Urteil des LG Wuppertal vom 08.09.2010

LG Wuppertal (kläger, wirtschaftliche einheit, höhe, ggg, betrag, anlage, darlehensvertrag, darlehen, beteiligung, zins)

Landgericht Wuppertal, 3 O 57/10
Datum:
08.09.2010
Gericht:
Landgericht Wuppertal
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 57/10
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 14.741,08 € zu zahlen nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz
- aus einem Betrag in Höhe von 1.196,44 € seit dem 30.12.2003,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.6.2004
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.12.2004,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.6.2005,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.12.2005,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.6.2006,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.12.2006,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.6.2007,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.244,85 € seit dem 30.12.2007,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.001,21 € seit dem 30.6.2008,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.001,21 € seit dem 30.12.2008,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.001,21 € seit dem 30.6.2009,
- aus einem Betrag in Höhe von 1.001,21 € seit dem 30.12.2009,
- aus einem Betrag in Höhe von 7.500,00 € seit dem 25.9.2009,
Zug-um-Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte und Pflichten aus
der Beteiligung an der xxx Beteiligungsgesellschaft 76 GmbH & Co. KG
(Beteiligungsnummer yyy).
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der
vorstehend angebotenen Rechte aus der Beteiligung im
Annahmeverzug befindet.
Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehen Nummer
......... keine Rechte und Ansprüche mehr gegen die Kläger zustehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 14 % und die
Beklagte 86 %. Von den Kosten der Streithelferin tragen die Kläger 14
%, im übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger jedoch nur gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Streithelferin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren Rückabwicklung eines (teil-)finanzierten Beitritts zu einem
geschlossenen Immobilienfonds, nachdem sie den Widerruf des Darlehensvertrages
erklärt haben.
2
Die Kläger schlossen im Juni 2003 mit der Q AG (im Folgenden Vvvbank) einen
Darlehensvertrag zur Finanzierung eines Beitritts zur Xxx GmbH & Co. KG (im
Folgenden gg 76). Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Vvvbank.
3
Die Vvvbank hat, wie andere Banken auch, Kreditnehmern Darlehen zum Zwecke der
Beteiligung an Ggg Fonds ausgereicht.
4
Den Klägern wurde die Beteiligung an dem Ggg Fonds76 von einem Mitarbeiter der
RRR Gesellschaft für Ccc mbh (xx), Herrn G2, empfohlen. Zuvor hatte Herr G2 eine
persönliche Finanzstrategie für die Kläger entwickelt.
5
Die Kläger unterzeichneten am 26.5.2003 in Gegenwart von Herrn G2 sowohl die
Beitrittserklärung zum Ggg Fonds76 (Anlage K 2) als auch einen an die Vvvbank
gerichteten Darlehensantrag und eine Selbstauskunft (Anlage K 3). Die Selbstauskunft
trägt, anders als der Darlehensantrag, das Logo der Vvvbank. Herr G2 hat sämtliche
Dokumente vorausgefüllt. Der Darlehensantrag trägt im Anschluss an Angaben zur
Legitimationsprüfung auch die Unterschrift des Herrn G2. Die Daten zur
Darlehensvergabe wie die Eigenkapitalausstattung, den Verdienst, Sicherheiten etc. hat
Herr G2 eingeholt und bei der Vvvbank eingereicht.
6
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Vvvbank dem AWD bzw. Herrn G2 das
Darlehensantrags- und das Selbstauskunftsformular zur Verfügung gestellt hat (so die
Kläger) oder ob es sich um Eigenanfertigungen des Vermittlers handelt (so die
Beklagte). Jedenfalls sind die Formulare in zahlreichen Fällen von Vertriebsmitarbeitern
verwendet worden. Der Beklagten sind Darlehensanträge wie der von den Klägern
unterzeichnete aus anderen ähnlichen Klageverfahren bekannt.
7
Die Kläger sind dem Ggg Fonds76 mit einer Kommanditeinlage i.H.v 30.000 € zuzüglich
5 % Agio beigetreten (Anlage K 2). Sie haben bei der Vvvbank eine Darlehenssumme
i.H.v. 24.000 € für eine Laufzeit von 15 Jahren, eine Zinsbindung von 10 Jahren, eine
Auszahlung von 100 %, einen Zinssatz von 6,01 % und eine Tilgung von 4,26 %
beantragt (Anlage K 3).
