Urteil des LG Stuttgart vom 28.02.2003

LG Stuttgart: positive vertragsverletzung, teilklage, anlageberater, zeichnung, gespräch, presse, mitverschulden, vermittler, form, zeitung

LG Stuttgart Urteil vom 28.2.2003, 26 O 396/02
Positive Vertragsverletzung beim Anlagevermittlungsvertrag: Abgrenzung des Anlageberaters vom Anlagevermittler; Umfang der
Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EURO 7.669,38 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % seit 31.5.1995 und nebst Zinsen aus EURO
7.669,38 in Höhe von 6 % seit dem 22.8.2002 zu bezahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages, die auch durch unbedingte, unwiderrufliche,
unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden kann, vorläufig
vollstreckbar.
Streitwert: EURO 7.669,38.
Tatbestand
1
Der Kläger macht im Rahmen einer Teilklage Schadensersatzansprüche aus einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage geltend.
2
Der Beklagte war zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zwischen den Parteien im März 1995 als selbständiger Finanzkaufmann tätig und
vermittelte in diesem Rahmen unter anderem für die Firma K.- C. Gesellschaft für Konzeption und Marketing von Vermögensanlagen mbH
(nachfolgend KC-GmbH) Beteiligungen am Dreiländerfonds "DLF 94/17 - W. F.- KG".
3
Der am 27.2.2003 geborene Kläger erhielt im Jahre 1995 eine Erbschaft über ca. DM 350.000, die er anlegen wollte.
4
Über den Zeugen B., der in den Vorjahren bereits für die Mutter des Klägers Beteiligungen an - anderen - Dreiländerfonds der W. F.- KG vermittelt
hatte, kam es am 14.3.1995 zu einem Beratungsgespräch zwischen den Parteien, in dessen Verlauf der Beklagte dem Kläger einen Prospekt des
Dreiländerfonds "DLF-W. F.- KG" (Anlage B 5, Bl. 89-124 d.A.) und ein Faltblatt betreffend die Investitionsteile (Anlage K 2, Bl. 21/22 d.A.)
übergab, ebenso wie eine auf den Kläger zugeschnittene Berechnung (Anlage K1, Bl. 18 - 20 d.A.) und eine handschriftliche Notiz (Anlage B 6,
Bl. 235 d.A.), anhand der der Beklagte dem Kläger erklärte, dass er, falls er nach 6 Jahren bspw. "aussteigen" wolle, für die beiden ersten Jahre
90 %, ab dem dritten bis einschließlich dem sechsten Jahr 95 % und ab dem siebenten Jahr 100 % erhalte.
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Am 5.5.1995 zeichnete der Kläger sodann eine Beteiligung in Höhe von nominal DM 300.000 an diesem Dreiländerfonds "DLF 94/17 - W. F. -
KG", wofür er zusätzlich eine Abwicklungsgebühr in Höhe von 15.000 DM = EURO 7669,38 bezahlte.
6
Bei dem Dreiländerfonds handelt es sich um einen in Form einer Kommanditgesellschaft organisierten geschlossenen Immobilienfonds, der
Immobilien und Wertpapiere in Deutschland, der Schweiz und den USA unterhält, darunter das Freizeit- und Erlebniszentrum International in S.,
dessen Hauptmieterin die S.-AG ist, die 1999 insolvent wurde. In Folge von Mietausfällen reduzierten sich die Ausschüttungen des Fonds, die bis
einschließlich 1998 monatlich 7 % betrugen, auf 3 % im Jahre 1999. Nachdem im Jahre 2000 keine Ausschüttungen erfolgt waren, werden seit
Januar 2001 monatlich Ausschüttungen in Höhe von 2,5 % ausgekehrt.
7
Seit Herbst 1994 war in der Wirtschafts- und Fachpresse ("kapital markt intern", "finanztip", "Platow-Brief"; "Wirtschaftswoche") mehrfach
ausdrücklich vor einer Anlage am Dreiländerfonds, insbesondere im Hinblick auf die Unsicherheiten der S. AG, gewarnt worden. Wegen der
Einzelheiten wird auf die jeweiligen Artikel, Bl. 26-33 d. A. und 144/145 d.A.. Bezug genommen.
8
Der Kläger meint, der Beklagte habe seine Pflichten aus einem Anlageberatungsvertrag verletzt, indem er den Kläger, der ausdrücklich eine
"sichere" Anlageform gewünscht habe und dem neben der erhaltenen Erbschaft kein weiteres nennenswertes Vermögen zur Verfügung
gestanden habe, empfohlen habe, zur Steuerersparnis und Aufbau einer Altersrente die Investition in den Dreiländerfonds "DLF 94/17-W. F.- KG
zu tätigen. Dabei habe es der Beklagte unterlassen, über das erhöhte Risiko dieser Beteiligungsart aufzuklären. Darüber hinaus habe der
Beklagte dem Kläger versichert, dass er seine Beteiligung jederzeit ohne Verlust weiterverkaufen könne. Wegen der näheren Einzelheiten wird
auf die Schriftsätze des Klägers vom 13.8.2002 (Bl. 1 -17 d.A.) und 10.12.2002 (Bl. 237-241 d. A.) verwiesen. Auch habe der Beklagte den Kläger
nicht auf die negative Presseberichterstattung hingewiesen.
