Urteil des LG Tübingen vom 19.05.2014

verwaltungsakt, aufschiebende wirkung, siegel, zahlungsaufforderung

LG Tübingen Beschluß vom 19.5.2014, 5 T 81/14
Gerichtsvollzieherauftrag: Inhaltliche und formelle Anforderungen an ein
Vollstreckungsersuchen betreffend Rundfunkbeiträge in Baden-Württemberg
Leitsätze
Im Vollstreckungsersuchen betreffend Rundfunkbeiträge müssen die Gläubigerin und
die Vollstreckungsbehörde korrekt bezeichnet sein. Ersuchen mit individuellen
Gründen sind nicht "automatisch" erstellt und bedürfen eines Siegels nebst
Unterschrift. Der öffentlich-rechtliche Rundfunkbeitrag wird erst mit wirksamem
Bescheid fällig. Die theoretische Möglichkeit des Schuldners, die Höhe des Beitrags
selbst zu ermitteln, ersetzt nicht den zu begründenden Bescheid. Eine einfache
Zahlungsaufforderung ersetzt nicht den Beitragsbescheid (Verwaltungsakt) als
Vollstreckungsvoraussetzung. Das Vollstreckungsgericht ist befugt, das
Vollstreckungsersuchen zu prüfen, wenn offenkundig der Ausgangsbescheid fehlt.
Tenor
1. Der Beschluss des AG Nagold vom 6.3.2014 - 4 M 193/14 - wird aufgehoben.
2. Die Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers U... am AG N... vom 31.1.2014 -
DR I 1964/13 - wird aufgehoben.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 2 GNotKG). Die Gläubigerin trägt
etwaige außergerichtliche Kosten des Schuldners.
4. Die weitere Beschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen
Fragen zugelassen.
Gründe
I.
1 Am 6.12.2013 ist beim Gerichtsvollzieher beim AG Nagold ein
Vollstreckungsersuchen eingegangen. Im Kopf des Schreibens findet sich links
das Wort „Südwestrundfunk“ (ohne Bezeichnung der Rechtsform und ohne
Anschrift etc.) sowie rechts das Logo des „ARD ZDF Deutschlandradio -
Beitragsservice“ (künftig: Beitragsservice) nebst sämtlichen Adress- und
Kontaktdaten.
2 Dieses Ersuchen stellt den zugrundeliegenden Vorgang detailreich dar; es werden
Zahlungsrückstände und „Bescheide“ aufgelistet, es wird dargelegt, welche
Zahlungen berücksichtigt wurden und von wann bis wann der Schuldner früher
beitragsbefreit war. Weiter wird darauf hingewiesen, dass dieses mit
„Vollstreckungsersuchen - Zweitausfertigung“ überschriebene Schriftstück in dieser
Ausfertigung vollstreckbar wäre und die Beitragsbescheide unanfechtbar
geworden wären oder Rechtsbehelfe gegen sie keine aufschiebende Wirkung
hätten. Siegel, Name und Unterschrift sind nicht vorhanden.
3 In der Sache selbst wurden Anträge gem. § 802 I, 802 b, 802 f, 802 l, 900 ZPO
gestellt.
4 Am 31.1.2014 hat der Gerichtsvollzieher die angegriffene Eintragungsanordnung
nach erfolgloser Zahlungsaufforderung erlassen.
5 Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Schuldners, die das Amtsgericht mit
angegriffenem Beschluss vom 6.4.2014 zurückgewiesen hat.
6 Die Gläubigerin geht davon aus, dass der Schuldner Rundfunkbeiträge auch ohne
Zahlungsaufforderung oder gar Beitragsbescheid überweisen müsse, da der
Beitrag gesetzlich geregelt wäre (vgl. Schreiben vom 12.5.2014).
II.
7 Die zulässige Beschwerde ist begründet; die Voraussetzungen für die
verfahrensgegenständliche Zwangsvollstreckung liegen nicht vor.
1.
8 Gläubigerin der Forderung, derentwegen das Vollstreckungsersuchen gestellt
wurde, ist gemäß § 10 RBStV der Südwestrundfunk - Anstalt des öffentlichen
Rechts - als örtlich zuständige Landesrundfunkanstalt. Gläubigerin ist nicht - wie in
den Entscheidungen des Gerichtsvollziehers angegeben - ein „Südwestrundfunk
ARD ZDF Deutschlandradio“ und auch nicht - wie in dem angefochtenen
Beschluss des Amtsgericht Nagold angegeben - ein „ARD ZDF Deutschlandradio,
vertreten durch den Vorstand, Beitragsservice. Schon das Fehlen des richtigen
Gläubigers in den angefochtenen Entscheidungen führt zu deren Aufhebung.
