Urteil des LG Stuttgart vom 07.03.2003

LG Stuttgart: anspruch auf rechtliches gehör, mitgliederversammlung, vereinsrecht, datum, urkunde, zusammensetzung, auflage, abrede, hauptsache, stellvertreter

LG Stuttgart Beschluß vom 7.3.2003, 2 T 47/03
Vereinsregisterverfahren auf Eintragung einer Vorstandsänderung: Vorstandswahl auf verschiedenen Vereinsversammlungen nach
unwirksamer Doppeleinladung; Beschwerdebefugnis des vermeintlichen Vorstands nach Eintragungsablehnung
Tenor
1. Die Beschwerden der weiteren Beteiligten Ziff. 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leonberg vom 15.11.2002 werden
zurückgewiesen.
2. Die Beschwerden der weiteren Beteiligten Ziff. 3 und 4 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leonberg vom 15.11.2002 werden als unzulässig
verworfen.
3. Die weiteren Beteiligten Ziffer 1 bis 4 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Sie haben der Beschwerdegegnerin die zur
zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten zu erstatten.
Beschwerdewert: 3.000,00 Euro.
Gründe
I.
1
Die weiteren Beteiligten sind Mitglieder der ... Die weiteren Beteiligten Ziff. 1 und 2 haben mit notarieller Urkunde vom 30.06.2002 beim
Registergericht die Eintragung eines Wechsels in der Zusammensetzung des Vorstands des Vereins beantragt. Der Verein hat sich gegen
diesen Eintragungsantrag gewandt. Die jetzige Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung dieses Eintragungsantrags durch das
Amtsgericht.
2
Der Streit hierüber ist vor folgendem Hintergrund zu sehen:
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Etwa seit November 2001 schwelt in dem Verein Streit um die Besetzung des Vorstands. Der damalige Vorstandsvorsitzende, der weitere
Beteiligte Ziffer 1, hat auf den 24. November eine außerordentliche Mitgliederversammlung nach Nürnberg einberufen. Die damals
stellvertretende Vorstandsvorsitzende ... und das weitere Vorstandsmitglied ... haben hingegen eine außerordentliche Mitgliederversammlung auf
den 01.12.2001 nach ... einberufen.
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Beide Versammlungen wurden durchgeführt. In beiden Versammlungen fanden Vorstandswahlen statt. In ... wurde insbesondere der weitere
Beteiligte Ziffer 1 nicht in den Vorstand gewählt, während umgekehrt in ... die stellvertretende Vorsitzende ... nicht gewählt wurde. Die jeweiligen
Vorstandsänderungen wurden von beiden Gruppierungen jeweils zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet.
5
Das Registergericht hat mit Beschluss vom 23.01.2002 (Blatt 454 der Akten) den Vollzug der Anmeldung hinsichtlich der Vorstandsänderung, wie
sie in ... beschlossen wurde, abgelehnt, da das Einladungsschreiben zu dieser Versammlung an einem Formmangel litt.
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Zudem hat das Registergericht mit Verfügung vom 23.01.2002 (Blatt 460 der Akten) die Eintragung des in ... gewählten Vorstandes,
insbesondere eines ... als Vorstandsvorsitzenden angeordnet.
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Verschiedene gegen den Ablehnungsbeschluss vom 23.01.2002 des Registergerichts gerichtete Beschwerden hat die Kammer mit Beschluss
vom 12.04.2002 als unzulässig verworfen (Blatt 493). Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Beschluss Bezug genommen.
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Im Anschluss an diesen Beschluss der Kammer haben 131 Vereinsmitglieder, die unter dem Namen "Arbeitskreis zum Erhalt der ..., beim
Registergericht beantragt, sie gemäß § 37 BGB zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zu ermächtigen (Blatt 511 der
Akten). Mit Beschluss vom 06.06.2002 hat das Registergericht diese Ermächtigung ausgesprochen (Blatt 562 der Akten).