9
Der Kläger hätte die Beteiligung nicht gezeichnet, wenn er gewusst hätte, dass seine Beteiligung bei negativer Entwicklung nicht veräußerbar ist;
ebenso wenig hätte er die Fondsanteile erworben, wenn ihm die negativen Berichterstattungen aus der Presse bekannt gewesen wären. Auf
beides habe der Beklagte ihn nicht hingewiesen.
10 Der Kläger begehrt die Rückabwicklung der am 5.5.1995 gezeichneten Beteiligung, macht aber vorliegend im Wege der Teilklage lediglich die
aufgewendete Abwicklungsgebühr in Höhe von DM 15.000 = EURO 7669, 38 geltend.
11 Der Kläger beantragt daher
12 Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EURO 7.669,38 nebst Zinsen in Höhe von 4 % hieraus seit 31.5.1995 und 6 % Zinsen aus EURO
7666,38 seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
13 Der Beklagte beantragt Klagabweisung.
14 Er ist der Auffassung, vorliegend nicht als Anlageberater, sondern nur als Anlagevermittler für den Kläger tätig gewesen zu sein. Die ihm dadurch
obliegenden Pflichten - Aufklärung über die Umstände, die für den Anlageentschluss des Anlegers von besonderer Bedeutung sind - habe er
ordnungsgemäß erfüllt. Er habe den Kläger auf die besonderen Risiken dieser Anlageform hingewiesen. Insbesondere habe er ihn darauf
aufmerksam gemacht, dass das Risiko durch eine fehlende Streuung bestehe, das Risiko des Totalverlustes bestehe, sich ein besonderes Risiko
aus den Immobilienanteilen in den USA ergebe, dass eine besondere Abhängigkeit vom Erfolg des Musicals der S. AG bestehe, dass hinsichtlich
der Anteile in Deutschland sowohl in B. als auch in S. der Bonität der Mieterinnen ein entscheidendes Gewicht zukomme, hinsichtlich der
Schweizer Wertpapiere eine Abhängigkeit von der Entwicklung der internationalen Kapitalmärkte und damit keine verlässliche Kalkulierbarkeit
vorliege sowie dass im vorzeitigen Veräußerungsfalle ein Verlust eintreten könne, sowie insgesamt ein Totalverlust. Dazu habe er dem Kläger
auch den Prospekt (Anlage B5, Bl. 89 - 124 d.A.), der die Risken der Anlageform umfassend darstelle, übergeben. Der Kläger sei jedoch
"beratungsresistent" gewesen und habe ausdrücklich eine "spekulative" Anlageform gewünscht, da es ihm in erster Linie um möglichst hohe
Steuerersparnisse und Ausschüttungen gegangen sein.
15 Auch habe der Beklagte den Kläger auf die entsprechende Negativpresse hingewiesen, insbesondere auf den Bericht in "kapitalmarkt-intern"
vom 30.9.1994 und einen Bericht aus der S. Zeitung, obwohl er in seiner Eigenschaft als reiner Anlagevermittler hierzu nicht verpflichtet gewesen
sei.
16 Abgesehen davon habe dem Beklagten eine Aufklärungspflicht gar nicht mehr oblegen, da der Kläger durch seine Mutter, die ja bereits
Beteiligungen an Dreiländerfonds innehatte und v.a. den Zeugen B. bereits "vorberaten" gewesen sei. Die eigentliche Beratung des Klägers sei
durch den Zeugen B. erfolgt; der Beklagte selbst sei nur eingeschaltete worden, da dem Zeugen die notwendige Vertriebslizenz für die
Vermittlung des Dreiländerfonds gefehlt habe. So habe der Zeuge B. auch 7 % der dem Beklagten zustehenden Provision von insgesamt 8 oder
9 % verlangt und auch erhalten. Insoweit sei der Kläger auch beim Gespräch mit dem Beklagten am 15.3.1995 bereits fest zur Zeichnung des
"DLF 94/17 - W.- F. - KG" entschlossen gewesen; der Kläger habe vom Beklagten weder eine Information noch eine Beratung mehr gewünscht
oder erwartet; dessen Einschaltung sei lediglich deswegen erfolgt, weil dieser über die entsprechende Vertriebslizenz für die Vermittlung verfügt
habe.
17 Der Beklagte meint weiter, daß sein Verhalten jedenfalls für einen Schaden des Klägers nicht ursächlich gewesen sei; zumindest müsse sich der
Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen.
18 Letztlich beruft sich der Beklagte darauf, dass der Kläger uneingeschränkte Verurteilung nicht geltend machen könne, sondern lediglich Zug um
Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der Gesellschaftsbeteiligung.
19 Der Beklagte bestreitet des weiteren die vom Kläger geltend gemachten Zinsen.
20 Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21 Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B., K. und R. Sch. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
Sitzungsprotokoll vom 11.11.2002 (Bl. 128-143 d.A. 9) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
22 Die (Teil-)Klage ist zulässig und begründet.
23 Gegen die Zulässigkeit der Teilklage bestehen in vorliegendem Fall keine Bedenken, da der Kläger eine klar abgrenzbare Position seines
Schadensersatzanspruches - Abwicklungsgebühr- geltend macht.
24 Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung des
Klägers am Dreiländerfonds "DLF 94/17 W. F. - KG" aus positiver Vertragsverletzung.
25 Zwar stimmt das Gericht mit dem Beklagten darin überein, dass dieser vorliegend nicht als Anlageberater, sondern nur als Anlagevermittler für
den Kläger tätig wurde.
26 a) Der Anlageberater tritt in der Regel als unabhängiger und individueller Berater auf und empfiehlt bestimmte Anlagen/Anlageformen, die auf
die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der Anlageinteressenten zugeschnitten sind; übernimmt also die fachkundige Bewertung und
Beurteilung, welche Anlageform bei den konkreten Verhältnissen des Anlageinteressenten sinnvoll erscheint. In einem solchen
Vertragsverhältnis, das meist von Kapitalanlegern mit mangelnden eigenen wirtschaftlichen Kenntnissen und wenig Überblick gewählt wird, hat
der Berater, dem deswegen weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, die Pflicht zu besonders differenzierter und
fundierter Beratung (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 1114; BGH, NJW 1982, 1095f; OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1997, 159/160).
27 Der Anlagevermittler übernimmt demgegenüber - für den Anlageinteressenten erkennbar- den Vertrieb für eine bestimmte Kapitalanlage. An ihn
wendet sich der Anlageinteressent in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen bzgl. der
konkreten Anlageform wegen der zugunsten des Anlagevermittlers bestehenden Provisionsabrede im Vordergrund steht. Ihm tritt der
Anlageinteressent daher von vornherein selbständiger gegenüber (OLG Naumburg, OLGR Naumburg 2001, 368-370; BGH, NJW 1990,
506,507).
28 b) Der Beklagte war vorliegend für die Firma KC-GmbH mit der Vermittlung gerade der Beteiligungen am Dreiländerfonds tätig. Auch der Kläger
hat nicht behauptet, dass im Rahmen des Gespräches mit dem Beklagten etwa die Anlage seines Geldbetrages in anderer Form im
Zusammenhang mit der Frage nach den Wünschen und Anlageinteressen des Klägers im Vordergrund gestanden sei und der Beklagte sich als
umfassender, selbständiger Berater dargestellt habe, von dem der Kläger eine Beratung über bspw. Vor- und Nachteile verschiedener
Anlageformen, zugeschnitten auf seine persönlichen Bedürfnisse und Verhältnisse gewünscht habe; vielmehr ist durch den Beklagten - wie der
Kläger selbst in deutlicher Form schildert- von Anfang an nur die eine Anlagemöglichkeit angeboten und angepriesen worden. Auch der Kläger
hat lediglich Informationen über die ihm vorgestellte Anlageform der Beteiligung am Dreiländerfonds gewünscht.
29 Letztlich kann aber vorliegend sogar dahingestellt bleiben, ob der Beklagte letztendlich als Anlageberater oder als Anlagevermittler tätig wurde,
weil der Beklagte auch die Aufklärungs- und Hinweispflichten eines Vermittlers verletzt hat.
30 a) Die Pflichtenkreise des Anlageberaters und des Anlagevermittlers decken sich nicht, Überschneidungen sind aber möglich. So schuldet auch
der Anlagevermittler die richtige und vollständige Information über diejenigen Umstände, die für den Anlageentschluss des Anlageinteressenten
von besonderer Bedeutung sind, wenn auch nicht deren Bewertung (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1114 f; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Stuttgart,
OLGR Stuttgart 2001, 83-86; Schleswig-Holsteinisches OLG, OLGR Schleswig 1998, 1-2; BGH WM 2000, 426-429).
31 Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen
zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die
besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Anlagevermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit
beginnt (BGH NJW-RR 1993, 1114 ff; BGH WM 2000, 426 ff; BGH, WM 2002, 1456-1458; OLG Naumburg, a.a.O.; LG Stuttgart, VuR 2001, 372-
375). Insofern konnte und durfte der Kläger aufgrund des Charakters und Inhalt des Gespräches, insbesondere auch nach Erstellung des
persönlichen Berechnungsbeispiels davon ausgehen, dass der Beklagte ihn über die für den Anlageentschluss wesentlichen Umstände richtig
und vollständig informieren würde.
32 b) Der Beklagte war über das Anlageobjekt auskunftspflichtig. Seine sog. objektbezogene Beratung hatte sich auf diejenigen Eigenschaften zu
beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben konnten.
33 Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die
sich aus der individuellen Ausgestaltung des konkreten Anlageobjekts ergeben. Letztere aufzuzeigen ist Pflicht des Anlagevermittlers (OLG
Naumburg, a.a.O.).
34 Diese Pflicht hat der Beklagte vorliegend verletzt
35 c) Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus einer Gesamtwertung der Umstände insbesondere im Zusammenhang mit den Angaben
des Beklagten selbst, die insgesamt betrachtet kein widerspruchsfreies, erhebliches Vorbringen auf die klägerischen Behauptungen darstellt.
