Urteil des LSG Bayern vom 26.06.2008

LSG Bayern: wie erstinstanzlich, auf 1.496,97 EUR festgesetzt. IV. Die Revision wird nicht zugelassen., beitragspflicht, arbeitsentgelt, wohnung, vergütung, form, behandlung, zusammenrechnung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 26.06.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 6 KR 5006/05
Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 482/07
Bundessozialgericht B 12 KR 49/08 B
I. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 20. November 2007 wird
zurückgewiesen. II. Die Kläger tragen die Kosten auch des Berufungsverfahrens. III. Der Streitwert wird - wie
erstinstanzlich - auf 1.496,97 EUR festgesetzt. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen Beitragsnachforderungen aufgrund einer Betriebsprüfung.
Die Kläger sind seit 01.07.2000 Inhaber einer Arztpraxis im Anwesen B.straße, C ... Seit 01.03.2001 beschäftigten sie
die Beigeladene zu 4) als Putzkraft im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses. Gemäß Ziffer 3 des
Arbeitsvertrages erhielt sie eine Vergütung von DM 580,00, DM 50,00 anteiliges Weihnachtsgeld sowie zusätzlich DM
70,00 Fahrgeld auf der Basis von fünf Entfernungskilometern.
Aufgrund einer Betriebsprüfung vom 25.10.2004 mit Anhörung vom gleichen Tag forderte die Beklagte mit Bescheid
vom 26.10.2004 für den Prüfzeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2003 Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen in
Höhe von EUR 1.496,97 nach. Die Beigeladene zu 4) habe Fahrtkostenzuschüsse erhalten, die zu Unrecht nicht der
Beitragspflicht unterworfen worden seien. Denn die maßgebliche kürzeste Fahrstrecke von der Wohnung zum
Beschäftigungsort habe lediglich 3 km betragen. Damit habe die Beigeladene zu 4) für Fahrtstrecken von zwei
Kilometern eine Zahlung erhalten, die nicht als pauschal versteuerte und damit beitragsfreie Arbeitgeberleistung zu
werten sei. Die entsprechenden Beträge unterlägen der Beitragspflicht und seien mit dem gezahlten Entgelt
zusammenzurechnen. Dadurch werde die Grenze der Entgeltgeringfügigkeit überschritten. Die Kläger seien als
Arbeitgeber verpflichtet, die vollen Beiträge aus der Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) nachzuentrichten.
Dagegen erhoben die Kläger Widerspruch und machten geltend, die unzutreffende Fahrtkostenzuschussgewährung
beruhe auf Angaben, die die Beigeladene zu 4) vor Vertragsschluss in einem Angabenbogen falsch gemacht habe.
Die damit zuviel gezahlten Fahrtkostenzuschüsse seien von der Beigeladenen zu 4) bereits zurückgefordert worden.
Es müsse damit bei der Behandlung des Arbeitsverhältnisses als entgeltgeringfügige Tätigkeit verbleiben.
Dem hat sich die Beklagte nicht angeschlossen und den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2005
zurückgewiesen. Der arbeitsvertraglich geschuldete Fahrtkostenzuschuss übersteige den in der Sozialversicherung
beitragsfreien Betrag, so dass der Lohn der Beigeladenen zu 4) insgesamt sozialversicherungspflichtig sei und die
daraus resultierenden Beiträge und Umlagen zu Recht nachgefordert würden.