9
Gegen den Beschluss des Registergerichts vom 06.06.2002 hat der beteiligte Verein am 17.06.2002 Beschwerde eingelegt und den Erlass einer
einstweiligen Anordnung beantragt, wonach es den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft untersagt werden solle, eine Mitgliederversammlung
abzuhalten (Blatt 582 der Akten).
10 Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits vier Mitglieder des erwähnten Arbeitskreises mit Schreiben vom 15.06.2002 (Blatt 576) zu einer
außerordentlichen Mitgliederversammlung auf dem 20.07.2002 nach ... eingeladen. Diese Einladungen wurden am 17.06.2002 bei der
Postagentur ... eingeliefert (Blatt 575 der Akten). Mit Schreiben vom 17.06.2002 (Blatt 579 der Akten) haben die eingetragenen
Vorstandsmitglieder ... und ... ebenfalls eine Einladung zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung versandt, diese auf den 27.07.2002
nach ....
11 Mit Beschluss vom 09.07.2002 (Blatt 694 der Akten) hat die Kammer den Antrag des Vereins auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt
und dies damit begründet, dass die Aufhebung des Beschlusses des Registergerichts vom 06.06.2002 unwahrscheinlich ist. Abschließend hat
die Kammer in diesem Beschluss darauf hingewiesen, dass sie aus verfahrensrechtlichen Gründen daran gehindert ist, bereits jetzt darüber zu
entscheiden, ob die Gleichzeitigkeit der beiden Einladungen zu den außerordentlichen Mitgliederversammlungen dazu führt, dass die von den
jeweiligen Versammlungen gefassten Beschlüsse wiederum unwirksam sind. Die Kammer hat jedoch auf die dazu in der Literatur vertretene
Auffassung hingewiesen, wonach in solchen Fällen der Doppeleinladung von einem Ladungsmangel auszugehen sei, weshalb die Gefahr
bestehe, dass eventuell gefasste Beschlüsse wiederum unwirksam sind. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
12 Nachdem die Versammlung am 20.07.2002 in ... stattgefunden hatte, hat die Kammer wegen der dadurch eingetretenen Erledigung der
Hauptsache die Beschwerde des Vereins vom 17.06.2002 mit Beschluss vom 17.09.2002 (Blatt 718 der Akten) als unzulässig verworfen.
13 Das jetzt zur Entscheidung anstehende Beschwerdeverfahren nahm seinen Ausgang damit, dass die weiteren Beteiligten Ziff. 1 und 2 mit
notarieller Urkunde vom 30.06.2002 (Blatt 765 der Akten) wiederum die Eintragung von Änderungen in der Zusammensetzung des
Vereinsvorstandes in das Vereinsregister beantragt haben, diesmal entsprechend den Beschlüssen der Mitgliederversammlung vom 20.07.2002
in ....
14 Der Verein ist diesem Antrag entgegengetreten. Die Einladungen vom 15.06. (...) und vom 17.06. (nach ...) hätten die Mitglieder gleichzeitig
erreicht. Dieser Ladungsmangel führe zur Unwirksamkeit der auf den Versammlungen gefassten Beschlüsse. Zudem habe sich der weitere
Beteiligte Ziffer 1 an allen Wahlvorgängen beteiligt, obwohl ein Rechtsstreit zwischen ihm und dem Verein anhängig gewesen sei. Dies verstoße
gegen § 34 BGB. Außerdem hätten auch Nichtmitglieder an den Abstimmungen teilgenommen.