36 (1) Zwar hat der Kläger grundsätzlich die Verletzung von Aufklärungs- und Hinweispflichten darzulegen und zu beweisen. Verlangt er
Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung, muss er darlegen und beweisen, dass vertragliche oder vorvertragliche Verhaltenspflichten
vorhanden waren und dass diese verletzt wurden. Beweisschwierigkeiten des Anlegers, die sich aus der Führung eines Negativbeweises bei
behaupteter Nichtaufklärung ergeben, werden dadurch überwunden, dass der Vermittler die Behauptungen des Anlegers substantiiert bestreiten
muss (BGH, WM 1990, 343; OLG Stuttgart, OLGR Stuttgart 2001, 83-86).
37 Der Beklagte hat dieser, ihm insoweit obliegenden Substantiierungspflicht für die Erfüllung seiner Aufklärungs- und Hinweispflicht nicht genügt.
38 (a) Zwar hat der Beklagte in der Klageerwiderung "lehrbuchmäßig" ausführen lassen, über welche Umstände im einzelnen und besonderen er
den Kläger aufgeklärt habe. Das Gericht ist jedoch der Überzeugung, dass diese Ausführungen nicht zutreffen. So gaben im Rahmen der
mündlichen Verhandlung sowohl die Parteien, als auch der Zeuge B. übereinstimmend an, dass das besagte Gespräch am 14. 3.1995 ca. eine
halbe Stunde, auf jeden Fall unter einer Stunde, gedauert habe. Schon hierdurch stellt sich die Frage, wie es der Beklagte bewerkstelligt haben
will, innerhalb dieses - doch recht kurzen- Zeitraums die von ihm behauptete umfassende Aufklärung der Klägers durchzuführen und ihm dabei
die wesentlichen, der konkreten Anlageform immanenten, Risiken noch anhand des Prospektes, der die Punkte "Risiken und Chancen"
(zumindest in der vom Beklagten vorgelegten Auflage Juni 1995) auf den Seiten 61-67 kleingedruckt und dreispaltig hinzieht, erläutert zu haben.
39 (b) Jedenfalls hat der Beklagte den Kläger auch nachweislich unrichtig beraten. So gab der Beklagte selbst an, dass es dem Kläger wichtig
gewesen sei, wann er frühestens aus dem Fonds "DLF 94/17 - W. F.- KG" aussteigen könne, woraufhin der Beklagte ihm erklärt habe, dass dies
frühestens nach sechs Jahren der Fall sei; dabei aber dem Kläger die - als handschriftliche Notiz auf Bl. 235 d.A. vorliegende - Information gab,
dass der Kläger, falls er nach 6 Jahren aussteigen wolle, für die beiden ersten Jahre 90 %, ab dem dritten bis einschließlich sechsten Jahr 95 %
und ab dem siebten Jahr 100 % erhalten würde. Eine Erläuterung dahingehend, dass es durchaus auch möglich wäre, dass der Kläger deutlich
weniger erhalten könnte, wie es nunmehr tatsächlich eingetreten ist, und dass der Kläger insoweit höchsten zu ca. 29 % verkaufen könnte, wurde
vom Beklagten in diesem Zusammenhang nicht einmal vorgetragen und erscheint angesichts der konkreten, hierzu gefertigten Aufzeichnungen,
deren Inhalt der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nochmals zusammengefasst und bestätigt hat, wenig wahrscheinlich.
40 (c) Hinzu kommt, dass der Beklagte -mehrfach- vorgetragen hat, dass der Kläger bei besagtem Gespräch "eigentlich nur noch habe zeichnen
wollen". Insofern erscheint es für das Gericht wenig überzeugend, wenn der Beklagte andererseits behauptet, dem Kläger unter dieser Prämisse
eine derart ausführliche Aufklärung, wie er sie in der Klagerwiderung darstellen lässt, zukommen ließ.
41 Insofern ist der Vortrag des Beklagten in sich widersprüchlich und daher nicht geeignet, zur Überzeugung des Gerichts die substantiierten und
glaubhaften Behauptungen des Klägers bzgl. der mangelhaften Beratung ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Denn der Vollbeweis für die
Widerlegung der Behauptungen des Beklagten kann den Kläger nur treffen, wenn der Gang des Gespräches und die erteilten Auskünfte vom
Beklagten substantiiert dargelegt wurden, was aufgrund der Widersprüchlichkeiten in den Angaben des Beklagten vorliegend nicht
angenommen werden kann.
42 Soweit der Zeuge B. im Rahmen seiner Vernehmung angegeben hatte, es seien "wohl verschiedene Dinge durchgesprochen worden", lässt dies
keinen Rückschluss auf den Inhalt und Umfang der Aufklärung durch den Beklagten zu.
43 (2) Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass auch in dem Prospekt, dort "Risiken und Chancen", die wesentliche Gefahren der konkreten
Anlageform dargestellt gewesen seien, insbesondere die Möglichkeit eines Verlustes im Veräußerungsfalle und die eingeschränkte Möglichkeit
der Veräußerung, so gereicht dies nicht zu seiner Entlastung. Zunächst erscheint äußert fraglich, ob der vom Beklagten vorgelegte Prospekt in
der Auflage Juni 1995 überhaupt Grundlage des streitigen Beratungsgespräches sein konnte, insbesondere, da auch die Zeugin K. angab, dass
sie davon ausgehe, dass diese Auflage auch im Juni 1995 erschienen sei. Das fragliche Gespräch hatte jedoch unstreitig bereits am 14. März
1995 stattgefunden.