8
Am 6.6.2003 teilte Herr G2 den Klägern per E-Mail mit, dass die Darlehensunterlagen in
den nächsten Tagen bei ihm eintreffen würden und er sich dann sofort mit den Klägern
in Verbindung setzen werde (Anlage K 4).
9
Mit Schreiben vom 3.6.2003 übermittelte die Vvvbank den Klägern einen
Darlehensvertrag zu den beantragten Konditionen, eine Verpfändungserklärung
hinsichtlich des Kommanditanteils und eine Widerrufsbelehrung (Anlage K 5). Die
Kläger haben die Dokumente unterzeichnet und zurückgesendet.
10
Das Darlehen wird auf Seite 1 des Darlehensvertrages ausdrücklich "zur (Teil-)
Finanzierung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds" gewährt.
Unter Ziffer 16.2 (Seite 2 des Darlehensvertrages) verpflichten die Kläger sich, der
Vvvbank den Kommanditanteil von 30.000 € am Ggg Fonds76 zu verpfänden. Unter
Ziffer 18 (Seite 3 des Darlehenvertrages) wurde vereinbart, dass die auszahlbaren Mittel
in Höhe von 24.000 € an die Ggg Fonds76 GmbH & Co. KG zu überweisen sind.
11
Das Merkblatt zum Darlehensvertrag enthält "Besondere Hinweise", in denen
ausdrücklich erwähnt wird, dass die Bank die Ordnungsmäßigkeit/Werthaltigkeit und die
Erfolgsaussichten der geplanten Kapitalanlage nicht beurteilen könne und sie keine
Haftung für die angestrebten wirtschaftlichen Ziele und steuerlichen Vorteile
übernehme. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Kapitalanlage von Vermittlern
vertrieben wird. Mit einer Unterschrift mussten die Kläger bestätigen, dass sie die
Risiken der Beteiligung zur Kenntnis genommen und eine vollständige Ausfertigung des
Beteiligungsprospekts erhalten haben.
12
Die Widerrufsbelehrung enthält u.a. folgende Formulierung: "Der Lauf der Frist für den
Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt
und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der
Vertragsurkunde oder des Darlehensantrags zur Verfügung gestellt wurde."
13
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgenannten Unterlagen Bezug genommen.
14
Das Darlehen trägt die Vertragsnummer 30134779. Die Darlehensvaluta in Höhe von
24.000 € wurden unmittelbar an die Xxx und nicht an die Kläger ausbezahlt.
15
Mit Schreiben vom 31.3.2008 widerriefen die Kläger ihre auf den Abschluss des
Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung und forderten die gezahlten Zins– und
16
Tilgungsleistungen unter Fristsetzung bis zum 16.4.2008 zurück (Anlage K 6).
Gemäß Bescheinigung des Ggg Fonds76 vom 23.7.2003 (Anlage K 13) ist zum
8.7.2003 eine Zahlung i.H.v. 22.500 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.500 € und zum
22.7.2003 eine Zahlung i.H.v. 7.500 € auf dem Konto der Gesellschaft eingegangen.
17
Die Kläger haben folgende Zins- und Tilgungsleistungen an die Beklagte bzw. deren
Rechtsvorgänger erbracht:
18
1.196,44 € Ende 2003,
danach halbjährliche Raten i.H.v. jeweils 1.244,85 € bis Dezember 2007,
danach halbjährliche Raten i.H.v. jeweils 1.001,21 € bis Ende 2009.
19
20
Nach dem Darlehensvertrag sind vom 30.6.2010 bis zum 30.6.2018 weitere Zins– und
Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt 20.281,71 € zu erbringen.
21
Den Erhalt folgender Ausschüttungen hat der Ggg Fonds76 schriftlich bestätigt (Anlage
K 14):
22
875 € zum 15.12.2003,
1.050 € zum 15.6.2004,
1.050 € zum 15.12.2004.
23
24
Insgesamt: 2.975 €
25
Die Differenz zwischen den Zins- und Tilgungsleistungen und den Ausschüttungen
i.H.v. 2.975 € beträgt 12.185,08.
26
Die Summe aus Eigenmitteln und Zins- und Tilgungsleistungen abzüglich der
Ausschüttungen beträgt insgesamt 19.685,08 €.