15 Mit Beschluss vom 15.11.2002 (Blatt 838 der Akten), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Registergericht den Vollzug der mit
Urkunde vom 30.06.2002 beantragten Anmeldung abgelehnt, da ein Einladungsmangel vorliege. Gegen diesen hier streitgegenständlichen
Beschluss haben sich verschiedene Vereinsmitglieder gewandt:
16 Mit Schriftsatz vom 21.11.2002 (Blatt 857) der weitere Beteiligte ..., mit Schriftsatz vom 02.12.2002 der weitere Beteiligte ... (Blatt 863) und mit
Schriftsatz vom 03.01.2003 (Blatt 958) der weitere Antragsteller ... sowie mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 20.11.2002 der
weitere Antragsteller .... Letzterer hat zur Begründung ausgeführt, dass ihm Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten des Vereins
vorenthalten worden seien, wodurch sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Ferner liege kein Ladungsmangel vor, da der
eingetragene Vorstand sein Einladungsrecht verwirkt habe. Zudem hätten manche Mitglieder die Einladung des eingetragenen Vorstands nicht
erhalten. Außerdem hat er noch auf die Auffassung des Vorsitzenden Richters am Landgericht ... des Landgerichts ... hingewiesen, der in einem
Rechtsstreit, der gegen den weiteren Beteiligten Ziffer 1 vor dem Landgericht ... anhängig ist, Zweifel daran geäußert hat, ob die
Doppeleinladungen tatsächlich zur Unwirksamkeit der auf der Versammlung in ... gefassten Beschlüsse geführt haben (wegen der Einzelheiten
wird auf das Protokoll des Landgerichts ... (Blatt 938 der Akten) verwiesen).
17 Der Verein ist der Beschwerde entgegengetreten. Er hält die Entscheidung des Amtsgerichts Leonberg für richtig. Die Auffassung des
Vorsitzenden Richters am Landgericht ... sei schon deshalb falsch, weil sie sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem GmbH-
Recht stütze, die auf das Vereinsrecht nicht übertragbar sei. Zudem treffe die Entscheidung auch inhaltlich nicht den hier zu beurteilenden Fall. Er
hat ferner ein Schreiben des Vereinsmitgliedes ... vom 18. Juni 2002 (Blatt 790 der Akten) vorgelegt, in welchem dieser dem weiteren Beteiligten
... mitteilt, er habe beide Einladungen zeitgleich erhalten.
18 Zwischenzeitlich wurde am 25.01.2003 eine ordentliche Mitgliederversammlung durchgeführt, auf der wiederum Vorstandswahlen stattgefunden
haben.
19 Mit Beschluss vom 29.01.2003 (Blatt 988 der Akten) hat das Registergericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht
zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das rechtliche Gehör des Antragstellers sei nicht verletzt worden. Auch inhaltlich
biete das Beschwerdevorbringen keinen Anlass, eine Abhilfeentscheidung zu treffen.
20 Der Antragsteller Ziffer 1 hat abschließend noch ausgeführt, die Einladung zur Vorstandswahl am 25.01.2003 sei unwirksam. Außerdem handele
es sich bei dem Schreiben des Vereinsmitglieds ... um ein Gefälligkeitsschreiben, das nicht als Beweismittel tauge.
21 Wegen der gesamten Einzelheiten des Vorbringens sämtlicher Beteiligter wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
22 Die Beschwerden der weiteren Beteiligten Ziffer 3 und 4 sind unzulässig. Die Beschwerden der weiteren Beteiligten Ziffer 1 und 2 sind zulässig,
jedoch unbegründet.
23 1. Die Schriftsätze der weiteren Beteiligten Ziffer 3 und 4 sind zwar nicht ausdrücklich als Beschwerde bezeichnet. Ihr Inhalt ist aber
unmissverständlich so zu verstehen, dass sie sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leonberg vom 15.11.2002 wenden. Sie können daher
schlechterdings nicht anders als in dem Sinne verstanden werden, als dass ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss eingelegt werden soll.
24 In ihrem Beschluss vom 12.04.2002 hat die Kammer die weiteren Beteiligten Ziffer 3 und 4 bereits schon einmal darauf hingewiesen, dass gegen
die Ablehnung einer Registereintragung nur beschwerdebefugt ist, wer auch den Eintragungsantrag gestellt hat. Daran hat sich seither nichts
geändert. Auf die Ausführungen in dem den weiteren Beteiligten bekannten Beschluss vom 12.04.2002 kann verwiesen werden. Die
Beschwerden der weiteren Beteiligten Ziffer 3 und 4 waren daher erneut kostenpflichtig als unzulässig zu verwerfen.