Dagegen haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Hildesheim erhoben, welches diese an das örtlich zuständige
Sozialgericht Bayreuth verwiesen hat. Die Kläger haben Bescheidaufhebung beantragt im Wesentlichen mit der
Begründung, sie hätten aus den Mitarbeiterdaten im von der Beigeladenen zu 4) ausgefüllten Fragebogen die
Fahrtstrecke von 5 km gutgläubig übernommen. Die unzutreffende Fahrtkostenbehandlung beruhe somit auf einem
Fehlverhalten, dass den Klägern nicht zuzurechnen sei. Aus dem Arbeitsvertrag ergebe sich, dass die
Fahrtkostenzahlung kein Bestandteil der Vergütung sei. Zudem sei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu
irrtümlichen Zahlungen, insbesondere zu Bankirrtümern anzuwenden, weil auch die Kläger irrtümlich eine
Zuschussleistung erbracht hätten, auf welche kein Anspruch bestanden habe. Demgegenüber hat die Beklagte darauf
hingewiesen, dass in abgewickelte Versicherungsverhältnisse nicht mehr rückwirkend einzugreifen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.11.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, nach § 14
Abs.1 Satz 1 SGB IV zählten zum Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung,
gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch darauf bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet und
ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Aus der aufgrund der
Regelungen im SGB IV erlassenen Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) seien dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen und
damit beitragsfreie Einnahmen nach § 40 Abs.2 EStG. Hierzu zählten auch Fahrtkostenzuschüsse, allerdings nur
unter bestimmten Voraussetzungen. Die Fahrt zwischen der Wohnung und dem Arbeitsplatz sei grundsätzlich Sache
des Arbeitnehmers. Übernehme der Arbeitgeber die Kosten dieser Fahrten, handele es sich um einen geldwerten
Vorteil aus der Beschäftigung, der grundsätzlich dem Entgeltbegriff des § 14 SGB IV unterliege. In Ausnahme hiervon
dürfe bei Fahrtkostenzuschüssen, die der Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs.2 EStG unterfielen, der geldwerte
Vorteil nicht zum Arbeitsentgelt gezählt werden, so dass er beitragsfrei bleibe. Im vorliegenden Fall habe die
Beigeladene zu 4) Fahrtkostenzuschüsse über der nach § 40 Abs.2 Satz EStG geregelten Höhe erhalten. Die
überschießenden Beträge seien damit nicht beitragsfrei, sondern Arbeitsentgelt, welches der Beitrags- und
Umlagenpflicht unterliege. Dieses Entgelt führe in Zusammenrechnung mit dem gezahlten Lohn zur Überschreitung
der Entgeltgeringfügigkeitsgrenze nach § 8 SGB IV. Die Beklagte habe die entsprechenden beitragsrechtlichen
Konsequenzen in der angefochtenen Entscheidung gezogen und das Entgelt der Versicherungs- und Beitragspflicht
unterworfen sowie die daraus resultierenden Nachforderungen dem Grunde und der Höhe nach zutreffend berechnet.
Die Kläger hätten die überhöhten Fahrtkostenzuschüsse nicht irrtümlich, sondern in Ausführung des Arbeitsvertrages
gezahlt. Der Streitwert entspreche der Höhe der Nachforderung der Beklagten.
Dagegen haben die Kläger Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass die überhöhten Fahrtkostenzuschüsse
irrtümlich bezahlt worden seien, so dass in Anwendung der Rechtsprechung des BSG zu Irrtumszahlungen die volle
Beitragspflicht nicht eintreffen dürfe. Die Beigeladene zu 4) habe die Kläger über die Entfernung zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte getäuscht; mangels Ortskenntnis sei ihnen die überhöhte Fahrtstrecke nicht aufgefallen.
Die Kläger beantragen, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.11.2007 sowie den Bescheid der
Beklagten vom 26.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Betriebsprüfungsakten der Beklagten sowie auf die
Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), jedoch
unbegründet.
Der Senat entscheidet gemäß Beschluss vom 30.04.2008 durch den Berichterstatter (§ 153 Abs.5 SGG).
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 26.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
11.02.2005. Diese Entscheidung hat das Sozialgericht Bayreuth mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom
20.11.2007 mit zutreffender und ausführlicher Begründung bestätigt. Der Senat weist deshalb die Berufung aus den
Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs.2 SGG.
Ob die Kläger auf arbeitsrechtlicher Grundlage wegen möglicher Falschangaben der Beigeladenen zu 4) dieser
gegenüber Regreßansprüche geltend machen dürfen ist nicht Gegenstand des streitigen Verfahrens. Ebenso wenig
hat der Senat über die steuerrechtliche Behandlung der Rückzahlung von unzutreffenden Fahrtkostenzuschüssen zu
befinden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG i.V.m. 154 Abs.2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt derjenigen der ersten Instanz, §§ 52 Abs.1, 47 Abs.2 Satz 1 GKG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.