Urteil des LG Wiesbaden vom 05.08.2009

LG Wiesbaden: juristische person, handelsvertreter, lizenzvertrag, kontrahierungszwang, provision, werken, veranstalter, zustandekommen, rechtsform, wiedergabe

1
2
Gericht:
LG Wiesbaden 3.
Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 O 33/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 UrhWahrnG, § 84 Abs 1
HGB, § 87 HGB
Vertriebsgesellschaft wegen Kontrahierungszwang nach §
11 UrhWahrnG nicht Handelsvertreter im Sinne von § 84
Abs 1 HGB
Orientierungssatz
1. Die Aufgabe der Wahrnehmung der Urheberschutzrechte von musikalischen Werken
lässt eine Qualifizierung der Tätigkeit der Klägerin als Handelsvertretertätigkeit nicht zu.
Da der Nutzer von urheberrechtlich geschützten Musikwerken grundsätzlich einem
Kontrahierungszwang mit der Beklagten unterliegt, stellt sich die Tätigkeit der Klägerin
nicht als eine vermittelnde oder werbende Tätigkeit für die Beklagte dar.
2. Auch im Falle unbefugter Nutzung entsteht unmittelbar ein Schuldverhältnis
zwischen der Beklagten und dem Nutzer aus §§ 97 ff. UrhG bzw. aus §§ 823 ff BGB, die
als allgemeine Vorschriften aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in § 97 Abs 3 UrhG
anwendbar bleiben.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % der beizutreibenden Kosten.
Tatbestand
Die Beklagte ist ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung. Ihre Aufgabe
ist die Wahrnehmung der Urheberschutzrechte von musikalischen Werken. Dabei
nimmt die Beklagte für die als Urheber musikalischer Werke Berechtigten
treuhänderisch die urheberrechtlich geschützten Rechte wahr, indem sie den
Nutzern derartige urheberrechteentgeltliche Rechte erteilt, oder ihnen gegenüber
Schadensersatz geltend macht und die hieraus resultierenden Einnahmen nach
Abzug ihrer Verwaltungskosten an die Berechtigten auskehrt. Ihre Tätigkeit richtet
sich nach dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und
verwandten Schutzrechten aufgrund einer durch das Patentamt als
Aufsichtsbehörde erteilten Erlaubnis. Nach § 11 WahrnG unterliegt die Beklagte
einem Abschlusszwang, während umgekehrt die Nutzer musikalischer Werke
verpflichtet sind, vor Nutzung die Einwilligung der Beklagten einzuholen. In Fällen
der unerlaubten Nutzung schulden die Veranstalter der Beklagten aus
Schadensersatz.
Da ein nicht unerheblicher Anteil von Veranstaltern seiner Verpflichtung aus § 13 b
WahrnG nicht von sich aus nachkommt, hat die Beklagte in der Vergangenheit
durch Innendienstmitarbeiter und durch sogenannte Vertriebsgesellschaften
unberechtigte Musiknutzungen feststellen lassen. Hierzu hat die Beklagte den
Vertriebsgesellschaften bestimmte, regional abgegrenzte Gebiete zugewiesen und
sich im Gegenzug verpflichtet, für das gleiche Gebiet keine weiteren
Vertriebsgesellschaften zu beauftragen.
3
4
5
6
7
8
9
Die Klägerin ist eine Vertriebsgesellschaft, die mehrere Jahre für die Beklagte tätig
wurde, zuletzt aufgrund des Vertrages vom 18.3.2005, Anlage K 1. Wegen des
genauen Inhaltes wird auf die Anlage K 1 verwiesen. In § 2 des Vertrages zwischen
den Parteien vom 18.3.2005 sind die Aufgaben der Klägerin geregelt zum einen
mit der Feststellung von Musiknutzungen, zum anderen mit dem Vermitteln von
Verträgen und einer Berichtspflicht. Dieser Aufgabenbereich taucht auch in der
Präambel des Vertrages auf, in der es heißt: „Geschäftszweck der
Vertriebsgesellschaft ist die Feststellung von Musiknutzungen und die Vermittlung
von Verträgen“.
Ebenfalls unstreitig ist das Vertriebshandbuch der Beklagten Vertragsgrundlage
zwischen den Parteien. Darin heißt es u.a. im Glossar unter
Gesamtvertragspartner/Gesamtvertragsnachlass: „Die … hat mit einer Vielzahl
von Verbänden und Organisationen Gesamtverträge abgeschlossen, in denen die
Kunden der …Mitglied sein können. Die Gesamtvertragspartner sind z.B. …... Die
…. hat insgesamt ca. 400 Gesamtvertragspartner“. Hierbei traf die Beklagte im
Vertragsvertriebshandbuch auch Regelungen im Hinblick auf die Direktbetreuung
von Bestandskunden, Key-Account-Kunden und Gesamtvertragskunden, die die
Vertriebsgesellschaften nicht betreuen sollten.
