Urteil des LG Siegen vom 17.10.2007

LG Siegen: zahlungsunfähigkeit, grundstück, akte, gläubigerbenachteiligung, anfechtung, zwangsversteigerung, darlehen, verkehrswert, zwangsvollstreckung, anfechtbarkeit

Landgericht Siegen, 8 O 95/06
Datum:
17.10.2007
Gericht:
Landgericht Siegen
Spruchkörper:
8. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 O 95/06
Schlagworte:
Insolvenzanfechtung
Normen:
InsO § 133 Abs. 1
Tenor:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter über den Nachlass des am 18.06.2004 verstorbenen
X. Der Beklagte ist der Sohn des Verstorbenen.
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X, geboren am 04.07.1912, war Inhaber des gleichnamigen Einzelunternehmens, das
sich mit der Fertigung von Arbeitskleidung, Schürzen, Schuhen, Handschuhen und
Spezialschürzen für Brauereien befasste. Der Beklagte sowie sein Bruder L und eine
Schwiegertochter des Verstorbenen, X1, arbeiteten im Betrieb mit. Dem Beklagten war
Prokura erteilt.
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Der Jahresabschluss per 31.12.1998 wies einen Verlust von 123.460,81 DM aus. Das
wesentliche ausgewiesene Betriebsvermögen bestand aus dem Betriebsgrundstück S-
Straße 27-29 in G1, das mit einem Betrag von 1.275.490,00 DM bewertet worden war
(Blatt 7-13 der Akte). Auf Veranlassung des Insolvenzschuldners hatte der öffentlich
bestellte und vereidigte Sachverständige B den Verkehrswert des Betriebsgrundstückes
am 11.11.1991 mit 1.900.000,00 DM bewertet (Blatt 51-82 der Akte).
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Der Insolvenzschuldner hatte ausweislich der Bilanz per 31.12.1998
Darlehensverbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mindestens 4 Jahren in Höhe von
533.694,67 DM und weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 404.055,64 DM. Gläubigerin
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ist die Stadtsparkasse G1.
Am 15.12.1998 fand eine Besprechung bei der Stadtsparkasse G1 über die Zukunft des
Unternehmens statt, an der unter anderem der Beklagte teilnahm. Es wurde
Einvernehmen darüber erzielt, dass der Verkauf des Betriebsgrundstücks S-Straße
vorangetrieben werden sollte, um bei einer absehbaren Schließung des
Gewerbebetriebes die vorhandenen Kreditverbindlichkeiten zurückführen zu können.
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Der Insolvenzschuldner war Eigentümer des Hausgrundstückes S-Straße/17a in G1,
dessen Wert sich im Jahr 1999 auf 300.000,00 DM belief. Das Grundstück ist mit 2
Wohnhäusern und einer Doppelgarage bebaut. Das rückwärtige Wohnhaus, das vom
Beklagten und seiner Familie bewohnt wird, ist in den Jahren 1999/1970 von diesem
errichtet worden. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 10.04.1969, auf die wegen der
Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 166 der Akte), hat der Insolvenzschuldner
dem Beklagten den Bau des Wohnhauses auf seinem Grundstück ausdrücklich
gestattet. Der Beklagte sollte "wirtschaftlicher Eigentümer" des Objektes sein. Ihm wurde
ein lebenslängliches, unentgeltliches Nutzungsrecht an der im Neubau befindlichen
Wohnung eingeräumt. Der Insolvenzschuldner verpflichtete sich, Verfügungen über das
Grundstück nur mit vorheriger Zustimmung des Beklagten vorzunehmen. Im Falle einer
Beendigung der Vereinbarung sollte der Insolvenzschuldner zur Leistung einer
Entschädigung für das in sein Eigentum fallende Gelände (Einfamilienhaus) nicht
verpflichtet sein.
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Auf dem Grundstück waren zugunsten der Stadtsparkasse G1 Grundpfandrechte in
Höhe von 191.000,00 DM eingetragen. Sie dienten zur Absicherung von Darlehen, die
der Beklagte zur Finanzierung des Hausbaus bei der Stadtsparkasse G1 aufgenommen
hatte. Im Jahr 1999 valutierte dieses Darlehen mit höchstens 176.000,00 DM.
