Urteil des LG Wuppertal vom 23.06.2010

LG Wuppertal (beteiligung, immobilienfonds, prospekt, höhe, ehemann, anlage, zug, aufklärung, fonds, schaden)

Landgericht Wuppertal, 3 O 445/09
Datum:
23.06.2010
Gericht:
Landgericht Wuppertal
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 445/09
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 375.799,53 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
29.01.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von sämtlichen
Zahlungsverpflichtungen gegenüber der xxx Immobilienfonds 79 GbR
und deren Gläubigern freizustellen.
3. Die Verurteilungen zu 1. und 2. erfolgen jeweils Zug-um-Zug gegen
Übertragung der von der Klägerin gehaltenen Anteile an der
xxxImmobilienfonds 79 GbR.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
6. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann waren langjährige Kunden der Beklagten,
die ihre gesamte Vermögensberatung übernahm. Ursprünglicher Kundenberater war der
mittlerweile verstorbene Herr T, der die Klägerin und ihren Ehemann seit 1981 beriet.
Nach dessen Tod übernahm Herr G die Beratung.
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Im Winter 1994 fand ein Vermögensberatungsgespräch in der Remscheider Filiale der
Beklagten mit dem Kundenberater G statt, bei dem die Klägerin und ihr Ehemann von
Herrn G dahingehend beraten wurden, sich zur Altersvorsorge und zwecks
Steuerersparnis an dem Immobilienfonds XXX 79 GbR zu beteiligen.
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Aufgrund dieses Gesprächs beteiligte sich die Klägerin mit 500.000 DM zzgl. 5 % Agio
(268.428,23 €), ihr am 30.06.2009 verstorbener Ehemann mit 200.000 DM zzgl. 5 %
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Agio (107.371,29 €). Die Zeichnung der Beteiligung geschah am 29.11.1994, die
Annahme erfolgte am 08.12.2004.
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Beratung und
Vermittlung von Anteilen an dem geschlossenen Immobilienfonds XXX 79 GbR aus
eigenem und von ihrem verstorbenen Mann schon zu Lebzeiten abgetretenen Recht
gegen die Beklagte geltend.
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Sie ist der Auffassung, die Beratung sei fehlerhaft erfolgt. Das Prospekt weise Aspekte
auf, über die der Berater hätte aufklären müssen. Die Beklagte habe sie in mehrfacher
Hinsicht falsch beraten.
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Sie sei nicht über Innenprovisionen, die die hinter dem Fonds stehende Dr. H an die
Beklagte aufgrund der Zeichnung gezahlt habe, aufgeklärt worden. Diese hätten
durchschnittlich 8-9 % der Zeichnungssumme betragen.
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Des Weiteren sei ihr, der Klägerin, durch das Emissionsprospekt eine
Anschlussförderung in Aussicht gestellt worden. Herr G habe die Beteiligung am
streitgegenständlichen Immobilienfonds unter Vorlage des Prospekts gerade deshalb
als eine sichere Anlage dargestellt, da der Fonds vom Staat gefördert würde und eine
Förderung für 30 Jahre zugesagt worden sei. Die Beklagte hätte nach ihrer Auffassung
diesbezüglich auf die Möglichkeit des Wegfalls der staatlichen Anschlussförderung und
die etwaigen Folgen hinweisen müssen.
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Es sei im Beratungsgespräch auch kein Hinweis auf einen etwaigen Mietverfall unter
das prognostizierte Mietniveau gegeben worden.
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Ebenso sei von der Beklagten auf einen etwaigen Wertverfall des Objektes aufgrund
mangelnder Instandhaltungsmaßnahmen und unterlassener Verwaltungs- und
Administrationsmaßnahmen nicht hingewiesen worden.
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Anteile an geschlossenen Immobilienfonds seien darüber hinaus mangels Existenz
eines geregelten Marktes auch nur schwer wieder zu veräußern, so dass die Beklagte
sie auch darüber hätte aufklären müssen.
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Eine Aufklärung bezüglich der persönlichen Haftung und der Höhe dieser Haftung für
Verbindlichkeiten der Gesellschaft sowie eventuell bestehender Nachschusspflichten
habe die Beklagte unterlassen.
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Zudem finde sich im Prospekt kein Hinweis darauf, dass im Falle der Kündigung des
Grundbuchtreuhandvertrages erhebliche Kosten durch die Berichtigung des
Grundbuchs und für die Grunderwerbsteuer entstehen würden, für die die Gesellschafter
gesamtschuldnerisch haften würden. Auch Herr G habe nicht drauf hingewiesen.
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Schließlich sei das Prospekt nach der Beratung nicht ausgehändigt worden.
