Urteil des LG Zweibrücken vom 14.09.2005

LG Zweibrücken: depot, dokumentation, papiere, anlageberatung, vermögensverwaltungsvertrag, gespräch, kauf, beratungsvertrag, anleger, vertragsverletzung

Bürgerliches Recht
LG
Zweibrücken
14.09.2005
1 O 101/04
Aktenzeichen:
1 O 101/04
Verkündet am: 14.09.2005
gez., Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Landgericht Zweibrücken
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Prozessbevollmächtigter:
-Kläger
gegen
Prozessbevollmächtigte:
-Beklagte
wegen Schadensersatzes aus Bankenhaftung
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken
durch den Vizepräsidenten des Landgerichtes, den Richter am Landgericht und den Richter
auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2005
f ü r R e c h t e r k a n n t:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 517.740,27 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger hat im Rahmen einer Gesamtrechtsnachfolge neben einem beträchtlichen Bar- sowie
Immobilienvermögen u.a. 1997 ein Wertpapierendepot mit der Nummer der Filiale der Beklagten in
erworben. Dieses Depot wies per 31.12.1997 einen Gesamtkurswert von 1.677.661,06 DM aus. Per
31.12.1998 hatte das Depot einen Wert von 1.491.964,67 DM. Der Aktienanteil betrug ca. 80 %,
Rentenwerte ca. 17%, Immobilienfondsanteile ca. 3 %. 1999 stieg der Wert dieses Depots per 31.12.1999
auf 1.882.532,-- DM (= 962.523,32 EUR) an. Per 31.12.2000 hatte das Depot noch einen Wert von
717.982,10 EUR zu diesem Zeitpunkt lag der Aktien- und Aktienfondsanteil bei ca. 77 %. Per 31.12.2001
wies das Depot einen Wert von 445.849,11 EUR aus. Die Aktienwerte und die Aktienfondsanteile beliefen
sich zwischenzeitlich auf 94,63 %, die Immobilienfondsanteile auf 5,26 %. Per 31.12.2002 wies das Depot
einen Wert von 263.107,80 EUR aus. Das Depot hatte zum 15.04.2003 einen Wert von 254.123,45 EUR.
Nach Übernahme des Depots suchte der Kläger mit seinem Steuerberater, dem Zeugen, am 25.07. sowie
am 28.07.1997 die Beklagte auf und besprach mit der zuständigen Sachbearbeiterin, der Zeugin, die
zukünftige Depotführung. Nach dem zweiten Besprechungstermin unterzeichnete der Kläger einen Bogen
VK-Gespräch (Bl. 56 ff. d.A.), in dem u.a. vermerkt wurde, die Anlagenmentalität des Klägers sei
„spekulativ (kein strukturiertes Depot, nicht kalkulierbare Risiken)“; ferner ist vermerkt, dass „beim
Gesamtertrag Kursgewinne im Vordergrund stehen sollen“, sowie dass die „Schwankungsbreite beim
Gesamtertrag sehr hoch“ sein könne. Per 28.07.1997 wurde dem Zeugen eine Konto-/Depotvollmacht
eingeräumt (Anlage B 6, Bl. 67 d.A.)
In den Jahren 1998 und 1999 wurden sämtliche An- und Verkäufe nur nach vorherigem Auftrag des
Klägers bzw. seines Bevollmächtigten ausgeführt.
Weitere Strukturgespräche fanden am 18.05.2000 sowie am 06.03.2001 statt.
Im Rahmen der Geschäftsbeziehung nahm der Kläger bzw. der Zeuge u.a. folgende Anlagen
(Käufe/Verkäufe) vor:
Aktien:
AOL Time Warner; Dr. BK. Part. Blue Chips; EM.TV; Epcos; Intershop; MLP; Mobilcom; DCCW Ltd.;
Softbank; Vevendi Universal; Yahoo
Aktienfonds:
DIP Konsumtrend; DIT Logistiks; DIT Euroaktien; DIT Internetfonds; DIT Medienfonds ; DIT Wachstum
Europa; DIT Technologie Fonds
Die entsprechenden Transaktionsbelege wurden dem Kläger jeweils zugesandt.