27
Aus den Steuerbescheiden der Jahre 2003 bis 2007 (Anlage K 15) ergeben sich
folgende Steuervorteile:
28
2003: 3.891,87 €,
2004: 112,86 €,
2005: 210,55 €,
2006: 364,36 €,
29
2007: 364,36 €
30
Insgesamt: 4.944,00 €
31
Mit Schreiben vom 14.9.2009 forderten die Kläger die Rechtsvorgängerin der Beklagten
unter Fristsetzung bis zum 24.9.2009 zur Rückabwicklung auf.
32
Die Kläger sind der Ansicht, dass sie zum Widerruf berechtigt gewesen seien. Die
Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, da die von der Vvvbank verwendete
Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei. Sie sind weiter der Auffassung, dass ein verbundenes
Geschäft vorliege, weshalb sie von der Beklagten nicht nur die auf das Darlehen
geleisteten Zahlungen, sondern auch die an die Fondsgesellschaft geleisteten
Eigenmittel zurück verlangen könnten.
33
Die Kläger beantragen,
34
die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.685,08 Euro nebst 5 % Zinsen über dem
jeweils gültigen Basiszinssatz gemäß § 247 I BGB
35
- aus 1.196,44 Euro seit 30.12.03,
36
- aus 1.244,85 Euro jeweils seit 30.06. und 30.12.04, 30.06. und 30.12.05, 30.06.
und 30.12.06, 30.06. und 30.12.07,
37
- aus 1.001,21 Euro jeweils seit 30.06. und 30.12.08, 30.06. und 30.12.09,
38
- aus 7.500,00 Euro seit 25.09.09,
39
Zug-um-Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte und Pflichten aus der
Beteiligung an der Ggg Fonds76, Xxx GmbH & Co. KG (Anteilsnummer …) im
Nominalwert von 30.000,00 Euro,
40
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme hinsichtlich der unter Ziffer I.
angebotenen Rechte aus den Kommanditbeteiligungen in Annahmeverzug
befindet,
41
festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehen Nr. ….keine Rechte und
Ansprüche mehr gegen sie zustehen.
42
Die Beklagte beantragt,
43
die Klage abzuweisen.
44
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß gewesen sei
und kein verbundenes Geschäft vorliege.
45
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die
gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen. Mit Schriftsatz vom 31.05.10 hat
46
die Beklagte der I AG den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der
Beklagten beigetreten.
Entscheidungsgründe
47
I.
48
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
49
Das Rückabwicklungsbegehren der Kläger ist gemäß §§ 357 Abs. 1, 346, 358 Abs.2, 4
BGB aufgrund des von ihnen erklärten Widerrufs des Darlehensvertrages begründet.
50
1
51
Den Klägern steht ein Widerrufsrechtrecht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB zu. Dieses
konnten sie mit ihrem am 31.3.2008 erklärten Widerruf wirksam ausüben. Denn eine
Widerrufsfrist hatte gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht zu laufen begonnen, da die
den Klägern von der Vvvbank erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen
Anforderungen des § 355 BGB entsprach. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte
Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den
Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll nicht nur von seinem
Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses
auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der
Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (vgl. BGH, Urteil vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI
ZR 33/08).
52
Der Lauf der Widerrufsfrist hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche
Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon ab, dass
dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch
eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift
zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss
daher bei Schriftform des Vertrags eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der
Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der
Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenen Urkunde ist. §
355 Abs. 2 Satz 3 BGB trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung,
dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen zu führen. Nur wenn
der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest
zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete
Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht, kann er die ihm eingeräumte
Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH Urteil vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI
ZR 33/08).
53
Diesen Anforderungen genügt die Widerrufsbelehrung der Vvvbank nicht, denn sie legt
dem Verbraucher das unzutreffende Verständnis nahe, die Widerrufsfrist beginne bereits
einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen
Darlehensangebotes zu laufen. Einem unbefangenen durchschnittlichen Kunden wird
der Eindruck vermittelt, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer
Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots nebst
Widerrufsbelehrung. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Vvvbank mit
"Darlehensvertrag" überschrieben ist, sodass für den unbefangenen Leser der Eindruck
entsteht, es handele sich unabhängig von der Annahmeerklärung der Kläger um die in
54
der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde, die den Klägern zur Verfügung
gestellt wurde (Vgl. BGH Urteil vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI ZR 33/08).
