Urteil des LSG Bayern vom 19.10.2006

LSG Bayern: coxa valga, asthma bronchiale, stationäre behandlung, berufsunfähigkeit, krankenpfleger, vorübergehende arbeitsunfähigkeit, hitze, belastung, ausbildung, masseur

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 19.10.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 2 RA 228/98
Bayerisches Landessozialgericht L 14 R 4212/02
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 7. August 2002 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Erwerbsminderung.
Der 1965 geborene Kläger durchlief zunächst eine Ausbildung zum Krankenpfleger und danach auch zum Masseur
und Medizinischen Bademeister. Nach einer Tätigkeit als Masseur in einem Klinikum (bezahlt nach BAT VIII) war er
zuletzt bis Ende 1993 als Krankenpfleger auf einer Station mit verhaltenstherapeutischen Beobachtungen tätig
(Vergütungsgruppe KrIV Fallgruppe 1, Teil A der Anlage 1 zum BAT). Nach privater Fortbildung (Nachholen des
Abiturs) meldete er sich ab 01.01.1997 arbeitslos und stellte am 26.03.1997 bei der Beklagten Antrag auf Rente
wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und gab zur Begründung "Asthma, Rückenprobleme, Hautekzem" an.
Mit Bescheid vom 29.09.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil der Kläger zwar nicht mehr als
Krankenpfleger, aber in möglichen Verweisungstätigkeiten als Bürokraft oder Fachberater für Sanitätswesen tätig sein
könne. Sie hatte ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des Dr.G. vom 24.02.1997 ("leichte und mittelschwere Arbeiten
ohne Einwirkung von Kälte, Hitze, Staub und hautbelastenden Stoffen vollschichtig") beigezogen, ferner die in einem
parallel laufenden beruflichen Rehabilitationsverfahren eingeholten Gutachten auf orthopädischem und
dermatologischem Gebiet (Dr.I. , Gutachten vom 24.06.1997: bisherige Tätigkeiten weiterhin vollschichtig, allerdings
Tätigkeiten mit überwiegender Belastung der Kniegelenke nicht mehr zumutbar; Gutachten des Dr.M. vom
10.06.1997: "Zustand nach allergischem Kontaktekzem der Hände bei Sensibilisierung gegen 1,3-Diphenylguanidin,
toxisch degeneratives Ekzem bei atopischer Diathese und allergische Bronchitis und Rhinitis bei Typ-I-
Sensibilisierungen gegen diverse Inhalationsallergene", bisherige Tätigkeiten weiter möglich, wenn konsequent
allergenfreie Handschuhe benutzt würden).
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.1998 zurückgewiesen.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) verfolgte der Kläger sein Rentenbegehren weiter. Während des
Verfahrens nahm er in der Zeit vom 14.06.1999 bis 01.06.2001 erfolgreich an einer Umschulungsmaßnahme des
Arbeitsamts W. zum Mediengestalter - Digital- und Printmedien - teil. Zuvor hatte er eine andere
Umschulungsmaßnahme des Arbeitsamts B. zum Buchbinder abgebrochen, offenbar, weil er sich überqualifiziert
fühlte.
Das SG zog die Akten des Arbeitsamts W. , des Amtes für Versorgung und Familienförderung W. (GdB zuletzt 50),
die Akten S 4 AL 471/99 des SG Würzburg sowie Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr.B. und Dr.K. bei, ferner
Arbeitgeberauskünfte über die letzten Tätigkeiten des Klägers als Masseur und medizinischer Bademeister und
Krankenpfleger zwischen Oktober 1991 und November 1993. Es erhob Beweis über den Gesundheitszustand und die
Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Einholung von Gutachten auf internistisch-allergologischem und auf
orthopädischem Fachgebiet. Der Internist und Allergologe Dr.E. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 27.09.2001
eine allergische Diathese mit Rhinokonjunktivitis und Asthma bronchiale und hielt mittelschwere körperliche
Tätigkeiten in wechselnder Stellung vollschichtig für möglich. Tätigkeiten mit Belastung durch Rauch, Staub, Gas,
Dampf, Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen sowie mit Kontakt zu Hautreizstoffen waren nach seinen
Ausführungen zu vermeiden.
