Urteil des LG Stuttgart vom 01.07.2015

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LG Stuttgart Urteil vom 1.7.2015, 13 S 154/14
Wohnraummiete: Ersetzung des mitvermieteten Teppichbodens gegen den
Willen des Mieters durch einen Laminatboden
Leitsätze
Der Vermieter einer Wohnung darf im Rahmen seiner Instandhaltungspflicht einen
mitvermieteten Teppichboden nicht ohne Weiteres gegen den Willen des Mieters
durch einen Laminatboden ersetzen.
Revision nicht zugelassen
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom
16.10.2014, Aktenzeichen: 34 C 3588/14 aufgehoben und wie folgt n e u g e f a s s
t :
Die Beklagte wird verurteilt, den Teppichboden im Flur, im Schlafzimmer, im
Wohnzimmer, im Kinderzimmer sowie im offenen Abstellraum der im
Dachgeschoss links des Gebäudes … befindlichen Wohnung der Klägerin
fachgerecht zu entfernen und einen in Farbe, Art und Güte mit dem alten
Teppichboden vergleichbaren neuen Teppichboden fachgerecht verlegen zu
lassen.
2. Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Berufungsstreitwert: 1.667,60 EUR.
Tatbestand
I.
1 Die Klägerin begehrt mit der Klage den Austausch des Teppichbodens, der sich in
ihrer von der Beklagten angemieteten Wohnung befindet. Die Beklagte ist zum
Austausch des in der Wohnung befindlichen Bodenbelags bereit, lehnt jedoch die
Einbringung von Teppichboden ab und möchte stattdessen einen Laminatboden
verlegen lassen. Hiermit ist die Klägerin nicht einverstanden.
2 Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gemäß § 540
Abs.1 ZPO Bezug genommen. Auf die Darstellung des Berufungsvorbringens wird
gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a, 542, 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
3 Die zulässige, insbesondere form- und fristgerechte und mit einer Begründung
versehene Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die
Beklagte gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Anspruch auf Entfernung des
vorhandenen Teppichbodens und Verlegung eines in Farbe, Art und Güte mit dem
alten Teppichboden vergleichbaren neuen Teppichbodens in der
streitgegenständlichen Mietwohnung zu.
4 Dass die Beklagte nach § 535 Abs.1 Satz 2 BGB im Rahmen ihrer
Erhaltungspflicht verpflichtet ist, den derzeit in der Wohnung befindlichen, unstreitig
stark abgenutzten Teppichboden zu entfernen und einen neuen Bodenbelag
einzubringen, steht zwischen den Parteien außer Streit.
5 Die Beklagte ist aber in diesem Zusammenhang nicht berechtigt, den in der
Wohnung befindlichen Teppichboden durch einen Laminatboden zu ersetzen.
6 Zwar darf der Vermieter im Rahmen der Erhaltungspflicht nach § 535 Abs.1 Satz 2
BGB die Mietsache unwesentlich und ohne Wertverlust verändern. Er ist aber
gehalten, bei Beseitigung von Mängeln möglichst den ursprünglichen Zustand der
Mietsache wiederherzustellen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage; § 535
Rn.63; Blank-Börstinghaus, Miete, 4. Auflage 2014, Rn. 370). Dies ergibt sich
daraus, dass die Maßnahmen nach § 535 Abs.1 Satz2 BGB lediglich
Erhaltungsmaßnahmen darstellen, die dem Wortsinne nach gerade nur der
Erhaltung des bisherigen vertragsgemäßen Zustandes dienen. Veränderungen,
die wesentliche Veränderungen der Mietsache bewirken, wären als
Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 555 c BGB zu werten und entsprechend
formell anzukündigen.
7 Die Kammer ist vorliegend bereits der Auffassung, dass der Austausch eines
Teppichbodens gegen einen Laminatboden eine wesentliche Abweichung vom
bisherigen Zustand darstellt. Das subjektive Wohngefühl würde durch die
Einbringung von Laminat, das einen deutlich andersartigen Bodenbelag als
Teppichboden darstellt, erheblich verändert (so auch AG Dresden, Urteil vom
02.10.2008, Aktenzeichen: 145 C 5372/08, allerdings ohne weitere Begründung
bezüglich der Erheblichkeit der Änderung). Dass Teppichboden als Bodenbelag im
Mietvertrag nicht ausdrücklich schriftlich festgelegt ist, ist dabei unerheblich. Denn
die Klägerin hat die Wohnung unstreitig mit Teppichboden angemietet, so dass es
auf diesen von Vertragsbeginn bestehenden Zustand als „vertragsgemäßem“
ankommt.
