Urteil des LSG Bayern vom 27.04.2006

LSG Bayern: wichtiger grund, meldung, arbeitslosenhilfe, arbeitsamt, persönliches erscheinen, aufschiebende wirkung, besondere härte, arbeitsunfähigkeit, säumnis, brief

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 27.04.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 6 AL 132/00
Bayerisches Landessozialgericht L 9 AL 253/02
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 7. Mai 2002 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger war zuletzt bis 31.03.1998 als Abteilungsleiter bei der F. GmbH versicherungspflichtig
beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Arbeitgeberkündigung beendet. Am 01.04.1998 meldete sich der
Kläger arbeitslos. Mit Bewilligungsverfügung vom 01.07.1998 gewährte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 01.04.1998
für die Dauer von 364 Tagen. Nach zwischenzeitlicher Beschäftigung meldete sich der Kläger am 08.02.1999 erneut
arbeitslos, woraufhin die Beklagte die Zahlung von Arbeitslosengeld ab dem 09.02.1999 fortsetzte. Am 25.06.1999
beantragte der Kläger die Gewährung von Anschluss-Arbeitslosenhilfe, welche ab dem 10.08.1999 gewährt wurde.
Mit Schreiben vom 17.01.2000 lud die Beklagte den Kläger zu ei- nem Gespräch über sein Bewerberangebot bzw.
seine berufliche Situation gemäß § 309 SGB III für den 20.01.2000 um 8.00 Uhr in die Räume der Arbeitsamt-
Geschäftsstelle K. ein. In dem Schreiben wurde mittels Rechtsfolgenbelehrung darauf hingewiesen, dass, falls der
Kläger ohne wichtigen Grund dieser Aufforderung nicht nachkomme, Leistungen für die Dauer von zwei Wochen, bei
besonderer Härte für die Dauer von einer Woche nicht erbracht werden. Weiter wurde erläutert, dass auch im Falle
eines möglichen Widerspruchs gegen die Meldeaufforderung der Kläger verpflichtet ist, dieser nachzukommen, da ein
Widerspruch keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Nachdem der Kläger der Einladung zum 20.01.2000 nicht Folge
leistete, erließ die Beklagte mit Datum vom 21.01.2000 eine weitere Meldeaufforderung für den 26.01.2000.
Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass aufgrund des Versäumnisses der ersten Einladung die Leistungen vorläufig
eingestellt werden und dem Kläger Gelegenheit gegeben wird, einen wichtigen Grund mitzuteilen. In der
Rechtsfolgenbelehrung dieses Schreibens wurde u.a. darauf hingewiesen, dass bei einer weiteren Säumnis ohne
wichtigen Grund Leistungen bis zu einer erneuten persönlichen Vorsprache des Klägers, mindestens aber für vier
weitere Wochen nicht erbracht werden.
Mit Schreiben vom 24.01., eingegangen bei der Beklagten am 25.01.2000, wies der Kläger bezüglich des ersten
Termins am 20.01.2000 darauf hin, dass er bereits mit Schreiben vom 19.01.2000 der Beklagten schriftlich mitgeteilt
habe, dass er zurzeit auf der Suche nach einer neuen Anstellung oder auch nach einer selbständigen Tätigkeit sei.
Bereits am 15.01.2000 habe er entsprechende Termine für den 20.01. und 25.01.2000 vereinbart, um u.a. Einblicke in
einen kleinen Betrieb zu bekommen, der verkauft werden soll. Am 21.01.2000 habe er sich zudem in O. vorgestellt.
Aufgrund dieser wichtigen Gründe betrachte er die vorläufige Leistungseinstellung als gegenstandslos. Bezüglich der
zweiten Meldeaufforderung zum 26.01. wurde vom Kläger in diesem Schreiben nichts vorgetra- gen. Das vom Kläger
erwähnte Schreiben vom 19.01.2000 war bei der Beklagten nicht eingegangen und wurde vom Kläger auch
nachträglich nicht vorgelegt.