Auf orthopädischem Fachgebiet erhob Dr.G. ein muskulär-insuffizientes Wirbelsäulensyndrom mit
belastungsabhängigen Lendenwirbelsäulenschmerzen und Nacken-Kopfschmerzen, daneben funktionelle
Kniegelenksbeschwerden links im Kniescheibengelenk ohne Reizzustand und Coxa valga beidseits ohne funktionelle
Einschränkung. Er ging ebenfalls von vollschichtiger Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeiten aus, wobei
vermehrte Wirbelsäulenbelastung durch statische Haltungsarbeit zu vermeiden sei. Dr.G. empfahl im Übrigen wegen
der muskulären Insuffizienz des Haltungsapparates ein Heilverfahren mit Physiotherapie und Rückenschule
(Gutachten vom 15.12.2001).
Mit Beschluss vom 06.05.2002 lehnte das SG einen Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung des
bisherigen Bevollmächtigten ab, da die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.
Mit Urteil vom 07.08.2002 wies es die auf einen Rentenanspruch wegen Berufsunfähigkeit beschränkte Klage,
gestützt auf die Gutachten des Dr.E. und des Dr.G. , ab mit der Begründung, der Kläger sei nicht in
rentenberechtigendem Maße in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt. Er könne mit dem ihm verbliebenen
Leistungsvermögen zwar nicht mehr die erlernten Tätigkeiten eines Krankenpflegers oder Masseurs und
Medizinischen Bademeisters verrichten, sei aber nicht berufsunfähig, weil er auf andere Tätigkeiten zumutbar
verweisbar sei. Als noch in Betracht kommende Tätigkeit benannte das SG unter Bezugnahme auf eine Auskunft des
LAA Bayern im Verfahren S 8 RJ 701/99 des SG Würzburg die eines gehobenen Registrators, welche der Kläger dank
seiner verwaltungs- und organisationstechnischen Vorkenntnisse aufgrund seiner Ausbildung als Krankenpfleger mit
Verwaltungs- und Bürokenntnissen (u.a. pflegedienstbezogene Abrechnungs-, Organisations- und Verwaltungsarbeiten
bei Anwendung des jeweiligen Krankenhausinformationssystems) innerhalb eines dreimonatigen
Einarbeitungszeitraumes erreichen könne. Da es sich um eine Tätigkeit des gehobenen Anlernbereichs handele, stelle
sie für den Kläger keinen unzumutbaren sozialen Abstieg dar. Die gesundheitlichen Anforderungen seien mit den für
ihn geltenden Leistungseinschränkungen vereinbar. Darüber hinaus verwies das SG auf die Tätigkeit des
Mediengestalters, auf die er nach seiner Umschulung verweisbar sei (§ 43 Abs.2 Satz 3 SGB VI a.F.); unerheblich
sei, dass er einen neuen Arbeitsplatz in diesem Beruf noch nicht gefunden habe.