Ab Oktober 2005 hatte die Beklagte … beauftragt mit Musikfeststellungen im
Hinblick auf die öffentliche Wiedergabe von Fernsehsendungen des …-Programms
in sogenannten „…“.
Das Vertragsverhältnis der Parteien endete durch Kündigung des Beklagten zum
30.06.2007.
Mit dem Klageantrag zu 1. begehrt die Klägerin Provision für vom Innendienst der
Beklagten in ihrem Gebiet abgeschlossenen Verträge mit Kunden, sowie für
Vertragsabschlüsse, die … vermittelt haben soll.
Mit dem Klageantrag zu 2. begehrt sie Handelsvertreterausgleich für 22775
vermittelte neue Kunden (Anlagen K 12 – K 14, K 18), die sie aus dem …-
Programm der Beklagten entnommen haben will.
Hierzu vertritt die Klägerin die Auffassung, von der Beklagten als Bezirksvertreterin
mit der Vermittlung von Verträgen beauftragt worden zu sein. Die Beklagte selbst
habe in § 2 des Vertrages vom 18.3.2005 zwischen der Feststellung von
Musiknutzungen und der Vermittlung von Verträgen unterschieden. Für diese
Präzisierung des Vertragsinhaltes habe die Beklagte selbst gesorgt, nachdem in
den vorausgegangenen Verträgen lediglich von Feststellung von jeweils
verwertbaren Musiknutzungen die Rede gewesen sei. Zu dieser Klarstellung sei es
im März 2005 deshalb gekommen, weil die Beklagte eine stufenweise
Neustrukturierung ihres Vertriebes vorgenommen habe, die sich von einer reinen
Feststellungstätigkeit zu einer Vermittlungstätigkeit fortentwickelt habe.
Dementsprechend hätten die Parteien auch Zielvereinbarung hinsichtlich der
Vermittlung von Verträgen abgeschlossen. Gemäß ihrem Aufgabenzweck sei die
Beklagte gehalten, über ihre Vertriebsgesellschaften lizenzpflichtige Tatbestände
zu ermitteln und damit verbundene Lizenzverträge vermittelt zu erhalten. Selbst
habe die Beklagte keinerlei Kontrollen durchgeführt, was ihr nach der
höchstrichterlichen Entscheidung aus 2003 auch verwehrt geblieben wäre, da der
Nutzer Kontrollbesuche nicht zu dulden habe. Tatsächlich sei es so gewesen, dass
die Mitarbeiter der Klägerin beim Kunden erschienen seien und nachgefragt
hätten, ob ein gebührenpflichtiges Musikwiedergabegerät vorhanden sei. Aufgrund
des Inhaltes des Gespräches mit dem Kunden sei dann nach entsprechender
Beratung durch den Mitarbeiter eine Vertragsgestaltung gewählt worden. Soweit
der Kunde einen Lizenzvertrag nicht abgeschlossen habe, habe er von der
Beklagten eine Schadensrechnung in doppelter Höhe der Lizenzgebühr für die
nicht angemeldete Nutzung erhalten. Die im Vertriebshandbuch enthaltenen
Bestands- und Schlüsselkunden hätten in der Praxis keine Rolle gespielt. Vielmehr
habe es in … eine Liste von zentral abzurechnenden Großfilialisten gegeben, die
die Mitarbeiter der Klägerin auch nicht besucht hätten. Darüber hinaus ist die
Klägerin der Auffassung, von der Beklagten als Bezirksvertreterin eingesetzt
worden zu sein. Ihr seien hierzu die aus Anlage K 1 zum Vertrag vom 18.3.2005
ablesbaren Landkreise und Städte zur Bearbeitung übertragen worden. Diese
habe sie gemäß § 3 des Vertrages betreuen müssen. Darüber hinaus habe sich
die Beklagte verpflichtet, in dem übertragenen Vertragsgebiet keine weiteren
Vertriebsgesellschaften einzusetzen. Damit sei der Bezirksvertreterstatus durch
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Vertriebsgesellschaften einzusetzen. Damit sei der Bezirksvertreterstatus durch
ein Alleinvertretungsrecht abgesichert worden.