Nachdem der Kläger auch zum zweiten Meldetermin am 26.01.2006 nicht erschienen war, hob die Beklagte mit
Bescheid vom 28.01.2000 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit Wirkung vom 21.01.2000 auf. Gegen diese
Entscheidung legte der Kläger am 04.02.2000 Widerspruch ein. Der Kläger wies in seinem Wi- derspruchsschreiben
u.a. auf einen für den 02.02.2000 geplan- ten Kuraufenthalt im Reha-Zentrum Bad S. hin, der wegen seiner
Arbeitssuche um zwei Wochen verschoben worden sei. Als neuer Aufnahmetermin war dem Kläger von der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der 16.02.2000 mitgeteilt worden. Mit Telefax vom 16.02.2000
übermittelte der Kläger der Beklag- ten ein weiteres Schreiben vom 16.02.2000 an das Rehabilitationszentrum Bad S.
, mit der er um erneute Verschiebung des Aufnahmetermins bat, da er sich beim Packen für die Abreise zur Kur ein
akutes Lendenwirbelsäulen-Syndrom zugezogen habe und vom 16. bis 25.02.2000 krankgeschrieben sei.
Mit zwei weiteren Schreiben jeweils vom 26.02.2000 ergänzte der Kläger seine Widerspruchsbegründung
dahingehend, dass er am 15.01.2000 zufällig erfahren habe, dass sich ein Marktkaufmann von seinem Geschäft
trennen wolle. Auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld habe sich der Kläger für dieses Geschäft interessiert
und es sei ihm mitgeteilt worden, eine gute Mög- lichkeit, sich über den Betrieb zu informieren, sei der jährlich
stattfindende S.-Markt in R. am 20.01.2000. Er habe dort spätestens um 6.00 Uhr früh vor Ort sein müssen, um die
Platzvergabe und den Aufbau mitzuerleben. Der Markt habe erst um 17.00 Uhr geendet. Ein Vorsprechen um 8.00 Uhr
im Arbeitsamt K. sei ihm somit nicht möglich gewesen. Am darauf folgenden Freitag (21.01.2000) habe er einen
Vorstellungstermin als Lagermeister wahrgenommen. Die erste Meldeaufforderung vom 17.01.2000 habe er am
19.01.2000 erhalten. Er habe noch am gleichen Tag einen Brief an die zuständige Sachbearbeiterin geschrieben und
abgeschickt. In diesem Brief sei auf die genannten Umstände hingewiesen worden. Die zweite Meldeaufforderung
habe er am 24.01.2000 erhalten und daraufhin sofort schriftlich auf sein Schreiben vom 19.01.2000 verwiesen. Er
habe die Erfahrung gemacht, dass sich eingesandte Mitteilungen im Arbeitsamt oft verirren und überschneiden
würden. Er habe dies auch in seinem Fall vermutet und die zweite Meldeaufforderung als überholt betrachtet. Da er
sich bereits zu dem Fall geäußert habe, habe er den zweiten Termin vom 26.01.2000 nicht mehr in Anspruch
genommen. Zur Untermauerung seines Vorbringens übermittelte der Kläger einen Auszug aus einem Marktkalender
für das Jahr 2000, in welchem für den 20.01. ein Markttermin in der Stadt R. ausgewiesen war sowie einen Kaufbeleg
vom 20.01.2000, nach welchem um 15.31 Uhr in dem Bekleidungsgeschäft N. in R. ein Herrentrachtenjanker erworben
wurde.
Am 25.02.2000 nahm der Kläger mit der Beklagten Kontakt auf und wies auf seine derzeit noch bestehende
Arbeitsunfähigkeit hin, deren Ende noch nicht absehbar sei. Nach dem schriftlichem Beratungsvermerk der Beklagten
erfolgte der Kontakt ohne persönliches Erscheinen. Der Kläger wurde hierbei ausdrücklich auf die zwingende
Notwendigkeit einer erneuten persönlichen Meldung hingewiesen, verzichtete aber ausdrücklich auf eine solche. Er
müsse heute noch eine Entscheidung wegen einer weiteren Selbständigkeit (Lebensmittelgeschäft) treffen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger
sei der zweimaligen Aufforderung des Arbeitsamtes, sich zu melden, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ohne
wichtigen Grund nicht nachgekommen. Soweit der Kläger vorbringe, am 20.01.2000 einen Markttag in R. besucht zu
haben, um sich über die Tätigkeit eines Marktkaufmannes zu informieren, sei dies kein wichtiger Grund. Es habe sich
lediglich um einen allgemeinen Informationsbesuch gehandelt. Für das zweite Meldeversäumnis am 26.01.2000 habe
der Kläger bisher keine Rechtfertigung vorgetragen. Der Anspruch auf Leistungen ruhe daher bis zur erneuten
Arbeitslosmeldung des Klägers, mindestens jedoch für vier Wochen. Die Bewilligung ab 21.01.2000 sei zu Recht
aufgehoben worden.