Mit der Berufung wandte sich der Kläger gegen dieses Urteil und brachte im wesentlichen vor, die vom SG angeführte
Verweisungstätigkeit eines Registrators komme aus rechtlichen Gründen sowie auch aus gesundheitlichen Gründen
für ihn nicht in Betracht. Sie sei sowohl mit starker Staub- und Sporenbelastung als auch mit ständigem Heben von
Akten und Unterlagen verbunden, was er im Hinblick auf sein allergisches Asthma, die Neurodermitis und
Wirbelsäulenproblematik vermeiden müsse. Auch sei der Beruf des Registrators für ihn mit Einkommens- und
Ansehensverlusten verbunden, jedenfalls soweit sie nach BAT X und IX bezahlt werde. Bezüglich seines
Umschulungsberufs als Mediengestalter machte der Kläger geltend, durch die damit verbundene einseitige Haltung
am Computer immer wieder Probleme mit der Halswirbelsäule zu haben und im Übrigen keine Tätigkeit dieser Art
gefunden zu haben. Der Kläger legte zu seinem Vorbringen verschiedene ärztliche Unterlagen vor, u.a. einen
Untersuchungsbefund des Allergologen Dr.L. vom 23.08.2002, in dem es u.a. heißt, der Kläger solle beruflich Kontakt
zu reizenden Gasen, Dämpfen, Stäuben, starken Gerüchen oder krassen Temperaturschwankungen meiden; der
Beruf des Registrators sei "sicherlich in diesem Zusammenhang ungünstig auch im Hinblick auf die
Wirbelsäulenbeschwerden"; ferner ein Schreiben des Orthopäden Dr.B. vom 03.07.2003, wonach aufgrund der
chronischen Wirbelsäulenbeschwerdesymptomatik Arbeiten in Zwangshaltungen und mit Heben und Tragen von
schweren Lasten (mehr als 10 kg) nicht empfehlenswert seien.
Den Antrag des Klägers, ihm für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, lehnte der Senat mit
Beschluss vom 22.10.2003 ab, weil der Kläger mit seinem noch vollschichtigen Leistungsvermögen bei qualitativen
Leistungseinschränkungen nicht berufsunfähig sei. Er könne sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines
Krankenpflegers in einer Verhaltenstherapiestation (Patientenbeobachtung) noch verrichten als auch Tätigkeiten eines
Mediengestalters und auch eines gehobenen Registrators. Der Senat führte zu der letzten Tätigkeit aus, er halte den
Einwand einer Staubbelastung in diesem Beruf für den KLäger nicht für schwerwiegend, da es nach seiner eigenen
Kenntnis von Registraturen keinesfalls um größere Staubentwicklung gehe. Entsprechende berufskundliche Auskünfte
des Arbeitsamts führten bei der Erörterung der gesundheitlichen Anforderung regelmäßig lediglich Anforderungen an
die Belastbarkeit der Wirbelsäule (Heben und Tragen, Überkopfarbeiten, Besteigen von Leitern) bzw. an das
Verantwortungsbewusstsein und die Konzentrationsfähigkeit an. Aus orthopädischer Sicht bestehe aber, wie durch
das Gutachten des Dr.G. in erster Instanz abgeklärt sei, kein Einwand gegen eine entsprechende Tätigkeit des
Klägers.
Der Kläger machte im Laufe des weiteren Verfahrens eine Verschlechterung seiner gesundheitlichen Störungen
geltend (Ödeme im rechten Bein mit bläulicher Verfärbung, Migräne, Depressionen und Neurodermitisschübe,
Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich).
Der Senat holte Befundberichte und ärztliche Unterlagen der behandelnden Ärzte Dr.B. , Orthopäde, vom 11.03.2004,
Dr.B. , Dermatologin, vom 29.03.2004 und Dr.J. , Allgemeinärztin, vom 30.03.2004 ein. Der Kläger teilte mit, er habe
eine Aushilfstätigkeit von 18 Wochenstunden (Lager- und Sortierarbeiten) angenommen, es komme dabei zu
vermehrter Staubbelastung, was bei ihm zu Asthma und Atemnot führe, auch bedinge das schwere Heben und Tragen
Schmerzen in der Wirbelsäule und in den Ellenbogengelenken. Er legte seinen Allergiepass vor sowie ein weiteres
Attest des Dr.L. vom 02.08.2004 über die Notwendigkeit eines Arbeitsplatzes ohne Kontakt zu reizenden Stoffen