Die Klägerin beziffert die Provisionsverluste mit neu geworbenen Kunden für den
Zeitraum von 5 Jahren mit 308.425,87 Euro unter Zugrundelegung einer
Abwanderungsquote von 20 %. Nach Abzinsung errechnet sich die Klägerin einen
Provisionsverlust in Höhe von 265.891,88 Euro netto. Die Kappungsgrenze
beziffert die Klägerin mit 211.904,18 Euro netto.
Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 106.971,57 Euro inklusive 19 %
MwSt. als Provision nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 252.165,97 Euro inklusive 19 %
MwSt. als Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB nebst Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.7.2007 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, ihr satzungsmäßiger Zweck beruhe nicht darauf, Dritte
zugunsten der Berechtigten von einer Nutzung des von ihr verwalteten
Musikrepertoires zu überzeugen, um auf diese Weise Lizenzeinnahmen zu
generieren. Eine werbende Geschäftstätigkeit habe sie vielmehr nicht entfaltet. Die
Vermittlung von Verträgen gehöre auch nicht ansatzweise zu den Aufgaben der
Klägerin. Im Verlaufe der Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte habe diese jedoch
zunehmend begonnen, im Anschluss an die Feststellung einer Musiknutzung die
festgestellten Tatsachen in ein von der Beklagten vorgefertigtes Vertragsformular
einzutragen. Vor diesem Hintergrund sei die Präambel und § 2 des Folgevertrages
entsprechend ergänzt worden. Eine qualitative Vertragsänderung sei hiermit
jedoch weder beabsichtigt noch herbeigeführt worden. Nach wie vor sei Aufgabe
der Klägerin gewesen, unlizensierte Musiknutzungen festzustellen, nicht jedoch,
Musiknutzungen zu verkaufen. Bei der von der Klägerin in Anlage K 8 vorgelegten
sogenannten Zielvereinbarung handele es sich auch nur um die für die Klägerin
unverbindliche Angabe der Anzahl von Verträgen, von der die Beklagte vermutet
habe, dass sie aufgrund tatsächlicher Feststellung in dem genannten Zeitraum
auch geschlossen werden könnten. Zwar habe die Klägerin nach der vertraglichen
Gestaltung Provision erhalten und sei verpflichtet gewesen, der Beklagten über
ihre Tätigkeit zu berichten, dennoch habe die Klägerin für sie keine Kunden
geworben. Hierfür fehle es an dem erforderlichen Einwirken auf die
Willensentschließung des Kunden. Bei der Feststellung von Musiknutzungen hätten
die Veranstalter die geschützten Musikwerke bereits genutzt oder seien hierzu
bereits entschlossen gewesen, als die Klägerin ihre Tätigkeit entfaltet habe. Eine
Überzeugungstätigkeit der Klägerin zum Zwecke der Förderung der
Vertragsabschlussbereitschaft der Veranstalter sei also nicht mehr erforderlich
gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin auch unabhängig vom
Zustandekommen eines Lizenzvertrages eine Vergütung erhalten. Jedenfalls
wären die Provisionen, die die Klägerin für die Feststellung von Musiknutzungen
erhalten habe ohne anschließenden Vertragsschluss der Berechnung eines
Ausgleichsanspruchs nicht zugrunde zu legen.
Unabhängig davon, dass die Klägerin bereits nicht als Handelsvertreterin
anzusehen sei, sei sie auch keinesfalls mit der Gebietsvertretung von ihr
beauftragt worden. Bereits aus dem Vertriebshandbuch ergebe sich, dass die
Beklagte durch ihren Innendienst selbst Kunden betreut.
Darüber hinaus habe die Klägerin unterschiedslos in ihre Aufstellung geworbener
Neukunden Kunden aufgelistet mit einem Vertragsbeginn im Jahr 1987, also einem
Zeitraum, in dem die Klägerin ausschließlich Musikfeststellungen getroffen habe.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die in den Akten befindlichen
Urkunden und Schriftstücke sowie auf die zwischen den Parteivertretern
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
21
22
23
24
25
Der Klägerin stehen weder rückständige Provisionen aus einer von ihr behaupteten
Bezirkshandelsvertretertätigkeit noch ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB
gegen die Beklagte zu.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts stellt sich die Tätigkeit der Klägerin
gemäß Vertrag vom 18.3.2005 bis zu dessen Beendigung zum 30.6.2007 nicht als
Handelsvertreterverhältnis dar.