44 Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten unterstellte, dass die Vorauflage gleiche oder ähnliche Angaben zu den "Chancen und Risiken"
enthalten hätte, waren die Prospektangaben nicht geeignet, den Beklagten davon zu entbinden, eine eigene Prüfung, Gewichtung und
Benennung der wesentlichen Risiken der Anlageform gegenüber dem Kläger aufzuzeigen. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn die
Angaben im Prospekt, wie hier, unübersichtlich und undeutlich sind (vgl. hierzu mit ausführlicher Begründung OLG Celle, Urt. v. 15.8.2002, Az 11
U 341/01, vorgelegt als Anlage K 17, Bl. 200-226 d.A.) und die Darstellung des Anlagevermittlers im übrigen, auch beispielsweise durch
Erstellung des Berechnungsbeispiels, durchaus positiv ausfällt.
45 (3) Das Gericht ist überdies der Überzeugung, dass der Beklagte den Kläger nicht auf die negative Berichterstattung in der Presse hingewiesen
hat, obwohl er hierzu nach Auffassung des Gerichtes verpflichtet gewesen wäre.
46 (a) Dies gilt unbeachtet der Tatsache, dass der Beklagte vorliegend nicht als Anlageberater, sondern als Anlagevermittler tätig geworden ist.
Denn auch den Anlagevermittler trifft innerhalb seiner Verpflichtung zur richtigen und vollständigen Information über die für den
Anlageentschluss wesentlichen tatsächlichen Umstände die Pflicht, auf negative Presseberichterstattung hinzuweisen, zumindest soweit es sich,
wie vorliegend, nicht nur um vereinzelte Pressemitteilungen handelt. Die Mitteilungen aus der Fachpresse sind, zumindest wenn sie, wie in
vorliegendem Fall derart geballt auftreten und einen derart eindeutigen Inhalt haben, in besonders hohem Maße geeignet, auf die
Entschlussfassung eines Anlageinteressenten Einfluss zu nehmen. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die Funktion des reinen
Anlagevermittlers, der "seine" Anlageform ansonsten -gerade im Hinblick auf die von ihm zu erwartende Provision- so günstig und gut wie
möglich anpreisen wird, so dass der werbende Charakter - neben der trotzdem gebotenen und geschuldeten Aufklärung - immer im Vordergrund
steht. Gerade in einem solchen Falle ist der Anlageinteressent um so mehr darauf angewiesen, dass ihm objektive Meinungen zu der besagten
Anlageform nicht verborgen bleiben. Sind derartige objektive Informationen in solcher Fülle und Aussagekraft wie vorliegend vorhanden und
bestehen aufgrund dieser objektive Anhaltspunkte für Bedenken gegen die konkrete Anlageform, sind diese daher auch Teil der speziellen
objektbezogenen Beratung und daher vom Anlagevermittler geschuldet. Insofern geht auch die Rechtsprechung der Obergerichte, soweit
ersichtlich, unproblematisch von der Verpflichtung auch des Anlagevermittlers zur Offenlegung entsprechender negativer
Presseveröffentlichungen aus (vgl. OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2001, 11/12; OLG Stuttgart, Urt. v. 22.11.2002, Az 9 U 59/02, vorgelegt als
K17, Bl. 242-249 d.A.; offengelassen von OLG Naumburg, a.a.O.; vgl. auch LG Memmingen, Urt. v. 3.5.2002, Az 3 0 1146/01, vorgelegt als K 15,
Bl. 176-188 d.A.).
47 (b) Dass der Beklagte den Kläger entsprechend dieser Ausführungen auf die negative Fachpresse hingewiesen hat, glaubt ihm das Gericht nicht.
Auch insoweit ist sein Vortrag teilweise in sich widersprüchlich: so lässt er zum einen in der Klageerwiderung vortragen, er habe den Kläger auf
den Bericht in "kapitalmarkt intern" vom 30.9.1994 sowie auf einen Bericht in der "S. Zeitung" hingewiesen. Im Schriftsatz vom 2.12.2002 lässt der
Beklagte pauschal erklären, er sei auf einzelne Negativ-Berichte eingegangen; betont aber immer wieder, dass er zur Bekanntmachung der
negativen Berichterstattung gar nicht verpflichtet gewesen sei. Das Gericht nimmt dem Beklagten nicht ab, dass er, wenn und weil er der Ansicht
ist, zur Offenlegung negativer Presseberichte nicht verpflichtet zu sein, diese dem Kläger trotzdem mitgeteilt hat und der Kläger sodann, obwohl
die Warnungen in der Presse an Eindeutigkeit kaum zu überbieten waren (vgl. insbesondere den "Platow-Brief" vom November 1994, K 8: "DLF
94/17 schießt in negativer Hinsicht der Vogel ab...zu diesem Fond fällt uns wirklich nichts mehr ein" und Wirtschaftswoche 1995, K 12:
"Anlageform mit black-box-Charakter"), die besagte Anlageform trotzdem gewählt hat. Dies widerspricht im übrigen auch jeder Lebenserfahrung,
die das Gericht in seine Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO durchaus mit einbeziehen kann.