9 Dieser Fehler wurde maßgeblich durch die Antragstellerin selbst verursacht, da
bereits hier keine korrekte Gläubigerbezeichnung gemacht wurde. Im
Vollstreckungsersuchen sind lediglich die vollständigen Daten des mit der
Beitreibung befassten Beitragsservice als nicht rechtsfähiger
Verwaltungsgemeinschaft (§ 10 VIII RBStV) angegeben. Der Name der
Gläubigerin erscheint nur - ohne weitere Daten (Rechtsform, Anschrift, Vertretung)
neben dem Beitragsservice im Kopf des Ersuchens auf; außerdem endet das
Ersuchen mit „freundlichem Gruß Südwestrundfunk“. Korrekt hätte die Gläubigerin
umfassend und eindeutig angegeben werden müssen, ebenso hätte klargestellt
werden müssen, dass der nicht rechtsfähige Beitragsservice lediglich im
Vollstreckungsverfahren eine Forderung des Südwestrundfunks für diesen geltend
macht.
10 Die Gläubigerin wollte vorliegend nicht selbst als Vollstreckungsbehörde handeln,
sondern sich des Gerichtsvollziehers gemäß den Vorschriften der
Zivilprozessordnung bedienen, § 16 III LVwVG BW.
2.
11 Als Titel wurde gemäß § 801 ZPO i.V.m. § 16 III LVwVG BW ein
Vollstreckungsersuchen vorgelegt. Dieses Ersuchen war jedoch als Titel
unzureichend.
12 a) Gemäß §§ 16 III, 15 IV Nr. 1 LVwVG BW muss das Ersuchen die
Vollstreckungsbehörde unzweideutig (vgl. LG Ulm, 2 T 61/78, 22.12.1978 selbst
bei elektronischer Herstellung) bezeichnen. Vollstreckungsbehörde ist der
Südwestrundfunk als Anstalt des öffentlichen Rechts, der sich zur Durchführung
der Vollstreckungshandlungen des nicht rechtsfähigen Beitragsservice bedient.
Das Vollstreckungsersuchen bezeichnet jedoch die Vollstreckungsbehörde zum
einen nicht ausdrücklich, zum andern nur unvollständig („Südwestrundfunk“ ohne
Hinweis auf Stellung als Gläubigerin und Vollstreckungsbehörde sowie ohne
Angaben der Rechtsform, der Vertretung und der Anschrift).
13 b) Gemäß §§ 16 III, 15 IV Nr. 1 LVwVG BW wäre ein Dienstsiegel und die
Unterschrift des Behördenleiters oder seines Beauftragten erforderlich gewesen,
da nicht ersichtlich ist, dass das Ersuchen mit Hilfe automatischer Einrichtungen
erstellt wurde. An die Auslegung dieses Begriffs sind angesichts der Regelungen
der ZPO und des Ausnahmecharakters des Wegfalls von Siegel und Unterschrift
strenge Anforderungen zu stellen, was sich bereits daraus ergibt, dass die ZPO
selbst bei automatischen Mahnbescheiden nicht auf ein wenigstens
eingedrucktes Siegel verzichtet. Danach wird ein Schriftstück dann automatisch
zunächst zweifelsfrei dann erstellt, wenn eine Datenverarbeitungsanlage von
außen, von dritter Seite zugelieferte Daten direkt ohne Eingreifen oder
Beobachtung eines Bearbeiters verarbeitet und daraus ein behördliches
Schriftstück erstellt. Umgekehrt läge keine automatische Einrichtung vor, wenn die
Datenverarbeitungsanlage, z. B. der Arbeitsplatzrechner, lediglich - wie
Schreibmaschine und Taschenrechner - Hilfsmittel des Bearbeiters sind. Siegel
und Unterschrift dienen dem Schutz des Betroffenen und der Rechtsklarheit aus
der Sicht des Empfängers. Dessen Horizont als Betrachter und Leser des
Schriftstücks muss danach eine maßgebliche Abgrenzungsrolle spielen, zumal
weder die Arbeitsweise noch die EDV-Ausstattung der Behörde außerhalb der
Behörde bekannt sind. Das vorliegende Vollstreckungsersuchen wurde
offensichtlich mit datenverarbeitender Rechnerunterstützung erstellt. Es enthält
zahlreiche individuelle Inhalte. Dies allein wäre jedoch noch kein Indiz für eine
nicht automatische Bearbeitung. Das Ersuchen informiert jedoch zudem auch
