Urteil des LSG Bayern vom 28.01.2011

LSG Bayern: aufschiebende wirkung, überwiegendes öffentliches interesse, leistung des arbeitgebers, vollziehung, härte, beitragsforderung, akte, unternehmen, firma, liquidität

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 28.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 11 R 1910/10 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 5 R 848/10 B ER
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. September 2010
insoweit aufgehoben, als Beiträge zur Gesamtsozialversicherung, Umlagen und Säumniszuschläge für die Zeit vom
1.1.2008 bis zum 31.12.2009 betroffen sind. Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung wird insoweit abgewiesen. Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten beider Rechtszüge zu zwei Dritteln, die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider
Rechtszüge zu einem Drittel. III. Der Streitwert wird auf 578.054,36 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der
Antragsgegnerin vom 29.07.2010 auch bezüglich eines eventuell folgenden Klageverfahrens. Die Antragsgegnerin
begehrt die Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 16.9.2010 und Ablehnung des Antrages
auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.
Nach einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2009 erließ die Antragsgegnerin am
29.07.2010 einen Bescheid, mit dem sie von der Antragstellerin, die als GmbH im Handelsregister des Amtsgerichts
A-Stadt unter der Nummer HRB 83187 eingetragen ist, für die Zeit vom 1.12.2004 bis 31.12.2009
Beitragsnachforderungen in Höhe von 1.734.163,18 EUR inkl. Säumniszuschläge geltend machte. Die Nachforderung
beruhte im Wesentlichen auf der Beurteilung von Aufwandsersatzleistungen, die die Antragstellerin beitragsfrei gezahlt
hatte, die aber von der Antragsgegnerin als beitragspflichtig angesehen wurden, weil sie nicht zusätzlich zum
Arbeitsentgelt, sondern an dessen Stelle gezahlt worden seien. Zum Teil betrafen die Nachforderungen Mitarbeiter der
U. GmbH & Co. KG, die als KG im Handelsregister des Amtsgerichts A-Stadt unter der Nummer HRA 89508
eingetragen ist. Dieses Unternehmen hat die Antragstellerin mit Pachtvertrag ab 1. Januar 2008 unter Fortführung des
Unternehmens einschließlich Über-nahme der Beschäftigten gepachtet.
Mit Schreiben vom 11.08.2010 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der sofortigen
Vollziehbarkeit gemäß § 86a Abs.3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Am 24.08.2010 erhob die Antragstellerin
Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.07.2010 und stellte am 25.08.2010 beim Sozialgericht München den Antrag
auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Die Antragstellerin hat ausgeführt, es bestünden
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 29.07.2010. Diese Zweifel
bestünden insbesondere für den Zeitraum bis 31.12.2007, weil von der Antragstellerin Beiträge für Arbeitnehmer
gefordert würden, die damals Beschäftigte der U. GmbH & Co.KG gewesen seien. Zudem habe die Vollziehung des
Bescheides für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur
Folge. Durch die Zahlung des festgesetzten Betrages würden insoweit erhebliche Nachteile entstehen, als dieser
Betrag als Liquidität nicht mehr zur Verfügung stünde.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 30.08.2010 den Antrag der Antragsgegnerin auf Aussetzung der
Vollziehung gemäß § 86a Abs.3 Satz 2 SGG abgelehnt und mitgeteilt, dass der Gesetzgeber wirtschaftliche Härten
durch den Maßnahmenkatalog des § 76 Abs.2 bis 4 SGB IV gemildert habe, nach dem es den Einzugsstellen
gestattet sei, die Beitragsforderung zu stunden oder angemessene Ratenzahlungen zuzulassen. Die Antragstellerin
habe die Möglichkeit, bei der zuständigen Einzugsstelle einen Antrag auf Stundung zu stellen.
Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 16.09.2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der
Antragstellerin vom 24.08.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2010 bis zum Abschluss des
Widerspruchsverfahrens angeordnet.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 30.09.2010 beantragt,
1. Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16.09.2010, Az.: S 11 R 1910/10 ER wird abgeändert. 2. Die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24.08.2010 gegen den Bescheid der
Antragsgegnerin vom 29.07.2010 wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache angeordnet. 3. Die
Antragsgegnerin trägt die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens. Sie ist der Auffassung, dass die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens anzuordnen sei,
sondern bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 13.10.2010 beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16.09.2010, Az.: S 11 R
1910/10 ER zurückzuweisen sowie
den Beschluss des Sozialgerichts München aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
des Widerspruchs vom 24.08.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2010 zurückzuweisen sowie
der Antragstellerin die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Sie hat ihren Antrag damit begründet, dass das Sozialgericht München zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs angeordnet habe, da nicht nachvollziehbar sei, welche unbilligen Härten der Vollzug der
Beitragsforderung bei der Antragstellerin auslösen könnte. Darüber hinaus bestehe ihrer Ansicht nach kein
Anhaltspunkt dafür, dass der angegriffene Beitragsbescheid offensichtlich rechtswidrig sei.
Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Akte des Sozialgerichts München, die Akte des Bayer.
Landessozialgerichts sowie auf die Akte der Antragsgegnerin.
II.
Die Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sind zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz
-SGG), aber nur teilweise begründet.
1.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat insoweit Erfolg, als Nachforderungen für die Zeit ab 1.1.2008 bis 31.12.2009
betroffen sind.
Es steht gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGG im Ermessen des Gerichts, die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs der Antragstellerin herzustellen. Dabei hat eine Interessenabwägung stattzufinden zwischen den
Belangen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin. Das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen
Vollziehung ihrer Beitragsforderung ist im Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung vor
endgültiger Klärung des Rechtsstreits gegenüber zu stellen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der
sofortigen Vollziehung wäre z.B. anzunehmen, falls sich ohne weiteres und in jeder vernünftigen Zweifel
ausschließenden Weise erkennen ließe, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und die Rechtsverfolgung
des Betroffenen keinen Erfolg verspricht (vgl. BT-Drs. 14/5943 S. 25 unter Bezugnahme auf
Bundesverwaltungsgericht NJW 1974, 1294).
Die gerichtliche Interessenabwägung zwischen den Belangen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin erfordert hier
teilweise ein Abweichen von dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall eines Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung
nach § 86a Abs.2 Nr.1 SGG. Im Rahmen des Verfahrens wegen einstweiligem Rechtsschutz bestehen bei der
gebotenen summarischen Prüfung der vorgelegten Unterlagen und Bescheide erhebliche Bedenken hinsichtlich der
Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 29.7.2010 bezüglich des Zeitraumes vom 1.12.2004 bis
31.12.2007.
a) Für den Monat Dezember 2004 ist der Bescheid unabhängig von der Frage der Verjährung schon deshalb als
rechtswidrig anzusehen, weil dieser Monat außerhalb des im Bescheid selbst konkret bezeichneten Prüfzeitraums
vom 1.1.2005 bis 31.12.2009 liegt (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 18.1.2011, L 5 R 752/08 - zur
Veröffentlichung vorgesehen).
Weiterhin macht die Antragsgegnerin aufgrund eines eingetretenen Betriebsüberganges Sozialversicherungsbeiträge
geltend für einen vor diesem liegenden Zeitraum. Hierzu ergibt sich im Rahmen der Erkenntnismöglichkeiten des
einstweiligen Rechtsschutzes, dass infolge vertraglicher sowie durchgeführter Unternehmenspacht die Antragstellerin
das Unternehmen der Firma U. GmbH & Co.KG ab 01.01.2008 übernommen und weitergeführt hat, so dass zu diesem
Zeitpunkt deren Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die Antragstellerin
übergegangen sind. Der Beitragszeitraum 01.12.2004 bis 31.12.2007 liegt somit vor dem Eintritt der Antragstellerin in
die Position des Arbeitgebers. Aufgrund des Vorbehaltes des Gesetzes darf die Antragsgegnerin diese Beiträge nur
dann von der Antragstellerin fordern, wenn eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht. Eine solche gesetzliche
Regelung besteht nicht, denn vor dem 01.01.2008 war die Antragstellerin nicht zahlungspflichtiger Arbeitgeber i.S.d. §
28e SGB IV, der die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach § 28d SGB IV (und Umlagen) ab deren Fälligkeit gem §
