Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2017

freier mitarbeiter, lehrer, firma, versicherungspflicht

LSG Baden-Württemberg Urteil vom 26.1.2017, L 7 R 3819/15
Rentenversicherung - Versicherungspflicht - freier Mitarbeiter, der in verschiedenen
Kindertagesstätten Kindern französischen Sprachunterricht erteilt - Honorarvertrag -
Beitragsforderung - Verwirkung
Leitsätze
1. Zur Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eines freien Mitarbeiters, der in verschiedenen
Kindertagesstätten Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren "mit Spiel und Gesang" in die französische Sprache
einführt.
2. Ein bloßes Nichtstun des Sozialversicherungsträgers im Beitragsverfahren und in dem sich anschließenden
Gerichtsverfahren begründet im Regelfall kein Verwirkungsverhalten, das bei dem Beitragsschuldner das
Vertrauen begründen durfte, der Sozialversicherungsträger werde festgesetzte Beiträge nicht mehr geltend
machen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. August 2015 wird
zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1 Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September
2009 als selbständig tätiger Lehrer in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war und
ab 1. Dezember 2002 entsprechende Beiträge schuldet.
2 Der 1962 geborene Kläger arbeitete als selbständiger Musiker bzw. Musikproduzent in der Rechtsform einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und war insoweit bei der K. (KSK) versichert. Außerdem war der
Kläger ab 1. Januar 2001 für die Firma L. GmbH tätig und führte für deren Mitarbeiter französische
Sprachkurse („Französisch Anfänger 1“, „Französisch Anfänger 2“, „Französisch Grundkurs 1“, „Französisch
Grundkurs 2“, „Französisch Mittelstufe“; Bl. 28 der Verwaltungsakten) durch. Er rechnete gegenüber der
Firma L. GmbH monatsweise für die durchgeführten Kurse ein Entgelt nebst Fahrtkosten und
Mehrwertsteuer ab; insoweit wird auf die vom Kläger eingereichten Rechnungen vom 5. Februar 2001, 7.
März 2001, 4. April 2001, 5. Mai 2001, 4. Juni 2001, 1. Juli 2001, 1. August 2001, 3. September 2001, 8.
Oktober 2001, 7. November 2001, 7. Dezember 2001, 31. Januar 2002, 2. Februar 2002, 2. Mai 2002, 2.
Juni 2002, 1. Juli 2002, 31. Juli 2002, 27. September 2002, 30. September 2002, 31. Oktober 2002, 30.
November 2002, 20. Dezember 2002, 31. Januar 2003, 1. März 2003, 31. März 2003, 1. Mai 2003, 1. Juni
2003, 31. Juni 2003, 6. Oktober 2003, 1. November 2003, 1. Dezember 2003, 6. Januar 2004, 1. Februar
2004, 29. Februar 2004, 4. April 2004, 12. Mai 2004, 8. Juni 2004, 22. Juni 2004, 5. Oktober 2004, 28.
Oktober 2004, 1. Dezember 2004, 22. Dezember 2004, 7. Februar 2005, 28. Februar 2005, 30. März 2005,
10. Mai 2005, 30. Mai 2005, 28. Juni 2005, 3. Oktober 2005, 6. November 2005, 7. Januar 2005 (richtig
2006), 2. März 2006, 4. April 2006, 1. Mai 2006, 8. Juni 2006, 30. Juni 2006, 26. Juli 2006, 30. Juni 2006, 3.
Oktober 2006, 2. November 2006, 4. Dezember 2006, 31. Dezember 2006, 4. März 2007, 3. April 2007, 1.
Mai 2007, 30. Mai 2007, 30. Juli 2007, 3. Juli 2007, 1. Oktober 2007, 4. November 2007, 3. November
2007, 20. Dezember 2007 (Bl. 53/139 der Senats-Akten) Bezug genommen. Weiterhin war er in der Zeit
vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2009 aufgrund von Honorarverträgen mit der Stadt K., der
Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der Evangelischen Kirchengemeinde B. als freier Mitarbeiter
in verschiedenen Kindertagesstätten tätig. Er wurde beauftragt, die Kinder in den Kindergärten in die
„französische Sprache“ einzuführen (Honorarverträge mit der Stadt K., Bl. 29/30 der Verwaltungsakten;
Vertrag über freie Mitarbeit mit der Katholischen Kirchengemeinde St. A. vom 4. Juli 2005, Bl. 31, 34 der
Verwaltungsakten; Honorarvertrag mit der Evangelischen Kirchengemeinde B., Bl. 36 der
Verwaltungsakten). Seine Tätigkeit wurde als „Spracherzieher“ umschrieben (Vertrag über freie Mitarbeit
mit der Katholischen Kirchengemeinde St. A., Bl. 31, 34 der Verwaltungs-Akten). Der Kläger selbst beschrieb
gegenüber den Eltern des städtischen Kindergartens „K.“ seine Tätigkeit dahingehend, dass er die
Möglichkeit bieten werde, „die französische Sprache mit Spiel und Gesang kennenzulernen“; „die
Sprachsensibilisierung soll dabei im Vordergrund stehen“ (Schreiben vom 15. Juli 2003, Bl. 26 der
Verwaltungs-Akten). Die städtische „Kindertagesstätte V.“ (Schreiben vom 20. Februar 2006, Bl. 27 der
Verwaltungs-Akten) beschrieb das Aufgabengebiet des Klägers wie folgt:
3
„- Vermittlung und bekannt machen der französischen Sprache und der französischen Kultur.