(Gase, Dämpfe, starke Gerüche sowie krasse Temperaturschwankungen), ferner ein Attest des Dr.B. vom
02.08.2004, wonach wegen der chronischen Lendenwirbelsäulenbeschwerdesymptomatik Arbeiten in
Zwangshaltungen und mit Heben und Tragen von schweren Lasten (mehr als 10 kg) nicht empfehlenswert seien. Er
verwies ferner darauf, dass bei ihm im Jahre 1998 vor seiner Umschulung zum Mediengestalter vom Psychologischen
Dienst des Berufsförderungswerkes P. eine Farbsehschwäche festgestellt worden sei wegen erheblicher
Schwankungen der Farbsicherheit. Weiter verwies er auf ein bei der Bayrischen Landesunfallkasse laufendes
Verfahren zur Anerkennung einer Berufskrankheit gemäß Listen-Nr.5101 der BKV wegen seiner atopischen
Erkrankung. Die Beiziehung der Unterlagen der Bayerischen Landesunfallkasse ergab, dass zuletzt vom
Gewerbeaufsichtsamt W. unter dem 19.08.2004 eine gewerbeärztliche Stellungnahme des Inhalts abgegeben wurde,
dass bei besonderer Beachtung des Tätigkeitsfeldes Krankenpfleger/Masseur/Medizinischer Bademeister und der
bestehenden Atopie, der Sensibilisierung auf Latexhandschuh-Inhaltsstoffe sowie der toxisch-irritativen Auslösung
eine Berufskrankheit gemäß Listen-Nr.5101 der BKV zur Anerkennung empfohlen werden könne und die
Tätigkeitsaufgabe hinreichend begründet erscheine. Nach erneuter Einholung eines Befundberichtes des praktischen
Arztes Dr.W. vom 21.02.2005 (Neurodermitis; keine AU, Befunde eher verschlechtert) und der V.klinik in A. vom
11.04.2005 (stationäre Behandlung vom 11.02. bis 04.03.2005 wegen akuter Excerbation der atopischen Dermatitis)
zog der Senat die Umschulungsakte des Klägers von der Agentur für Arbeit W. und die Unterlagen des
Berufsförderungswerks Bad P. bei mit der seinerzeitigen psychologischen Stellungnahme des Dipl.-Psych. K. vom
06.04.1998 über die Eignung des Klägers für eine Ausbildung im Bereich der Medienvorstufe/Fotographie ("während
der hier durchgeführten Berufsfindung erhebliche Schwankungen innerhalb der Farbsicherheit").
Im Auftrag des Senats erstellte die Ärztin für Orthopädie, Sozialmedizin und Betriebsmedizin Dr.B. das orthopädisch-
sozialmedizinische Fachgutachten vom 08.12.2005, in dem diese die Diagnosen stellte: 1. Wirbelsäulensyndrom mit
belastungsabhängigen Lendenwirbelsäulenschmerzen und Nackenkopfschmerzen, mit beginnender Funktionsstörung,
ohne akute Wurzelreizsymptomatik, ohne neurologisch segmentbezogene Ausfälle, 2. funktionelle
Kniegelenksbeschwerden links im Kniescheibengelenk, ohne Reizzustand. 3. Belastungsabhängig auftretender
Muskelursprungsschmerz an beiden Ellenbogen außen, ohne Reizerscheinungen und ohne
Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk bei normalem Röntgenbefund. 4. Coxa valga beidseits
(anlagebedingte Formabweichung beider Hüftgelenke) ohne funktionelle Einschränkung bei Beckentiefstand links von
0,5 cm. Als weitere Diagnosen nannte sie ein atopisches Ekzem, unter Behandlung mit Cortisonsalbe gut
kompensiert. Eine Farbsehschwäche konnte sie nicht erheben. Sie stellte fest, dass bis auf eine neu hinzugetretene
belastungsabhängige Epicondylitis humeri radialis beidseits (belastungsabhängiges Auftreten) die
Gesundheitsstörungen seit Beginn des Klageverfahrens unverändert festzustellen seien. Der psychisch unauffällige
Kläger könne mittelschwere Arbeiten im Gehen, wechselnd im Gehen und Stehen, auch im Sitzen unter
ergonomischen Arbeitsbedingungen vollschichtig durchführen. Wegen der Lungenerkrankung seien Arbeiten im Freien
nicht zu empfehlen, ebenso keine Tätigkeiten in Kälte und unter Zugluftbedingungen. Gemieden werden sollten auch
Tätigkeiten mit übermäßiger Staubentwicklung oder Hitze sowie Tätigkeiten unter reizenden Gasen und Dämpfen.