Nach § 84 Abs. 1 HGB ist Handelsvertreter, wer die Vermittlung oder den
Abschluss von Geschäften für einen anderen Unternehmer als selbständiger
Gewerbetreibender betreibt und ständig mit einer solchen Vermittlung betraut ist,
wobei auch eine juristische Person Handelsvertreter sein kann. Dabei ist auch nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung unschädlich, ob der Prinzipal eine juristische
Person des Privatrechts ist, oder sich der Auftraggeber in der Rechtsform einer
Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert hat (BGHZ 43, 108
ff). Entscheidend ist daher nicht, in welcher Rechtsform die Beklagte organisiert ist
und ob sie aufgrund einer staatlichen Aufsicht nach § 1 ff i.V.m. § 18 ff WahrnG mit
staatlichen Aufgaben betraut ist, da die Beklagte sich am rechtsgeschäftlichen
Verkehr in den Formen des Privatrechts beteiligt und mit deren Hilfe ihre
satzungsmäßigen Aufgaben erfüllt. Dennoch lässt die der Beklagten übertragene
Aufgabe der Wahrnehmung der Urheberschutzrechte von musikalischen Werken
eine Qualifizierung der Tätigkeit der Klägerin nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 als
Handelsvertretertätigkeit nicht zu. Die Tätigkeit des Handelsvertreters ist darauf
gerichtet, Geschäfte des Unternehmers mit dritten Personen zu vermitteln, d.h.
ihren Abschluss durch Einwirkung auf den Dritten zu fördern. Im konkreten Fall
unterliegt jedoch die Beklagte nach der gesetzlichen Regelung in § 11 WahrnG
einem Anschlusszwang, wie auch der Kunde aufgrund der gesetzlichen Regelung
bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Musiknutzung Gebühren an die
Beklagte zahlen muss. Eine Abschlussfreiheit besteht demnach für beide Seiten
bereits dem Grunde nach nicht. Die Tätigkeit der Klägerin ist demnach auch nicht
darauf gerichtet, Musiknutzungen anzustoßen und zu fördern, sondern die Kunden,
die Musik bereits nutzen, bzw. aufgrund ihrer geschäftlichen Zielsetzung zur
Musiknutzung fest entschlossen sind, über die möglichen und unterschiedlichen
Lizenzvertragsgestaltungen mit der Beklagten aufzuklären und zu beraten.
Das Urheberrecht gewährt dem Urheber das ausschließliche Recht sein Werk zu
nutzen; der Urheber hat also in Bezug auf sein Werk eine gesetzlich gewährleistete
Monopolstellung. Der Aufgabenzweck der …. liegt also nicht darin begründet,
Musiknutzungen zu verkaufen, sondern die Urheberrechte zu verwalten und den
Verwendern den Erwerb der erforderlichen Rechte zu erleichtern. Sobald der
Nutzer über die ….. Nutzungsrechte an einen urheberrechtlich geschützten Werk
erwirbt, bestimmen sich die Rechte und Pflichten nach dem jeweiligen
Lizenzvertrag. Schließt der Nutzer jedoch keinen Lizenzvertrag mit der Beklagten
ab, so ergibt sich in Fällen unbefugter Nutzung ein Schuldverhältnis zwischen der
Beklagten und dem Nutzer unmittelbar aus den §§ 97 ff Urhebergesetz, bzw. aus
den §§ 823 ff BGB, die als allgemeine Vorschriften aufgrund der ausdrücklichen
Anordnung in § 97 Abs. 3 Urhebergesetz anwendbar bleiben. Hierbei handelt es
sich um ein deliktisches Schuldverhältnis, das den Nutzer zum Schadensersatz in
Höhe der doppelten Lizenzgebühr gegenüber der Beklagten verpflichtet.
Da der Nutzer von urheberrechtlich geschützten Musikwerken grundsätzlich einem
Kontrahierungszwang mit der Beklagten unterliegt, stellt sich die Tätigkeit der
Klägerin nicht als eine vermittelnde oder werbende Tätigkeit für die Beklagte dar.