Der Kläger trägt vor:
Er und sein Steuerberater hätten die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Depot wie in
der Vergangenheit sicher angelegt und verwaltet werden sollte. Insoweit habe man auch einen
Vermögensverwaltungsvertrag geschlossen. Ein für einen Vermögensverwaltungsvertrag notwendiges
Handlungsermessen sei der Beklagten und deren Mitarbeiterin, der Zeugin, eingeräumt worden. Sie habe
zwar die Pflicht gehabt, ihn, den Kläger ständig zu informieren. Andererseits habe sie aber über sein
Konto weitestgehend selbständig disponieren können.
Der Beklagten sei auch vorzuwerfen, dass sie ab dem Jahre 2000 die Struktur des Depots gravierend
geändert habe. Sie habe gute Standartwerte verkauft und risiokobehaftete, hochspekulative Papiere dafür
gekauft. Er sei ab dem Jahr 2000 weder von den risikobehafteten Geschäften informiert noch sei sein
Einverständnis dazu eingeholt worden noch sei er über Risiken überhaupt beraten worden. Er habe
weder zum Verkauf noch zum Kauf der Papiere seine Zustimmung gegeben. Zu keiner Zeit sei er darüber
informiert worden, dass die Beklagte die Anlagestrategie geändert habe, schon gar nicht, dass
Risikopapiere in Höhe von mehreren einhunderttausend Euro gekauft worden seien. Ferner hätte die
Beklagte ihn auch nach durchgeführten Käufen und Verkäufen über deren Erfolg informieren müssen.
Depotauszüge habe er nie erhalten. Schriftliche Aufträge für Kauf oder Verkauf existierten nicht und wären
auch von ihm nicht erteilt worden. Ferner sei die Beklagte verpflichtet gewesen, Vorsichtsmassnahmen
aus ihrer Führsorgepflicht unter Berücksichtigung der stattgefundenen Vorgespräche zu ergreifen. Wenn
sie auf der einen Seite stark risikobehaftete Papiere kaufe, müsse sie auf der anderen Seite, wenn der
Anleger ein sicheres Depot haben wolle, Vorsichtsmaßnahmen für den Fall eines Kursverlustes treffen.
Tue sie dies nicht, verstoße sie gegen ihre Führsorgepflicht und habe den nach dieser Pflichtverletzung
resultierenden Schaden zu ersetzten.
Der Schaden setze sich wie folgt zusammen:
Aktien:
-AOL Time Warner -81% Verlust 20.400,-- EUR
-Dr. BK. Part. Blue Chips -82% Verlust 16.500,--EUR
-EM.TV Aktien -99% Verlust 23.800,-- EUR
-Epcos Aktien -89% Verlust 22.170,-- EUR
-Intershop Aktien -99% Verlust 26.300,-- EUR
-MLP Aktien -94% Verlust 24.300,-- EUR
-Mobilcom Aktien -97% Verlust 26.350,-- EUR
-DCCW Ltd. -95% Verlust 2.347,-- EUR
-Softbank Aktien -90% Verlust 19.200,--EUR
-Vevendi Universal -87% Verlust 24.200,-- EUR
-Yahoo Aktien -84% Verlust 22.100,-- EUR
Aktienfonds:
-DIP Konsumtrends -50% Verlust 18.000,-- EUR
-DIT Logistiks -57% Verlust 17.500,-- EUR
-DIT Euroaktien -53% Verlust 14.000,-- EUR
-DIT Internetfonds -78% Verlust 20.100,-- EUR
-DIT Medienfonds -58% Verlust 17.300,-- EUR
-DIT Wachstum Europa -65% Verlust 16.900,-- EUR
-DIT Technologie Fond -77% Verlust 19.700,-- EUR
Hinzukomme das Verlustpotenzial der Standartwerte mit 140.700,-- EUR.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 467.740,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit 11.05.2004 zu zahlen.
