.1998 ausgeführt, die Gleichgewichtsstörungen und Kopfschmerzen verbunden mit
Schwindel und Sehstörungen gingen eindeutig von der oberen Halswirbelsäule aus und bestünden seit dem Autounfall.
Die Möglichkeit der Entstehung durch Dislokation während des Unfalles sei gegeben.
Mit Urteil vom 24.11.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Dr.L. habe dargelegt, der Unfall habe ein abgeheiltes
Halswirbelsäulenbeschleunigungstrauma mittelschwerer Prägung ohne Zeichen eines peripher neurogenen Defekts zur
Folge gehabt. Dr.L. bescheinige dem Kläger klinikrelevante Eckdaten, die nicht vereinbar seien mit der von ihm
angenommenen MdE von 0 v.H. ab 01.07.1996.
Mit der Berufung vom 26.04.1999 macht der Kläger geltend, sein Gesundheitszustand sei von Dr.L. nicht zutreffend
beurteilt worden. Erforderlich sei insbesondere die Einholung eines Gutachtens auf neurologischem Fachgebiet.
Das Gesuch des Klägers auf Ablehnung des vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannten Dr.K. wurde mit
Beschluss vom 30.03.2000 als unbegründet zurückgewiesen.
Im Gutachten vom 04.07.2000 führt der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. aus, bei fehlenden ärztlichen
Befunden zwischen Dezember 1992 und Mai 1995 und nur geringen Ausgangsbeschwerden, sowie bei Fehlen eines
organischen Befundes, der in der Lage wäre, die vom Kläger angegebenen Kopfschmerzen zu erklären, sei ein
Zusammenhang zwischen den Beschwerden und dem Trauma vom 26.09.1992 nicht ausreichend zu begründen. In
den meisten Fällen müsse man bei migräneartigen Kopfschmerzen annehmen, dass das Trauma nur in zufälligem
Zusammenhang mit den ersten Migräneanfällen gestanden habe. Denn einen Zusammenhang zwischen Migräne und
Trauma im Sinne einer Auslösung gebe es nicht. Wenn es bei dem Unfall zu einer mittelschweren
Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule gekommen sei, wäre ein posttraumatischer Kopfschmerz nur für die Dauer
von maximal sechs bis zwölf Wochen anzuerkennen. Der von Dr.K. gesteckte Rahmen sei bereits relativ weit.
Danach sei eine unfallbedingte MdE aus nervenärztlicher Sicht nicht mehr zu begründen.
Der Kläger wendet mit Schreiben vom 27.10.2000 ein, Dr.K. habe die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen
nicht zutreffend berücksichtigt. Insbesondere treffe es nicht zu, dass zwischen November 1992 und Mai 1995 keine
Behandlung stattgefunden habe. Der Kläger übersendet ein Attest des Dr.M. vom 14.01.1993, nach dem der Kläger in
ständiger Behandlung sei wegen persistierender Cervikobrachialgien nach HWS-Schleudertrauma sowie eine
Rechnung von Dr.M. über ärztliche Bemühungen bei Zustand nach HWS-Schleudertrauma vom 20.07.1993 bis
22.09.1993 sowie Krankengymnastikverordnungen vom August, September und November 1993.
Beigezogen ist ein Befundbericht des Allgemeinarztes Dr.B. vom 24.03.2001, der Behandlung vom 26.09.1992 bis
14.03.2001 attestiert. Die Kopfschmerzen hätten sich im Laufe der Zeit verstärkt, hinzugekommen sei die muskuläre
Dysbalance. Seit August 1996 bestehe starker Schwindel, verbunden mit Konzentrationsstörungen sowie häufig
Übelkeit und Klaustrophobie. Dr.K. bestätigt im Befundbericht vom 02.04.2001, der Kläger sei vom 20.07.1993 bis
05.04.1995 bei ihm in Behandlung gewesen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.S. gibt im Befundbericht vom
10.04.2001 an, er habe den Kläger erstmals am 10.12.1996, zuletzt am 17.12.1996 behandelt. Es sei ein
neurologischer Normalbefund erhoben worden inklusive normalem EEG und normalen akkustisch evozierten
Potentialen. Der Kläger habe über Ängste in Verbindung mit Atemnot, Herzstechen sowie Kribbelparästhesien geklagt.