8 Selbst wenn man in der Einbringung von Laminatboden statt Teppichboden keine
erhebliche Veränderung der Mietsache sehen würde, überwiegen nach Ansicht
der Kammer vorliegend die Interessen der Klägerin an der Beibehaltung des
Teppichbodenbelags die Interessen der Beklagten an der Einbringung eines
Laminatbodens (zur Erforderlichkeit einer solchen Abwägung vgl. LG Berlin, Urteil
v. 19.3.2007, Az. 67 S 345/06 und Urteil vom 21.09.2000, 62 S 133/00, beide zit.
nach juris).
9 Für die Klägerin streitet insofern ihr Interesse, das bisherige Wohngefühl einer
Wohnung mit Teppich beibehalten zu können. Insofern kann den beiden in Frage
stehenden Bodenbelägen nicht objektiv ein Wertigkeitsrang zugewiesen werden,
vielmehr richtet sich die Bevorzugung des einen oder anderen Bodenbelags nach
dem subjektiven Empfinden. Insofern liegt für die Kammer auf der Hand, dass der
subjektive Wohnwert durch die Einbringung eines Teppichbodens statt eines
Laminats deutlich verändert wird. Nachdem die Klägerin aber eine Wohnung
angemietet hat, die mit Teppich ausgestattet war, ist es als ihr berechtigtes
Interesse anzuerkennen, dieses Wohngefühl beibehalten zu wollen. Zum anderen
ist auf Seiten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie im Fall der Einbringung von
Laminat gesteigerten Trittschall befürchtet. Unstreitig hat sich die unter ihr
wohnende Nachbarin bereits bei ihr über ihren „schweren Gang“ beschwert. Ob für
die Nachbarin hinzunehmende Schallschutzwerte beim Einbringen von Laminat
über- oder unterschritten würden, ist dabei zwar völlig offen. Dies ist jedoch auch
unerheblich. Es ist der Klägerin zuzugestehen, dass sie im Interesse einer
konfliktfreien Nachbarschaft gesteigerte Rücksicht auf die Empfindlichkeiten der
unter ihr wohnenden Nachbarin nehmen möchte.
10 Zu Gunsten der Beklagten spricht, dass Laminatboden langlebiger ist und weniger
der Abnutzung unterliegt. Nachdem die Wohnung jedoch in der Vergangenheit
gerade mit Teppich ausgestattet war, kann der Beklagten aber nun auch im
Rahmen einer Erhaltungsmaßnahme nach § 535 Abs.2 BGB zugemutet werden,
die etwas kürzere Lebensdauer eines Bodenbelags aus Teppich hinzunehmen.
Dies umso mehr, als der bislang in der Wohnung befindliche Teppich über 17
Jahre lang in der Wohnung belassen werden konnte und die Lebensdauer von
Laminat im Vergleich hierzu jedenfalls nicht deutlich gesteigert sein dürfte. Dass
Laminat besser zu pflegen ist und bessere Hygienebedingungen bietet, kann
dagegen nicht zu Gunsten der Beklagten in die Abwägung eingestellt werden.
Dieser Aspekt betrifft alleine den Pflegeaufwand der Klägerin, die den erhöhen
Aufwand bei Teppich ersichtlich in Kauf zu nehmen gewillt ist.
11 Damit überwiegen nach Ansicht der Kammer deutlich die Interessen der Klägerin
an der Beibehaltung der Art des vorhandenen Bodenbelages gegenüber den
Interessen der Beklagten. Der Beklagten wird auch nicht willkürlich eine bestimmte
Art des Bodenbelags aufgezwungen, vielmehr hat sie sich lediglich an ihrer einmal
getroffenen Entscheidung zur Ausstattung der Wohnung mit Teppichboden
festhalten zu lassen.
III.
12 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr.10, 711, 713, 542, 544 ZPO
i.V.m. § 26 Nr.8 EGZPO.
13 2. Anlass, die Revision nach § 543 ZPO zuzulassen, besteht nicht, weil die
Rechtssache als Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.