Tätigkeiten bei Hitze und Nässe hätten einen negativen Einfluss auf die Hauterkrankung, von Seiten der Haut sollten
auch irritative Substanzen gemieden werden, ebenso Akkord- und Nachtschichtarbeiten. Von Seiten des
Bewegungsapparates beständen bei ergonomischer Ausgestaltung des Arbeitsplatzes Einschränkungen bei längerem
Sitzen, z.B. bei Bildschirmarbeit, bei der die Sitzhaltung immer einmal gewechselt werden könne, nicht. Ebenso seien
Heben und Tragen von Gegenständen bis zu einem Gewicht von 10 kg möglich. Die Gutachterin hielt den Kläger zum
einen für in der Lage, seiner Umschulungstätigkeit als Mediengestalter nachzugehen, da es sich um körperlich leichte
Arbeit in geschlossenen Räumen ohne inhalative Belastungen und hautirritierende Substanzen handele. Das gleiche
gelte für die Tätigkeit als Registrator in den meisten Berufsfeldern (nicht in Museen, älteren Archiven). Die
Staubentwicklung sei in diesem Beruf häufig nicht ausgeprägter als in anderen Büroräumen, Hebe- und Tragearbeiten
über 10 kg fielen nicht an und könnten dann auch durch Halbieren der zu tragenden Akten vermieden werden; Klettern
auf kleine Leitern sei ebenso wie Bücken oder zeitweises Hocken durchaus zumutbar. Die Gutachterin verneinte die
Frage nach der Notwendigkeit weiterer Begutachtungen.
Der Kläger zeigte nunmehr an, er habe sich am 18.01.2006 "nach einem Schwindelanfall beim Heruntersteigen vom
Bett" den rechten Mittelfußknochen gebrochen. Der Senat zog die ärztlichen Unterlagen der Orthopädischen Klinik W.
bei (Arbeitsunfähigkeit bis 03.03.2006). Der Kläger machte nunmehr geltend, dass er nach einem Schwindelanfall vom
Bett gestürzt und bis 18.04. arbeitsunfähig geschrieben gewesen sei. Er habe immer wieder Probleme mit
Schwindelanfällen, wahrscheinlich als Nebenwirkung verordneter Antiallergica, was bei der Verweisung auf den Beruf
des Registrators zu bedenken sei. Er legte insoweit ein Attest des Hautarztes Dr.S. vom 20.03.2006 vor, wonach für
den Kläger wegen Neurodermitis und Asthma bronchiale bei bekannter Hausstaubmilbenallergie eine berufliche
Umgebung mit chemischen und organischen Stäuben, auch bei Tätigkeiten in einer Registratur, ungeeignet sei.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 07.08.2002 sowie
des Bescheides vom 29.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1998 zu verpflichten, ihm
Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zuletzt auf ein noch bestehendes sechs- und mehrstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt unter Beachtung der qualitativen Einschränkungen, z.B. in der Registratur. Sie verweist auch auf die
Umschulungstätigkeit des Klägers als Mediengestalter.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und die
beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie erweist sich aber nicht als begründet.
Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 Abs.2 SGB VI in der hier noch
anzuwendenden bis 31.12.2000 geltenden Fassung, dessen Voraussetzungen das Erstgericht bereits im Einzelnen
dargelegt hat, ist nicht gegeben. Zutreffend hat das SG im Zeitpunkt seiner Entscheidung das Vorliegen von
Berufsunfähigkeit beim Kläger verneint. Seine rechtlichen und medizinischen Darlegungen sind nicht zu beanstanden.