- Erlernen von französischen Vokabeln ganzheitlich mit Kopf, Herz und Hand anhand von bestimmten
Themenbereichen.
- Singen von französischen Liedern.“
4 Der Kläger rechnete gegenüber den Trägern der Kindergärten monatsweise sein Honorar für „Sprache:
Französisch“ (z.B. Honorarabrechnungen für Mai 2009 und Juni 2018; Bl. 50, 211 der Senats-Akten) bzw.
für „Französisch-Unterricht“ (z.B. Honorarabrechnungen für Februar 2008, März 2008, Mai 2008, Juli 2008,
September 2008, Oktober 2008, November 2008, Dezember 2008; Bl. 206/210, 212/214 der Senats-Akten)
ab.
5 Das Finanzamt K. unterschied zwischen den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Musiker bzw. Musikproduzent)
sowie Einkünften aus selbständiger Arbeit (Honorartätigkeit) (Einkommensteuerbescheid vom 4. Mai 2004
für 2002, Bl. 49/51 der Verwaltungs-Akten; Einkommensteuerbescheid vom 29. Juni 2005 für 2003, Bl.
52/53 der Verwaltungs-Akten; Einkommensteuerbescheid vom 11. Mai 2004 für 2001, Bl. 60/63 der
Verwaltungs-Akten; Einkommensteuerbescheid vom 27. Februar 2007 für 2004, Bl. 94/95 der Verwaltungs-
Akten; Einkommensteuerbescheid vom 11. April 2007 für 2005, Bl. 97/98 der Verwaltungs-Akten).
6 Am 2. Februar 2006 beantragten der Kläger und die Stadt K. bei der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte, der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte), die Feststellung des
sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers hinsichtlich seiner Tätigkeit als „Lehrer“ in den
Kindergärten der Stadt K.. Dieser gab an, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein, für diese zuvor nicht als
Arbeitnehmer gearbeitet zu haben, keinen Arbeitnehmer zu beschäftigen, am Betriebssitz des jeweiligen
Auftraggebers zu arbeiten, nicht regelmäßig Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten sowie Vertreter
bzw. Hilfskräfte ohne Zustimmung des jeweiligen Auftraggebers einstellen zu können. Sein Unternehmen
führe er nicht in der Rechtsform einer Gesellschaft. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gab der Kläger
weiterhin an, dass der Gegenstand der Unterrichtstätigkeit in Honorarverträgen geregelt sei, für den
Auftraggeber keine Möglichkeit bestehe, einseitig durch Ausübung eines Weisungsrechts die
Unterrichtstätigkeit zu verändern, der Beginn und die Arbeitszeit der Tätigkeit gemeinsam festgelegt werde,
es dem Auftraggeber nicht möglich sei, vertraglich vorab nicht festgelegte Einzelheiten der Dienstleistung
näher zu bestimmen und über schulrechtliche Vorgaben hinausgehende methodische oder didaktische
Anweisungen zur Gestaltung des Unterrichts zu erteilen sowie dass der Ausfall von Veranstaltungen zu
einer Nachholpflicht oder zu einem Ausfallhonorar führe.
7 Mit Bescheid vom 3. April 2006 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und der Stadt K. fest, dass er
seine Tätigkeit als Lehrer bei der Stadtverwaltung K. seit 1. Januar 2001 selbständig ausübe und keine
abhängige Beschäftigung vorliege (Bl. 41/44 der Verwaltungs-Akten).
8 In dem „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht kraft Gesetzes als selbständig Tätiger“ gab der
Kläger an, dass er als Sprachlehrer in Kindergärten und bei der Firma L. GmbH sowie als Musikproduzent seit
Oktober 1993 tätig sei. Bei der L. GmbH arbeite er ca. zwölf Stunden je Woche, in den Kindergärten ca. 20
Stunden je Woche.
