Urteil des LG Stuttgart vom 04.11.2008

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LG Stuttgart Beschluß vom 4.11.2008, 19 T 417/08
Mehrwert eines Räumungsvergleichs
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beklagtenvertreters wird der Streitwertbeschluss des Amtsgerichts Waiblingen (9 C
1269/08) vom 06.10.2008 wie folgt abgeändert:
Der Vergleich hat einen Mehrwert von 5.800,- EUR.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Beklagtenvertreters zurückgewiesen.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 10.000,- EUR
Gründe
I.
1
Der Beklagtenvertreter wendet sich gegen die Streitwertfestsetzung nach einem Vergleich, dessen
Zustandekommen durch Beschluss vom 06.10.2008 gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde.
2
Nach einem vorausgegangenen Räumungsrechtsstreit (9 C 2036/07), der durch Räumungsvergleich vom
18.06.2008 samt Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 4.200,- EUR erledigt worden war, machte der Kläger mit
der vorliegenden Vollstreckungsgegenklage die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus Ziff. 1 des
Vergleichs vom 18.06.2008 (Räumungsanspruch) wegen Fehlens bzw. Wegfalls des Eigenbedarfs geltend.
3
In dem mit Beschluss vom 06.10.2008 (Bl. 60/62) festgestellten Vergleich vereinbarten die Parteien erneut die
Räumung der streitgegenständlichen Wohnung in unwesentlich verkürzter Frist sowie eine Ausgleichszahlung
von (weiteren) 5.800,- EUR. Laut Ziff. 3 des Vergleichs sind damit wechselseitige Ansprüche jedweder Art
abgegolten und erledigt. Von der Erledigungsklausel ausgenommen bleiben lediglich nicht abgerechnete
Nebenkosten und Ansprüche wegen Verschlechterung der Mietsache.
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Den Streitwert hat das Amtsgericht mit 4.800,- EUR festgesetzt und ausgesprochen, dass der Vergleich keinen
Mehrwert habe.
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Gegen letzteren Ausspruch wendet sich der Beklagtenvertreter mit seiner in eigenem Namen eingelegten und
am 10.10.2008 vorab per Telefax bei dem Amtsgericht eingegangenen Beschwerde.
6
Das Amtsgericht hat dieser nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
7
Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat den aus der
Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Zunächst geht das Beschwerdegericht im Hinblick auf die ausdrückliche Antragstellung in der
Beschwerdeschrift vom 10.10.2008 (Bl. 65) davon aus, dass sich die Beschwerde nur gegen die unterbliebene
Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes richtet, nicht gegen die Festsetzung des Verfahrensstreitwertes mit
4.800,- EUR. Letztere Festsetzung entsprach im Übrigen § 41 GKG, zumal Streitgegenstand der
Vollstreckungsgegenklage lediglich Ziff. 1 des Vergleichs vom 18.06.2008 war (also der Räumungsanspruch),
nicht jedoch die seinerzeit mit einem Mehrwert von 800,- EUR veranschlagte Erlassvereinbarung bezüglich
zweier Monatsmieten (Ziff. 3 des Vergleichs vom 18.06.2008, Bl. 74).
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2. Der Vergleich hat einen Mehrwert von 5.800,- EUR, da mit der Erledigungsklausel (Ziff. 3 des Vergleichs
vom 06.10.2008) auch etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs
erledigt wurden. Solcher Ansprüche hatten sich die Kläger berühmt, indem der Klägervertreter die
Vollstreckungsgegenklage auf die fehlende Bezugsabsicht stützte und den Beklagtenvertreter in der
vorgerichtlichen Korrespondenz auf die zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen vorgetäuschten Eigenbedarfs
hingewiesen hatte.
10 Nachdem solche Ansprüche angesichts der weiten Fassung der Erledigungsklausel, die nur offene
Nebenkosten und Ansprüche (des Beklagten) wegen Verschlechterung der Mietsache ausnimmt, nicht (mehr)
geltend gemacht werden können und andere Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Wertes solcher
Ansprüche nicht vorliegen, liegt es nahe, den Wert der Erledigungsklausel mit der zusätzlich vereinbarten
Ausgleichszahlung von 5.800,- EUR zu bemessen.
11 Hingegen ist der Gesamtbetrag von 10.000,- EUR kein Maßstab für die Bemessung des Vergleichsmehrwertes.
Der bereits im Vergleich vom 18.06.2008 titulierte Betrag von 4.200,- EUR wird im Vergleich vom 06.10.2008
ausdrücklich erwähnt, um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, die entstehen könnten, wenn einfach ein
weiterer Zahlungsbetrag festgelegt würde: Es soll klargestellt werden, dass der Beklagte nicht insgesamt
5.800,- EUR zu bezahlen hat, sondern zusätzlich, insgesamt also 10.000,- EUR. Eine - einen
Vergleichsmehrwert begründende - Erledigung des bereits zuvor titulierten Anspruchs von 4.200,- EUR, über
den ohnehin keine Uneinigkeit bestand, ist damit nicht verbunden. Insoweit konnte die Beschwerde keinen
Erfolg haben und war zurückzuweisen.
12 Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG, die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren
Beschwerde (§ 66 Abs. 4 GKG) lagen nicht vor.