über weitere persönliche Merkmale, z. B. eine frühere Beitragsbefreiung, die in
keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Forderung und zum Ersuchen stehen
und die schon deshalb den Eindruck erwecken, wie wenn sie sorgfältig
ausgesucht und als Hintergrundinformation individuell und manuell dazu gefügt
worden wäre. Der Gesamteindruck spricht danach für ein zwar mittels
Datenverarbeitung, aber im Wege deren individueller Bedienung und
Datenzugabe erstelltes Ersuchen. Dieses hätte mit Siegel und Unterschrift
versehen werden müssen. Der angebrachte Zusatz, dass diese Merkmale wegen
der Fertigung von einer Datenverarbeitungsanlage fehlen würden, ist ein materiell
wertloser Zusatz, der sich selbst auf Privatpost und einfacher Geschäftspost
zunehmend findet. Im Übrigen weist selbst dieser Zusatz nur auf eine
elektronische Datenverarbeitungsanlage hin, die sicherlich genutzt wurde, aber
nicht auf eine für den Entfall der Siegelungs- und Unterzeichnungspflicht
notwendige automatische Einrichtung.
14 c) Die Bezeichnung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes gemäß §§ 16 III, 15
IV Nr. 2 LVwVG BW ist unzureichend.
15 Grundsätzlich setzt die Fälligkeit eines öffentlich-rechtlichen Beitrags einen
Beitragsbescheid als Verwaltungsakt voraus. Zwar beginnt die materielle
Beitragspflicht, sobald die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen
vorliegen. Eine Zahlungsverpflichtung kann jedoch nur durch Beitragsbescheid
geschaffen werden. Dass der Betroffene die Höhe des Beitrags selbst aus dem
Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) und dem
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStVr BW) ermitteln könnte, nach intensiveren
Studien auch Gläubiger (hier weder Beitragsservice noch ARD oder ZDF, sondern
SWR) und Fälligkeit feststellen könnte und nach Internetrecherchen oder in
früheren Schreiben möglicherweise auch eine Bankverbindung finden könnte,
reicht entgegen der Ansicht der Gläubigerin nicht aus. Auch eine bloße
Zahlungsaufforderung, wie das auf der Internetseite des Beitragsservice
abgebildete und zur Akte genommene Musterschreiben, würde nicht ausreichen,
da es sich nicht um einfache Rechnungsbeträge oder zivilrechtliche Forderungen
handelt, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Beitrag. Der Beitragsbescheid,
zwingend in Form eines Verwaltungsakts, kann einmalige Zahlungen wie auch
wiederkehrende Zahlungen festsetzen. Ein Verwaltungsakt wiederum muss die
erlassende Behörde erkennen lassen (§ 37 III LVwVfG BW) und mit einer
Begründung versehen sein (§ 39 LVwVfG BW). Die Gläubigerin konnte jedoch
nicht einmal darlegen, dass der Schuldner insbesondere ab Januar 2013
(Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Staatsvertrages) wenigstens formlose
Zahlungsaufforderungen des Beitragsservice entsprechend dem Musterschreiben
mit der Bitte um Zahlung des genannten Betrages erhielt. Selbst dann, wenn dies
geschehen wäre, wäre darin wie in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung
ausgeführt und gerichtsbekannt ist, keine Rechtsgrundlage angegeben und keine
Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Der Beitragsgläubiger (Südwestrundfunk) ist
nicht bezeichnet oder auch nur erwähnt. Dieses Schreiben, das mangels
Gläubigerbenennung kaum die Voraussetzungen für ein taugliches Schreiben
eines Inkassounternehmens erfüllen würde, würde danach keinen
Verwaltungsakt darstellen (BVerwG, 1 C 15/94, 17.8.1995; VG Augsburg, Au 7 S