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Die Gesellschaft befinde sich nun in einer wirtschaftlichen Schieflage. Eine
Anschlussförderung gebe es ab 2012 nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
nicht mehr, so dass ab diesem Jahr eine jährliche Unterdeckung von ca. 2.144.000,00 €
erwirtschaftet werden würde. Ein Sanierungsplan habe wegen zu geringer
Gesellschafterzahlungen nicht umgesetzt werden können.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 375.799,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2010 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, sie von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen
gegenüber der XXX Immobilienfonds 79 GbR und deren Gläubigern freizustellen,
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jeweils Zug-um-Zug gegen Übertragung der von der Klägerin gehaltenen Anteile
an der XXX Immobilienfonds 79 GbR,
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3. festzustellen, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren
Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit die Beteiligung an der XXX
Immobilienfonds 79 GbR betroffen ist und der Schaden mit dieser Beteiligung
zusammenhängt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte bestreitet jegliche Pflichtverletzungen. Sie führt aus:
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Herr G habe das Beratungsgespräch mit der Klägerin und ihrem Ehemann nicht geführt,
dieser habe die Betreuung erst Ende 1995 nach dem Tode seines Vorgängers
übernommen, der die Gespräche geführt habe.
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Die durch den Fondsinitiator an die Beklagte gezahlte Rückvergütung/Provision ergebe
sich unter dem Punkt "Kosten und Dienstleistungen" unmittelbar aus dem Prospekt, also
stelle diese keine heimliche Vergütung an der Kenntnis der Klägerin vorbei dar.
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Sie, die Beklagte, treffe darüber hinaus kein Verschulden. Sie habe sich zum
Zeichnungszeitpunkt im Jahre 1995 in einem das Verschulden ausschließenden
Rechtsirrtum befunden, da sie weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung zu diesem
Zeitpunkt eine Aufklärungspflicht über die Rückvergütung von Innenprovision habe
entnehmen können.
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Des Weiteren ist sie der Auffassung, die Klägerin hätte auch bei Aufklärung über die
Rückvergütung die Anlageentscheidung entsprechend getroffen, so dass keine
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Kausalität zwischen Aufklärungspflichtverletzung und dem Schaden der Klägerin
vorliege.
Zudem sei die Schadensberechnung der Klägerin fehlerhaft, da durch sie erlangte
Steuervorteile in den Jahren 1994 bis 2009 nicht eingerechnet worden seien. Diese
hätten ausweislich der Ergebnisvorschau (S.15 des Prospekts) bis zu 190,36 % des
Zeichnungskapitals betragen und seien somit im vorliegenden Fall auf den Schaden
anzurechnen. Darüber hinaus bestreitet sie mit Nichtwissen das Scheitern des
Sanierungskonzeptes. Die Klägerin habe auch die Entwicklung der Mieteinnahmen seit
der Errichtung des Fonds nicht dargelegt. Insoweit könne nicht beurteilt werden, ob sich
dadurch die wirtschaftliche Entwicklung der Fondsgesellschaft nicht wieder verbessert
habe.
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Sie beruft sich zudem auf Verwirkung. Ihr lägen aufgrund des Ablaufs der gesetzlichen
Aufbewahrungsfristen keine Unterlagen mehr vor, des Weiteren habe der von der
Klägerin benannte Mitarbeiter der Beklagten diese nicht beraten. Der ehemalige Berater
der Klägerin sei bereits gestorben und habe keinerlei Aufzeichnungen betreffend die
streitgegenständliche Zeichnung hinterlassen.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2010
verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte
einen Anspruch auf Schadensersatz sowie Freistellung aus § 280 Abs.1 BGB.
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Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist ein Anlageberatungsvertrag geschlossen
worden. Ein Beratungsvertrag kommt nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit
der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet. Tritt ein
Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden
heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so
wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages
stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. BGH
BKR 2008, 199; BGHZ 123, 126; BGHZ 100, 117, 118 f.).
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Der Anlageberater ist verpflichtet, den Kunden anleger- und objektgerecht zu beraten
und dabei richtig und vollständig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen
Umstände aufzuklären (vgl. BGH NJW 1993, 2433; BGH NJW 2006, 2041; jeweils
m.w.N.).
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Letztlich kann offenbleiben, ob die Beklagte den Verkaufsprospekt ausreichend geprüft
und der Klägerin rechtzeitig übergeben hat und ob sie die Klägerin im
Beratungsgespräch ordnungsgemäß über die Rückvergütungen, die mangelnde
Fungibilität, einen etwaigen Mietausfall unter das prognostizierte Mietniveau, einen
etwaigen Wertverfall des Objektes aufgrund mangelnder Instandhaltungsmaßnahmen
und aufgrund unterlassener Verwaltungs- und Administrationsmaßnahmen sowie über
die mit dem Erwerb von Anteilen an der GbR einhergehenden haftungsrechtlichen
Gesichtspunkte aufgeklärt hat. Jedenfalls bezüglich der Anschlussförderung ist der
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Beklagten eine Aufklärungspflichtverletzung anzulasten.
