Urteil des LSG Bayern vom 10.12.2009

LSG Bayern: fehlerhafte rechtsmittelbelehrung, hauptsache, niedersachsen, ausschluss, zivilprozessordnung, ausnahme, geldleistung

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 10.12.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 16 AS 500/09
Bayerisches Landessozialgericht L 7 AS 563/09 B PKH
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss des Sozialgerichts
Augsburg vom 13. Juli 2009 wird als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe.
Mit Bescheid vom 29.12.2008 wurde eine vorherige Bewilligung von Arbeitslosengeld II für den Monat April 2008 in
einem Umfang von 83,81 Euro teilweise aufgehoben und eine Erstattung in gleicher Höhe verfügt. Der dagegen
erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2009 zurückgewiesen. Am 27.04.2009 wurde
Klage erhoben und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 13.07.2009 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Es
bestehe keine hinreichende Erfolgsaussicht für die Klage. Laut Rechtsmittelbelehrung sei die Beschwerde gegen
diesen Beschluss statthaft. Der Beschluss wurde dem Kläger am 17.07.2009 zugestellt.
Am 17.08.2009 hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts zum Bayerischen
Landessozialgerichts erhoben. Es bestehe eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage, weil das Einkommen
rechtzeitig mitgeteilt worden und eine Überzahlung nicht eingetreten sei.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss zur Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist als unzulässig zu
verwerfen, weil in der Hauptsache der Beschwerdewert von 750,- Euro nicht überschritten wird.
Nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme
der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht
statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 127
Abs. 2 S. 2 HS. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) können ungünstige Beschlüsse des Sozialgerichts zur Gewährung von
Prozesskostenhilfe, insbesondere eine Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussicht, mit einer Beschwerde
angefochten werden. Gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 HS. 2 ZPO gilt dies jedoch nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache
eine Berufung ausschließt. Dies ist eine andere Bestimmung im Sinn von § 172 Abs. 1 SGG.
Nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGG ist eine Berufung statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands einer
Klage, die auf eine Geldleistung gerichtet ist, 750,- Euro übersteigt, sofern nicht eine laufende Leistung für mehr als
ein Jahr betroffen ist. Da der Wert des Beschwerdegegenstands der Hauptsache lediglich 83,81 Euro beträgt, wird der
Berufungsgrenzwert von 750,- Euro nicht überschritten. Damit ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung von
Prozesskostenhilfe gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 HS. 2 ZPO nicht statthaft.
Das Gericht teilt nicht die Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.06.2008, L 9 B 117/08
AS, wonach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG eine abschließende Regelung für den Ausschluss der PKH-Beschwerde sei.
Nach dieser Regelung ist eine Beschwerde ausgeschlossen, wenn eine Ablehnung von Prozesskostenhilfe
ausschließlich wegen Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen erfolgt. Diese Vorschrift
regelt einen anderen Ausschlussgrund, der inhaltlich von § 127 Abs. 2 S.2 ZPO abweicht (dort schwer lesbar doppelt
verneint), ist aber nicht als abschließende Regelung für Beschwerdeausschlüsse zu sehen. Dies zeigt § 172 Abs. 1
SGG, der auf andere Bestimmungen zum Beschwerdeausschluss verweist. Es wäre auch schwer vorstellbar, dass
der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom
26.03.2008 (BGBl. I, S. 444) durch die Einführung von § 172 Abs. 3 SGG die Sozialgerichtsbarkeit entlasten wollte
(so BT-Drs. 16/7716, S. 1 und 2) und zugleich den Beschwerdeausschluss wegen Unterschreiten des
Berufungsbeschwerdewertes nach § 127 Abs. 2 S. 2 HS. 2 ZPO beseitigen wollte.
Das erkennende Gericht schließt sich den Entscheidungen des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom
15.07.2008, L 12 B 18/07 AL, des LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.12.2008, L 8 AS 4968/08, des LSG
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.05.2009, L 34 B 2136/08 AS ER und des LSG Mecklenburg-Vorpommern,
Beschluss vom 18.08.2009, L 8 B 258/09, an.
Dass dem Beschluss des Sozialgerichts eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, wonach die
Beschwerde zulässig sei, ist ohne Bedeutung. Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung kann ein vom Gesetz nicht
vorgesehenes Rechtsmittel nicht ermöglichen.
Nach § 127 Abs. 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet. Eine Kostenentscheidung ist
daher nicht erforderlich.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.