Unabhängig von der Frage, ob der Nutzer einen Lizenzvertrag mit der Beklagten
schließt, bleibt er aufgrund des deliktischen Schuldverhältnisses zur Zahlung von
Schadensersatz verpflichtet. Letztlich stellt sich die Tätigkeit der Klägerin daher als
die des kontrollierenden Arms der Beklagten dar, die anstelle ihre
Innendienstmitarbeiter vor Ort zu den Nutzern zu entsenden, sich der Einschaltung
von Vertriebsgesellschaften bedient. Dass sich hierdurch möglicherweise die
Lizenzeinnahmen der Beklagten signifikant erhöhen, hängt nicht mit der Tätigkeit
der Klägerin als Vermittlerin von Geschäftsabschlüssen zusammen, sondern mit
der Tätigkeit der Klägerin als Kontrolleur vermuteter unberechtigter
Musiknutzungen. Letztlich kann die Tätigkeit der Beklagten als Inkassotätigkeit für
die Urheber qualifiziert werden. Die Urheber haben mit dem Berechtigungsvertrag
der Rechte der öffentlichen Wiedergabe der Beklagten zur treuhänderischen
Wahrnehmung übertragen, die hierfür die Lizenzgebühren für die Urheber
einnimmt und nach Abzug einer –möglicherweise nicht unerheblichen-
Verwaltungskostenpauschale an die Urheber auskehrt.
26
27
28
29
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Parteien
in der Präambel als Geschäftszweck der Klägerin die Feststellung von
Musiknutzungen und die Vermittlung von Verträgen umschrieben haben und unter
§ 2 Abs. 2 eine der Aufgaben der Klägerin damit definiert haben, dass die Klägerin
Verträge vermittelt. Durch die Neufassung des Vertrages vom 18.3.2005 hat sich
die Tätigkeit der Klägerin nicht verändert. Nach wie vor sind die
Außendienstmitarbeiter der Klägerin in ihrem Gebiet unterwegs, um
Musiknutzungen festzustellen und diese der Beklagten mitzuteilen. Abweichend
von der früheren Regelung wird dann der Lizenzvertrag nicht über den Innendienst
der Beklagten abgeschlossen, sondern über Mitarbeiter der Klägerin. Da die
unberechtigte Musiknutzung bereits stattgefunden hat oder nach dem Wunsch des
Nutzers stattfinden soll und der Nutzer bereits aufgrund der stattgefundenen
Nutzung oder der bevorstehenden Nutzung dem Anschlusszwang des
Urheberrechts unterliegt, verbietet sich nach Auffassung des erkennenden
Gerichts auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Tätigkeit der Klägerin als
Vermittlungsleistung anzusehen. Insofern liegt der Sachverhalt anders als bei den
Lottoannahmestellen und den Tankstellenfällen. Dort hatte der Bundesgerichtshof
eine Vermittlungstätigkeit deshalb bejaht, da schon das bloße Bestehen und
Offenhalten der Annahmestelle das Geschäft des Prinzipals fördere, auch wenn der
Handelsvertreter sonst keinerlei Werbetätigkeit entfaltet haben sollte. Schon das
Offenhalten der Annahmestelle übe auf die Vorübergehenden einen Anreiz aus,
Wetten abzuschließen (BGHZ 43, 108 ff). Hier fördern Mitarbeiter der Klägerin das
Zustandekommen von Lizenzverträgen nicht schon dadurch, dass sie
vorformulierte Vertragsexemplare mit sich führen, wenn sie z.B. Schankwirte und
Discothekenbesitzer aufsuchen. Vielmehr erschöpft sich die Tätigkeit der
Mitarbeiter der Klägerin in einer Beratung und Aufklärung der Nutzer hinsichtlich
der Lizenzpflicht der Musiknutzung und der tarifgestalterischen Möglichkeit im
konkreten Einzelfall.
Nachdem sich die Tätigkeit der Klägerin nicht als Handelsvertretertätigkeit im
Sinne von § 84 Abs. 1 HGB darstellt, kann sie auch nicht Bezirksvertreterin im
Sinne von § 87 Abs. 2 HGB sein. Darüber hinaus reicht für die Annahme einer
Bezirksvertretung nicht allein die Zuweisung eines Gebietes verbunden mit der
Zusicherung der Beklagten, dort weitere Vertriebsgesellschaften nicht
einzusetzen. Dies stellt für sich zunächst einmal eine Alleinvertretung dar, die dem
Vertreter ein alleiniges Betätigungsrecht in seinem Gebiet einräumt unter
Ausschluss anderer Handelsvertreter. Da unstreitig der Inhalt des
Vertriebshandbuches auch Vertragsinhalt zwischen den Parteien geworden ist,
steht zugleich fest, dass die Beklagte für einen genauer definierten Kundenkreis
Direktabschlüsse unter Ausschluss der Klägerin vorgesehen hat. Mangels einer
vertraglichen Regelung könnte die Klägerin Provision für die vom Innendienst der
Beklagten abgeschlossenen Lizenzverträge nicht beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.