9 Auf Anfrage der Beklagten, ob bei der Feststellung der Versicherungspflicht als Musikproduzent sowie der
Beitragsberechnung die selbständige Tätigkeit als Sprachlehrer ab 1. Januar 2001 mitberücksichtigt worden
sei, teilte die KSK mit Schreiben vom 4. Januar 2007 mit, dass Gegenstand der damaligen Prüfung der
Versicherungspflicht lediglich die Tätigkeit als Musiker bzw. Musikproduzent gewesen sei. Über die Ausübung
einer selbständigen Tätigkeit als Sprachlehrer sei der KSK bislang nichts bekannt. Die KSK bat darum, ihr die
vorliegenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen, um eventuelle Auswirkungen auf das bestehende
Versicherungsverhältnis prüfen zu können. Daraufhin übersandte die Beklagte der KSK mit Schreiben vom
15. Januar 2007 die gewünschten Unterlagen. Diese teilte mit Schreiben vom 7. März 2007 mit, dass die
Tätigkeit als Sprachlehrer nicht zu den versicherungspflichtigen Tätigkeiten nach dem
Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) zähle. In der Rentenversicherung führe diese Tätigkeit erst dann
zur Beendigung der Versicherungspflicht nach dem KSVG, wenn das Arbeitseinkommen aus der
nichtkünstlerischen Tätigkeit ab der halben Beitragsbemessungsgrenze liege. Dies treffe für den Kläger nicht
zu. Aufgrund seiner selbständigen Tätigkeitsausübung im künstlerischen Bereich bestehe weiterhin
Rentenversicherungspflicht nach den Vorschriften des KSVG.
10 Mit Bescheid vom 6. August 2007 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab 1. Januar 2001 nach § 2 Satz
1 Nr. 1 bis 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)
versicherungspflichtig sei, und setzte die monatlichen Beiträge zur Rentenversicherung ab Dezember 2002
auf 365,29 EUR, ab Januar 2003 auf 382,26 EUR, ab Januar 2004 auf 383,38 EUR, ab Januar 2005 auf
385,21 EUR, ab September 2005 auf 299,96 EUR, ab Januar 2006 auf 297,26 EUR, ab Januar 2007 auf
305,27 EUR, ab Mai 2007 auf 303,02 EUR und ab 1. Juli 2007 auf 302,08 EUR fest; hinsichtlich der
Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 93/99 der Verwaltungs-Akten) Bezug genommen. Dagegen legte
der Kläger am 5. September 2007 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni
2008 zurückwies.
11 Dagegen hat der Kläger am 16. Juli 2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben (S 4 R 3556/08).
Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, dass er seit 1. Januar 2001 in Kindertagesstätten Kindern im Alter
von drei bis sechs Jahren die französische Sprache und Kultur und zwar auf „musikalischem“ Wege
vermittle. Er sei jedoch primär als Künstler tätig, produziere CDs und absolviere zahlreiche Auftritte mit
seiner Musikgruppe. Der Lehrerbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI sei auf ihn als Künstler nicht anwendbar.
Er habe keine pädagogische Ausbildung und könne nicht ohne die hierfür erforderlichen besonderen
„Qualitätsanforderungen“ dem Personenkreis der Lehrer zugeordnet werden. Zudem stehe der Anwendung
des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI die Vorrangregelung des § 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI entgegen.
12 Das SG hat mit Beschluss vom 3. November 2009 - auf Antrag der Beteiligten (Schreiben der Beklagten vom
20. Oktober 2009; Schriftsatz des Kläger-Bevollmächtigten vom 2. November 2009) - das Ruhen des
Verfahrens angeordnet, um dem Kläger die Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Unterlagen
zusammenzutragen und bei der Beklagten einzureichen. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2009 hat die
Beklagte den Kläger über die Höhe des ab Januar 2010 zu entrichtenden Monatsbeitrags (327,83 EUR)
unterrichtet. Daraufhin hat der Kläger am 11. Januar 2010 mitgeteilt, dass er ab 1. Oktober 2009 in ein
abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis getreten sei, und den Arbeitsvertrag mit
der Stiftung E. J. B. vom 29. September 2009 vorgelegt (Bl. 176/178 der Verwaltungs-Akten). Am 12.
Februar 2010 hat er ergänzend erklärt, er habe „seine selbständige Tätigkeit als Lehrer“ aufgegeben.
Sodann hat die Beklagte mit Bescheid vom 22. Februar 2010 festgestellt, dass die Pflichtversicherung als
Selbständiger nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 2 SGB VI mit Ablauf des 30. September 2009 endet, und darauf
hingewiesen, dass eine Beitragsschuld in Höhe von insgesamt 33.747,88 EUR bestehe. Den dagegen
eingelegten klägerischen Widerspruch (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 17. März 2010) hat die
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2010 als unzulässig zurückgewiesen, weil in dem
angefochtenen Bescheid vom 22. Februar 2010 lediglich das Ende der Versicherungspflicht als Selbständiger
bestätigt worden sei.