23 SGB IV schuldet.
Zwar gehen mit den hier bestehenden Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB die Verpflichtungen aus den
Arbeitsverhältnissen vom abgebenden Arbeitgeber - hier die Firma U. GmbH & Co.KG - auf den Übernehmer - hier die
Antragstellerin über, nicht jedoch eventuelle Beitragsrückstände zur Sozialversicherung. Die rückständigen Beiträge
sind auch hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile keine Verpflichtung des Arbeitgebers aus dem laufenden
Arbeitsverhältnis (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 31.10.1974, 1 U 2225/74; LSG
Niedersachsen, Urteil vom 28.02.1992, L 4 Kr 9/90; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.08.2008; Preis in: Erfurter
Kommentar, 10. Aufl. 2010, § 613a RNr. 81 unter Hinweis auf Ascheid, Arbeitsrecht im BGB, § 613 RNr 67 und
Erman/Hanau, § 613a RNr 65, Staudinger/Richardi, § 613a RNr 149 und Seiter, Betriebsinhaberwechsel 79; vgl. auch
zu § 128 AFG LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.01.2005, L 19 (9) AL 88/03, sowie zu § 115 Abs 1 SGB X LAG
Berlin, Urteil vom 03.03.2000, 2 Sa 2616/99; a.A. Liessem: Beitragsforderungen der Sozialversicherungsträger bei
Übergang eines Betriebes, SGb 1982, 482-484). § 613a BGB ist dem Sonderprivatrecht der Arbeitsverhältnisse
zuzuordnen und dient dazu, den arbeitsrechtlichen Schutz der Arbeitnehmer im Falle von Betriebsübergängen zu
wahren. Von dieser Regelung werden die öffentlich rechtlich begründeten, im SGB normierten Ansprüche der
Sozialversicherung auf Beitragszahlung nicht erfasst.
Auch aufgrund von Europäischem Recht lässt sich keine Haftung der Antragstellerin für die Beitragsrückstände vor
Betriebsübergang ableiten, weil sich aus Art 3 ff der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim
Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl L 82/16 vom 22.03.2001) kein
anderes Verständnis des § 613a BGB ergibt.
Die Antragstellerin haftet auch nicht nach § 25 HGB als Übernehmer für die Beitragsrückstände. § 25 HGB bezieht
sich auf die Geschäftsverbindlichkeiten des Betriebes, nicht jedoch auf die öffentlich-rechtlichen Beiträge zur
Sozialversicherung (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.8.2008, L 4 R 366/07). Darüber hinaus wurde im hier
vorliegenden Fall kein Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt, so dass § 25 HGB - im Rahmen der
Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes - hier keine Anwendung findet.
Auch über steuerrechtliche Regelungen lässt sich keine Haftung des Übernehmers für Sozialversicherungsbeiträge
herstellen. In § 75 Abgabenordnung ist zwar eine solche Haftung des Übernehmers bezüglich Steuerschulden
vorgesehen. Allerdings kann diese Norm nicht auf das Sozialversicherungsrecht angewendet werden, da hier keine
ausdrückliche Verweisung geschaffen wurde.
Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass möglicherweise die Antragstellerin im Wege der
Konzernhaftung von der Antragsgegnerin in Anspruch genommen werden könnte. Nach der hier gebotenen
summarischen Prüfung des Sachverhalts sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Grundsätze über die
Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern bei Beitragsansprüchen (vgl. BSG, Urteil vom 27.09.1994, 10 Rar
1/92) nicht erfüllt. Auch eine Geltendmachung der Beitragsforderungen nach § 823 Abs 2 BGB i.V.m. § 266a
Strafgesetzbuch (StGB) gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementärin der U. GmbH & Co KG im Wege eines
Beitragsbescheides ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.
