Urteil des LSG Bayern vom 08.08.2006

LSG Bayern: Eine weitergehende Entschädigung als die bereits bewilligte steht nicht zu, vor allem kein Verdienstausfall als Selbständiger., glaubhaftmachung, beruf, bewirtschaftung, einzelrichter

Bayerisches Landessozialgericht
Kostenbeschluss vom 08.08.2006 (rechtskräftig)
Bayerisches Landessozialgericht L 3 U 114/04 WA.Ko
Die Entschädigung anlässlich der Teilnahme des Antragstellers an der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2006 in
München wird auf 73,00 EUR festgesetzt. - Eine weitergehende Entschädigung als die bereits bewilligte steht nicht
zu, vor allem kein Verdienstausfall als Selbständiger.
Gründe:
I.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht anhängig gewesenen Streitverfahren gegen die Land- und
forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Franken und Oberbayern hat der Antragsteller in der mündlichen
Verhandlung vom 16.05.2006 den Wiederaufnahmeauftrag zurückgenommen. - Auf die Niederschrift vom 16.05.2006
wird Bezug genommen.
Mit Entschädigungsantrag vom 15.05.2006 hat der Antragsteller geltend gemacht, er habe am 15.05.2006 (Vortag
oder Schreibfehler !) einen Verdienstausfall als selbständiger Wirtschaftsingenieur hinnehmen müssen. Dieser belaufe
sich auf insgesamt 200,00 EUR. - Daneben sind die Fahrtkosten für die Rückreise am 16.05.2005 sowie
Zehrkostengeltend gemacht worden.
Der Kostenbeamte des Bayerischen Landessozialgerichts hat mit Schreiben vom 08.06.2006 eine Entschädigung von
insgesamt 73,00 EUR bewilligt: - laut Shell-Atlas Routenplaner seien maximal 220 Pkw-km zu 0,25 EUR je Kilometer
anzusetzen = 55,00 EUR - ein Verdienstausfall als Selbständiger sei nach Aktenlage nicht nachvollziehbar.
Vorbehaltlich eines Nachweises durch Nachreichen zum Beispiel des Einkommenssteuerbescheides könne nur die
Mindestentschädigung für Zeitverlust nach § 20 JVEG entschädigt werden; 3,00 EUR pro Stunde für ca. sechs
Stunden = 18,00 EUR - eine Zehrkostenpauschale könne nach § 6 JVEG erst bei einer Abwesenheit vom
Aufenthaltsort von mindestens acht Stunden gewährt werden. Die Entschädigung betrage somit 73,00 EUR.
Der Antragsteller hat am 18.07.2006 die richterliche Festsetzung seiner Entschädigung beantragt und hervorgehoben,
er sei von Beruf Wirtschaftsingenieur, und ein Abschlusszeugnis dem Kostenbeamten zur Einsicht vorgelegt. Hierbei
hat der Antragsteller nicht gestattet, dass eine Ablichtung zu den Akten genommen wird. - Im Übrigen hat der
Antragsteller vorgetragen, er könne einen Einkommenssteuerbescheid nicht vorlegen, weil er keine Steuern zahlen
müsse; er verdiene zu wenig und werde deshalb nicht veranlagt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, anstelle der Mindestentschädigung für Zeitverlust nach § 20 JVEG einen
Verdienstausfall als Selbständiger zu bewilligen.
Der Antragsgegner hat mitgeteilt, dass eine Abhilfe nicht möglich sei.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten und der Kostenbeiakten Bezug genommen.
II.
Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs.1 Satz 1 JVEG
durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt
oder das Gericht sie für angemessen hält.
Die vorgenommene Bewilligung einer Entschädigung von insgesamt 73,00 EUR entsprechend der Nachricht des
Kostenbeamten des Bayerischen Landessozialgerichts vom 08.06.2006 entspricht in allen Punkten der Sach- und
Rechtslage:
Entgegen den Angaben des Antragstellers sind nicht insgesamt 250 Kilometer zu berücksichtigen, sondern nur 220
km in Ansatz zu bringen. Diverse Routenplaner weisen einen einfachen Weg zwischen dem Wohnort des
Antragstellers in L. , C. und dem Bayerischen Landessozialgericht zwischen 108 und 110 km aus (vgl. z.B. Map 24,
Falk.DE und Shell-Routenplaner). Hier hat der Kostenbeamte des Bayerischen Landessozialgerichts zu Gunsten des
Antragstellers 110 Kilometer einfach = 220 km insgesamt angesetzt. Gemäß § 5 Abs.2 Nr.1 JVEG sind 0,25 EUR je
Kilometer als Fahrtkostenersatz vorgesehen = 55,00 EUR.
Nach § 20 JVEG hat der Antragsteller nur Anspruch auf die Mindestentschädigung für Zeitverlust für 3,00 EUR je
Stunde für ca. sechs Stunden insgesamt = 18,00 EUR. - Ein Verdienstausfall als Selbständiger ist nicht
nachgewiesen. Die Vorlage eines Abschlusszeugnisses stellt keine geeignete Glaubhaftmachung dafür dar, dass ein
entsprechender Beruf auch tatsächlich ausgeübt wird.
Vielmehr ergibt sich aus den Akten (vgl. vor allem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 07.05.2002 - L 3
U 89/01), dass der Antragsteller in der Vergangenheit (1998) pachtweise in Erbengemeinschaft ein
landwirtschaftliches Anwesen geführt hat. Das Amtsgericht T. hat mit Strafurteil vom 09.04.1998 - 520 Cs 220 Js
35453/97 insoweit ausgeführt, dass der Antragsteller als Selbstversorger auf einem Bauernhof lebt, der ihm seiner
Ansicht nach zu 5/8 gehört, wobei der Erbteil allerdings Gegenstand zivilrechtlicher Verfahren ist. Der Antragsteller
hat, nachdem durch Maßnahmen des Veterinäramts einige Kühe anderweitig untergebracht wurden, nur noch
Federvieh, so dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes wohl derzeit nicht möglich ist.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass sich aus den Akten kein Hinweis auf eine aktuelle relevante
selbständige Tätigkeit des Antragstellers ergibt. - Wie bereits erwähnt, stellt die Vorlage eines Abschlusszeugnisses
zur Einsicht keine ausreichende Glaubhaftmachung für eine gegenwärtige Tätigkeit als selbständiger
Wirtschaftsingenieur dar.
Eine Zehrkostenpauschale nach § 6 JVEG kann erst bei einer Abwesenheit vom Aufenthaltsort von mindestens acht
Stunden gewährt werden. - Laut Routenplaner beträgt die Fahrtzeit mit dem Pkw einfach 1 Stunde und 15 Minuten.
Selbst wenn man für die An- und Rückreise eine Fahrtzeit von insgesamt vier Stunden unterstellen würde, wird die
gesetzlich vorgegebene Mindestabwesenheitszeit von acht Stunden nicht erreicht.
Nach alledem ist die Entschädigung gemäß § 4 Abs.1 Satz 1 JVEG auf 73,00 EUR festzusetzen gewesen, wie
bereits bewilligt. Eine weitergehende Entschädigung steht nicht zu, vor allem kein Verdienstausfall als Selbständiger.
Hierüber hat das Gericht gemäß § 4 Abs.7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) endgültig. Sie ergeht kosten- und
gebührenfrei (§ 4 Abs.8 JVEG).