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Mit notariellem Vertrag vom 17.05.1999 übertrug der Insolvenzschuldner das
Grundstück S-Straße/17a im Wege vorweggenommener Erbfolge auf den Beklagten.
Dem Insolvenzschuldner wurde im Erdgeschoss des Wohnhauses ein lebenslanges
Wohnrecht eingeräumt, für das ein monatlicher Mietwert von 500,00 DM angesetzt
worden ist. Der Eigentümerwechsel ist am 22.07.1999 im Grundbuch eingetragen
worden.
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Seit August 1999 wurden an den Beklagten und die im Unternehmen mitarbeitenden
Familienangehörigen keine Gehälter mehr gezahlt.
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Mit Schreiben vom 28.11.2003, beim Insolvenzgericht eingegangen am 15.12.2003,
beantragte der Insolvenzschuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein
Vermögen. Das Insolvenzverfahren ist am 24.03.2004 eröffnet worden. Nach dem Tod
des Insolvenzschuldners am 18.06.2004 wurde das Verfahren am 16.09.2004 in ein
Nachlassinsolvenzverfahren übergeleitet.
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Die Stadtsparkasse G1 hat die dem Insolvenzschuldner gewährten Kredite im
Dezember 2003 gekündigt.
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Mit der am 24.03.2005 zugestellten Klage hat der Kläger die Übertragung des
Grundstückes S-Straße/17a auf den Beklagten angefochten.
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Er ist der Auffassung, der Anfechtungsanspruch ergebe sich aus §§ 129, 133 InsO. Er
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behauptet: Die Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners habe zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses am 17.05.1999 unmittelbar bevorgestanden. Das Unternehmen habe
seit 1991 nur noch Verluste ausgewiesen. Auch aus den Jahresabschlüssen 1999 und
2000 ergäben sich Fehlbeträge. In einer Vielzahl von Schreiben der Stadtsparkasse G1
aus der Zeit von 1996 bis Ende 1999 sei die Frage des Vermögensverzehrs der Firma,
die Verschuldung und drohende Insolvenz angesprochen worden. Bei der Besprechung
am 15.12.1998 sei der Beklagte darauf hingewiesen worden, dass die Stadtsparkasse
G1 äußerstenfalls bereit sei, mit der Rückführung der Kredite bis 31.12.1999 zu warten,
unter anderem unter der Bedingung, dass ein Maklerauftrag für die Betriebsimmobilie S-
Straße erteilt werde. Die Gehaltszahlungen seien ab August 1999 mangels Liquidität
eingestellt worden.
Die massive Überschuldung sei in den Bilanzen seit Anfang der 90er Jahre dadurch
kaschiert worden, dass die Immobilie S-Straße mit rund 1,3 Millionen DM bilanziert
worden sei, obwohl der wahre wirtschaftliche Wert der Immobilie bei 10 % bis 20 % des
Betrages gelegen habe. Das Grundstück sei unveräußerlich.
Veräußerungsbemühungen des Insolvenzschuldners seien über einen Zeitraum von 10
Jahren ohne Erfolg geblieben. Die Unveräußerlichkeit des Grundstückes seien dem
Insolvenzschuldner und dem Beklagten auch bekannt gewesen.
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Spätestens seit der Besprechung vom 15.12.1998 mit der Stadtsparkasse G1 hätten der
Insolvenzschuldner und der Beklagte mit der Zahlungsunfähigkeit gerechnet.
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Die Übertragung des Hausgrundstückes S-Straße/17a auf den Beklagten sei angesichts
dieser Umstände in der Absicht erfolgt, den Grundbesitz dem Zugriff der Gläubiger zu
entziehen. Für eine Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge habe
angesichts des damaligen Alters des Insolvenzschuldners von 87 Jahren keine
Veranlassung bestanden.
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Die Übertragung des Grundstücks habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Im
Falle einer erfolgreichen Anfechtung könne bei einem Verkehrswert von 300.000,00 DM
unter Berücksichtigung der eingetragenen Belastungen von 191.000,00 DM die
Insolvenzmasse um 109.000,00 DM (= 55.730,82 €) vermehrt werden. Der Kläger meint:
Dieser Betrag vermindere sich nicht um den mit 19.410,00 DM anzusetzenden Wert des
Wohnrechtes des Insolvenzschuldners. Dieses Wohnrecht sei nicht zu berücksichtigen,
da es ebenfalls der Anfechtung unterlegen hätte, wenn es nicht durch den Tod des
Insolvenzschuldners erloschen wäre.