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm den Schaden zu ersetzten, der ihm durch die
von der Beklagten in den Jahren 2000 bis einschließlich 2002 vorgenommenen Wertpapierdispositionen
betreffend das von der Beklagten geführte Depot Konto-Nr. zukünftig entstehen werde.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor:
Zwischen ihr und dem Kläger bestehe lediglich ein Depotverwahrungsvertrag. Es sei zu keiner Zeit ein
Vermögensverwaltungsvertrag vereinbart worden. Käufe und Verkäufe seien mit Herrn oder unmittelbar
mit dem Kläger besprochen und jeweils in Auftrag gegeben worden. Sie habe nie eigenmächtig im
Rahmen eines angeblichen Ermessenspielraums Käufe und Verkäufe getätigt. Im Übrigen sei auch im
Rahmen der Strukturgespräche über sämtliche Risiken informiert worden. Insbesondere sei auch
ordnungsgemäß die Anlagestrategie sowie das Anlageziel des Klägers erfragt worden. Sämtliche
Transaktionen entsprächen auch dieser Strategie. Schließlich sei der Kläger auch ausreichend über die
getätigten Wertpapiergeschäfte und den Depotbestand informiert worden. Aufgrund eines automatisierten
Verfahrens (zum Verfahren insbesondere Bl. 221 d.A.) seien sämtliche Konto- und Depotauszüge sowie
Wertpapierabrechnungen dem Kläger automatisch zugegangen. Anhand des Systems „POSY“ könne
nachvollzogen werden, wann die Briefe zur Post ausgeliefert worden seien. Auch sei der Kläger in den
Strukturgesprächen vom 18.01.2000, 18.05.2000 sowie 06.03.2001 jeweils über Risiken des
Wertpapierhandels und über die Struktur des Depots informiert worden.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze
und beigefügten Unterlagen Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 17.08.2005 (Bl. 317 ff d.A.)
Entscheidungsgründe:
I.
Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz zu.
1.
Vermögensverwaltungsvertrag. Ein solcher Vertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen.
a.
Anlageberatung und Anlagenvermittlung abgrenzt, besteht darin, dass der Vermögensverwalter über
einen Entscheidungsspielraum bei der Anlage der einzelnen Finanzinstrumente des Kunden verfügt.
Verbleibt die diesbezügliche Dispositionsbefugnis allein beim Anleger, liegt kein Fall der
Vermögensverwaltung, sondern allenfalls der Anlageberatung oder Vermittlung vor (Assmann/Schneider
WPHG 3. Aufl., § 2 Rd.Nr. 65). Um Vermögensverwaltung handelt es sich dagegen auch dann, wenn - wie
regelmäßig- zwischen dem Kunden und den Verwalter Anlagenrichtlinien vereinbart werden, solange
diese nur der Gestalt sind, dass dem Verwalter nach wie vor ein Entscheidungsspielraum verbleibt. Das ist
auch dann der Fall, wenn der Vermögensverwaltungsvertrag die Möglichkeit vorsieht, dass der Kunde
seinerseits für den Verwalter bindende Weisung über die Anlage einzelner Vermögensbestandteile
erteilen kann, dem Verwalter aber dessen ungeachtet noch ein Handlungsermessen verbleibt. Das ist
aber dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Vermögensverwalter Dispositionen über das Vermögen nur
nach vorheriger Genehmigung des Anlegers treffen darf. Auch wenn der Anleger die Genehmigung
regelmäßig, etwa absprachegemäß durch Stillschweigen, erteilt, bleibt alleine er dispositionsbefugt
(Assmann/Schneider WPHG 3. Aufl., § 2 Rd.Nr. 66).
b.
Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass in den Gesprächen im Jahre 1997 nicht über eine
Vermögensverwaltung gesprochen worden sei. Vielmehr gebe die Anlage B2 (Bl. 60 d.A) das wieder, was
bei den Anfangsgesprächen besprochen worden ist. Dort ist ausdrücklich vermerkt, dass die künftige
Betreuung des Klägers im Rahmen eines Basis-Depots und nicht im Rahmen einer Vermögensverwaltung
erfolgen soll.
Im Übrigen verwendet die Beklagte bei Abschluss eines Vermögensverwaltungsvertrages grundsätzlich
gesonderte Formulare (Anlage B 15, Bl. 225 ff d.A.), die vorliegend nicht verwendet wurden.
c.
dass die Zeugin ihn zu Beginn der Geschäftsbeziehungen jeweils angerufen und darüber informiert habe,
dass Käufe bzw. Verkäufe beabsichtigt seien. Die Zeugin habe auch im Weiteren immer wieder bei ihm
angerufen und entsprechende Transaktionen vorgeschlagen. Zum Teil habe er auch selbst bei der
Beklagten angerufen und entsprechende Aufträge erteilt. Dies sei bis etwa Anfang des Jahres 2001
gewesen. Insgesamt habe er etwa 5 schriftlichte Aufträge erteilt, des Weiteren auch fernmündliche, deren
Anzahl er aber nicht mehr genau wisse. Er selbst habe erst dann keine Aufträge mehr erteilt, als die
Zeugin Stiewitz Anfang des Jahres 2001 bei ihm angerufen und erklärt habe, dass „mit Blick auf die
Entwicklung der Börse jetzt wieder eingestiegen werden könne“. Erst hier habe er die Zeugin unmittelbar
an den Kläger verwiesen.