Zwar ist der Kläger ohne Zweifel durch seine teilweise bereits in der Kindheit entwickelten, teilweise berufsbezogen
erworbenen Gesundheitsstörungen in der Erwerbsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, wie dies die vom SG eingeholten -
auch nach Auffassung des Senats überzeugenden - Gutachten auf internistisch-allergologischem sowie auf
orthopädischem Fachgebiet ergeben haben. Es bestehen danach deutliche qualitative Leistungseinschränkungen (nur
mehr leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, wobei vermehrte
statische Haltearbeit der Wirbelsäule und besondere Belastungen für die Kniegelenke zu vermeiden sind); unzumutbar
sind insbesondere Tätigkeiten mit Kontakt zu Hautreizstoffen, mit Belastung durch Rauch, Staub (insoweit ist
sinngemäß nur die Exposition gegenüber übermäßiger Staubentwicklung betroffen), Gas, Dampf, Kälte, Nässe,
Zugluft und Temperaturschwankungen. Eine quantitative Leistungsminderung konnte dagegen nicht festgestellt
werden. Die diesbezügliche, von den Gutachtern Dr.E. und Dr.G. vorgenommene sozialmedizinische
Leistungsbeurteilung wurde durch die weitere Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz bestätigt. Es ist danach auch
in der Zwischenzeit nicht zu einer rentenrechtlich relevanten deutlichen gesundheitlichen Verschlechterung mit
weiterem Absinken der Leistungsfähigkeit gekommen. Ein offensichtlich im Herbst 2004 aufgetretener, mehrere
Wochen/Monate andauernder Neurodermitis-Schub bzw. die akute Exacerbation der atopischen Dermatitis ändert
daran ebensowenig etwas wie die inzwischen wieder abgeklungenen Ödeme/Schwellungen des rechten Beines oder
der Anfang 2006 aufgetretene Bruch des rechten Vorfußes nach vom Kläger angegebenen Schwindelerscheinungen.
Diese Ereignisse bedingten vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, nicht aber dauernde Leistungseinschränkungen im
Sinne von Berufsunfähigkeit.
Die nach zahlreichen weiteren Ermittlungen des Senats (Beiziehung weiterer Unterlagen der behandelnden Ärzte, des
Berufsförderungswerks W. , der Umschulungsakte des Arbeitsamts W. , der Akte der Bayerischen
Landesunfallkasse, der Reha-Akte der Beklagten sowie der Schwerbehindertenakte) im Hinblick auf eine geltend
gemachte Verschlechterung mit der erneuten Begutachtung des Klägers beauftragte Gutachterin Dr.B. , Ärztin für
Orthopädie, Betriebs- und Sozialmedizin, erhob aufgrund ihrer im Dezember 2005 durchgeführten persönlichen
Untersuchung des Klägers im Wesentlichen dieselben Gesundheitsstörungen, wie sie bereits durch Dr.E. und Dr.G.
festgestellt worden waren. Bis auf die orthopädischerseits hinzugetretene belastungsabhängige Epicondylitis humeri
radialis beidseits (erstmals aufgeführt im orthopädischen Bericht von März 2004) waren die Gesundheitsstörungen im
Wesentlichen unverändert, auch die aktuellen Beschwerden des Klägers entsprachen den bereits früher geäußerten.
Dr.B. setzte sich differenziert mit der Vorgeschichte, den Beschwerden des Klägers und den daraus folgenden
Funktionseinschränkungen auseinander und legte für den Senat nachvollziehbar dar, dass der Kläger noch
mittelschwere körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen (Letzteres unter ergonomischen Arbeitsbedingungen)
vollschichtig zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne, wobei jedoch Arbeiten
im Freien, in Kälte und unter Zugluftbedingungen, Tätigkeiten mit übermäßiger (!) Staubentwicklung oder Hitze, unter
reizenden Gasen und Dämpfen, bei Hitze und Nässe-Einfluss gemieden werden sollten, ebenso die Exposition
gegenüber irritativen Substanzen (gegebenenfalls insoweit Tragen von antiallergischen Handschuhen erforderlich).
Schließlich sollten auch Arbeiten an gefährdenden Maschinen und auf Leitern und Gerüsten unterbleiben, ebenso
Nachtschicht- und Akkordarbeiten, welche durch Stressentwicklung die Hauterkrankung verschlimmern könnten.