13, 1467, 9.10.2013; VG München, M 6a S 04.4066, 7.12.2004). Bei dieser
Zahlungsaufforderung handelt es sich danach nicht um eine Festsetzung der
Rundfunkgebühr. Insoweit folgerichtig ist ein solches etwaiges
Zahlungsaufforderungsschreiben im Vollstreckungsersuchen auch nicht als
zugrundeliegender Verwaltungsakt angegeben. Das Vollstreckungsersuchen gibt
vielmehr Bescheide vom 3.5.2013 (für den Zeitraum 9/12 - 11/12) und vom 5.7.13
(für den Zeitraum 12/12 - 5/13) an. Bei den im Ersuchen angegebenen
Bescheiden handelt es sich um Bescheide gemäß § 10 V RBStV; diese Norm, die
die Festsetzung von Rückständen ermöglicht, lässt jedoch nicht das Erfordernis
eines originären Beitragsbescheids (Verwaltungsakt) als Grundlage der
Beitragspflicht entfallen. Schon der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes verlangt
vor der Festsetzung von Kosten oder Säumniszuschlägen einen
rechtsbehelfsfähigen Beitragsbescheid, da andernfalls der Rechtsweg erst nach
Festsetzung von Rückständen/Zuschlägen eröffnet werden würde (vgl. VG
Augsburg a.a.O.). Im Übrigen leidet der Rückstandsfestsetzungsbescheid -
unabhängig von seiner fehlenden Eignung als Grundlage - auch an formalen
Mängeln. Dem Bescheid lässt sich nicht entnehmen, wer Beitragsgläubiger und
Vollstreckungsbehörde ist. Zwar ist der Südwestrundfunk (ohne
Rechtsformangabe, ohne Vertretungsangabe) erwähnt, mit einzeiligem
Kontaktdatenzusatz (Adresse). Daneben ist der Beitragsservice angegeben mit
umfassendem, vielzeiligem Kontaktdatenzusatz. Wer Beitragsgläubiger ist, wird
nicht angegeben, ebenso wenig eine Auftrags- oder Vertretungsbeziehung
zwischen den beiden im Kopf des Briefs bezeichneten Einrichtungen. Auch eine
Begründung fehlt. Der bloße Hinweis auf die Fundstelle des Gesetzblattes reicht
als Begründung nicht aus, zumal sich bei der ebenfalls als Rechtsgrundlage
angegebenen Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge
der weitere Hinweis findet, dass die Fundstelle bei Drucklegung noch nicht
vorgelegen habe, was unzutreffend war (Druck des Bescheids am 3.5.2013,
Fundstelle der Satzung GBl. BW 2012, S. 717) und auch eine Differenzierung
nach altem und neuem Recht fehlt, obwohl Beiträge aus beiden Zeiträumen
Gegenstand des Bescheids sein sollen. Entsprechend befassen sich auch die
allgemeinen Hinweise auf der Bescheidsrückseite nur mit Beiträgen (nach dem
Recht ab 1.1.2013), obwohl Gegenstand der Festsetzung neben neuem Beitrag
auch Gebühren nach altem Recht waren. Mit Ausnahme der Ausführungen zur
Angabe der Satzungsfundstelle und der fehlenden Differenzierung zur
Rechtsgrundlage leidet der Rückstandsfestsetzungsbescheid vom 5.7.2013 an
denselben Mängeln.
16 Beide Bescheide sind somit formal als Festsetzungsbescheide rückständiger
Beiträge zuzüglich Säumniszuschlag ausgestaltet; sie vermögen dennoch nicht
als Grundlagenverwaltungsakt für das Vollstreckungsersuchen zu dienen.
3.
17 Die Prüfung dieser Eignung durch das Vollstreckungsgericht war vorliegend auch
geboten. Das Vollstreckungsgericht durfte sich nicht mit der bloßen Anführung
eines Bescheids im Vollstreckungsersuchen zufrieden geben, da bereits die
Bescheidsliste im Vollstreckungsersuchen angesichts der dort auch erwähnten
gleichzeitigen Säumniszuschlagsfestsetzung deutlich macht, dass es sich um
Bescheide handelt, die erst später erlassen wurden und offensichtlich nicht um
Bescheide, die zunächst den Beitrag als solchen festsetzen und somit
Voraussetzung eines späteren Säumnisfestsetzungsbescheids darstellen können.