Ferner wusste der Zeuge auch nicht, ob die Stiewitz ohne Auftrag und ohne Rücksprache Geschäfte
getätigt oder ob sie die einzelnen Transaktionen mit dem Kläger abgesprochen hat.
Somit konnte sich die Kammer nicht von dem Zustandekommen eines Vermögensverwaltungsvertrages
überzeugen.
2.
zwischen den Parteien zustanden gekommen Beratungsvertrag.
a.
solcher Vertrag ist grundsätzlich auch nur auf Bankverwahrungspflichten sowie gewisse Überwachungs-
und Benachrichtigungspflichten beschränkt (z.B. bei Verlosungen, Kündigungen oder Umwandlungen
einer Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft). Nicht Gegenstand eines solchen Depotvertrags
ist eine umfassende fortdauernde Beratungspflicht des Kunden. Allerdings kann auch nach der Art der
fortdauernden Geschäftsbeziehung der Parteien auch von einem Beratungsvertrag der Parteien
ausgegangen werden. Unstreitig ist vorliegend ein ausdrücklicher Beratungsvertrag nicht geschlossen
worden. Die Rechtssprechung geht im Rahmen der Anlagenberatung jedoch im Hinblick auf die Annahme
stillschweigend abgeschlossener Beratungsverträge sehr weit. Macht zum Beispiel ein Anlageinteressent
einer Bank gegenüber deutlich, dass er deren Kenntnisse in Verbindung für seine Anlageentscheidung in
Anspruch nehmen will und geht die Bank darauf ein, kommt ein Auskunfts- oder sogar Beratungsvertrag
mit Haftungsfolgen zustande (vgl. OLG München WM 1997, 1802, 1804 unter Hinweis auf BGHZ 100,
117).
Der Zeuge hat insoweit bestätigt, dass nicht nur er die Zeugin angerufen habe, sondern auch diese sich
bei ihm gemeldet und ihn darüber informiert habe, welchen Kauf bzw. Verkauf von Wertpapieren sie
beabsichtige. Insoweit liegt die Annahme eines zumindest konkludent geschlossenen Beratungsvertrages
nahe.
b.
Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung wegen
Verletzung von Aufklärungs-, Informations- bzw. Beratungspflichten. Nach der hierzu entwickelten
Rechtssprechung des BGH (u.a. BGH WM 1993, 1455 = NJW 1993, 2433) hat die Anlageberatung
zunächst nur den Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen
Risikobereitschaft zu berücksichtigen („anlegerrechte“ Beratung). Das von der Bank danach empfohlene
Anlageobjekt muss diesen Kriterien Rechnung tragen („objektgerechte“ oder „anlagegerechte“ Beratung).
a.a.
Kundenziel Vermögensaufbau, Familienvorsorge, Altersvorsorge und Steuerersparnis angegeben. Ferner
wurde festgehalten, dass der Kläger über ein jährliches freiverfügbares Einkommen von 75.000,-- DM
verfügt. Im Hinblick darauf, dass er bislang noch keine Wertpapiererfahrungen hatte, wurde er gem. Seite
3 der Dokumentation über alle wesentlichen Anlageformen informiert. Weiter ist von wesentlicher
Bedeutung, dass im Rahmen der Anlagementalität bzw. Anlagestrategie (Bl. 59 d.A.) angeben wurde,
dass bei dem Gesamtertrag Kursgewinne im Vordergrund stehen sollten. Des Weiteren wurde vermerkt,
dass die Schwankungsbreite beim Gesamtertrag „sehr hoch“ sein dürfe. Grundlage der Angabe der
Schwankungsbreite beim Gesamtertrag war die Grafik auf Seite 4 der Dokumentation. Dort heißt es unter
Strategie: „Spekulativ“ (nicht kalkulierbare Risiken). Unter Anlagementalität ist vermerkt: „Spekulativ: kein
strukturiertes Depot“ (im Gegensatz zu „konservativ“ bzw. „risikobewusst“ mit Risiken, die nicht von
vorneherein nicht kalkulierbar sind). Ferner kann Seite 5 der Dokumentation entnommen werden, dass
grundsätzlich alle Anlageformengewünscht sind; nicht gewünscht sind lediglich derivative Produkte zur
Absicherung und Spekulation.
Ferner unterzeichnete der Kläger nach entsprechender Aufklärung über die mit Börsentermingeschäften
verbundene Risiken im Rahmen des Gesprächs am 28.07.1997 die Information über Verlustrisiken bei
Börsentermingeschäften zu Herstellung der Börsenterminsgeschäftsfähigkeit entsprechend der damaligen
Fassung des Börsengesetzes (Anlage B4, Bl. 63 ff. d.A.).
Im Übrigen ist auf den Gesprächsverlauf vom 28.07.1997 - dokumentiert in der Kundenakte (Anlage B1,
Bl. 54 d.A.) - zu verweisen:
„H. und H. KTO wurde eröffnet. VK-Gespräch geführt. Strukturanalyse soll nach Erbschafsregelung
erfolgen. Herr hat Vollmacht erhalten. Über ihn sollen die Anlagen erfolgen. Nochmals ausdrücklich in
Gegenwart Herrn Risikohinweise, Produktaufklärung von Optionsscheinen, Aktien, Renten FW+DM,
Investmentfonds vorgenommen. H. ist damit Einverstanden, auch in Optionsscheinsbereich Anlagen
vorzunehmen. Herr soll die Aufträge erteilen. Herr ebenfalls Basisinformation über Vermögensanlagen in
WP+ Börsenterminsgeschäfte ausgehändigt. Beide haben Infoschrift unterschrieben. H. hatte keine
weiteren Fragen. Infoschrift und Basisinfo liegen ihm bereits seit 25.07. vor. H. hat selbst schon Geschäfte
in Optionsscheinen getätigt. Ist sich des Produktes +Chancen/Risiko voll bewusst. H. verfügt über
umfangreiche Kenntnisse der Vermögensanlage“.
Bereits die schriftliche Dokumentation der geführten Aufklärungs- und Beratungsgespräche spricht
dagegen, dass der Kläger eine sichere Anlage und Verwaltung gewünscht habe. In Vordergrund stand
vielmehr die Erwirtschaftung kurzfristiger - durchaus auch unter die Spekulationsfrist fallender - Gewinne
durch spekulative und risikobehaftete Geschäfte.
b.b.
Aspekte im Vordergrund standen; mit Blick auf vorhandene Verlustvorträge sollten Wertpapiergeschäfte
getätigt werden, die zu steuerpflichtigen Spekulationsgewinnen führen. Insoweit sollten gerade auch
kurzfristige Tradinggeschäfte getätigt werden, damit steuerpflichtige Spekulationsgewinne anfallen. Vor
diesem Hintergrund habe Einigkeit bestanden, dass auch risikobehaftete Transaktionen erfolgen können.
Ferner sei darüber gesprochen worden, dass auch 5-10 % des Depotwertes in Risikoanlagen, d.h.
Optionsscheine angelegt werden können. Er selbst habe unter Risikoanlagen lediglich Optionsscheine,
nicht aber Aktien oder Investmentfonds verstanden.
c.
Anlagementalität fand eine anlegergerechte Beratung statt. Auch unter Berücksichtigung, dass bis zu 10
% des Depotwertes in Optionsscheine und der Rest in sonstige Wertpapiere angelegt werden sollte, fand -
bei Betrachtung der von dem Kläger abgegebene Erklärungen Anlage B 2 und B 10 - eine anlagerechte
Beratung und Information statt. Dies wird durch die Struktur des Depots belegt. Ausweislich Anlage B12
sowie B 16 (Bl. 77 ff sowie 231 ff d.A.) hat der Kläger in Werte des „Dax“, des „Neuen Marktes“ sowie
sonstiger ausländischer Aktien investiert. Ferner hat er auch zahlreiche Investmentfondsanteile erworben.
Der Erwerb dieser Wertpapiere deckt sich in vollem Umfange mit der Dokumentation der Beklagten über
das VK-Gespräch (Anlage B2 und B 10) sowie mit der Aussage des Zeugen. Ein Abweichen von den
Vorgaben des Klägers durch die Beklagte kann die Kammer nicht erkennen.
d.
richtige und vollständige Information in Bezug auf die vermittelte Anlage seitens der Beklagten erhalten
noch dass eine fachkundige Bewertung und Beurteilung der Anlage im Hinblick auf die Anlageziele und
die Risikotragungsfähigkeit des Anlegers stattgefunden habe. (Assmann/Schneider WPHG 3. Aufl., § 2
Rd.Nr. 74a unter Hinweis auf BGH WM 1993, 1238, 1239). Ein Werturteil wäre etwa dann unrichtig (und
könnte eine Haftung der Beklagten begründen), wenn es außerhalb eines angemessenen
Beurteilungsspielraums, der jedoch auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage basieren muss, liegt (OLG
Düsseldorf Urteil vom 10. Mai 2000, Az.: 15 U 149/99 zitiert nach juris Rn. 7). Dass der
Beurteilungsspielraum hinsichtlich einzelner Wertpapiere überschritten wurde, ist nicht substantiiert
dargelegt. Im Hinblick auf die Ausrichtung des Depots kann keine Überschreitung des Spielraumes
festgestellt werden, da sämtliche Unterlagen eine spekulative Orientierung des Klägers aufweisen, die
zumindest sämtliche in- wie ausländische Aktien sowie Fonds umfasst. Eine spekulative und risikoreiche
Orientierung des Klägers wurde auch - wie bereits oben ausgeführt - von dem Zeugen bestätigt. Dass das
Depot des Klägers tatsächlich einen Wertverlust erlitten hat, kann ebenso aufgrund der allgemeinen
finanzmarktwirtschaftlichen Lage beruhen.
3.
Beratung zum Schadensersatz gegenüber dem Kläger verpflichtet.
a.
gegenüber dem Kunden über tatsächliche Gegebenheiten auf dem Kapitalmarkt, die zu einer Änderung
der Anlageentscheidung führen könnten. Vielmehr besteht die Aufklärungs- und Beratungspflicht der
Banken nur vor oder bei der Anlageberatung. Nach Abschluss des Geschäfts - d.h. grundsätzlich Zeitpunkt
der Anlageentscheidung - enden diese Pflichten. Eine Bank, die ihrem Kunden regelmäßig Depotauszüge
übersendet, aus denen sich der Tageskurs ergibt, ist nicht gehalten, den Kunden nochmals ausdrücklich
auf den allgemeinen Kursverfall an den Weltbörsen aufzuklären oder davor zu bewahren, indem sie den
Kunden etwa rechtzeitig zum Verkauf fallender Wertpapiere rät (vgl. OLG München WM 1997, 1802,
1806).
Derartige fortlaufenden Beratungspflichten außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages zu
verlangen, hieße die Anforderungen an eine Bank zu überspannen (vgl. OLG München a.a.O.). So hat der
Bundesgerichtshof (BGH WM 1987, 531) entschieden, dass die Leistungspflichten einer Bank im Rahmen
von Wertpapiergeschäften, die über die richtige und vollständige Information über alle für den
Anlageentschluss bedeutsame Umstände hinausgehen, also insbesondere Empfehlungen für
Anlageentscheidungen, besonderer Vereinbarungen bedürfen. Es sei nicht Sinn eines Vertrages über
Auskunft oder Beratung bei derartigen Spekulationsgeschäften, dem Anleger das Anlagerisiko
abzunehmen. Eine Haftung kann sinnvoller Weise nur für die Richtigkeit und Vollständigkeit von
erforderlichen Informationen und allenfalls für deren sorgfältige Auswertung gegeben sein, nicht aber
dafür, ob eine etwa gegebene Anlageempfehlung sich im Nachhinein als richtig herausgestellt hat oder
dafür, dass eine bestimmte Anlageempfehlung nicht gegeben wurde. Entscheidend ist vielmehr, dass es
im Wesen derartiger Spekulationsgeschäfte liegt, für eine wirklich sichere Prognose auch bei sorgfältiger
Verwertung aller Informationen eben letztlich doch nicht möglich ist; darin liegt gerade das spekulative
Moment (vgl. OLG München a.a.O.).
Im Übrigen ist anzumerken, dass eine solch weitgehende Pflicht zur fortlaufenden Beratung unzumutbar
wäre, da sich der Umfang und die Kosten der Anlageberatung außerordentlich erhöhen würden, wenn
ohne konkreten, dann laufend zu honorierenden Auftrag zur Vermögensbetreuung die von der Bank
vermittelten Anlagen auf negative Meldungen hin überwacht werden und sämtlichen Kunden darüber
Hinweise erteilt werden müssten. Eine Bank kann deshalb nicht verpflichtet werden fortlaufend zu
überprüfen, ob die Anlageentscheidung aufgrund der aktuellen Börsenentwicklung noch
gewinnversprechend sein wird oder nicht bzw. ob zur Vermeidung von weiteren Verlusten
entsprechende Wertpapiere rechtzeitig verkauft werden. Auch bei einer Verwahrung von Wertpapieren im
Depot bleibt der Kunde hiernach für seine Anlageentscheidung selbst verantwortlich. Er hat grundsätzlich
das Risiko einer Fehleinschätzung zu tragen, wie er andererseits auch nicht verpflichtet ist die Bank an
seinem Gewinn teilhaben zu lassen (vgl. OLG München a.a.O., so auch OLG Karlsruhe WM 1992, 577).
b.
Zwar hat der Kläger bestritten, dass ihm die Jahresdepotauszüge zugegangen seien. Demgegenüber
wurde seitens des Klägers nicht bestritten, dass sämtliche Transaktionsbelege seit dem Jahre 2000
zugegangen sind. Ferner hat der Zeuge bestätigt, dass er die Erträgnisaufstellungen sowie die
Jahressteuerbescheinigungen der Beklagten für die Steuererklärung des Klägers „sich bei diesem
besorgt habe“.
Nach h. M. ist für den Zugang eines Schreibens grundsätzlich der Absender beweispflichtig. Dies gilt aber
nur bei Streit über den Zugang lediglich eines nach der Behauptung der Gegenpartei nicht
angekommenen Schreibens. Kommen aber angeblich, wie hier allein die Jahresdepotauszüge jeweils
nicht an, wohl aber sämtliche Transaktionsbelege (vorliegend eine Vielzahl von Kauf-
/Verkaufsabrechnungen, vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 04.05.2005) sowie die
Jahressteuerbescheinigungen und Erträgnisaufstellungen, so ist es ganz unwahrscheinlich, dass lediglich
die Jahresdepotauszüge jeweils nicht zugegangen sein sollen. Denn nach statistischen Erhebungen liegt
die Verlustrate von Briefsendungen deutlich unter ein Promille (vgl. Schneider, MDR 1984, 281). Im
Hinblick darauf, dass sonst sämtliche Schreiben der Beklagten dem Kläger zugegangen sind, ist die
Kammer davon überzeugt, dass auch die Jahresdepotauszüge dem Kläger jeweils zugegangen sind, und
er nur über deren Verbleib keine Kenntnis hat. Dafür spricht auch, dass der Kläger nach eigenem Vortrag
sich wenig um die Transaktionen gekümmert hat und sich der Zeuge, die für die Steuererklärung
notwendigen Unterlagen bei dem Kläger selbst erst noch besorgen musste. Im Übrigen hat die Beklagte
substantiiert vorgetragen, dass sämtlicher Schriftverkehr in Verbindung mit Wertpapiertransaktionen
zentral und automatisiert von München aus durch das System „POSY“ zur Post ausgeliefert wurde und
insoweit dem Einfluss der einzelnen Filialen und Mitarbeitern entzogen sind. So legte die Beklagte auch
die Zweitschriften der Jahresdepotauszüge vor. Insofern hätte es dem Kläger oblegen, einen Sachverhalt
vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, der den Verlust gerade nur der
Jahresdepotauszüge erklärt. Ein schlichtes Bestreiten des Zuganges reicht insoweit nicht aus, zumal es im
Hinblick auf die Aussage des Zeugen nahe liegt, dass der Kläger die Jahresdepotauszüge in seinen
Unterlagen nicht gefunden hat. Dies gerade auch deshalb, weil der Kläger zunächst den Zugang
sämtlicher Transaktionsbelege bestritten hat, nach Vorlage der Transaktionsbelege jedoch nicht mehr
bestritt, dass er diese Belege erhalten hat.