48 Hinzu kommt, dass eine entsprechende Veröffentlichung in der S. Zeitung, wie sie der Beklagte dem Kläger zur Kenntnis gebracht haben will,
nicht - zumindest nicht nachweisbar - erschienen ist, so dass sich die Vermutung aufdrängt, dass der Beklagte die von ihm dem Kläger angeblich
zur Kenntnis gereichten Artikel "ins Blaue hinein" behauptet.
49 Ob dem Beklagten selbst die negative Berichterstattung in der Fachpresse bekannt war, kann dahingestellt bleiben, da er sich jedenfalls hätte
kundig machen müssen oder dem Kläger seinen Informationsmangel hätte offenbaren müssen (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.; BGH, WM 2002,
1456-1458; BGH WM 2000, 426-429; OLG Karlsruhe, a.a.O.; LG Memmingen, a.a.O.).
50 Bei all dem kommt es nicht darauf an, ob der Kläger als erfahrener oder unerfahrener Anleger einzustufen war (OLG Stuttgart, Urt. v. 27.11.2002,
Az 9 U 59/02, vorgelegt als K 17). Auch die zwischen den Parteien im übrigen streitigen Fragen des anderweitigen Vermögens des Klägers oder
nach dem Grund der beabsichtigten Anlage (Alterssicherung?) können dahingestellt bleiben, da diese lediglich für die Frage der Haftung bei
einer geschuldeten Anlageberatung, die hier nicht vorlag, relevant wären, da dann der Beklagte, anders als vorliegend, nicht nur eine
anlagegerechte, sondern auch eine anlegergerechte Beratung geschuldet hätte.
51 Mithin hat der Beklagte seine Pflichten zu anlagegerechten Beratung dadurch verletzt, dass er den Kläger zum einen nicht auf das Verlustrisiko
bei vorzeitigem Ausstieg hingewiesen hat und zum anderen nicht auf die negative Berichterstattung in der Fachpresse.
52 3. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass seine Aufklärungspflicht und damit seine Haftungsverantwortlichkeit dadurch entfallen
sei, weil der Kläger zum einen anderweitig beraten worden sei, zum anderen bereits mit dem gezielten Wunsch zur Zeichnung an besagtem
Dreiländerfonds "DLF 94/17-W. F.- KG - an ihn herangetreten sei.
53 a) Die anderweitige Beratung durch den Zeugen B. oder die Mutter des Klägers konnte der Beklagte, der hierfür beweispflichtig gewesen wäre,
nicht nachweisen.
54 Die Zeugin S. gab bei ihrer Vernehmung an, den Kläger nicht entsprechend beraten zu haben, da sie dies nicht habe können, weil sie "selbst ja
nichts wusste".
55 Dies erscheint für das Gericht auch aufgrund des Gesamteindrucks, den die Zeugin bei ihrer Vernehmung hinterlassen hat, glaubhaft. Die Zeugin
vermittelte nicht den Eindruck einer Person, die sich in Finanzgeschäften besonders auskennt und sich daher anmaßen würde, ihren Sohn über
Vorteile und Risiken einer - doch sehr komplexen- Fondsanlage zu "beraten". Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger zwar aufgrund
der Tatsache, dass seine Mutter bereits in der Vergangenheit ähnliche Dreiländerfondsbeteiligungen erworben hatte, auf die Idee kam, selbst in
dieser Anlageart zu investieren, eine konkrete Information oder gar Beratung durch seine Mutter -mangels entsprechender Kenntnis derselben-
aber nicht erfolgt war.
56 Auch von einer Vorberatung durch den Zeugen B. kann nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts
ausgegangen werden.
57 Zwar hat das Gericht gewisse Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen B., der immer wieder betonte, wie schwer es ihm doch falle,
die Wahrheit zu sagen und dass er dies vor Gericht ja aber wohl müsste und der dazuhin ein vom Gericht nicht übersehenes Interesse daran hat,
nicht selbst wegen Falschberatung in Haftung genommen werden zu können.
58 Selbst wenn aufgrund dieser Umstände der Aussage des Zeugen B., der in Abrede stellte, den Kläger über den besagten Dreiländerfonds "DLF
94/17-W. F.- KG" beraten zu haben, sich aber an die Einzelheiten des Verlaufes des Gespräches nicht mehr genau erinnern konnte, keine
ausschlaggebende Bedeutung zuzumessen wäre, ist damit das Gegenteil, nämlich eine entsprechende (Vor-)Beratung durch den Zeugen B.
nicht bewiesen. Hiergegen spricht im übrigen zum einen der eigene Vortrag des Beklagten, der eine umfassende Eigenberatung vortragen lässt
und zum anderen auch das vom Beklagten erstellte Berechnungsbeispiel sowie die von ihm gefertigte Notiz, die beide konkret auf den Kläger
zugeschnitten waren und derer es bei einer entsprechenden Vorberatung des Klägers dahingehend, dass dieser "nur noch habe zeichnen
wollen", nicht mehr bedurft hätte.