Am 27.03.2000 meldete sich der Kläger persönlich bei der Be- klagten und beantragte Arbeitslosenhilfe. Nachdem die
Beklagte ermittelt hatte, dass die vom Kläger angekündigte Kur nicht angetreten worden war und der Kläger vom
16.02. bis 10.03. und vom 13.03. bis 26.03.2000 ohne Anspruch auf Krankengeld krank- geschrieben war, bewilligte
die Beklagte Arbeitslosenhilfe er- neut ab dem 27.03.2000.
Mit weiterem Bescheid vom 29.03.2000 forderte die Beklagte un ter Bezugnahme auf die bereits aufgehobene
Bewilligung die ab 21.01.2000 überzahlte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 627,66 DM zurück. Gegen diesen Bescheid
legte der Kläger am 25.04.2000 entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch ein, über welchen bisher nicht
entschieden wurde.
Am 04.04.2000 erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Landshut. Die Klage wurde im
Weiteren trotz Akteneinsicht nicht begründet. Mit Urteil vom 07.05.2002 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der
Widerspruchsbescheid der Beklagten sei zutreffend. Der vom Kläger für den 20.01.2000 vorgetragene Marktbesuch
sei kein wichtiger Grund. Dies umso mehr als der Kläger offensichtlich in R. auch private Einkäufe erledigt hat. Ein
eventueller Irrtum entschuldige den Kläger nicht, er hätte bei Unklarheiten mit der Beklagten direkt Rücksprache
halten müssen.
Gegen das am 07.06.2002 zugestellte Urteil legten die Klägerbevollmächtigten am Montag, den 08.07.2002 Berufung
ein. Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Marktteilnahme am 20.01.2000 unabdingbare Voraussetzung für die
beabsichtigte Selbständigkeit gewesen sei, da der Veräußerer dem Kläger nur für den dortigen Tag einen Termin zu
Besichtigung genannt habe. Aufgrund der langen Anfahrt und der ab 6.00 Uhr früh beginnenden Vorbereitungen sei
dem Kläger eine Wahrnehmung des Termins beim Arbeitsamt um 8.00 Uhr nicht möglich gewesen. Durch die
kurzzeitigen privaten Einkäufe an diesem Tage sei der Informationszweck dieses Termins nicht gefährdet gewesen.
Den Termin vom 26.01.2000 habe der Kläger nicht mehr wahrnehmen müssen, da er gegenüber der Beklagten mit
Schreiben vom 24.01.2000 den Vorwurf der Säumnis ohne wichtigen Grund für den 20.01.2000 entkräftet habe.
Aufgrund dieses Schreibens hätte ihn die Beklagte nochmals auf die Folgen der Säumnis für den zweiten Termin am
26.01.2000 ausdrücklich hinweisen müssen.
Am 20.01.2006 wurde ein Erörterungstermin durchgeführt, in welchem dem nicht erschienenen Kläger aufgegeben
wurde, die ladungsfähige Anschrift des Marktgeschäftinhabers mitzuteilen. Mit Schriftsatz vom 30.01.2006 leisten die
Bevollmächtigten des Klägers dieser Aufforderung nicht Folge, sondern änderten ihren Sachvortrag nunmehr
dahingehend, dass der Entschluss des Klägers, am 20.01.2000 den Markt in R. zu besuchen, auf dem Tipp eines
anderen Standbetreibers auf dem Herbstmarkt in A. beruhte, wonach ein Kollege seinen Marktstand verkaufen wolle
und dieser Kollege regelmäßig auf dem Markt in R. teilnehme. Die Fahrt nach R. sei erfolgt, um mit diesem Fieranten
Kontakt aufzunehmen und sich vor Ort über die Tätigkeit zu informieren. Vor Ort habe der Kläger jedoch feststellen
müssen, dass aufgrund des schlechten Wetters an diesem Tag der fragliche Standbetreiber gar nicht erschienen war.