2
55
Der zwischen den Klägern und der Vvvbank geschlossene Darlehensvertrag hat sich
durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt, §§ 357 Abs. 1, 346
BGB.
56
Als Rechtsnachfolgerin der Vvvbank schuldet die Beklagte den Klägern zunächst die
Rückgewähr der von ihnen aus ihrem Vermögen aufgebrachten Zins- und
Tilgungsleistungen, wobei sie sich jedoch die Fondsausschüttungen nach den Regeln
des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen müssen. Denn anderenfalls stünden die
Kläger besser, als sie ohne Beteiligung an dem Fonds gestanden hätten (vgl. BGH
Urteil vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI ZR 33/08).
57
Die Kläger haben unter Berücksichtigung der anzurechnenden Ausschüttungen i.H.v.
insgesamt 2.975 € daher einen Anspruch auf Rückzahlung von Zins- und
Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt 12.185,08 €.
58
Soweit die Kläger Zins- und Tilgungsleistungen erst nach dem erklärten Widerruf
geleistet haben, folgt der Anspruch auf Rückzahlung zudem aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1,
818 Abs. 1 BGB.
59
3
60
Die Kläger, die ausweislich des Bestätigungsschreibens des Ggg Fonds76 vom
23.07.2003 (Anlage K 13) zum 22.07.2003 eine Zahlung an die Fondsgesellschaft in
Höhe von 7.500 € geleistet haben, haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf
Rückzahlung der 7.500 €.
61
Der Widerruf der Darlehensvertragserklärung führt zugleich dazu, dass die Kläger gem.
§ 358 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht mehr an den finanzierten Vertrag, also den Beitritt zum
Ggg Fonds76, gebunden sind. Liegen die Voraussetzungen eines verbundenen
Geschäfts vor, ist § 358 Abs. 2 BGB auch beim finanzierten Erwerb von Anteilen an
einer Gesellschaft anwendbar (BGH Urteil vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI ZR 33/08).
Rechtsfolge ist gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB, dass der Darlehensgeber in den
verbundenen Vertrag eintritt und der Verbraucher vom Darlehensgeber die an den
Fonds aus eigenen Mitteln geleistete Anzahlung zurück verlangen kann (BGH Urteil
vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI ZR 33/08). Denn der Darlehensgeber tritt anstelle der
Fondsgesellschaft in dessen Rechte und Pflichten aus dem verbundenen Vertrag ein
und wird an dessen Stelle Gläubiger und Schuldner des Verbrauchers im
Abwicklungsverhältnis (vgl. BGH vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI ZR 33/08).
62
Die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 358 BGB sind erfüllt, da der
Beitritt zum Ggg Fonds76 und der Darlehensvertrag verknüpft sind und eine
wirtschaftliche Einheit bilden.
63
Die Verträge sind verknüpft, wenn das Darlehen zu dem Zweck gewährt wird, dass das
vom Verbraucher für die Ware oder sonstige Leistung geschuldete Entgelt beglichen
wird (Palandt/Grüneberg, 69. Auflage 2010, § 358 BGB Rn. 11). Dies ist vorliegend der
64
Fall. Die Vvvbank gewährte den Klägern nach dem ausdrücklichen Wortlaut des als
Anlage K5 überreichten Darlehensvertrags ein zweckgebunden für die Beteiligung an
dem Ggg Fonds76 zu verwendendes Darlehen. Bereits auf Seite 1 des
Darlehensvertrages ist die Zweckbestimmung "(Teil-) Finanzierung einer Beteiligung an
einem geschlossenen Immobilienfonds" genannt. In den besonderen Hinweisen auf
Seite 4 des Darlehensvertrags wird ebenfalls noch einmal ausdrücklich auf die
Kapitalanlage verwiesen und die Haftung beschränkt. Zudem wurde der Geschäftsanteil
an dem Ggg Fonds76 zur Sicherung an die Vvvbank verpfändet und die Vvvbank hat
den Darlehensbetrag vereinbarungsgemäß direkt der Fondsgesellschaft ausgezahlt.
Auch eine wirtschaftliche Einheit ist gegeben. Voraussetzung dafür ist, dass aus Sicht
des Verbrauchers Unternehmer und Darlehensgeber gemeinsam wie eine
Vertragspartei auftreten. (Palandt/Grüneberg, 69. Auflage 2010, § 358 BGB Rn. 12).