59 Im übrigen kommt hinzu, dass der Beklagte, der - auch und gerade nach eigenem Vortrag - Beratungsleistungen erbracht haben will, diese,
sobald er sie erbringt, dann auch richtig und vollständig zu erbringen hat.
60 b) Soweit der Beklagte meint, ihn habe deshalb keine Beratungspflicht getroffen, da der Kläger bereits mit einem "gezielten Auftrag" - Anlage im
konkreten Dreiländerfonds- an ihn herangetreten sei und bei Einschaltung des Beklagten zur Zeichnung bereits fest entschlossen gewesen sei,
geht diese Auffassung fehl.
61 Die vom Beklagten in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung bezieht sich eindeutig auf die Fälle des Anlageberaters, dergestalt, dass
dieser, der eine Beratung grundsätzlich auch bzgl. unterschiedlicher Anlageformen, zugeschnitten auf die persönlichen Verhältnisse und
Wünsche des Anlageinteressenten schuldet (sog. anlegergerechte Beratung), dann dem Anlageinteressenten nicht mehrere verschiedene
Anlageformen erläutern muss, wenn er davon ausgehen kann, dass der Anlageinteressent sich bereits für eine Anlageform entschieden hat, so
dass der Berater den Interessenten nur noch über die von ihm in Betracht gezogene Anlagemöglichkeit - dies aber richtig und vollständig,
einschließlich sich etwa daraus ergebender Gefahren und Risiken- informieren muss (vgl. BGH, WM 1996, 664/665). Der Beklagte schuldete als
Vermittler, worauf er sich selbst beruft, eh nur die Beratung bzgl. der einen Anlageform "DLF 94/17-W. F.- KG". Innerhalb dieses Rahmens muss
er aber, wie sich auch aus der vorzitierten Entscheidung des BGH ergibt, wiederum richtig und vollständig unter Hinweis auf etwaige Gefahren
und Risiken, aufklären.
62 Im übrigen gilt auch hier, dass der Beklagte, sobald er eine tatsächliche Beratungsleistung vornimmt, diese richtig und vollständig erbringen
muss.
63 Der Beklagte hat somit die ihm als Vermittler obliegende Aufklärungs- und Beratungspflicht zumindest fahrlässig verletzt.
64 Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist er daher darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er
sich pflichtgemäß verhalten hätte (BGH, WM 1994, 149,151; WM 1993, 1457,1558; WM 1996, 1636, ausdrücklich für den Anlagevermittler OLG
Naumburg, a.a.O.; OLG Stuttgart, OLGR Stuttgart 2001, 83-86), d.h. der Kunde aufklärende und warnende Hinweise also nicht befolgt hätte.
Insoweit fehlt es an entsprechend bewiesenem Vortrag des Beklagten. Soweit er vorträgt, der Kläger hätte aufgrund der bereits bestehenden
Fondsbeteiligungen seiner Mutter und wegen Kenntnis des Verlustrisikos auf jeden Fall gezeichnet, so wird diese Behauptung durch nichts
untermauert. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger bei entsprechender Kenntnis der Risiken - insbesondere auch den
Warnhinweisen in der Presse- die Fondsanteile nicht erworben hätte. Für den Kläger streitet somit der Grundsatz des aufklärungsrichtigen
Verhaltens.
65 5. Auch ein Mitverschulden des Klägers kommt vorliegend nicht in Betracht.
66 Unabhängig davon, dass der Vortrag des Beklagten hierzu wenig ergiebig ist - "die besondere Konstellation im Verhältnis des Anlegers zum
Anlagevermittler begründet ein Mitverschulden des Klägers"(Bl. 74 d.A.)- ohne dass der Beklagte darlegt, worin im vorliegenden Falle denn
konkret die ein Mitverschulden des Klägers begründenden Umstände liegen sollen, sind für das Gericht auch keine Anhaltspunkte hierfür
ersichtlich. Der Anleger, der einen Sachkundigen hinzuzieht, gibt damit regelmäßig zu erkennen, dass er auf dem entsprechenden Fachgebiet
nicht die erforderliche Kenntnis hat und auf fremde Hilfe angewiesen ist, so dass sein Vertrauen besonderen Schutz verdient (vgl. OLG Stuttgart,
OLGR Stuttgart 2001, 83-86) und er sich grundsätzlich auf den Sachverstand des Beratenden verlassen kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn
der Geschädigte über eigene Sachkunde oder zusätzliche Informationen von Dritter Seite verfügt (vgl. LG Hannover, Urt. v. 9.11.2001, Az 13 0
303/01, vorgelegt als Anlage K 13, Bl. 148-161 d.A.). Beides trifft vorliegend nicht zu. Der Beklagte trägt selbst vor, dass dem Kläger aufgrund der
Beteiligungen seiner Mutter aus der Vergangenheit bekannt war, dass die bei dieser Anlageform prognostizierten Ausschüttungen erfolgt seien.