Daher habe der Kläger mit diesem auch keinen persönlichen Kontakt aufnehmen können. Der Kläger habe sich jedoch
allgemein ein Bild der Tätigkeit eines Marktkaufmanns verschaffen können. Diese Eigeninitiative des Klägers zur
Beendung seiner Arbeitslosigkeit sei ein wichtiger Grund für die Nichtwahrnehmung des Gesprächs am 20.01.2000.
Weiter wurde vom Gericht eine Stellungnahme des Orthopäden Dr. S. eingeholt, welcher den Kläger am 16.02., 28.02.
und 03.03.2000 wegen Schmerzen im LWS-Bereich behandelt hatte. Dr. S. bestätigt mit Schreiben vom 09.03.2006,
dass er dem Kläger durchgehend von 15.02.bis 10.03.2000 Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hatte, dass dem Kläger
aber trotz der festgestellten Gesundheitsstörung in dieser Zeit eine persönliche Vorsprache beim Arbeitsamt K.
möglich gewesen wäre.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07.05.2002 und den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2002 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab
22.01.2000 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich auf den Widerspruchsbescheid sowie die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen
Urteils.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Senatsakte die beigezogene Akte des Sozialgerichts sowie die
beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie angesichts des hier streitigen Leistungszeitraumes vom 21.01. bis
26.03.2000 statthaft. Sie wurde am 08.07.2002 auch form- und fristgerecht eingelegt, da der 07.7.2002 (rechnerischer
Ablauf der Klagefrist) ein Sonntag war.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab
21.01.2000 aufgehoben, da der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab dem 21.01.2000 wegen Eintritt einer Säumniszeit
nach § 145 SGB III geruht hat. Nach § 145 Abs.1 SGB III in der vom 01.01.1998 bis 31.12.2004 geltenden Fassung
ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während einer Säumniszeit von zwei Wochen, beginnend mit dem Tag nach
dem Meldeversäumnis, wenn der Arbeitslose einer Aufforderung des Arbeitsamtes, sich zu melden oder zu einem
ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (allgemeine Meldepflicht) trotz Belehrung über
die Rechtsfolgen ohne wichtigen Grund nicht nachkommt. Versäumt der Arbeitslose innerhalb einer Säumniszeit nach
Abs.1 von zwei Wochen einen weiteren Meldetermin trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ohne wichtigen Grund, so
verlängert sich die Säumniszeit nach Abs.1 bis zur persönlichen Meldung des Arbeitslosen beim Arbeitsamt,
mindestens jedoch um vier Wochen, § 145 Abs.2 SGB III.
Bei dem Schreiben vom 17.01.2000, dem Kläger zugegangen am 19.01.2000, handelte es sich um eine rechtmäßige
Meldeaufforderung. Der Kläger wurde gebeten, am 20.01.2000 um 8.00 Uhr in den Räumen des Arbeitsamtes,
Geschäftsstelle K. , zu einem Gespräch über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situ- ation zu erscheinen.
Es handelte sich hierbei um einen zulässi- gen Meldezweck im Sinne von § 309 Abs.1 u. 2 SGB III, wonach die
Aufforderung zur Meldung u.a. zum Zwecke der Berufsberatung und der Vermittlung erfolgen kann. Die
Meldeaufforderung bezeichnete auch Ort und Zeitpunkt der Meldung. Auf die Möglichkeit der Reisekostenerstattung
wurde hingewiesen. Mit der Mel- deaufforderung wurde der Kläger auch über die Rechtsfolgen des grundlosen
Nichterscheinens, insbesondere auf die Leistungseinstellung für die Dauer von zwei Wochen, hingewiesen. Gleichwohl
ist der Kläger am 20.01.2000 zu dem angegebenen Zeitpunkt nicht im Arbeitsamt K. erschienen.