13 Am 23. Juni 2014 hat die Beklagte das ruhende Klageverfahren angerufen, nachdem der Kläger keine
weiteren Unterlagen eingereicht hatte. Das SG hat die Klage unter dem Az.: S 15 R 2939/14 fortgeführt.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24. April 2015 hat der Kläger die Einrede der Verjährung
erhoben und sich auf Verwirkung der Beitragsforderungen berufen.
14 Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 6. August 2015 abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht
festgestellt, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum als selbständig tätiger Lehrer in der
gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig gewesen sei, und entsprechende
Beitragsnachforderungen erhoben. Der Kläger gehöre zur Gruppe der selbständigen Lehrer und Erzieher im
Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 1
SGB VI sei unerheblich, ob der Versicherte einem bestimmten Berufsbild eines Lehrers oder abstrakten
Tätigkeitsbeschreibungen entspreche. Der Versicherungspflicht stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger
keine pädagogische Ausbildung durchlaufen habe. Bei der streitgegenständlichen Tätigkeit als Lehrer
handele es sich nicht um eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des KSVG. Eine Versicherungspflicht in der
Künstlersozialversicherung sei für die konkret zu beurteilende Tätigkeit als Sprachlehrer gerade nicht
festgestellt. Der Anspruch auf Beitragsnachforderung sei auch weder verjährt noch aufgrund des so langen
Ruhens des gerichtlichen Verfahrens verwirkt.
15 Gegen den seinem Bevollmächtigten am 10. August 2015 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der
Kläger mit seiner am 9. September 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten
Berufung, mit der er - unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages - sein
Anfechtungsbegehren weiter verfolgt.
16 Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
17 den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. August 2015 sowie den Bescheid der Beklagten
vom 6. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2008 aufzuheben.
18 Die Beklagte beantragt,
19 die Berufung zurückzuweisen.
20 Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
21 Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 24. Mai 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt und
den Kläger persönlich angehört; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 24. Mai 2016
(Bl. 37/40 der Senats-Akten) verwiesen. Auf Aufforderung des Berichterstatters vom 1. August 2016 unter
Hinweis auf § 106a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 30.
September 2009 sämtliche Honorarverträge mit der Stadt K., den Kirchengemeinden St. A. und B. sowie die
entsprechenden Abrechnungen und die Abrechnungen gegenüber der Firma L. GmbH vollständig
einzureichen, hat der Kläger mit Schriftsätzen seines Bevollmächtigten vom 30. August 2016 und vom 30.
September 2016 verschiedene (Ab-)Rechnungsunterlagen vorgelegt (Bl. 49/214, 216/227 der Senatsakten).
22 Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung
erteilt.
23 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die
Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
24 Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
25 1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht
eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung die Feststellung der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft und die streitigen Beiträge die Wertgrenze übersteigen (§ 144
Abs. 1 SGG).
26 2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 6. August 2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2008 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte festgestellt hat, dass der Kläger
ab 1. Januar 2001 nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI im Hinblick auf seine Tätigkeit als Lehrer in Kindergärten der
Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der Evangelischen Kirchengemeinde B. sowie
bei der Firma L. GmbH versicherungspflichtig sei, und die monatlichen Beiträge zur Rentenversicherung ab
Dezember 2002 auf 365,29 EUR, ab Januar 2003 auf 382,26 EUR, ab Januar 2004 auf 383,38 EUR, ab
Januar 2005 auf 385,21 EUR, ab September 2005 auf 299,96 EUR, ab Januar 2006 auf 297,26 EUR, ab
Januar 2007 auf 305,27 EUR, ab Mai 2007 auf 303,02 EUR und ab 1. Juli 2007 auf 302,08 EUR festgesetzt
hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG; vgl.
ferner Bundessozialgericht , Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 23/14 R - BSGE 118, 294 - juris Rdnr.
12). Der streitgegenständliche Zeitraum ist auf die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2009
beschränkt, weil die Beklagte mit Bescheid vom 22. Februar 2010 im Hinblick auf die zum 1. Oktober 2009
aufgegebene selbständige Tätigkeit als Lehrer und die zum gleichen Zeitpunkt aufgenommene
versicherungspflichtige Beschäftigung das Ende der Pflichtversicherung als selbständiger Lehrer i.S. des § 2
Satz 1 Nr. 1 SGB VI festgestellt hat.
27 3. Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 6. August 2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte hat zutreffend für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2009 die
Versicherungspflicht hinsichtlich der selbständigen Tätigkeit als Lehrer bei der Firma L. GmbH sowie in den
Kindergärten in der Trägerschaft der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der
Evangelischen Kirchengemeinde B. nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI festgestellt und die entsprechenden
Beiträge festgesetzt.