Die Beklagte als Verkäuferin der Fondsanteile war gegenüber der Klägerin verpflichtet,
sie im Rahmen des Beratungsgesprächs vollständig und wahrheitsgemäß über alle ihr
bekannten für die Anlageentscheidung maßgeblichen Umstände aufzuklären. Die
Übergabe des Prospektes ist zwischen den Parteien zwar streitig. Eine Aufklärung wäre
aber auch bei – unterstellter - Übergabe des Prospektes nicht geschehen, da dieses
sich als fehlerhaft erweist.
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Das Prospekt hat grundsätzlich ein zutreffendes und vollständiges Bild über sämtliche
Umstände, welche für die Anlagenentscheidung von Bedeutung sind, zu vermitteln. Die
Interessenten dürfen sich auf die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben in
einem Prospekt verlassen und davon ausgehen, dass die insoweit unmittelbar
Verantwortlichen das Prospekt mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft haben und dass
darin über alle Umstände aufgeklärt wird, die für den Beschluss, sich zu beteiligen, von
wesentlicher Bedeutung sind. Das hier vorliegende Prospekt genügt diesen
Anforderungen nicht.
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Das Prospekt klärt bereits nicht hinreichend bestimmt darüber auf, dass zum Zeitpunkt
der Beteiligung kein Rechtsanspruch auf die Anschlussförderung bestand. Dass ein
solcher Anspruch nicht bestand und auch über das "Ob" der Anschlussförderung erst in
vielen Jahren entschieden werden musste, wird an keiner Stelle des Prospekts
ausgeführt. Diesen Eindruck kann ein durchschnittlicher Anleger auch bei sorgfältiger
Lektüre nach dem Gesamteindruck (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1329,1330) nicht
gewinnen. Zwar wird auf S. 9 des Prospekts zutreffend dargestellt, dass es einen
Bewilligungsbescheid lediglich für die ersten 15 Jahre gibt. Allerdings wird im
Folgenden eine Rechtsgrundlage (§ 1 Abs.2 S.2 des II. Wohnungsbaugesetzes) der
Anschlussförderung genannt und ausgeführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen
kein Anspruch auf eine Anschlussförderung bestehe. Aus dieser Formulierung kann ein
durchschnittlicher Anleger schließen, dass es ansonsten, - das heißt bei Nichtvorliegen
dieser Voraussetzungen -, einen Anspruch auf die Anschlussförderung gibt. Dies hat der
Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 15.09.2009 Az. II ZR 241/08 ausdrücklich
bestätigt. Ausweislich des dem Beschluss vorangegangenen erstinstanzlichen Urteils
des Landgerichts Berlin (Teilurteil vom 17.01.2008 Az.: 23 O 6/06) wies das in diesem
Verfahren zugrundeliegende Prospekt denselben Wortlaut auf wie das hiesige. Soweit
die Beklagte klageabweisende Urteile in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom
02.06.2010 aufführt, die sich in der Sache ebenfalls mit – teilweise sogar
gleichlautenden Prospektangaben – befassten und diese als aufklärungsgerecht
beurteilt wurden, ist festzustellen, dass diese Urteile durchgängig vor dem oben
genannten Beschluss des Bundesgerichtshofes ergangen sind.
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Einen Hinweis darauf, dass die Anschlussförderung entgegen der nicht eindeutigen
Aussage des Prospektes nicht rechtlich gesichert ist, hat die Beklagte der Klägerin im
Beratungsgespräch nicht erteilt. Dies ergibt sich schon aus dem Vortrag der Beklagten,
dass die Anschlussförderung nach ihrer Auffassung im Prospekt gar nicht als sicher
dargestellt wurde. Für eine weitergehende Aufklärung im Gespräch gab es demnach
keine Anhaltspunkte; eine solche hat die Beklagte auch nicht vorgetragen.
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Die Pflichtverletzung der Beklagten war für die Beteiligung der Klägerin an dem
geschlossenen Immobilienfonds auch ursächlich. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen,
sie hätte bei pflichtgemäßer Aufklärung über die rechtlich nicht gesicherte
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Anschlussförderung die empfohlene Fondsbeteiligung nicht gezeichnet. Hierfür spricht
bereits die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Diese gilt grundsätzlich für alle
Aufklärungsfehler eines Anlageberaters. Als Aufklärungspflichtige muss folglich die
Beklagte darlegen und beweisen, dass die Klägerin die Kapitalanlage auch bei richtiger
Aufklärung erworben und den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl.
