Urteil des LG Rottweil vom 14.08.2015

erbengemeinschaft, grundstück, teilung der erbschaft, heilung des formmangels

LG Rottweil Urteil vom 14.8.2015, 2 O 267/14
Hinfälligkeit einer testamentarischen Teilungsanordnung nach § 2048 Satz 1 BGB durch davon
abweichende Erbauseinandersetzung der Miterben; Zulässigkeit einer Erbauseinandersetzung
kraft identitätswahrender Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass im Rahmen einer zukünftigen Erbauseinandersetzung nach der Erblasserin J. L. der
Beklagte verpflichtet ist, einer Erbauseinandersetzung insoweit zuzustimmen, als das Grundstück - Grundbuch
von C., Grundstücksnummer 878, Lage C., Plannummer 15 - mitsamt der darauf lastenden Verbindlichkeiten auf
den Kläger zu Alleineigentum zu übertragen sei.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1 Der Kläger verlangt von dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen des
Herrn A. G. (im Folgenden: Schuldner) die Feststellung, dass im Rahmen einer zukünftigen
Erbauseinandersetzung ein Nachlassgrundstück auf ihn zu Alleineigentum zu übertragen sei.
2 Der Kläger und der Schuldner sind die testamentarischen Erben der am 19.05.2003 verstorbenen und
zuletzt in F. wohnhaften Frau J. L. (im Folgenden: Erblasserin). Zum Nachlass gehören u.a. das mit einem
Ferienhaus bebaute streitgegenständliche Grundstück im schweizerischen Tessin und ein Grundstück in F..
In dem Testament vom 01.01.1981 (Anlage K1 / Bl. 6-12 d.A.) ordnete die Erblasserin an:
3
„A. [der Schuldner] sollte als Erbe meiner wissenschaftlichen Arbeit auch Haus und Grundstück in F.
erhalten. Er sollte dies nicht verkaufen! […] H. [der Kläger] und Familie sollen das Haus im Tessin erhalten
mit Mobiliar. Ich weiß, dass auch A. daran hängt. Dies Haus wurde erbaut, als A. einige Jahre als mein Sohn
bei mir lebte. H. wird dieses Haus auch weiterhin A. als Urlaubsziel mit zur Verfügung stellen.“
4 Die Parteien verstehen diese Ausführungen übereinstimmend als Teilungsanordnung, mit der das
streitgegenständliche Grundstück dem Kläger, das Grundstück in F. dem Schuldner zugewiesen werde.
5 Am 26.07.2003 veräußerte der Kläger - wie mit dem Schuldner zuvor vereinbart - aufgrund notariell
beurkundeter General- und Vorsorgevollmacht, welche ihm die Erblasserin am 10.01.2003 erteilt hatte
(Anlage K13 / Bl. 178-182 d.A.), das Grundstück in F. an die Eheleute E. zum Kaufpreis von 210.000,00 EUR
(Anlage K3 / Bl. 16-23 d.A.) und verwandte zumindest einen Teil des Veräußerungserlöses für die
Entschuldung des streitgegenständlichen Grundstücks. Welchen Zweck die Miterben dabei verfolgten, steht
zwischen den Parteien ebenso im Streit wie die Frage, wofür der Veräußerungserlös im Einzelnen
verwendet wurde. In jedem Fall beabsichtigten die Miterben einmal, das streitgegenständliche Grundstück
schenkungsweise auf ihre Kinder zu übertragen, was jedoch nicht in die Tat umgesetzt wurde.
6 Am 25.03.2004 wurde den Miterben auf deren Antrag vom 11.02.2004 ein Erbschein (Anlage K2 / Bl. 13
d.A.) erteilt. Darin wird das Erbrecht wie folgt bescheinigt:
7
„Dr. A. G., A. W., E., mit Erbteil 4/5
H. K. G., geboren am -... 1939, N.-Straße, O., mit Erbteil 1/5“.
8 Ausweislich des Grundbuchauszuges vom 30.01.2012 ist seit dem 23.06.2004 die Erbengemeinschaft als
Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch von C. eingetragen (Anlage K4 / Bl. 24-30 d.A.). Auf diesem
lasten noch diverse Verbindlichkeiten, deren Höhe zur Zeit ermittelt wird. Im Übrigen wurden noch nicht
sämtliche Nachlassverbindlichkeiten berichtigt.
9 Mit Beschluss des Amtsgerichts O. vom 24.03.2010 wurde über das Vermögen des Schuldners das
Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dem Schuldner wurde die
Verfügung über sein zur Insolvenzmasse gehörendes gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen für die
Dauer des Insolvenzverfahrens verboten. Daraufhin leitete der Beklagte in der Schweiz das
Sekundärinsolvenzverfahren nach §§ 356 ff. InsO ein, um dort die Teilungsversteigerung des Grundstücks
nach schweizerischem Recht zu betreiben. Zu diesem Zweck erwirkte der Beklagte unter dem 17.04.2014
vor dem Amtsgericht L.-Land eine sogenannte Superprovisorische Verfügung gegen den Schuldner (Anlage
B6 / Bl. 74-76), in der unter anderem ausgeführt wird:
10 „1. Dem Antrag auf Prüfung einer ausländischen Entscheidung, um deren Anerkennung ersucht wird, wird
stattgegeben.