Einseitige Körperhaltungen, wie z.B. längeres Sitzen, wurden ausdrücklich für möglich gehalten, zumal der Kläger
selbst angegeben hatte, drei Stunden täglich sitzen zu können. Dementsprechend hielt die Gutachterin
Bildschirmarbeit für möglich, zumal die Sitzhaltung immer wieder gewechselt werden könne. Einschränkungen bei der
Zurücklegung von Wegen sind ebenfalls nicht anzunehmen.
Dr.B. hat die Einholung weiterer Gutachten anhand der ihr vorliegenden aktuellen Arztberichte der einzelnen
Fachgebiete für nicht erforderlich beurteilt. Dies erscheint weiterhin zutreffend. Der inzwischen eingetretene häusliche
Unfall des Klägers, bei dem es zu einer metatarsalen V-Schaftfraktur des rechten Fußes gekommen war
(Krankschreibung offensichtlich bis zum 03.03.2006) führt nicht zu einer wesentlichen weiteren
Leistungseinschränkung auf Dauer. Der vom Kläger als Ursache angegebene Schwindel, den er den eingenommenen
Medikamenten zuschreibt, wurde von Dr.B. in ihrem Gutachten bereits mit abgehandelt.
Mit dem verbliebenen Leistungsvermögen kann der Kläger - wie bereits das Erstgericht und die Beklagte
angenommen haben - die erlernten Berufe des Krankenpflegers und des Masseurs und Medizinischen Bademeisters
nicht mehr verrichten. Der Senat geht dabei zugunsten des Klägers davon aus, dass selbst die körperlich nicht
belastende Tätigkeit als Krankenpfleger in einer verhaltenstherapeutisch ausgerichteten Abteilung/Station in der
Universitätsklinik W. (ohne Grundpflege und körperliche Belastungen) nicht mehr in Betracht kommt. Auch bei dieser
Tätigkeit fielen zumindest nach Angaben des Klägers Reinigungs- und Desinfizierungsarbeiten an (Auswaschen und
Desinfizieren der Patientenbetten).
Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs.2 SGB VI a.F. liegt aber nur vor, wenn der Kläger nicht nur in dem zuletzt
ausgeübten und erlernten Beruf, in dem er Berufsschutz genießt, nicht mehr tätig sein kann, sondern auch andere
sozial zumutbare Verweisungstätigkeiten für ihn nicht mehr in Betracht kommen. Zumutbar ist nach der Regelung des
§ 43 Abs.2 Satz 3 SGB VI (a.F.) stets eine Tätigkeit, für die der Versicherte durch Leistungen zur beruflichen
Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist. Dies gilt nach der nurmehr für vor dem 02.01.1961
geborene Versicherte geltende Übergangsvorschrift des § 240 Abs.2 Satz 3 SGB VI n.F. ebenso. Der Kläger ist daher
auf die Umschulungstätigkeit des Mediengestalters zumutbar verweisbar. Dass diese von ihm nicht geliebte Tätigkeit
auch gesundheitlich ohne Weiteres möglich ist, hat Dr.B. im Gutachten vom 08.12.2005 ausgeführt. Es stehen dem
weder ein "berufliches Defizit" in Form einer Farbsehschwäche noch zu berücksichtigende Rückenbeschwerden oder
Hautirritationen etc. entgegen. Eine relevante Sehstörung besteht nicht, ein entspechender Sehtest der Dr.B. auch für
Farbensehen war unauffällig. Im Übrigen hatte schon die arbeitsamtsärztliche Untersuchung im Jahre 1997 ein
normales Seh- und Farbsehvermögen ergeben. Lediglich bei der psychologischen Eignungsuntersuchung im
Berufsförderungswerk Bad P. im Jahre 1998 hatte der Kläger keine suffizienten Angaben bezüglich der dabei
geprüften Farbzusammenstellungen gemacht, so dass es zu der Formulierung gekommen war, von einer Ausbildung
im Bereich "Medienvorstufe/Fotographie" müsse abgeraten werden, da beim Kläger während der durchgeführten
Berufsfindung erhebliche Schwankungen innerhalb der Farbsicherheit festgestellt worden seien. Diese Aussage kann
angesichts der Tatsache, dass die Ausbildung zum Mediengestalter tatsächlich durchgeführt und erfolgreich
abgeschlossen wurde, hier vernachlässigt werden. Die mögliche Farbunsicherheit erscheint nicht relevant.