25 2. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten Ziffer 1 und 2 ist zulässig, aber nicht begründet.
26 Zwar sind die weiteren Beteiligten Ziffer 1 und 2, worauf noch einzugehen sein wird, nicht Vorstände des Vereins, während sich aus § 67 BGB
ergibt, dass eine Änderung in der Zusammensetzung des Vereinsvorstandes (nur) "von dem Vorstand zur Eintragung anzumelden" ist. Ist
Gegenstand des Verfahrens jedoch gerade die Frage, ob jemand Vorstand ist und als solcher die Eintragung beantragen kann, so kann
demjenigen, der behauptet, durch Wahlen Vorstand geworden zu sein (die Eintragung in das Vereinsregister ist nicht konstitutiv, sondern
lediglich deklaratorisch – Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Auflage, §§ 67 bis 70, Rndnr. 2) nicht die Beschwerdebefugnis abgesprochen werden.
27 Ferner hat sich auch die Hauptsache nicht dadurch erledigt, dass zwischenzeitlich eine ordentliche Mitgliederversammlung am 25.01.2003 mit
erneuten Vorstandswahlen stattgefunden hat. Diese Vorstandswahlen führten nicht dazu, dass die Beschwerde nunmehr unzulässig wurde. Die
Wirksamkeit dieser Vorstandswahlen hängt nämlich davon ab, dass der "richtige" Vorstand zu der Versammlung eingeladen hat. Da die
Einladung nicht von Vorstandsmitgliedern ausgesprochen wurde, die in ... gewählt worden waren, wäre die Vorstandswahl am 25.01.2003
unwirksam, wenn im vorliegenden Verfahren festgestellt würde, dass die "... Vorstände" die "richtigen" wären.
28 Da die Antragsteller Ziffer 1 und 2, wären sie tatsächlich Vorstände, auch gemeinsam vertretungsberechtigt wären, ist ihre Beschwerde zulässig.
Zwar steht die Beschwerdeberechtigung gegen die Zurückweisung von Anmeldungen zum Vereinsregister nur den Vorstandsmitgliedern in der
zur Vertretung des Vereins erforderlichen Zahl zu (Keidel/Kuntze/Winckler-Kahl, FGG, 15. Auflage, § 20 Rndnr. 98). Gemäß § 12 Ziff. 5 der
Satzung (Blatt 316 der Akten) wird die Notgemeinschaft von zwei Vorstandsmitgliedern vertreten, darunter der Vorsitzende oder sein
Stellvertreter. Nach der Rechtsauffassung der Antragsteller wäre die Beschwerde vom Vorstandsvorsitzenden und seinem Stellvertreter
eingelegt. Dies genügt, um von der Zulässigkeit der Beschwerde auszugehen. Es ist auch unschädlich, dass die weiteren Beteiligten Ziff. 1 und
Ziff. 2 ihre Beschwerden nicht einheitlich, sondern in getrennten und nicht aufeinander bezogenen Schriftsätzen eingelegt haben.
29 3. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
30 a) Die Kammer sieht aus den Gründen, die das Amtsgericht im Beschluss vom 29.01.2003 angeführt hat, keine Verletzung des rechtlichen
Gehörs des Antragstellers Ziffer 1 im Antragsverfahren. Sollte dennoch eine Gehörsverletzung vorliegen, wäre diese jedenfalls im Abhilfe- und
Beschwerdeverfahren geheilt worden.
31 b) Mit dem Amtsgericht weist die Kammer nochmals darauf hin, dass sie in ihrem Beschluss vom 09.07.2002 nur darüber zu entscheiden hatte,
ob die gemäß § 37 BGB zur Abhaltung einer Mitgliederversammlung ermächtigte Gruppe ein Einladungsrecht hatte. Die Frage, ob ein
Einladungsmangel vorliegt, war nicht Verfahrensgegenstand und durfte von der Kammer in jenem Verfahren nicht entschieden werden.