28 a. Gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung (Gesetz vom 18. Dezember
1989, BGBl. I, 2261; vgl. zur Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Versicherungspflicht für Lehrer und
Erzieher BSG, Urteil vom 12. Oktober 2000 - B 12 RA 2/99 R - juris Rdnr. 14) sind versicherungspflichtig
selbständig tätige Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig
keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Der Kläger hat in der Zeit vom 1. Januar 2001
bis zum 30. September 2009 für die oben genannten Auftraggeber eine - mehr als geringfügige (e.) -
selbständige Tätigkeit (b.) als Lehrer (c.) verrichtet und in Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten keinen
versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt (d.). Der Versicherungspflicht als Lehrer im Sinne des § 2
Satz 1 Nr. 1 SGB VI steht eine konkurrierende Versicherungspflicht nach dem KSVG nicht entgegen (f.).
Schließlich ist die Erhebung der festgesetzten Beiträge für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis zum 30.
September 2009 nicht zu beanstanden (g.).
29 b. Der Kläger hat eine selbständige Tätigkeit ausgeübt. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer
(abhängigen) Beschäftigung - in Abgrenzung zu einer selbständigen Tätigkeit - ist § 7 Abs. 1 Viertes Buch
Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV). Danach ist Beschäftigung
die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV);
Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die
Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei
einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb
eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des
Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art -
eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das
Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die
im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder
selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der
Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (z.B. BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B
12 KR 20/14 R - juris Rdnr. 13). Vorliegend ist der Senat - in Übereinstimmung mit den Beteiligten - nach
dem Gesamtbild der Tätigkeit und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls davon überzeugt,
dass der Kläger die genannten Tätigkeiten selbständig ausgeübt hat, weil er insbesondere nicht dem
Weisungsrecht seiner jeweiligen Auftraggeber unterlag, nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert
war, seine Tätigkeit und Arbeitszeit frei gestalten sowie über die eigene Arbeitskraft frei verfügen konnte.
Davon ist im Übrigen die Beklagte in dem gegenüber dem Kläger sowie der Stadt K. in einem
Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV erlassenen und bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 3.
April 2006 (vgl. dazu BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R - BSGE 103, 17 - juris Rdnrn. 14 ff.)
betreffend seine Tätigkeit in den städtischen Kindergärten ausgegangen.
30 c. Der Kläger ist im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Firma L. GmbH sowie in den Kindergärten in der
Trägerschaft der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der Evangelischen
Kirchengemeinde B. als Lehrer i.S. des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI tätig gewesen.
31 aa. Hinsichtlich der Versicherungspflicht von Lehrern in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. z.B. zum
Folgenden BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 23/14 R - BSGE 118, 294 juris Rdnr. 14; Urteil vom 12.
Dezember 2007 - B 12 KR 8/07 R - BSGE 99, 277 - juris Rdnr. 13; Urteil vom 27. September 2007 - B 12 R
12/06 R - juris Rdnr. 11; Urteile vom 22. Juni 2005 - B 12 RA 6/04 R - juris Rdnrn. 12 ff. und - B 12 RA 14/04
R - juris Rdnr. 11; Urteil vom 12. Oktober 2000 - B 12 RA 2/99 R - juris Rdnr. 15) ist durch die
höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt, dass Lehrer durch Erteilung von theoretischem oder praktischem
Unterricht anderen Allgemeinbildung oder spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermitteln,
gleich auf welchem Gebiet. Dabei kann sozialversicherungsrechtlich bereits jede Anleitung zu einem
gemeinsamen Tun genügen, selbst wenn sie keinerlei Gedächtnisspuren hinterlässt und das angeleitete
gemeinsame Tun deshalb außerhalb des Unterrichts nicht reproduziert werden kann. Die erstrebte
"Gemeinsamkeit" entsteht dabei aus der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen des Lehrenden an einen
Lernenden unabhängig von einem konkreten Anwendungsbezug. Im Übrigen hängt der weite
Versicherungspflichttatbestand nicht von einer bestimmten Geisteshaltung oder Weltanschauung ab und
enthält weder Vorgaben zu den Lehrinhalten und Lernzielen, zum Niveau, zur Qualität, Methode und Form
des Unterrichts (z.B. Ort, Zeit und Anzahl der Teilnehmer) noch zur Qualifikation des Lehrers oder zur
Vorbildung seiner Schüler und erfordert keine Teilnahmepflicht oder Leistungskontrolle der Teilnehmer und
kein Ausstellen von Zeugnissen oder Bescheinigungen. Dabei versteht das BSG (z.B. Urteil vom 30. Januar
2013 - B 12 R 3/12 R - juris Rdnr. 17) die allgemeinen Voraussetzungen für eine Tätigkeit als selbständiger
Lehrer im rentenversicherungsrechtlichen Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht in einem engen Sinne.