Nach der unwiderleglichen Vermutung des § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB liegt eine
wirtschaftliche Einheit vor, wenn sich der Darlehensgeber bei Vorbereitung oder
Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Ein
Rahmenvertrag zwischen Unternehmer und Darlehensgeber ist nicht erforderlich. Es
genügt, wenn beide faktisch zusammenarbeiten, selbst wenn dies nur einmalig der Fall
ist. (Palandt/Grüneberg, 69. Auflage 2010, § 358 BGB Rn. 12 m.w.N.) Dementsprechend
kommt es vorliegend auf die zwischen den Parteien umstrittenen Vertragsverhältnisse
zwischen der Vvvbank und dem Ggg Fonds76 nicht entscheidend an.
65
Von einer Mitwirkung des Unternehmers bei Abschluss des Darlehensvertrages ist
immer dann auszugehen, wenn der Darlehensvertrag nicht aufgrund eigener Initiative
des Darlehensnehmers zustande kommt, sondern dadurch, dass der Vermittler dem
Interessenten zugleich mit dem Kaufvertrag oder Beitrittsformular einen Darlehensantrag
des Darlehensgebers vorlegt, der zuvor gegenüber dem Fondsinitiator eine
Finanzierungszusage abgegeben hat (Vgl. BGH NJW 2003, 2821, 2822;
Palandt/Grüneberg, 69. Auflage 2010, § 358 BGB Rn. 12 m.w.N.) Vorliegend sind beide
Verträge zumindest unter Mitwirkung des Herrn G2, AWD, zustande gekommen, was
bereits durch die Unterschrift des Herrn G2 unter dem Darlehensantrag (Anlage K 3)
belegt ist. Auf Basis dieses Antrags hat die Vvvbank den Klägern das mit
"Darlehensvertrag" überschriebene Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrags
geschickt (Anlage K 5). Dies indiziert bereits, dass die Vvvbank sich des Herrn G2
bediente. Ob es eine verbindliche Finanzierungszusage der Vvvbank gegenüber dem
Ggg Fonds76 gab, kann vorliegend dahingestellt bleiben, da die Beklagte einräumt,
dass die Vvvbank sich Fonds hat vorstellen lassen und ihr Darlehensanträge, wie sie
vorliegend verwendet worden sind, aus anderen ähnlich gelagerten Fällen bekannt
sind. Dies deutet darauf hin, dass die Vvvbank häufiger Darlehen auf Basis der
Formulare gewährt hat. Unstreitig ist zudem, dass die Vvvbank mehrere Beitritte zu ggg-
Fonds finanziert hat. Auch die Entscheidung des BGH vom 10.3.2009, Aktenzeichen XI
ZR 33/08 betraf einen Beitritt zum Ggg Fonds76 mit Finanzierung durch die Vvvbank.
Damit steht fest, dass die Vvvbank nicht nur einmalig im Falle der Kläger den Beitritt
zum Ggg Fonds76 auf Basis vergleichbarer von Vermittlern verwendeter
Darlehensanträge und Selbstauskünfte finanziert hat. Dies ist nach Auffassung des
Gerichts der Abgabe einer Finanzierungszusage gleichzusetzen, zumal anerkannt ist,
dass für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht erforderlich ist, dass ein
Zusammenwirken auf Dauer angelegt ist (vgl. Palandt/Grüneberg, 69. Auflage 2010, §
358 BGB Rn. 12 m.w.N.). Aus diesem Grund greift bereits die unwiderlegliche
Vermutung des § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB ein. Es liegen jedoch noch weitere Indizien für
eine wirtschaftliche Einheit vor.
66
Ein weiteres wesentliches Indiz für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ist es,
wenn der Darlehensgeber dem vom Unternehmer eingeschalteten Vermittler seine
Vertragsunterlagen überlässt oder sich der von diesem benutzten Auskunftsformulare
bedient (Vgl. Palandt/Grüneberg, 69. Auflage 2010, § 358 BGB Rn. 12 m.w.N.). Eine von
beiden Alternativen muss erfüllt sein. Es kann dahingestellt bleiben welche.
Unabhängig davon, ob die zum Zwecke des Darlehensvertragsabschlusses
ausgefüllten Darlehensantrags- und Selbstauskunftsformulare von der Vvvbank zur
Verfügung gestellt oder vom AWD gefertigt worden sind, ist der Darlehensvertrag auf
Basis dieser Formulare zustande gekommen, sodass sich die Vvvbank der Unterlagen
und damit des Herrn G2 bedient hat. Verstärkend kommt hinzu, dass der
Darlehensvertrag zu den beantragten Konditionen zustande gekommen ist. Die
Mitwirkung des Herrn G2 am Darlehensvertrag wird ferner dadurch belegt, dass auch
Herr G2 den Darlehensantrag unterzeichnet hat. Die erforderlichen Daten zur
Darlehensvergabe wie die Eigenkapitalausstattung, den Verdienst, die Sicherheiten etc.
hat ebenfalls Herr G2 eingeholt. Selbst wenn die Vvvbank die spätere
Kreditentscheidung anhand der (von Herrn G2 eingeholten) Selbstauskunft geprüft hat,
bliebe der Mitwirkungsbeitrag des Herrn G2 erhalten. Zu berücksichtigen sind
vorliegend überdies die konkreten wechselseitigen Hinweise und Bezugnahmen in den
Vertragsunterlagen sowie die Zweckbindung der Darlehensvaluta bzw. der Ausschluss
des Verbrauchers von der freien Verfügbarkeit (vgl. Palandt/Grüneberg, 69. Auflage
2010, § 358 BGB Rn.12 m.w.N.).
67
4
68
Von den sich aus den vorstehenden Erwägungen ergebenden Zahlungsansprüchen in
Höhe von 12.185,08 € und 7.500,00 € (insgesamt 19.685,08 €) sind Steuervorteile in
Höhe von insgesamt 4.944,00 € abzuziehen. Damit reduziert sich der
Zahlungsanspruch auf 14.741,08 €.
69
Unverfallbare und nicht anderweitig erzielbare Steuervorteile muss sich der Anleger
anrechnen lassen, es sei denn er muss die Schadensersatzleistung versteuern.
(Palandt/Gründeberg, 69. Auflage 2010, § 358 BGB Rn. 21). Dafür ist bei dem Ggg
Fonds76, einem geschlossenen Immobilienfonds, nichts ersichtlich.
70
5
71
Die geltend gemachte Zinsansprüche folgen aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB. Das
Gericht schätzt gem. § 287 ZPO, dass die Beklagte als Bank aus dem Kapital
Nutzungen in Höhe der Verzugszinsen gezogen hat. Seit dem 25.09.2009 folgt der
Zinsanspruch zudem aus §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Kläger haben die
Beklagte mit Schreiben vom 14.9.2009 zur Zahlung unter Fristsetzung bis zum
14.9.2009 angemahnt.
72
II
73
Die Kläger haben mit Blick auf die Zwangsvollstreckung ein rechtliches Interesse an der
Feststellung des Annahmeverzuges. Die Beklagte befindet sich im Annahmeverzug
gemäß § 293 BGB, da die Kläger die Übertragung sämtlicher Rechte aus der
Beteiligung in ordnungsgemäßer Weise bereits am 31.8.2008 angeboten haben. Mit
Schreiben vom 14.9.2009 wiederholten sie dieses Angebot.
74
III
75
Es war festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehen Nummer …..keine Rechte
und Ansprüche mehr gegen die Kläger zustehen. An dieser Feststellung haben die
Kläger ein rechtliches Interesse, da Zins– und Tilgungsleistungen auf das Darlehen
vertragsgemäß noch für die Zeit vom 30.6.2010 bis zum 30.6.2018 zu leisten wären.
76
IV
77
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1 Satz 1, 2. Alt., 101 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht für die Kläger auf § 709 ZPO
und für die Beklagte auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
78
Der Streitwert wird auf 36.342 € festgesetzt. Der Streitwert des Klageantrags zu 1 beträgt
19.685,08 €. Die mit dem Klageantrag zu 2 begehrte Feststellung des Annahmeverzugs
wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus. Der Antrag zu 3 hat als negative
Feststellungsklage einen Streitwert von 16.657 €, was 80 % des Darlehensrestbetrages
bei Endfälligkeit (20.281,71 €) entspricht.
79