Eine ausreichende Information hat daher zur Überzeugung der Kammer stattgefunden.
c.
immer noch mit ihm in Verbindung gesetzt habe. Zwar konnte sich der Zeuge nicht mehr im Einzelnen an
ein Strukturgespräch am 18. Mai 2000 (Anlage B 10, Bl. 74 f d.A.) erinnern. Er hat allerdings bestätigt,
dass die Unterschrift auf Anlage 1 zum Protokoll (Bl. 323 d.A.) von ihm stamme und zudem zumindest 1-2
Gespräche bei der Beklagten nach den Anfangsgesprächen im Jahre 1997 stattgefunden haben, so dass
die Kammer davon überzeugt ist, dass ein solches Strukturgespräch nach dem Börsencrash im März /
April 2000 tatsächlich im Mai 2000 stattgefunden hat. Ausweislich der Anlage B 10 wurde auch hier
nochmals der Kläger über seine Anlagestrategie befragt, woraufhin die Anlagementalität wiederum als
spekulativ vermerkt wurde. Insoweit wurde der Kläger auch hier über die Situation seines Depots
informiert. Schließlich wurde der Kläger auch in dem Gespräch vom 06.03.2001 über sein Depot
informiert.
4.
er zum Teil keine Aufträge zum Kauf/Verkauf der Wertpapiere erteilt habe. Zum einen wird dies schon
dadurch widerlegt, dass er vorgetragen hat, dass in den Jahren 1998 und 1999 sämtliche Transaktionen
von ihm selbst oder dem Zeugen in Auftrag gegeben wurden. Zum anderen spricht gegen diese
Behauptung, dass der Zeuge bekundet hat, dass er selbst einige Transaktionen bis in das Jahr 2001 in
Auftrag gegeben habe (vgl. oben). Im Übrigen wusste der Zeuge nicht, ob die Zeugin ohne Auftrag und
ohne Rücksprache Geschäfte getätigt oder ob sie die einzelnen Transaktionen mit dem Kläger
ohne Rücksprache Geschäfte getätigt oder ob sie die einzelnen Transaktionen mit dem Kläger
abgesprochen hat. Insoweit ist der Kläger beweisfällig geblieben.
5.
machen.
6.
angeführten Gründen ausdrücklich - hinsichtlich denjenigen Anlageentscheidungen, die im Zeitraum von
01.04.1998 bis 05.04.2001 getätigt wurden, gemäß § 37a i.V.m. § 43 WpHG, die im vorliegenden Fall auf
Grundlage des § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 WpHG Anwendung finden, bei Klageeinreichung am 05.04.2004
verjährt, da nach § 37a WpHG Schadensersatzansprüche gegen ein
Wertpapierdienstleistungsunternehmen wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen
fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung innerhalb von 3 Jahren
verjähren, und zwar von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Wird in Fällen
risikoreicher Papiere der Kunde über die für ihn objektiv relevanten Risiken nicht aufgeklärt, so ist der
Schaden grundsätzlich immer schon im Zeitpunkt des Erwerbs der Papiere entstanden, selbst wenn der
Börsenkurs oder die Ausstattung der Papiere (Zinssatz) diese Risiken reflektiert. Der Schaden entsteht in
solchen Fällen nicht erst dann, wenn sich das Risiko realisiert, auf das nicht hingewiesen worden ist
(nunmehr allgemeine Meinung vgl. BGH, Urteilvom 8. März 2005 – XI ZR 170/04). Ein Ausnahme von der
3-jährigen Verjährungsfrist ist nur im Falle einer vorsätzliche fehlerhafte Anlageberatung bzw. eine
vorsätzliche Verletzung von Informationspflichten zumachen. Eine solche ist jedoch nicht erkennbar.
II.
Der Streitwert war gemäß § 3 ZPO wie folgt festzusetzen:
Antrag Ziff. 1 : 467.740,27 EUR
Antrag Ziff. 2 : 50.000,-- EUR
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
gez., ,