Urteil des LG Stuttgart vom 02.06.2004

LG Stuttgart: erbschaft, nachlassgericht, einsichtnahme, auflage, glaubhaftmachung, rechtsberatung, rechtsnachfolger, verfügung

LG Stuttgart Beschluß vom 2.6.2004, 1 T 56/04
Erteilung von Abschriften durch den Notar: Anforderungen an den Erbnachweis des Antragstellers
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird die Entscheidung des Notars ... vom ...
abgeändert:
Notar ... wird angewiesen, von den Urkunden UR ... den Beschwerdeführerinnen einfache Abschriften zu erteilen.
Beschwerdewert: 10.000 EUR
Gründe
1
Die Antragsteller begehren die Erteilung von Abschriften zu Urkunden, welche von Notar ... beurkundete Willenserklärungen des am ...
verstorbenen ... P, zuletzt wohnhaft in ... enthalten mit der Behauptung, Erben des Verstorbenen zu sein.
2
Unter dem ... hat Notar ... die beantragte Erteilung von Abschriften abgelehnt mit der Begründung, der erforderliche Erbnachweis sei nicht geführt.
3
Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom ... Beschwerde eingelegt, der die amtlich bestellte Vertreterin des Notars
..., mit Entscheidung vom ... nicht abgeholfen hat.
4
Die Beschwerde ist gemäß § 54 BeurkG zulässig.
5
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
6
Gemäß § 51 Abs. I, III BeurkG kann der Rechtsnachfolger einer Person, welche bei Niederschriften über Willenserklärungen eine Erklärung im
eigenen Namen abgegeben hat, eine Urkundsabschrift verlangen.
7
Dabei ist die Rechtsnachfolge nachzuweisen, ohne dass der Antragsteller an bestimmte Beweisregeln gebunden ist. Eine Glaubhaftmachung
genügt allerdings nicht (Winkler, Beurkundungsgesetz, 15. Auflage, § 51, Rdnr. 6 m.w.N.).
8
Die Erbenstellung der Antragsteller ist durch Vorlage der Entscheidung des zuständigen Nachlassgerichts vom ... nachgewiesen. Mit dieser
Entscheidung hat das Nachlassgericht die Ausschlagungserklärung der zunächst berufenen Erbin ... P entgegengenommen und festgestellt,
dass Nächstberufene die Antragsteller sind.
9
Da die Erbschaft gemäß § 1942 BGB auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechts, diese auszuschlagen, übergeht, bedarf es eines
Nachweises, dass die Erbschaft angenommen oder innerhalb der Ausschlagungsfrist nicht ausgeschlagen wurde, nicht.
10 Auch die Vorlage eines Erbscheins oder ein Erbnachweis analog § 35 Abs. I S. 2 GBO ist – mangels entsprechender Vorschrift – nicht zwingend
erforderlich.
11 Zutreffend weisen die Beschwerdeführer darauf hin, dass die berufenen Erben regelmäßig nicht in der Lage wären, sich durch Einsichtnahme in
Urkunden des Erblassers über den Bestand und den Umfang des Nachlasses zu informieren, wenn grundsätzlich die Vorlage eines Erbscheins
verlangt werden würde.
12 Der Beschwerde war daher im beantragten Umfang stattzugeben.
13 Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 II, 30 I KostO.
14 Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.