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Mit Schriftsatz vom 19.03.2007 hat der Kläger die Übertragung des Hausgrundstückes
S-Straße/17a auch gemäß § 134 InsO angefochten.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 55.730,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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hilfsweise,
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den Beklagten zu verurteilen, wegen eines Betrages von € 55.730,82 nebst 6,21 %
Zinsen von diesem Betrag für die Zeit vom 25.03.2005 bis 30.06.2005 und in Höhe von
6,17 % Zinsen für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2005 und in Höhe von 6,37 % Zinsen für
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die Zeit seit 01.01.2006 die Zwangsvollstreckung in dem im Grundbuch von G1 des
Amtsgerichts Siegen, Blatt 601 eingetragenen Grundbesitzes G1, Flur X, Flurstück X,
Gebäude- und Freifläche, S-Straße,17a mit einer Größe von 703 m² zu dulden,
weiter hilfsweise,
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im Range des vorstehenden Hilfsantrages festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet
ist, dem Kläger Wertersatz in Höhe des Betrages zu leisten, mit dem der Kläger bei der
Zwangsvollstreckung gemäß dem oben genannten Antrag in den vorgenannten
Grundbesitz wegen der in Abteilung III laufende Nummer 15 eingetragenen brieflosen
Grundschuld über 50.000,00 DM mit 15 % Zinsen und 10 % einmaliger Nebenleistung
ausfällt.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Ansicht: Falls ein Anfechtungstatbestand vorliege, stehe dem Kläger gemäß §
143 Absatz 1 Satz 1 InsO kein Zahlungsanspruch zu. Er könne lediglich die Rückgabe
des Anfechtungsgegenstandes in die Insolvenzmasse verlangen. Alternativ bestehe ein
Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Im Übrigen sei ein
Anfechtungsanspruch nicht gegeben.
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Es fehle bereits an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Unter Berücksichtigung
der auf dem Grundstück S-Straße/17a eingetragenen Grundpfandrechte habe weder bei
einem freihändigen Verkauf noch bei einer Zwangsversteigerung mit einem
übersteigenden Verwertungserlös gerechnet werden können. Es hätte sich kein
Überschuss ergeben, der anderen Gläubigern des Insolvenzschuldners für einen
Vollstreckungszugriff zur Verfügung gestanden hätte.
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Aufgrund der Vereinbarung vom 10.04.1969 zwischen dem Insolvenzschuldner und
dem Beklagten sei dem Insolvenzschuldner eine freihändige Veräußerung des
Grundstücks im Frühjahr 1999 kaum möglich gewesen. Er hätte hierzu nämlich die
Zustimmung des Beklagten benötigt. Der Beklagte behauptet: Aufgrund dieser
Beschränkungen wäre kein höherer Kaufpreis als 100.000,00 DM erzielbar gewesen.
Dieser hätte nicht einmal zur Ablösung der eingetragenen Grundpfandrechte
ausgereicht.
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Der Beklagte ist weiter der Auffassung: Auch im Rahmen einer Zwangsversteigerung
hätte kein besseres Verwertungsergebnis erzielt werden können. Ihm sei mit der
Vereinbarung vom 10.04.1969 ein entgeltliches Nutzungsrecht, also ein Mietrecht
eingeräumt worden. Die von ihm für den Hausbau getätigten Aufwendungen stellten den
bis zur Beendigung des Nutzungsrechts geleisteten Mietzins dar. Diese Aufwendungen
seien daher als Mietvorauszahlung anzusehen. Im Rahmen eines
Zwangsversteigerungsverfahrens wäre ein Ersteher nach § 57 ZVG aus dem zwischen
dem Insolvenzschuldner und ihm abgeschlossenen, mindestens bis zu seinem
Lebensende laufenden Mietvertrag gebunden gewesen. Einem Sonderkündigungsrecht
des Erstehers gemäß § 57 a ZVG hätte er die getätigten Aufwendungen als
Mietzinsvorauszahlung entgegenhalten können. Der Beklagte behauptet, diese
Aufwendungen hätten sich einschließlich der Zinsbelastungen auf 458.800,00 DM
belaufen. Nach Verrechnung mit einem ortsüblichen Mietzins von 235.200,00 DM wäre
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ein Betrag in Höhe von 189.320,00 DM verblieben, der es ermöglicht hätte, ein
Sonderkündigungsrecht noch für mindestens 23 Jahre abzuwehren.