Die vom Kläger vorgetragenen Umstände rechtfertigen sein Verhalten nicht. Dies könnte nur ausnahmsweise bei
Vorliegen eines wichtigen Grundes der Fall sein. Ein solcher ist anzunehmen, wenn durch diesen die Meldung oder
das Erscheinen unmög- lich oder erschwert wurde, so dass ein anderes Verhalten unter Abwägung der Interessen des
Arbeitslosen und des Arbeitsamtes nicht zugemutet werden konnte (Niesel, Rdnr.8 zu § 145 SGB III). Hierzu zählen
insbesondere plötzliche Erkrankungen, die Erledigung dringender Angelegenheiten, respektive Vorstellungsgespräche
bei einem Arbeitgeber zu einem von diesem gewünschten Termin sowie die Erledigung dringender persönlicher
Angelegenheiten, wie z.B. Gerichts-, Behörden- oder Arztbesuche. Der wichtige Grund muss objektiv vorliegen.
Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalles, wobei in der Regel solche Gründe als wichtig angesehen werden
können, die bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses eine Arbeitsbefreiung rechtfertigen würden (Niesel, SGB III,
a.a.O.).
Unter diesen Voraussetzungen stellt der vom Kläger vorgebrach- te Marktbesuch am 20.01.2000 in der Stadt R.
keinen wichtigen Grund dar. Zum Einen konnte der Kläger bereits einen Beweis für seinen Vortrag, er habe am
20.01.2000 den Erwerb eines Marktgeschäfts beabsichtigt, nicht antreten. Er musste nach Aufforderung des Senats
zur Benennung von Zeugen eingestehen, dass ihm ein konkreter, namentlich benannter Verkäufer eines Marktstandes
entgegen seinem bisherigen Vorbringen nicht bekannt war. Die Erwerbsabsicht des Klägers erscheint insbesondere
unter dem Gesichtspunkt des insoweit umgestellten Vortrags unglaubhaft.
Zum anderen würde - die Erwiesenheit des klägerischen Vorbringens unterstellt - die subjektive Erwerbsabsicht die
Folgen der Säumnis nicht beseitigen. Der Kläger hatte nach seinem im Berufungsverfahren relativierten Vorbringen
entgegen den bisherigen Angaben mit dem Besitzer des ggf. zu übernehmenden Marktstandes zu keinem Zeitpunkt
persönlichen Kontakt. Nach dem Vortrag des Klägers wurde er auf einen Markt in Abensberg lediglich durch einen
dritten Standbetreiber auf die Absicht der Geschäftsaufgabe und -veräußerung eines Kollegen hingewiesen. Ohne mit
diesem vorher Kontakt aufgenommen zu haben, ist der Kläger daraufhin "auf gut Glück" am 20.01.2000 nach R.
gefahren, wobei er den Standbetreiber dort gar nicht angetroffen hat. Die Übernahmeabsicht des Klägers hatte sich
dementsprechend nicht dergestalt verdichtet, dass darin ein wichtiger Grund für sein Nichterscheinen beim Beklagten
gesehen werden kann. Motiv der Fahrt nach R. war alleine die vage Aussicht, möglicherweise ein nicht näher
bekanntes Marktgeschäft von einem nicht näher bekannten Betreiber zu übernehmen. Diese Motivlage ist nicht
annähernd mit der Wahrnehmung beispielsweise eines Vorstellungstermins bei einem Arbeitgeber vergleichbar. Ein
persönlich vereinbarter, unaufschiebbarer Termin mit einem namentlich bekannten Geschäftspartner war für den
20.01.2000 unstreitig nicht vereinbart worden. Eine Erledigung dringender Angelegenheiten lag damit nicht vor.
Insoweit ist auch unbeachtlich, dass der Kläger vorträgt, bereits mit einem Schreiben vom 19.01.2000 auf den Besuch
in R. hingewiesen zu haben. Ein solches, nach Angaben des Klägers am 19.01. abgesandtes Schreiben ist der
Beklagten weder vor dem Termin vom 20.01.2000 noch später zugegangen. Der Kläger hat einen Abdruck oder
Entwurf dieses Schreibens nebst Absendenachweis nicht vorgelegt. Entsprechend dem Rechtsfolgenhinweis der
Beklagten konnte der Kläger auch nicht davon ausgehen, dass ihm dieses Schreiben von der Pflicht zur
Wahrnehmung des Termins am 20.01.2000 entbindet.