Gegen die darauf fußende Anordnung der Rentenversicherungspflicht selbständiger Lehrer bestehen keine
durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (z.B. Bundesverfassungsgericht , Beschluss
vom 26. Juni 2007 - 1 BvR 2204/00 und 1 BvR 1355/03 - BVerfGK 11, 352).
32 bb. In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Firma L. GmbH
sowie in den Kindergärten in der Trägerschaft der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G.
und der Evangelischen Kirchengemeinde B. als Lehrer i.S. des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI tätig gewesen.
33 Der Kläger ist in der Zeit von Januar 2001 bis September 2009 für die Firma L. GmbH als Sprachlehrer tätig
gewesen und hat für deren Mitarbeiter französische Sprachkurse („Französisch Anfänger 1“, „Französisch
Anfänger 2“, „Französisch Grundkurs 1“, „Französisch Grundkurs 2“, „Französisch Mittelstufe“)
durchgeführt. Dies entnimmt der Senat den vom Kläger eingereichten Abrechnungsunterlagen und dem
vorlegten Kurs-Plan (Bl. 28 der Verwaltungs-Akten) sowie den Angaben des Klägers im Erörterungstermin
vom 24. Mai 2016. Dort hat der Kläger angegeben, dass er für Mitarbeiter der Firma L. GmbH „ganz
normalen französischen Sprachunterricht“ erteilt hat. Mithin hat der Kläger durch Erteilung von
theoretischem oder praktischem Unterricht anderen - den Mitarbeitern der Firma L. GmbH - spezielle
Kenntnisse der französischen Sprache vermittelt. Dabei ist nicht relevant, ob der Sprachunterricht des
Klägers bei den Mitarbeitern der Firma L. GmbH Gedächtnisspuren hinterlassen hat und diese das
angeleitete gemeinsame Tun außerhalb des Sprachunterrichts reproduzieren konnten. Weiterhin sind für
eine Lehrertätigkeit weder Vorgaben zu den Lehrinhalten und Lernzielen, zum Niveau, zur Qualität,
Methode und Form des Unterrichts (z.B. Ort, Zeit und Anzahl der Teilnehmer) noch zur Qualifikation des
Lehrers oder zur Vorbildung seiner Schüler noch eine Teilnahmepflicht oder eine Leistungskontrolle der
Teilnehmer erforderlich. Damit geht der Einwand des Klägers, er verfüge über keine spezifische pädagogische
Qualifikation, ins Leere.
34 Weiterhin hat der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 30. September 2009 aufgrund von
Honorarverträgen mit der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der Evangelischen
Kirchengemeinde B. als freier Mitarbeiter in verschiedenen Kindertagesstätten Kindern im Alter von drei bis
sechs Jahren französischen Sprachunterricht erteilt, diese in die französische Sprache eingeführt und diesen
die Möglichkeit gegeben, die französische Sprache mit Spiel und Gesang kennenzulernen. Dabei hat die
Sprachsensibilisierung im Vordergrund gestanden. Der Kläger hat die Kinder mit der französischen Sprache
und der französischen Kultur bekanntgemacht und ein ganzheitliches Erlernen von französischen Vokabeln
„mit Kopf, Herz und Hand“ ermöglicht. Dies entnimmt der Senat den vom Kläger auszugsweise
eingereichten Honorarverträgen mit der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. sowie der
Evangelischen Kirchengemeinde B., dem Schreiben des Klägers vom 15. Juli 2003 an die Eltern des
städtischen Kindergartens „K.“ (Bl. 26 der Verwaltungs-Akten), der Tätigkeitsbeschreibung seitens der
Kindertagesstätte „V.“ vom 20. Februar 2006 (Bl. 27 der Verwaltungs-Akten), den eingereichten
Honorarabrechnungen des Klägers (Bl. 50, 206/214 der Senats-Akten) sowie seinen Angaben im Rahmen
des Erörterungstermins. Dort hat der Kläger eine exemplarische Unterrichtsstunde in einem Kindergarten
geschildert und angegeben, dass er in erster Linie mit den Kindern französischsprachige Lieder einstudiert
und diese zu verschiedenen Anlässen (Feste, Gottesdienste etc.) mit den Kindern aufgeführt hat. Die
Behauptung, er habe künstlerisch und kreativ als Musiker gearbeitet, ist zu pauschal. Insbesondere
unterschiedet der Kläger insoweit nicht hinreichend zwischen seiner Tätigkeit als Musiker (Band R.) und
Produzent, die er in der Rechtsform einer GbR als Gewerbe ausgeübt hat, und seiner selbständigen Tätigkeit
als freier Mitarbeiter für die Firma L. GmbH und der drei Kindergartenträger. Die von seinem
Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 24. April 2015 eingereichten Zeitungsartikel (Bl. 25/40 der SG-Akten)
betreffen allesamt die Tätigkeit des Klägers in seiner damaligen Band R..