b) Hinsichtlich der Verbeitragung der Aufwandsersatzleistungen ab dem 1.1.2008 ist der Bescheid der
Antragsgegnerin vom 29.7.2010 bei summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin hat in ihren Arbeitsverträgen § 8.6 des vom Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen
e.V. mit der DGB-Tarifgemeinschaft abgeschlossenen Manteltarifvertrag Zeitarbeit (MTV BZA) dergestalt
übernommen, dass teilweise anstelle des Tarifentgeltes u. A. Reise- und Übernachtungskosten gezahlt wurden. Dies
ergibt die Auslegung des übernommenen Tarifvertrages. Für diese Auslegung gilt, dass die Tarifvertragsparteien mit
dem Abschluss eines Tarifvertrages ihre grundgesetzlich gewährleistete Aufgabe wahrnehmen, die
Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu gestalten (Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz). Deshalb haben die von ihnen
vereinbarten Regelungen Normcharakter. Der normative Teil eines Tarifvertrages ist deshalb grundsätzlich nach den
für Gesetze geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist vom Tarifwortlaut. Auf dieser Grundlage ist der wirkliche
Wille der Tarifvertragsparteien zu ermitteln, soweit er in den tariflichen Regelungen seinen Niederschlag gefunden hat.
Dabei kann der tarifliche Zusammenhang Aufschluss über den von den Tarifvertragsparteien verfolgten Zweck geben.
Bei der Auslegung ist weiter zu berücksichtigen, dass die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien nicht
unbeschränkt ist. Sie wird begrenzt durch zwingendes höherrangiges Recht. Entgegenstehende Tarifnormen sind
unwirksam. Der Tarifvertrag kann in einem solchen Fall die mit ihm verfolgte Schutz- und Ordnungsfunktion nicht
gewährleisten. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die der tariflichen Regelung Geltung verschafft (vgl.
BAG, Urteil vom 17.2.2009 - 9 AZR 611/07 26, RNr. 31 - zitiert nach juris).
Im vorliegenden Tarifvertrag ist ausdrücklich vorgesehen, dass u. a. Reise- und Unterkunftskosten "anstelle" des
tariflichen Entgeltes gezahlt werden können. Anknüpfend an den ausdrücklichen Wortlaut dieser Regelung, ist eine
Auslegung als eine "zusätzliche" und damit beitragsfreie Leistung des Arbeitgebers nicht möglich. Solche Zahlungen
"anstelle" des tariflichen Entgelts sind daher sozialversicherungspflichtig i.S.v. §§ 14 Abs. 1, 17 Abs 1 SGB IV i.V.m.
§ 1 Abs. 1 Ziff. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung.
Nach dem Vortrag der Antragstellerin ist auch keine unbillige Härte erkennbar, die die - noch teilweise verbliebene -
Anordnung der aufschiebenden Wirkung als eine besondere Ausnahme zum gesetzlich angeordneten Sofortvollzug
rechtfertigen könnte. Allein das Vorbringen, dass der von der Antragsgegnerin festgesetzte Betrag als Liquidität zur
Fortführung und zum Ausbau des Geschäftsbetriebes und damit zur Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter eingeplant
ist, stellt keine unbillige Härte dar. Die Schaffung von weiteren Arbeitsplätzen liegt sicherlich im Allgemeininteresse.
Allein aber die Möglichkeit, dass aufgrund der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen die Liquidität eines
Unternehmens geschmälert wird, führt noch nicht zur Annahme einer unbilligen Härte. Es wurde von Seiten der
Antragstellerin in keiner Weise vorgetragen, dass die Existenz des Betriebes als solches gefährdet sei, noch ist diese
Gefahr sonst ersichtlich.
2.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat dagegen keinen Erfolg. Zwar kann ein Antrag nach § 86b Absatz 3 SGG auch
vor Klageerhebung gestellt werden. Jedoch kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs nicht vor dessen
Einlegung festgestellt oder angeordnet werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer - Keller, SGG, 9. Aufl., § 86b RNr 8a).
Der Antragsgegnerin muss im Widerspruchsverfahren die Möglichkeit verbleiben, das Begehren der Antragstellerin zu
überprüfen und ihm gegebenenfalls - teilweise - zu entsprechen.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung in Verbindung mit § 197a Abs.1 Satz 1
SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs.1, § 53 Abs. 2 Nr.4 Gerichtskostengesetz
i.V.m. § 197a Abs.1 Satz 1 SGG; der Streitwert ist wegen der erstinstanzlichen Festsetzung auf den dortigen Wert
limitiert.
Dieser Beschluss beendet das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz und ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.