Der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.11.1998 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des
Bescheides vom 07.06.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.1996 zu verurteilen, ihm vom
01.04.1993 bis 30.06.1996 Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der
Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige
Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor
dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII in Verbindung mit § 580 RVO).
Ein Arbeitsunfall setzt gemäß § 548 Abs.1 RVO einen Unfall voraus, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539,
540 und 543 bis 545 RVO genannten versicherten Tätigkeiten erleidet. Der Begriff des Unfalls erfordert ein äußeres
Ereignis, d.h. einen von außen auf den Körper einwirkenden Vorgang, der rechtlich wesentlich den Körperschaden
verursacht hat (vgl. BSGE 23, 139). Das äußere Ereignis muss mit der die Versicherteneigenschaft begründenden
Tätigkeit rechtlich wesentlich zusammenhängen. Dabei bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen
Beweises, d.h., sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285).
Die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt nur insoweit, als der ursächliche Zusammenhang im
Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden und zum Unfall führenden
Verrichtung und dem Unfall selbst sowie der Zusammenhang betroffen ist, der im Rahmen der haftungsausfüllenden
Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall und der maßgebenden Verletzung bestehen muss (vgl. Krasney VSSR 1993,
81, 114).
Der Arbeitsunfall des Klägers vom 26.09.1992 hat über den 31.03.1993 hinaus keine bleibenden
Gesundheitsstörungen, die eine MdE von wenigstens 20 v.H. der Vollrente bedingen würden, zurückgelassen. Dies
ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den schlüssigen Gutachten der ärztlichen Sachverständigen Dr.K. und
Dr.L. sowie aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr.K. , das im Wege des
Urkundenbeweises verwertet wird.
Unstreitig hat der Kläger am 26.09.1992 ein Halswirbelsäulenbeschleunigungstrauma mittelschwerer Prägung, aber
ohne Zeichen eines peripher neurogenen Defektes, erlitten, das zwischenzeitlich abgeheilt ist. Eine neurologische
Begleitsymptomatik wurde weder vom erstbehandelnden Arzt Dr.B. noch von dem Orthopäden Dr.M. festgestellt;
auch hielten es weder Dr.B. noch Dr.M. für erforderlich, eine neurologische Untersuchung und Behandlung zu
veranlassen.
Bei nur geringen Ausgangsbeschwerden und bei Fehlen eines organischen Befundes, der in der Lage wäre, die
Kopfschmerzen zu erklären, ist, wie Dr.K. ausführt, ein Zusammenhang zwischen den vom Kläger angegebenen
Beschwerden und dem Trauma vom 26.09.1992 nicht ausreichend zu begründen. Es kann offen bleiben, ob sich der
Kläger lediglich eine Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule zugezogen hat oder ob es zusätzlich zu einer
Schädelprellung gekommen ist. Folgen einer Schädelprellung heilen erfahrungsgemäß innerhalb weniger Wochen aus.
Eine Commotio cerebri hat erwiesenermaßen nicht vorgelegen. Eine höhergradige Traumatisierung des Gehirns ist, so
Dr.K. , auszuschließen. Dr.K. erläutert, dass die Schwere eines Traumas nicht mit dem Ausmaß eines
posttraumatischen Kopfschmerzsyndroms korreliert. Es besteht keine Beziehung zwischen Kopfschmerzen und
pathomorphologischen Befunden z.B. neurologischen Ausfällen, Herdbefunden im EEG oder
compoutertomographischen Veränderungen. Wenn es bei dem Unfall zu einer mittelschweren Distorsionsverletzung
der Halswirbelsäule kam, wie Dr.K. ausführt und wie auch Dr.L. bestätigt, wäre ein posttraumatischer Kopfschmerz für
die Dauer von maximal sechs bis 12 Wochen anzunehmen. Trotzdem hat Dr.K. eine MdE von 20 % für die Dauer
eines Jahres vorgeschlagen.