BGH NJW 2009, 2298, 2300). Tragfähige Anhaltspunkte für einen solchen Rückschluss
hat die Beklagte nicht vorgetragen. Allein die Umstände, dass die Klägerin ihr Geld
langfristig anlegen und Steuervorteile in Anspruch nehmen wollte, reichen insoweit nicht
aus. Darüber hinaus ist eine Anschlussförderung für Bauvorhaben gerade im sozialen
Wohnungsbau ein sehr wichtiger Aspekt für die Anlageentscheidung, da er sich
unmittelbar auf die Finanzierbarkeit der Anlage auswirken könnte.
Die Schadensersatzansprüche der Klägerin sind entgegen der Ansicht der Beklagten
auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch
nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach
dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser
das Recht nicht mehr geltend machen werde.
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Festzuhalten ist, dass die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung sich
durchgängig auf Ansprüche aus Darlehensverträgen bezieht und diese nicht ohne
Weiteres auf die vorliegende Situation übertragen werden kann. Zur Begründung des
Umstandsmomentes wird dort vor allem auf die vollständige Rückzahlung des
Darlehens Bezug genommen, da diese "einem konkludenten Verzicht auf nunmehr
erhobene Einwendungen gegen die Darlehnsforderung zumindest sehr nahe komme".
Ein derartiges Vertrauensverhältnis liegt hier schon nicht vor.
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Dass die Anschlussförderung rechtlich nicht gesichert war, musste sich der Klägerin
nicht bereits nach der Zeichnung der Beteiligung aufdrängen. Erst das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 11.05.2006 hat die diesbezügliche Rechtslage
abschließend geklärt. Unter diesen Voraussetzungen konnte die Beklagte kein
Vertrauen darin setzen, dass die Klägerin etwaige Schadensersatzansprüche nicht
mehr geltend machen würde.
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Durch den Erwerb der Fondsbeteiligung ist der Klägerin auch ein Schaden entstanden.
Wer durch ein haftungsbegründendes Verschulden zu einer Kapitalanlage veranlasst
wird, die er ohne dieses Verhalten nicht erworben hätte, ist in der Regel bereits durch
den Erwerb geschädigt, ohne dass es auf die objektive Werthaltigkeit der Anlage
ankommt (vgl. BGH NJW 2005, 1579, 1580 m.w.N.). Demnach kommt es für eine
Schadensfeststellung entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darauf an, wie sich die
Mieteinnahmen des Fonds seit seiner Errichtung entwickelt haben. Die Klägerin ist
daher gemäß § 249 BGB so zu stellen, wie sie ohne Beteiligung an der XXX
Immobilienfonds 79 GbR stehen würde.
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Die Klägerin kann danach zunächst ihre mit Klageantrag zu 1) geltend gemachte
Beteiligung in Höhe von 255.645,94 € (500.000 DM) zuzüglich 5 % Agio (12.782,30 €),
sowie die ihr von ihrem verstorbenen Ehemann abgetretene Beteiligung in Höhe von
102.258,38 € (200.000DM) zuzüglich 5 % Agio (5.112,91 €) ersetzt verlangen.
Steuervorteile sind hierauf nicht anzurechnen, weil die Rückabwicklung der Beteiligung
im Rahmen des Schadensersatzes zu einer Nachversteuerung führt und die Beklagte
nicht schlüssig dargelegt hat, dass der Klägerin trotz Nachversteuerung
außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (vgl. BGH NJW 2008, 350, 351; BGH
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NJW 2008, 2773, 2775).
Darüber hinaus ist die Beklagte verpflichtet, die Klägerin von sämtlichen
Zahlungsverpflichtungen gegenüber der XXX Immobilienfonds 79 GbR und deren
Gläubigern freizustellen. Das Freistellungsinteresse ergibt sich bereits aus der
Möglichkeit einer etwaigen Nachschusspflicht der Klägerin vor dem Hintergrund der
gescheiterten Sanierung des Fonds (Anlage K6).
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Zahlung und Freistellung haben Zug um Zug gegen Übertragung der von der Klägerin
und dem Zedenten gezeichneten Beteiligung an der Fondsgesellschaft zu erfolgen.
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Die mit Klageantrag zu 3) begehrte Feststellung, dass die Beklagte auch zum Ausgleich
des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit die Beteiligung an der XXX
Immobilienfonds GbR betroffen ist und der Schaden mit dieser Beteiligung
zusammenhängt, ist bereits unschlüssig. Die Klägerin trägt nicht vor, woraus sich ein
Feststellungsinteresse ergeben könnte.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § § 92 Abs.2 ZPO. Der Feststellungsantrag zu
3), mit dem die Klägerin unterliegt, ist vorliegend mit lediglich 3.000 € zu bewerten und
löste keinen Gebührensprung aus.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 17.06.2010 gibt keinen Anlass
zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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Streitwert: 1.122.506,70 €
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