Die Säumniszeit hat sich vorliegend gemäß § 145 Abs.2 SGB III verlängert, da der Kläger auch der zweiten
Meldeaufforderung nicht nachgekommen ist. Nach dieser Vorschrift verlängert sich die Säumniszeit nach Abs.1 bis
zur persönlichen Meldung des Arbeitslosen beim Arbeitsamt, mindestens um vier Wochen, wenn der Arbeitslose
innerhalb der Säumniszeit nach Abs.1 von zwei Wochen einen weiteren Meldetermin trotz Belehrung über die
Rechtsfolgen und ohne wichtigen Grund versäumt. Die zweite Meldeaufforderung erging ebenfalls rechtmäßig,
insbesondere wurde in der Rechtsfolgenbelehrung ausdrücklich auf die erweiterte Folge der Versäumung auch des
zweiten Termins ohne wichtigen Grund hingewiesen. Der zweite Meldetermin am 26.01.2000 lag auch innerhalb der
ersten Säumniszeit von zwei Wochen. Der Kläger hat den Termin vom 26.01. nicht wahrgenommen, obwohl ihm
hierfür kein wichtiger Grund zur Seite stand. In seinem aktenkundigen Schreiben vom 24.01.2000 verweist der Kläger
zwar auf die zugegangene zweite Meldeaufforderung vom 21.01.2000, trägt jedoch - seiner Auffassung nach -
stichhaltige Gründe nur für die Säumnis des ersten Termins am 20.01. vor. Für den 26.01.2000 werden keine Gründe,
insbesondere kein Vorstellungstermin oder Vergleichbares benannt. Der Kläger wendet sich auch insgesamt nicht
gegen die Festsetzung eines zweiten Termins am 26.01.2000, so dass dem Schreiben vom 24.01.2000 schon
deswegen nicht der Charakter eines Widerspruchs gegen die zweite Meldeaufforderung zukommt. Aufgrund der
eindeutigen Rechtsfolgenbelehrung der zweiten Meldeaufforderung durfte der Kläger auch nicht davon ausgehen, dass
ihn das Schreiben, in welchem ein wichtiger Grund für die zweite Säumniss nicht vorgetragen wurde, von der
Wahrnehmung dieses weiteren Meldetermins entbindet.
Gemäß § 145 Abs.2 SGB III ruhte damit der Anspruch auf Arbeits- losenhilfe bis zur nächsten persönlichen Meldung
des Klägers bei der Beklagten. Diese ist erst am 27.03.2000 erfolgt, obwohl der Kläger anlässlich der Kotaktaufnahme
am 25.02.2005 ausdrücklich auf diese Notwendigkeit hingewiesen wurde. Aus dem Beratungsvermerk ergibt sich,
dass der Kläger auf eine vorherige persönliche Meldung ausdrücklich verzichtet hat. Eine Verkürzung der Säumniszeit
nach § 145 Abs.3 SGB III kommt vorliegend nicht in Betracht. Es sind keine Gründe ersichtlich, aus welchen die
Regeldauer der Säumniszeit für den Kläger eine besondere Härte bedeuten würden. Gründe hierfür könnten
beispielsweise eine besondere Unerfahrenheit oder ein Unverständnis für Verwaltungsvorgänge sein. Es ist jedoch
nicht ersichtlich, dass der bereits seit 01.04.1998 im Leistungsbezug stehende Kläger, der seine Anliegen stets
umfassend schriftsätzlich vorgetragen hat, als besonders unerfahren gelten kann.