Der Beklagte meint: Eine Gläubigerbenachteiligung sei auch deshalb nicht gegeben,
weil ihm – dem Beklagten – im Falle eines ersatzlosen Untergangs seiner Rechte aus
der Vereinbarung vom 10.04.1969 im Falle einer Zwangsversteigerung ein
Schadensersatzanspruch gegenüber dem Insolvenzschuldner erwachsen wäre, der sich
auf mindestens 138.00,00 DM belaufen hätte. Da der Insolvenzschuldner zum Zeitpunkt
des Abschlusses des Übertragungsvertrages im Jahre 1999 neben den auf der
Betriebsimmobilie voll abgesicherten Kreditverbindlichkeiten gegenüber der
Stadtsparkasse G1 keine weiteren Verbindlichkeiten gehabt habe, wäre er selbst der
einzige verbleibende Gläubiger des Insolvenzschuldners gewesen.
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Der Beklagte behauptet: Die vom Insolvenzschuldner vor der Übertragung
unterschriebene Zweckerklärung habe nicht nur eine Haftung für das von ihm – dem
Beklagten – für die Finanzierung des Neubaus aufgenommene Darlehen, sondern
sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen der Stadtsparkasse G1 gegen
den Insolvenzschuldner umfasst. Diese Forderungen hätten einschließlich Zinsen in
Höhe von 305.600,00 DM bestanden und damit den Verkehrswert des Grundstücks
überschritten.
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Auch eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht habe bei Übertragung des Grundstücks
nicht bestanden. Der Beklagte ist der Ansicht: Bereits die wertausschöpfende Belastung
des Grundstücks indiziere die fehlende Benachteiligungsabsicht. Zu berücksichtigen sei
auch, dass Hauptmotiv der Parteien des Übertragungsvertrages gewesen sei, die
privatrechtliche Eigentumssituation der wirtschaftlichen Eigentumssituation anzupassen.
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Der Beklagte behauptet: Für ihn sei auch nicht erkennbar gewesen, dass im Jahr 1999
die Gefahr bestanden habe, dass einer der Gläubiger des Insolvenzschuldners mit
seinen Forderungen ausfallen sollte. Es habe für ihn kein Zweifel bestanden, dass bei
einem Verkauf des Grundstücks S-Straße ein Verkaufserlös in Höhe des vom
Sachverständigen B ermittelten Verkehrswertes hätte erzielt werden können.
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Der Beklagte meint: Der Kläger habe mangels Vorlage eines Liquiditätsplanes eine
Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners im Mai 1999 nicht substantiiert dargelegt.
Zu diesem Zeitpunkt habe es keine fälligen Kreditverbindlichkeiten gegeben, die die
Zahlungsunfähigkeit hätten beeinflussen können. Auch eine drohende
Zahlungsunfähigkeit sei nicht ausreichend dargelegt, da auch hierfür die Vorlage einer
Liquiditätsplanung von Mai 1999 bis Dezember 2000 erforderlich wäre. Im Hinblick
darauf, dass der Insolvenzantrag erst im Jahr 2003 gestellt worden sei, gebe es keine
Anhaltspunkte dafür, dass bereits im Mai 1999 eine Zahlungsunfähigkeit ernsthaft
gedroht habe.
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Schließlich gehe aus den vom Kläger vorgelegten Dokumenten der Stadtsparkasse G1
hervor, dass auch diese bis zuletzt von einer Verwertbarkeit der Betriebsimmobilie und
davon ausgegangen sei, dass durch den erzielbaren Verwertungserlös die
Verbindlichkeiten zurückgeführt werden könnten.
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Hinsichtlich der auf § 134 InsO gestützten Anfechtung erhebt der Beklagte die Einrede
der Verjährung. Im Übrigen ist er der Ansicht, dass das angefochtene Rechtsgeschäft
früher als 4 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen
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worden sei und eine Anfechtung gemäß § 134 InsO bereits deshalb ausscheide.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen.