Nachdem gem. § 16 III LVwVG BW eine vorherige Zustellung des den
Vollstreckungstitel ersetzenden Vollstreckungsersuchens abweichend von den
allgemeinen Zwangsvollstreckungsregeln der ZPO nicht verlangt wird, sind an die
Angaben zum zugrundeliegenden Verwaltungsakt (§§ 16 III 3, 15 IV LVwVG BW)
umso strengere Anforderungen zu stellen. Auch vor diesem Hintergrund erstreckt
sich die Prüfungsbefugnis des Vollstreckungsgerichts und des
Beschwerdegerichts nicht nur darauf, ob ein entsprechender Vortrag im Ersuchen
enthalten ist, sondern bei Zweifeln auch auf die formale Korrektheit des zu
vollstreckenden Verwaltungsaktes als Ausgangstitel. Ohne einen als
Verwaltungsakt ausgestalteten Beitragsbescheid fehlt die Fälligkeit der
Zahlungsverpflichtung, ohne eine solche Pflicht besteht kein Rückstand, kann kein
Rückstandsbescheid erlassen und erst recht kein Säumniszuschlag tituliert
werden. Zwar prüft das Vollstreckungsgericht nicht die materielle Richtigkeit des
Titels oder des Beitragsbescheids (Grund und Höhe der Beitragspflicht). Das
offensichtliche Fehlen eines Ausgangsbescheids (primärer Beitragsbescheid) und
die erstmalige Schaffung eines Verwaltungsakts zur Festsetzung von
Säumniszuschlägen trotz fehlendem Ausgangsbescheid stellt jedoch einen im
Bereich der formalen Titelvoraussetzungen anzusiedelnden Umstand dar, der vom
Vollstreckungsgericht geprüft werden kann. Im Übrigen ersetzt das
Vollstreckungsersuchen nur den Titel selbst (§ 16 III LVwVG BW), alle übrigen
zivilprozessualen Voraussetzungen sind - unabhängig von einer etwaigen
Versicherung der Gläubigerin - zu prüfen, einschließlich des Vorhandenseins
entsprechender (zugestellter) originären Beitragsbescheide (so auch LG Detmold,
3 T 187/12, 21.11.2012).
4.
18 Insgesamt müsste danach das Vollstreckungsersuchen folgende weiteren
Voraussetzungen erfüllen: Vorausgehen müsste ein Beitragsbescheid als formaler
Verwaltungsakt, der Beitragspflicht und Beitragshöhe feststellt bzw. festsetzt. In
diesem Verwaltungsakt wäre die Beitragsgläubigerin namentlich umfassend und
korrekt anzugeben, ebenso die Rechtsgrundlagen und der vorgesehene
Rechtsbehelf. Der Bescheid selbst müsste vorliegend somit eindeutig den
Südwestrundfunk (Anstalt des öffentlichen Rechts) als Beitragsgläubiger
bezeichnen. Auf diesen Bescheid, ggf. ergänzt um einen Rückstandsbescheid,
müsste für den Beitrag als solchen (ohne Zuschläge) das Vollstreckungsersuchen
gestützt werden. Das Vollstreckungsersuchen wiederum müsste - beim
vorliegenden Inhalt - gesiegelt und unterzeichnet sein.
19 Die Betrachtungsweise der Gläubigerin würde bedeuten, dass der Schuldner eines
öffentlich-rechtlichen Beitrags zeitgleich mit dem Vollstreckungsersuchen erstmals
einen - zudem an den weiteren aufgezeigten formalen Mängeln leidenden -
Verwaltungsakt (Beitragsbescheid) erhalten würde und damit auch erstmals dann
eine Rechtsschutzmöglichkeit (Widerspruch gegen Beitragsbescheid) gegeben
wäre, wenn bereits ein Säumniszuschlag festgesetzt und parallel mit der
Vollstreckung begonnen wird.
III.
20 Die weitere Beschwerde war zuzulassen. Die Fragen nach dem Prüfungsumfang
des Vollstreckungsgerichts in Bezug auf im Vollstreckungsersuchen genannte
Bescheide, nach den Voraussetzungen für das Entfallen von Siegel und
Unterschrift sowie zur Bestimmtheit des Gläubigers und seiner Bezeichnung im
Zusammenhang mit dem RBStV sind - soweit ersichtlich - bisher nicht
obergerichtlich geklärt und dient der Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung.