Urteil des LSG Bayern vom 09.03.2011

LSG Bayern: wiedereinsetzung in den vorigen stand, heizungsanlage, auflage, form, erneuerung, rechtsverordnung, reparatur, rechtsschutz, bayern, eigenhändig

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 09.03.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 10 AS 5/11 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 7 AS 151/11 B ER
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgericht Landshut vom 18. Januar 2011 wird als unzulässig
verworfen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsgegner vorläufig verpflichtet ist, unter
anderem die Kosten einer neuen Heizungsanlage zu übernehmen.
Die 1957 geborene Antragstellerin bewohnt ein Eigenheim, dessen Heizungsanlage nach ihren Angaben seit Winter
2007 funktionsunfähig ist. In diesem Zusammenhang hat die Antragstellerin zahlreiche Eilverfahren veranlasst, in
denen sie erfolglos die Kosten der Reparatur der Heizung, der Erneuerung der Heizung, den Ersatz eines
Frostschadens, die laufenden Heizungskosten und eine Nachzahlung einer Strom-Schlussabrechnung begehrte
(BayLSG, L 16 AS 128/10 B ER, L 16 AS 191/10 B ER, L 16 AS 192/10 B ER, L 16 AS 193/10 B ER, L 16 AS 194/10
B ER, L 16 AS 195/10 B ER).
Am 05.01.2011 gingen beim Sozialgericht Landshut ein E-Mail und als E-Mail-Anhang ein handschriftliches Schreiben
(JPG-Datei) ohne Unterschrift ein, in denen die Kosten für Eintritte und Fahrten in ein Bad, die Kosten für die
Erneuerung der Heizung, die Erstattung der Kosten einer Reparatur der Heizung, die Erstattung der Kosten eines
Schneeschadens, die Übernahme von Krankheitskosten und die Kosten für einen Frostschaden vom Dezember 2009
begehrt wurden.
Mit Beschluss vom 18.01.2011 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.
Teilweise stehe den Anträgen die Rechtskraft der früheren Entscheidungen entgegen. Im Übrigen seien für die
einzelnen Ansprüche weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Wegen
den Kosten für eine neue Heizungsanlage fehle es auch an der Erfüllung der Mitwirkungspflichten. Im übrigen sei die
Beheizung des Hauses durch vom Antragsgegner bezahlten Heizstrom sichergestellt. Dieser Beschluss wurde der
Antragstellerin am 21.01.2011 per PZU zugestellt.
Am 17.02.2011 ist beim Bayerischen Landessozialgericht ein E-Mail eingegangen, das sich gegen den Beschluss
vom 18.01.2011 richtet. Wegen finanzieller Schwierigkeiten könne das E-Mail nicht ausgedruckt werden. Die
nachgesandte Unterschrift solle diesem Aktenzeichen zugeordnet werden. Die Unterlagen würden krankheitsbedingt
wohl erst Anfang nächster Woche nachgesandt werden können. Beigefügt war ein Angebot eines Handwerksbetriebs
für eine neue Heizungsanlage zum Preis von 28.532,30 Euro. Das Gericht wies die Beteiligten auf die unzureichende
Form hin. Am 23.02.2011 ging beim Sozialgericht Landshut eine schriftliche Bestätigung zum E-Mail vom 17.02.2011
mit handschriftlicher Unterschrift ein.
II.
Die Beschwerde ist bereits als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist in der erforderlichen
Schriftform eingegangen ist.
Nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der
Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Landessozialgericht
schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt wird.
Die Zusendung eines E-Mails genügt der vorgeschriebenen Schriftform nicht.
Nach § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG können dem Gericht elektronische Dokumente übermittelt werden, soweit dies für den
jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung zugelassen worden ist. Es gibt in Bayern keine derartige
Rechtsverordnung. Daher können keine verfahrenserheblichen Schriftsätze durch E-Mail eingereicht werden
(Breitkreuz/Fichte, Sozialgerichtsgesetz, 2009, § 65a Rn. 4). Dies gilt sowohl für die Beschwerde als auch für den
erstinstanzlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Auch der erstinstanzliche Eilantrag ist in elektronischer
Form nur unter den Voraussetzungen von § 65a SGG möglich (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage
2008, § 86b Rn. 8b).
Die Beschwerde per E-Mail ist aus einem weiteren Grund unwirksam. Ein E-Mail, das einem unterzeichneten
Schriftstück gleichstehen soll, müsste nach § 65a Abs. 1 Satz 3 und 4 SGG mit einer qualifizierten elektronischen
Signatur versehen sein oder in einem anderen zugelassenen sicheren Verfahren übermittelt worden sein. Eine
Beschwerde muss nach § 173 Satz 1 SGG schriftlich eingelegt werden. Dies bedeutet, dass ein eigenhändig
unterschriebener Schriftsatz vorgelegt werden muss (vgl. § 126 Abs. 1 BGB und Meyer-Ladewig,
Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 173 Rn. 3). Eine Vorschrift, die das Unterschriftserfordernis relativiert (so §
92 Abs. 1 Satz 3 SGG bei der Klage: "Die Klage soll ... unterzeichnet sein), gibt es bei der Beschwerde nicht,. Das E-
Mail vom 17.02.2011 hatte aber keine qualifizierte Signatur.
Die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss vom 18.01.2011 war korrekt, so dass sie Monatsfrist nicht nach § 66 Abs. 2
SGG verlängert wurde. Die Monatsfrist ist am Montag, den 21.02.2011, abgelaufen. Zu diesem Zeitpunkt lag nur das
E-Mail vom 17.02.2011 vor. Die nachgereichte Unterschrift ist erst nach Fristablauf am Mittwoch, den 23.02.2011
beim Sozialgericht Landshut eingegangen.
Die Begründung, es sei kein Geld vorhanden, das E-Mail vom 17.02.2011 auszudrucken, rechtfertigt nicht eine
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG. Die Beschwerde hätte auch mit einem handschriftlichen
Schreiben eingelegt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.