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Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 22.03.2006 (Blatt 186 der Akte) Beweis erhoben
durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T und U. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05.07.2006 (Blatt 194 der
Akte), 24.01.2007 (Blatt 256 der Akte) und 11.07.2007 (Blatt 296 der Akte) Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
42
Eine Anfechtbarkeit der Übertragung des Grundstückes S-Straße/17a in G1 durch
Vertrag vom 17.05.1999 des Insolvenzschuldners mit dem Beklagten ist nicht gegeben.
Voraussetzung einer Anfechtbarkeit gemäß § 133 Abs. 1 InsO wäre unter anderem
neben einer objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 InsO, dass der
Insolvenzschuldner die Rechtshandlung mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz
vorgenommen hat und der Beklagte diesen Benachteiligungsvorsatz kannte.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob die Übertragung des Grundstücks auf den Beklagten
eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge hatte. Jedenfalls hat der Kläger das
Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes nicht bewiesen. Wesentliches Indiz für den
Benachteiligungsvorsatz ist die Kenntnis des Insolvenzschuldners von seiner
drohenden Zahlungsunfähigkeit. Weiß der Schuldner, dass seine Zahlungsunfähigkeit
droht, so muss ihm klar sein, dass er in Kürze nicht mehr alle seine Gläubiger wird
befriedigen können (Münchener Kommentar – Kirchhof, § 133 InsO Rn.26). Der Kläger
hat bereits die von ihm für Mai 1999 behauptete unmittelbar bevorstehende
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht schlüssig dargelegt. Grundsätzlich ist zum
Nachweis der drohenden Zahlungsunfähigkeit die Vorlage eines Finanzplanes
erforderlich, aus dem sich ergibt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die
bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Absatz 2
InsO; Münchener Kommentar Drukarczyk § 18 InsO Rn.13). Einen derartigen Plan hat
der Kläger nicht vorgelegt. Er hat vielmehr eingeräumt, dass der Schuldner im Mai 1999
noch in der Lage gewesen sei, seine Verpflichtungen zu erfüllen, insbesondere deshalb,
weil die Kredite der Stadtsparkasse G1 noch nicht gekündigt und fällig gestellt waren.
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Für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners könnte somit allenfalls sprechen,
dass dieser im Mai 1999 Kenntnis davon hatte, dass die in der Bilanz per 31.12.1998 mit
1.275.490,00 DM bewertete Betriebsimmobilie S-Straße nur einen Bruchteil dieses
Betrages wert gewesen ist und daher als Sicherungsmittel für die gegenüber der
Stadtsparkasse bestehenden Verbindlichkeiten ausfiel. Ein dahingehendes Wissen des
Insolvenzschuldners hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Sie hat keineswegs
ergeben, dass der Insolvenzschuldner seit Anfang der 1990er Jahre vergeblich versucht
hat, das Betriebsgrundstück zu veräußern und dass dieses unveräußerlich ist. Der
Zeuge U, der seit 1990 als Makler mit einem Verkauf des Grundstücks befasst war, hat
ausgesagt: Nach seiner Einschätzung sei noch im Jahr 1995 ein Verkauf des
Grundstücks an die Volksbank G1 zu einem Preis von 1,3 Millionen DM möglich
gewesen. Verkaufsbemühungen seien an zu hohen Preisvorstellungen der Familie X
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gescheitert. Aus der vom Kläger vorgelegten Anlage K 39 geht hervor, dass der Makler
U noch im September 1999 seine Verkaufsbemühungen fortgesetzt hat.
Aufgrund dieses Geschehensablaufs kann nicht davon ausgegangen werden, dass der
Schuldner bei Abschluss des angefochtenen Rechtsgeschäfts im Mai 1999 damit
gerechnet hat, dass die gegenüber der Stadtsparkasse G1 als einziger Gläubigerin
bestehenden Verbindlichkeiten bei einer Verwertung des Betriebsgrundstücks nicht
getilgt werden könnten. Dies entsprach auch dem Erwartungshorizont der
Stadtsparkasse G1.
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Ein sonstiger Anfechtungstatbestand ist nicht ersichtlich. Die Anfechtbarkeit gemäß §
134 InsO scheidet bereits deshalb aus, weil das angefochtene Rechtsgeschäft vom
17.05.1999 früher als 4 Jahre vor dem am 15.12.2003 eingegangenen Insolvenzantrag
vorgenommen worden ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.
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