35 Mithin hat der Kläger durch Erteilung von praktischem Unterricht anderen - den Kindergartenkindern -
spezielle Kenntnisse der französischen Sprache vermittelt und diesen die Möglichkeit gegeben, die
französische Sprache mit Spiel und Gesang kennenzulernen und erste französische Vokabeln zu lernen.
Dass er dabei - dem Alter der Kinder entsprechend - sich spielerischer Methoden bedient sowie zur
Sprachvermittlung gemeinsames Singen und Musizieren eingesetzt hat, steht einer Qualifizierung als
Lehrertätigkeit im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ebenso wenig entgegen wie seine fehlende
pädagogische Ausbildung. Entscheidend ist, dass er seine Kenntnisse der französischen Sprache im Rahmen
der Unterrichtsstunden an die Kinder vermittelt hat. Dabei ist nicht relevant, ob der Unterricht des Klägers
bei den Kindern Gedächtnisspuren hinterlassen hat und das angeleitete gemeinsame Tun, insbesondere das
gemeinsame Singen französischer Lieder, außerhalb des Unterrichts durch diese reproduziert werden
konnte. Weiterhin kommt es für die Einordnung als Lehrertätigkeit nicht auf die vom Kläger vermittelten
Lehrinhalte und Lernziele, auf Niveau, Qualität, Methode und Form des Unterrichts, die Vorbildung seiner
Schüler, eine Teilnahmepflicht oder eine Leistungskontrolle der Teilnehmer an.
36 d. Der Kläger hat im Zusammenhang mit seiner selbständigen Lehrertätigkeit bei der Firma L. GmbH sowie
in den Kindergärten in der Trägerschaft der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der
Evangelischen Kirchengemeinde B. keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Dies ergibt sich
für den Senat aus den Angaben des Klägers im Rahmen des Verwaltungsverfahrens sowie des
Erörterungstermins vom 24. Mai 2016. Er hat unmissverständlich angegeben, dass insoweit keinen
Arbeitnehmer beschäftigt hat, weil er sich dies gar nicht leisten konnte.
37 e. Der Kläger hat seine selbständige Tätigkeit als Lehrer bei der Firma L. GmbH sowie in den Kindergärten in
der Trägerschaft der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der Evangelischen
Kirchengemeinde B. in einem mehr als geringfügigen Umfang ausgeübt (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Denn
er hat - ausweislich seinen Angaben im Rahmen des Erörterungstermins am 24. Mai 2016 (zehn
Wochenstunden Firma L. GmbH, zwei Wochenstunden pro Kindergarten bei fünf bis sechs Kindergärten)
sowie im Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbständig Tätiger (zwölf
Wochenstunden Firma L. GmbH, 20 Wochenstunden Kindergärten) - für seine Auftraggeber mindestens 20
Stunden je Woche gearbeitet.
38 f. Der Versicherungspflicht des Klägers als Lehrer im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in den Kindergärten
in der Trägerschaft der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G. und der Evangelischen
Kirchengemeinde B. (bei der Firma L. GmbH hat er „ganz normalen französischen Sprachunterricht“
gegeben und keine Musik o.ä. eingesetzt) steht eine konkurrierende Versicherungspflicht nach dem KSVG
nicht entgegen. Unabhängig von der Frage, ob die Lehrertätigkeit des Klägers überhaupt eine selbständige
künstlerische Tätigkeit darstellt, ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12. Dezember 2007 - B
12 KR 8/07 R - BSGE 99, 277 - juris Rdnrn. 14 ff.) der an den weiten Begriff des Lehrers im
rentenversicherungsrechtlichen Sinn anknüpfende Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB
VI nicht dahingehend eingeschränkt, dass er solche selbständig tätigen Lehrer nicht erfasst, die im Sinne des
§ 2 Satz 1 KSVG als selbstständige Künstler Musik (darstellende oder bildende Kunst) lehren. Zudem besteht
- entgegen der Auffassung des Klägers - kein Konkurrenzverhältnis zur Rentenversicherungspflicht nach dem
KSVG, da die KSK - nach Prüfung der Unterlagen betreffend die selbständige Tätigkeit bei der Firma L. GmbH
sowie in den Kindergärten in der Trägerschaft der Stadt K., der Katholischen Kirchengemeinde St. A. K.-G.
und der Evangelischen Kirchengemeinde B. - mitgeteilt hat, dass sich die Rentenversicherung nach dem
KSVG nur auf die gewerbliche Tätigkeit als Musiker und Produzent bezieht, die Tätigkeit als Sprachlehrer
nicht zu den versicherungspflichtigen Tätigkeiten nach dem KSVG zählt und sie erst durch Mitteilung der
Beklagten überhaupt Kenntnis von der Lehrertätigkeit erhalten hat (Schreiben vom 4. Januar 2007 und 7.
