Urteil des LG Wiesbaden vom 21.10.2010

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Gericht:
LG Wiesbaden 5.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 T 9/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 823 Abs 2 BGB, § 1004 BGB
Widerrufsanspruch gegen eine Datenübermittlung an
Wirtschaftsinformationsdienst (hier. Erteilung der
Restschuldbefreiung)
Leitsatz
Wirtschaftsinformationsidenste dürfen die Erteilung der Restschuldbefreiung in ihrem
Datenbestand bis zum Ablauf von der Drei-Jahres-Frist speichern.
Tenor
In der Beschwerdesache… wird die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den
Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 17.08.2010 – 91 C 4018/19 (77) –
zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde Klägerin ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.
Das Amtsgericht hat die begehrte Prozesskostenhilfe zu Recht verweigert, da die
beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Zur Begründung kann zunächst auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung
Bezug genommen werden, denen sich das Beschwerdegericht anschließt.
Soweit die Klägerin zur Begründung der Beschwerde darauf hinweist, Sinn und
Zweck der Restschuldbefreiung stünden einer Speicherung entgegen, vermag das
Gericht dem nicht zu folgen. Die Entscheidung über die gewährte
Restschuldbefreiung ist öffentlich bekannt zu machen (§ 300 Abs. 3 Satz 1 InsO).
Dass der entsprechende Eintrag bei der Beklagten unrichtig dokumentiert sei, wird
von der Klägerin nicht geltend gemacht.
Die Erteilung einer Restschuldbefreiung lässt Rückschlüsse auf die
Zahlungsfähigkeit eines Schuldners zu, der nachweislich über Jahre hinweg nicht in
der Lage war, die bestehenden Insolvenzverbindlichkeiten vollständig
auszugleichen, sondern die Möglichkeit der Restschuldbefreiung in Anspruch
genommen hat. Das Informationsbedürfnis des Geschäftsverkehrs in der
Insolvenzordnung ist überdies an zahlreichen Stellen anerkannt (vgl. etwa §§ 9, 23,
26, 30, 300 InsO). Darüber hinaus ergibt sich das Informationsbedürfnis der
kreditgebenden Wirtschaft auch aus § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Nach dieser Vorschrift
ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn dem Schuldner in den letzten 10
Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung
erteilt worden ist. Dieser Versagungsgrund kann nur dann zum Tragen kommen,
wenn die Gläubiger, die zur Stellung eines solchen Versagungsantrages berechtigt
sein können, zumindest für den nach § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG zulässigen Zeitraum
über eine bereits erfolgte Restschuldbefreiung informiert werden.
Darüber hinaus belastet eine Speicherung von Daten, deren Offenlegung sich der
Betroffene auch sonst gegenüber dem berechtigten Aufklärungsverlangen seiner
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Betroffene auch sonst gegenüber dem berechtigten Aufklärungsverlangen seiner
Kreditgeber nicht entziehen könnte, seine Person nicht unverhältnismäßig (vgl.
BGH, Urteil vom 17.12.1985 – VI ZR 244/84 -, NJW 1986, S. 2505). Wenn an die
Klägerin im Rahmen eines Finanzierungsgesprächs mit einem potentiellen
Kreditgeber oder Vertragspartner von diesem die Frage gestellt würde, über sie in
früheren Zeiten Restschuldbefreiung erlangt hat, so könnte sich die Klägerin
diesem berechtigten Aufklärungsverlangen nicht entziehen. Unabhängig von der
Frage, ob es sich bei der Erteilung der Restschuldbefreidung aus Sicht des
Betroffenen um eine positive oder negative Information handelt, stellt dieser
Umstand jedenfalls eine für die Bonitätsprüfung im Rahmen von Vertrags- bzw.
Kreditverhandlungen bedeutsame Information dar.
Dem Insolvenzschuldner einen wirtschaftlichen Neubeginn zu ermöglichen, steht
der Speicherung von Bonitätsdaten schon deshalb nicht entgegen, weil durch die
Restschuldbefreiung bei potentiellen Vertragspartnern nicht der Eindruck erweckt
werden soll, das finanzielle Gebaren einer Person sei in der Vergangenheit in
keinster Weise zu beanstanden gewesen. Darauf aber zielt das Begehren der
Klägerin ab.
Ein Anspruch auf Sperrung des Eintrages nach § 35 Abs. 3 bzw. Abs. 4 BDSG steht
der Klägerin ebenfalls nicht zu, da die dort genannten Voraussetzungen nicht
vorliegen.
Eine Kostenentscheidung ergeht nicht, § 127 Abs. 4 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen
nicht vor, § 574 Abs. 2 ZPO;
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.