Es handelt sich bei der Tätigkeit des Mediengestalters um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen,
bei der weder inhalative Belastungen bestehen noch hautirritierende Substanzen auftreten. Die vom Kläger
angegebenen Alterationen der Haut durch zu trockene und dunkle Räume lassen sich durch ausgewogene klimatische
Verhältnisse, wie sie in den meisten Büroräumen vorliegen, oder durch Lüften etc. beheben. Die angegebenen
Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, teilweise Kopfschmerzen und Migräneanfälle, die im Übrigen auch in
anderen Berufen und zu Hause auftreten können, lassen sich bei den vorliegenden Befunden durch häusliche
Gymnastik und Spazierengehen, auch durch Training in einer Sportgruppe etc. vermeiden (so Dr.B.). Bei dem Kläger
wurde im Laufe der ärztlichen Begutachtungen u.a. eine muskuläre Insuffizienz als Ursache eines Teils seiner
Beschwerden festgestellt; die aufgeführten Selbsthilfemaßnahmen erscheinen daher ohne Weiteres zumutbar. Soweit
es dennoch im Einzelfall zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit kommen sollte, ist damit keine überdauernde
Leistungsminderung i.S. von Berufsunfähigkeit verbunden.
Das Erstgericht hat darüber hinaus zutreffend die Tätigkeit des gehobenen Registrators aufgezeigt, die für den Kläger
angesichts der mit seiner früheren Tätigkeit als Krankenpfleger auch verbundenen Verwaltungs- und Büroarbeiten
innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten erlernbar sei. Ein beruflicher Abstieg verbindet sich für den Kläger
entgegen seiner Meinung nicht. Die Tätigkeit ist gesundheitlich zumutbar, denn es handelt sich um eine überwiegend
leichte Tätigkeit in geschlossenen Räumen, zunehmend auch mit Computertätigkeit. Eine inhalative Belastung oder
Tätigkeit mit hautirritierenden Substanzen kommt praktisch nicht vor, Hebe- und Tragearbeiten über 10 kg fallen nicht
an bzw. können im Einzelfall durch Teilung von Aktenpaketen vermieden werden. Die Tätigkeit ist nicht mit
gefährdenden Arbeiten auf Leitern und Gerüsten verbunden. Das gelegentliche Platzieren von Akten in Regalen unter
Benutzung kleinerer Leitern bzw. Trittstufen erscheint zumutbar. Soweit der Kläger daneben die Gefahr einer
Belastung durch erhebliche Staubentwicklung geltend macht, ist dem entgegen zu halten, dass die Staubentwicklung
im normalen Arbeitsablauf nicht ausgeprägter ist als in anderen Büroräumen, wohl aber im Einzelfall bei Arbeiten im
Archiv (Aussonderungsaktionen) oder Verbringen von Akten ins Archiv Staubkontakt auftreten kann.
Dementsprechend hat wohl auch der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Sozialmedizin und Allergologie Dr.L. in
seinem Attest vom 02.08.2004 eine Staubbelastung im Rahmen der bestehenden bronchialen Hyperreagibilität nicht
als besonders zu vermeiden aufgeführt. Bei gelegentlich möglicherweise notwendig werdenden Arbeiten mit
übermäßiger Staubentwicklung wäre es im Übrigen zumutbar, entsprechende Schutzmaßnahmen (Mundschutz oder
geeignete Schutzhandschuhe) zu treffen.
Die Berufung, bei der es ausschließlich um Berufsunfähigkeit geht, hat bei dieser Sachlage keine Aussicht auf Erfolg.
Sie ist mit der Kostenfolge aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.1 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.