Eine verkürzte Ruhensdauer ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger bei Ablauf der verlängerten
Mindestsäumniszeit von sechs Wochen am 03.03.2000 offensichtlich aufgrund eines Lendenwirbelsäulen-Syndroms
arbeitsunfähig war. Zwar wird z.T. die Meinung verteten eine Verlängerung bis zur nächsten persönlichen Meldung des
Arbeitslosen trete dann nicht ein, wenn der Arbeitslose während des Verlaufs der Verlängerungszeit die Fähigkeit
verliert, die Meldung nachzuholen. Dies kann insbesondere auch durch eine Erkrankung der Fall sein (vgl. z.B. Niesel,
Rdnr.14 zu § 145 SGB III). Jedoch kann dieser Umstand zum einen erst nach Ablauf der ver- längerten Säumniszeit
von sechs Wochen zur Beendigung der Säumniszeit führen, weil erst ab diesem Zeitpunkt auch die persönliche
Meldung selbst die Verlängerung beenden kann. Zum ande- ren ist weitere Voraussetzung, dass der
Verhinderungsgrund tatsächlich kausal für die verspätete Meldung war (vgl. Follmann in
Wissing/Mutschler/Barz/Schmidt-DeCaluwe, SGB III, Loseblattsammlung, Nomos 1998, Stand Dezember 2002;
Curkovic, Praxis- kommentar zum SGB III, Nomos-Verlag, 2. Auflage 2004; a.A. wohl Niesel a.a.O.). Es bestehen
vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das beim Klägers bestehende LWS-Syndrom kausal für die nicht erfolgte
persönliche Meldung ab dem 03.03.2000 war. Zum einen handelte es sich hierbei um keine schwere Krankheit,
insbesondere um keine Krankheit, die Bettlägrigkeit oder einen stationären Aufenthalt bedingt hat. Dem Kläger waren
nicht nur offensichtlich Arztbesuche möglich, er hat sich nach eige- nen Angaben anlässlich des Beratungsvermerks
vom 25.02.2000 auch während der Krankheitszeit weiterhin um die Aufnahme einer Beschäftigung bzw. einer
selbständigen Tätigkeit gekümmert. Auch der zunächst behandelnde Orthopäde Dr. S. hat bestätigt, dass die beim
Kläger bestehenden Schmerzen im LWS-Bereich diesen jedenfalls in der maßgeblichen Zeit unmittelbar nach Ablauf
der Säumniszeit nicht daran gehindert haben, persönlich bei der Beklagten vorzusprechen. Die bestehende
Erkrankung war damit nicht kausal für das Meldeversäumnis.
Einer Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe bereits mit Ablauf der sechswöchigen - oder auch einer verkürzten
vierwöchigen - Säumniszeit aufgrund bestehender Arbeitsunfähigkeit dürfte zudem auch regelmäßig an § 126 Abs.1
SGB III scheitern, wonach zwar bei Arbeitslosen ohne Anspruch auf Krankengeld für sechs Wochen
Leistungsfortzahlung erfolgt, dies aber nur wenn die Arbeitsunfähigkeit "während des Bezugs von Arbeitslosengeld"
eintritt. Ein Anspruch auf Leistungsfortzahlung entsteht nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit eintritt, während der
Anspruch u.a. nach § 145 SGB III ruht (Niesel, Rdnr.4 zu § 126 SGB III). Vorliegend ist davon auszugehen, dass die
Arbeitsunfähigkeit aufgrund des durchgehenden LWS-Syndroms auch am 11.03. und 12.03.2000 (Wochenende)
bestand und - offensichtlich mangels Erforderlichkeit und aufgrund eines Arztwechsels - lediglich eine
Krankschreibung unterblieben ist.
Da der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe damit gemäß § 145 Absätze 1 und 2 SGB III in der Zeit ab
21.01.2000 bis zur persönlichen Meldung des Klägers geruht hat, hat die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom
28.01.2000 diese kraft Gesetzes eingetretene Säumniszeit festgestellt und die Leistungsbewilligung aufgehoben.
Nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X i.V.m. § 330 Abs.3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt
der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche
Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft
Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Dem Kläger war aufgrund der von der
Beklagten erteilten Rechtsfolgenhinweise in den Meldeaufforderungen bewusst, dass im Falle seines
Nichterscheinens der Leistungsanspruch zum Ruhen kommt. Soweit der Kläger der Auffassung war, dass ihm für sein
Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite stand, kann ihn dies vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entlasten.
Insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass der Kläger für den 20.01.2000 tatsächlich gar keinen Termin zur
Geschäftsübernahme vereinbart hatte, hätte ihm angesichts der eindringlichen Hinweise der Beklagten klar sein
müssen, dass die Vorsprache beim Arbeitsamt unbedingten Vorrang genießt.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil
eine ent- scheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht
es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des
Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.