32 Die Kammer hat aber, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass die jetzigen Antragsteller das erhebliche Risiko der Durchführung der Versammlung
vom 20.07.2002 sehen und sich doch noch auf eine gemeinsame Versammlung mit dem "... Vorstand" einigen, bereits in ihrem Beschluss vom
09.07.2002 unter Ziffer II. 5. der Gründe darauf hingewiesen, dass hier vieles dafür spricht, dass ein Einladungsmangel vorliegt.
33 Die Frage war im anhängigen Verfahren nunmehr zu entscheiden. Die Kammer schließt sich nach Prüfung der bereits im Beschluss vom
09.07.2002 zitierten Auffassungen von Reichert, a.a.O., Rndnr. 778 und von Zöllner-Kölner Komm AktienG § 121 Rndnr. 42 an, wonach in Fällen,
in denen Einberufungen zu Mitgliederversammlungen mit gleichen Tagesordnungspunkten die Mitglieder zur selben Zeit erreichen, beide
Einladungen wegen Verwirrung unwirksam sind.
34 Die Kammer ist auch der Überzeugung, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines derartigen Ladungsmangels hier gegeben sind. Dass die
Einladungen die Mitglieder gleichzeitig erreicht haben, stellt auch der Antragsteller Ziffer 1 letztlich selbst nicht in Abrede. Er behauptet lediglich,
einzelne Mitglieder hätten die Einladung nach ... nicht erhalten. Selbst wenn es so war, begründet dies jedoch keinen Zweifel daran, dass die
überwiegende Mitgliederzahl die Einladungen gleichzeitig erhalten hat. Dafür spricht auch, dass das Vereinsmitglied ... erklärte, er habe die
Einladungen nach ... am 17.06.2002 in ... bei der Post eingeliefert (Bl. 575). Demzufolge musste mit dem Zugang der Einladungen am 18.06.
gerechnet werden. Auf der anderen Seite hat der Arbeitskreis zur Erhaltung der ... mit Schreiben vom 18.06.2002 (Blatt 578 der Akten) dem
Registergericht die Einladung nach ... vorgelegt. Da nicht damit gerechnet werden kann, dass der "... Vorstand" seine Einladung den Mitgliedern
des Arbeitskreises vorab überlassen hat, muss somit davon ausgegangen werden, dass auch diese Einladung einem Mitglied des
Arbeitskreises, das sie dem Registergericht vorgelegt hat, am 18.06. zugegangen ist, jedenfalls nicht später. Dies deckt sich zudem mit den
Angaben des Vereinsmitglieds ... in seinem Schreiben vom 18.06.2002 (Blatt 790 der Akten). Dieses Mitglied weist ausdrücklich darauf hin, es
habe am 18.06.2002 beide Einladungen erhalten. Die Kammer hegt trotz der Vorhaltungen des Antragstellers Ziffer 1 keine Zweifel an der
Integrität dieses Vereinsmitglieds und demnach auch nicht an der Richtigkeit seiner Angaben.
35 Die Problematik der Verunsicherung der Vereinsmitglieder durch eine Doppeleinladung ist auch nicht, wie der weitere Antragsteller Ziff. 2
offenbar meint, dadurch ausgeräumt, dass die Einladung nach ... durch den "Vorstandsvorsitzenden" und den "stellvertretenden
Vorstandsvorsitzenden" erfolgt sei. Diese Bezeichnungen "kenne das Vereinsrecht nicht". Da diese Begriffe in § 12 der Vereinssatzung allerdings
ausdrücklich genannt sind, ist der Kammer schon nicht ersichtlich, was an ihrer Verwendung überhaupt zu beanstanden ist. Jedenfalls aber kann
daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass für die Vereinsmitglieder ersichtlich war, dass eine derart unterzeichnete Einladung unwirksam
sei. Vielmehr war es so, dass für die Vereinsmitglieder aufgrund der gleichzeitig erfolgten Einladung unsicher war, welcher sie folgen sollten.