Insbesondere kam es bei dem Unfall zu keinerlei diskoligamentären Verletzungen. Sie konnten durch die
radiologische Diagnostik der Halswirbelsäule ausgeschlossen werden, denn die Funktionsaufnahmen zeigen ein
eingeschränktes, jedoch harmonisches Bewegungsmuster bei Beugung und Streckung, in keinem
Bewegungssegment ein ventrales Klaffen und somit keinen Anhalt für eine unfallbedingte diskoligamentäre
Instabilität. Selbst wenn sie vorgelegen hätte, wäre sie spätestens nach sechs Monaten ausgeheilt. Auch Dr.L.
bestätigt, dass Verletzungen an den Weichteilen selbst, also Zerrungen an Kapseln, Bändern und anderen
Weichteilstrukturen sicherlich nach diesem Zeitpunkt eine Reparation erfahren haben. Er schließt aber nicht aus, dass
als Folge dieser Weichteilstörungen möglicherweise andere Verletzungsfolgen ein eigenes Krankheitsbild unterhielten.
Gegen diese Hypothese spricht aber der auf den 1995 angefertigten Kernspinaufnahmen sichtbare Befund, der keine
Restzustände nach Frakturen der Facettengelenke, der knorpeligen Anteile der Gelenkflächen und auch nicht
Folgezustände von Kapseleinrissen zeigt, so dass von noch bestehenden Weichteilstörungen nicht gesprochen
werden kann. Auch Dr.L. betont, dass die beim Kläger bestehenden Funktionsstörungen kaum zu objektivieren seien.
Es ist Dr.L. zuzustimmen, dass Dr.L. Annahme, die unfallbedingte Schmerzsymptomatik habe bis 1996 bestanden,
nicht überzeugen kann. Wenn tatsächlich eine diskoligamentäre Instabilität durch den Unfall verursacht worden wäre,
wäre bei Defektheilung ein Dauerschaden zu erwarten und weder die Arbeitsaufnahme 14 Tage nach dem Arbeitsunfall
möglich gewesen noch die von Dr.L. angenommene Beendigung der Schmerzsymptomatik 1996.
Es ist zu berücksichtigen, dass gerade an der Halswirbelsäule unfallunabhängige Vorerkrankungen bestehen, die die
Schmerzen des Klägers erklären können. Diagnostiziert waren bereits 1987 und 1988 eine vermutete Insuffizienz des
Stützgewebes sowie vertebragen bedingte Cephalgien. Immerhin waren die Beschwerden bereits 1990 so gravierend,
dass der Kläger sich zu einer Umschulung entschlossen hat. Auch Dr.L. weist auf anlagebedingte Veränderungen hin.
Weiter bestehen eine numerische Variante am lumbosakralen und am dorsolumbalen Übergang der Wirbelsäule und
zusätzlich ein leichtes Wirbelgleiten von LWK 5 über dem Übergangswirbel im Sinne einer Spondylolysthesis vera.
Dieser Gleitwirbel wurde bereits 1986 bei der Musterung diagnostiziert und der Kläger deswegen vom Grundwehrdienst
freigestellt. Der Vorschaden wurde durch den Unfall nicht richtungweisend verschlimmert, denn eine unfallbedingte
Instabilität der Kreuzdarmbeingelenke würde ein wesentlich gravierenderes Beschleunigungstrauma voraussetzen,
das irreparable klinische und radiologische Spuren hinterlassen hätte, wie sie beim Kläger nie gegeben waren. Es fällt
auf, dass Dr.L. im Brief vom 05.10.1995 Krankheitserscheinungen oder Beschwerden in diesem Bereich überhaupt
nicht erwähnt. Die radiologische Diagnostik der Kreuzdarmbeingelenke ist, wie Dr.K. ausführt und Dr.L. bestätigt,
unauffällig. Wie Dr.L. betont, scheidet eine isolierte Verletzung des rechten Kreuzdarmbeingelenks aus. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt war und eine Komplexverletzung des
rechten vorderen Beckenringes, aus der eine Instabilität hätte resultieren können, nicht stattgefunden hat. Auch Dr.L.
bestreitet nicht eine Vorschädigung der Lendenwirbelsäule. Ohne überzeugende Begründung geht er aber davon aus,
dass sich eine Gefügelockerung des rechten Kreuzdarmbeingelenkes entwickelt habe, die zu rezidivierenden
Blockierungen Anlass gegeben habe. Für diese Annahme teilt Dr.L. aber keine Belege mit; andererseits betont er,
dass jetzt eine Hypermobilität nicht mehr bestehe.
Über die von der Beklagten bereits gewährten Leistungen bis 31.03.1993 hinaus ist daher kein Anspruch auf
Rentengewährung gegeben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.