67 Dass der Kläger selbst über besondere eigene Sachkunde verfügte, behauptet nicht einmal der Beklagte.
68 6. Der Beklagte hat dem Kläger grundsätzlich das sogenannte negative Interesse zu ersetzen, d.h. ihn so zu stellen, wie er stehen würde, wenn
der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Da der Kläger bei richtiger Aufklärung die Beteiligung am DLF 94/17 nicht
gezeichnet hätte (Grundsatz des aufklärungsrichtigen Verhaltens, s.o.), hat er u.a. Anspruch auf die für den Vertragsschluss erforderlichen Kosten
(vgl. Palandt/Heinrichs BGB, 61. Aufl. Vorb. Zu § 249 Rdnr. 32), also die Abwicklungsgebühr, die er hier im Wege der Teilklage auch nur geltend
macht.
69 7. Der Beklagte war zur Bezahlung dieser Kosten an den Kläger ohne Einschränkung zu verurteilen.
70 Grundsätzlich sind im Rahmen der im Schadensersatzrecht geltenden "Differenztheorie" neben den durch das schädigende Ereignis
eingetretenen Nachteilen auch die damit verbundenen Vorteile in die Schadensberechnung mit einzustellen. Denn der Geschädigte soll nur so
gestellt werden, wie er ohne Vorliegen des schädigenden Ereignisses stehen würde. Dabei bedarf es für diese Anrechnung keiner besonderen
(Gestaltungs-)Erklärung des Beklagten; vielmehr wird der Vorteil von vornherein vom Ersatzanspruch abgezogen; bzw. kann bei
Ungleichartigkeit von Vor- und Nachteil der Geschädigte den Ersatzanspruch nur Zug um Zug gegen Leistung der Vorteile geltend machen.
Vorliegend hat der Kläger durch die Zeichnung der Anlage entsprechende Kommanditanteile erworben. Grundsätzlich hätte daher nur eine
Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der Gesellschaftsbeteiligung geltend machen können, und zwar
auch bei Geltendmachung im Wege der Teilklage (vgl. hierzu BGHZ 27, 241; Münchner Kommentar zum BGB Keller, § 274 Rdnr. 4;
Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 274 Rdnr. 4; BGH NJW 1962, 628,629; Zöller, ZPO, 23. Aufl. § 301 Rdnr. 9).
71 b) Vorliegend ist jedoch die Besonderheit gegeben, dass der Kläger mit seiner Teilklage nicht etwa einen Teilbetrag aus den für den Erwerb der
Anlage aufgewendeten Kosten geltend macht, sondern eine Schadensposition für zusätzliche Aufwendungen, die aufgrund des schädigenden
Ereignisse nutzlos geworden sind.
72 Neben den verschiedenen Kriterien, die in der Vergangenheit und Gegenwart von der Rechtsprechung und der Lehre (vgl. zu Entwicklung und
Stand ausführlich Lange, Handbuch des Schuldrechts, Schadensersatz, 2. Aufl. S. 485 ff) zur sog. Vorteilsausgleichung aufgestellt wurden, dürfte
zumindest insoweit Einigkeit bestehen, dass eine gewisse Kongruenz von Vor- und Nachteilen bestehen muss, woraus folgt, dass ein
anrechenbarer Vorteil nicht mit dem Gesamtschadensbetrag des Schadensausgleichs, sondern nur mit dem Schadensposten zu verrechnen ist,
dem der Vorteil seiner Art nach entspricht (vgl. Lange, a.a.O. S. 498 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorb. Zu § 249 Rdnr. 123). Auch der BGH
führt aus, dass die Vor- und Nachteile bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein müssen (BGHZ 91,
206,210; BGHZ 73,109-114).
73 c) Insofern ist der Erwerb der Kommanditanteile durch den Kläger aber quasi "Gegenstück" zu seinen dafür aufgewandten Erwerbskosten,
nämlich der Nominalbeteiligungssumme über DM 300.000.-. Auf diese Schadensposition müsste die Beteiligung des Klägers mithin angerechnet
werden, nicht jedoch auf die nutzlos aufgewendete Abwicklungsgebühr, die dem Vorteil des Klägers sachlich nicht entspricht.
74 Gleiches gilt im Prinzip für die vom Kläger erhaltenen Ausschüttungen und eventuell bestehenden Steuervorteile, die sich der Kläger hier (noch)
nicht abziehen lassen muss, wobei sich der Beklagte auf diese Vorteilsausgleichungen, für die er beweispflichtig wäre, im vorliegenden
Rechtsstreit auch nicht beruft.
75 Der Beklagte war daher uneingeschränkt zur Zahlung von EURO 7.669 zu verurteilen.
76 8. Der Zinsanspruch des Klägers folgt ab Rechtshängigkeit aus § 291 BGB; dem Kläger bleibt es unbelassen, niedrigere Zinsen als nach § 288
BGB geltend gemacht werden können, zu fordern. Sofern der Kläger 4 % Zinsen ab dem 31.5.1995 geltend macht, ist allgemein bekannt, dass
bei entsprechender Anlage eines Geldbetrages mindestens Zinsen in Höhe von 4 % erzielt werden können (1995 wahrscheinlich noch mehr), so
dass es insoweit trotz des entsprechenden Bestreitens durch den Beklagten keines Beweisantritts durch den Kläger bedurfte. Dem Kläger stehen
mithin gem. § 252 BGB 4 % Zinsen aus EURO 7669,38 für entgangenen Anlagegewinn als Schadensersatz zu.
77 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S.1, 108 ZPO.