März 2007). Dem hat der Kläger nicht widersprochen. Insbesondere hat er nicht im Ansatz aufgezeigt, dass
bei der Prüfung der Versicherungspflicht nach dem KSVG sowie bei der entsprechenden Beitragserhebung
seitens der KSK seine selbständige Lehrertätigkeit und die daraus erzielten Einnahmen, die im Übrigen auch
steuerlich getrennt von den Einkünften aus dem Gewerbebetrieb (Musiker bzw. Musikproduzent) behandelt
worden sind, überhaupt eine Rolle gespielt haben.
39 g. Schließlich ist die Erhebung der durch die Beklagte festgesetzten Beiträge für die Zeit vom 1. Dezember
2002 (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember
2000, BGBl. I S. 1983) bis zum 30. September 2009 nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Beiträge für
diesen Zeitraum nach Maßgabe der §§ 169 Nr. 1, 173, 165 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI berechnet. Der Kläger hat zu
keinem Zeitpunkt Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Beiträge erhoben. Berechnungsfehler
sind dem Senat im Übrigen auch nicht ersichtlich, sodass die Beiträge auch in zutreffender Höhe festgesetzt
worden sind. Die durch den angefochtenen Bescheid vom 6. August 2007 festgesetzten Beiträge sind weder
verjährt noch verwirkt. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem
angefochtenen Gerichtsbescheid und weist die Berufung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist zum Berufungsvorbringen des Klägers (vgl. Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14.
Dezember 2015) betreffend die geltend gemachte Verwirkung noch auszuführen, dass nach der
Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 R 16/09 R - BSGE 109, 22 - juris Rdnr. 36;
Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R - juris Rdnr. 31) die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen
Rechtsausübung voraussetzt, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren
Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten
des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung des Rechts
nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung
auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens
des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend
machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht
nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und
Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des
Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Dabei sind strenge Anforderungen an das
Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der
wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits
durch die „kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung
getragen wird (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, a.a.O. Rdnr. 33). Ein “bloßes Nichtstun" als
Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss
hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung
nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, a.a.O.). Ein solches
Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei dem Kläger das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die
Beklagte werde die durch den streitigen Bescheid vom 6. August 2007 festgesetzten Beiträge nicht mehr
geltend machen, liegt nicht vor. Allenfalls hat es die Beklagte nach Anordnung des Ruhens des
Klageverfahrens, das dem Kläger Gelegenheit geben sollte, weitere Unterlagen für die Beitragsberechnung
zusammenzutragen, unterlassen, den Kläger an die Vorlage dieser Unterlagen zu erinnern. Ein solches
Unterlassen erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben die Anforderungen eines Vertrauen begründenden
Verwirkungsverhaltens nicht. Zudem ist zu beachten, dass vielmehr der Kläger sowohl im
Verwaltungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren nicht bzw. erheblich verspätet mitgewirkt und
das Verfahren durch sein Verhalten in die Länge gezogen hat. So hat die Beklagte im
Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV (Schreiben vom 23. März 2006) sowie in dem dem streitigen
Bescheid vom 6. August 2007 zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren (Schreiben vom 27. Juni 2006, 28.
Juli 2006, 26. September 2006, 6. November 2006, 20. März 2007, 28. Juni 2007, 9. Juli 2007) den Kläger
mehrfach zur gebotenen Mitwirkung anhalten und auffordern müssen. Auch eine Begründung des
Widerspruchs gegen den Bescheid vom 6. August 2007 ist - trotz Ankündigung (z.B. Schriftsatz des
Bevollmächtigten vom 17. Januar 2008) und Erinnerung (Schreiben vom 17. Dezember 2007, 31. März
2008) - nicht erfolgt. Im Klageverfahren hat der Kläger oftmals erst auf gerichtliche Erinnerung
(Verfügungen des SG vom 6. November 2008, 21. Januar 2009, 8. Juli 2009, 13. Oktober 2014, 14.
November 2014) mitgewirkt. Das SG hat ein Ruhen des Verfahrens angeregt, um dem Kläger die Vorlage
von Unterlagen mit dem Ziel der Beitragsreduzierung zu ermöglichen. Auf übereinstimmenden Antrag beider
Beteiligten hat das SG das Ruhen des Verfahren am 3. November 2009 angeordnet. In der Folgezeit ist der
Kläger bis zur Wiederanrufung durch die Beklagte am 23. Juni 2014 nicht tätig geworden und hat von der
ihm eröffneten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Unter diesen Umständen liegen keinerlei
Anhaltspunkte für ein Verwirkungsverhalten der Beklagten vor. Schließlich hat der Kläger nicht im Ansatz
die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen der Vertrauensgrundlage sowie des
Vertrauenstatbestandes dargelegt.
40 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
41 5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.