36 c) Soweit sich dem vom Antragsteller eingeführten Protokoll der Sitzung des Landgerichts ... vom 11.12.2002 die Auffassung des Vorsitzenden
Richters am Landgericht ... entnehmen lassen sollte, es sei für die Wirksamkeit der Einladungen von Belang, dass die Einladung nach ... das
Datum vom 15.06., also ein früheres als die Einladung nach ... trage, die vom 17.06. datiert, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen.
Sie hält im Einklang mit den zitierten Literaturstellen zur Doppeleinladung den Zeitpunkt des Zugangs bei den Vereinsmitgliedern für
entscheidend. Wollte man demgegenüber auf das Datum der Einladung abstellen, so läge es sogar näher, dass ein Mitglied das Schreiben mit
dem späteren Datum für das entscheidende hält. Zumindest ein Mitglied, das nicht mit den Zwistigkeiten im Verein vertraut ist, dürfte einen
solchen Vorgang nämlich so interpretieren, dass die zeitlich früher datierende Einladung fehlerhaft war und das zeitlich später datierende
Schreiben der Korrektur dieses Fehlers dient.
37 Auch die weitere von Reichert a.a.O., Rndnr. 778 aufgestellte Voraussetzung, wonach die Einladungen identische Tagesordnungspunkte
aufweisen müssen, ist erfüllt. Zwar enthält die Einladung nach ... neben sämtlichen Tagesordnungspunkten, welche auch die Einladung nach ...
enthält, noch einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt, nämlich eine Satzungsänderung. Darauf kann jedoch nicht entscheidend abgestellt
werden. Entscheidend ist, ob die Einladungen so deckungsgleich sind, dass sie zur Verwirrung der Mitglieder beitragen können. Dies ist hier
ohne weiteres der Fall.
38 d) Soweit der Antragsteller Ziffer 1 in seinem Schriftsatz vom 20.12.2002 auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.01.1985 (WM
1985, 567) als "wichtig" hinweist (Blatt 936) ist diese Einschätzung zutreffend. Offenbar hat der Antragsteller Ziff. 1 seine früher abweichende
Auffassung zu dieser Entscheidung korrigiert, zu der er noch im Schriftsatz vom 05.07.2002 (Blatt 639 der Akten) die Auffassung vertrat, sie
betreffe das GmbH-Recht und habe auf das Vereinsrecht keinerlei Auswirkung. Nunmehr schließt er sich der Auffassung der Kammer in ihrem
Beschluss vom 09.07.2002 (Blatt 7 des Beschlusses, Blatt 700 der Akten) zumindest insofern an, als er konzediert, dass die Entscheidung
Erkenntniswert auch für das Vereinsrecht hat – was im jetzt anhängigen Verfahren allerdings vom Beschwerdegegner zu Unrecht, in Abrede
gestellt wird. Dort hat die Kammer allerdings auch, was der Antragsteller Ziff. 1 jedoch übersieht, darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung
für den Fall einer gleichzeitigen Einladung keinen Erkenntniswert hat.
39 Der Entscheidung lässt sich aber immerhin außerdem entnehmen, dass der Vorstand bis zum Zeitpunkt der Einladung durch die nach § 37 BGB
ermächtigte Gruppe jederzeit selbst das Recht hat, noch eine Einladung auszusprechen. Somit ist eine solche Einladung jedenfalls nach
Auffassung des Bundesgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, weder rechts- noch treuwidrig.
40 Nachdem somit die aus der Versammlung in ... gefassten Beschlüsse bereits wegen des Einladungsmangels unwirksam sind, muss auf die
weiteren Bedenken, welche der Verein gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse vorgetragen hat, nicht mehr eingegangen werden.
41 Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO und § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
42 Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 131 Abs. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 KostO.