11 §. Der Insolvenzbeschluss des Insolvenzgerichts O., Deutschland, vom 24.03.2010 und demzufolge die
Insolvenz von Dr. med. A. G. werden in der Schweiz anerkannt.
12 §§. Die Entscheidung zur Anerkennung des Insolvenzbeschlusses vom 24.03.2010 wird veröffentlicht und
dem Amt für Vollstreckungen und Insolvenzen in L. zugestellt, damit dieses auf summarischem Wege für die
Insolvenzabwicklung Sorge trägt, beschränkt auf die in der Schweiz befindlichen Güter des
Insolvenzschuldners; außerdem wird die Entscheidung dem Grundbuchamt L. zugestellt.
13 §§§. Dem Amt für Vollstreckungen und Insolvenzen in L. wird der Antrag erteilt, unverzüglich eine
Bestandsaufnahme der in der Schweiz befindlichen Güter von Dr. med. A. G. zu erstellen.
14 §§§§. Dem Grundbuchamt L. wird der Auftrag erteilt, auf der Grundstücksparzelle 878 RFD in C. eine
Einschränkung der Verfügungsbefugnis zu vermerken, beschränkt auf die Erbschaftsbeteiligung von Dr. med.
A. G. von 4/5.“
15 Ausweislich des Grundbuchauszuges vom 03.09.2014 wurde aufgrund dieser Supervisorischen Verfügung
eine Einschränkung der Verfügungsbefugnis beschränkt auf die Erbschaftsbeteiligung des Schuldners in das
Grundbuch eingetragen (Anlage B7 / Bl. 77 d.A.).
16 Mit seiner am 04.11.2014 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass im Rahmen einer
zukünftigen Erbauseinandersetzung das Grundstück im schweizerischen Tessin mitsamt der darauf
lastenden Verbindlichkeiten auf ihn zu Alleineigentum zu übertragen sei. Der Kläger meint, die Erblasserin
habe ihm dieses Grundstück durch testamentarische Teilungsanordnung zugewiesen. Der Beklagte
unterlaufe diese Teilungsanordnung, indem er mit der beabsichtigten Teilungsversteigerung versuche, dass
an die Stelle des in Natur nicht teilbaren Grundstücks eine teilbare Geldsumme trete. Um dem
entgegenzuwirken, habe er ein Interesse an einer Klärung seiner Rechte an dem Grundstück. Der Vorrang
der Leistungsklage stünde der erhobenen Feststellungsklage nicht entgegen, da vor Durchführung des
Auseinandersetzungsplans noch geklärt werden solle, inwieweit die Teilungsanordnung bei der
schuldrechtlichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu berücksichtigen sei.
17 Die Teilungsanordnung sei nach Auffassung des Klägers auch nicht hinfällig geworden. Soweit der Beklagte
behaupte, dass im Hinblick auf die Veräußerung des Grundstücks in F. sich die Miterben abweichend von der
Teilungsanordnung über die Aufteilung des gesamten Nachlasses und damit auch über die Erbquoten des im
Nachlass befindlichen Grundbesitzes geeinigt hätten, werde dies bestritten. Vielmehr sei man
übereinstimmend von bestimmten Werten der Grundstücke ausgegangen, aus welchen sich im Wege der
Auslegung des Testaments zwangsläufig für das Nachlassgericht die entsprechenden Erbquoten von 4/5 für
den Schuldner und 1/5 für den Kläger ergeben hätten. Richtig sei, dass der Kläger die Veräußerung des
Grundstücks in F. noch zu Lebzeiten der Erblasserin eingeleitet habe, um die Pflegekosten für die Erblasserin
finanzieren zu können. Von dem Veräußerungserlös seien dann 120.000,00 EUR auf ein Konto des
Schuldners überwiesen und weitere 60.000,00 EUR zur Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten in
Deutschland verwendet worden. Die verbleibenden 30.000,00 EUR seien von dem Schuldner in die
Sanierung des streitgegenständlichen Grundstücks investiert worden, allerdings nur deshalb, weil ihm die
Erblasserin im Testament auch ein Nutzungsrecht an dem Grundstück eingeräumt habe. Nach Auffassung
des Klägers könne von einer wie auch immer gearteten „Erbauseinandersetzungsvereinbarung“ daher keine
Rede sein; eine solche wäre zudem formunwirksam.
18 Der Kläger beantragt,
19 festzustellen, dass bei der Auseinandersetzung des Nachlasses der am 19.05.2003 in F., ihrem letzten
Wohnsitz, verstorbenen Erblasserin Frau J. L., der Beklagte die Grundstücksparzelle Nr. 878 DGB C.,
Standort C., bestehend aus Wiese, Wald, harter Oberfläche und einem Gebäude - unter Übernahme der auf
dem Objekt lastenden Verbindlichkeiten durch den Kläger - an ihn zu Alleineigentum zu übertragen hat.
20 Der Beklagte beantragt,
21 die Klage abzuweisen.
22 Der Beklagte meint sinngemäß, dass das streitgegenständliche Grundstück als Teil des Erbschaftsvermögens
zur Insolvenzmasse gehöre und dem Kläger im Hinblick auf die Teilungsanordnung kein Aussonderungsrecht
gebühre, weil diese infolge einer bereits erfolgten Erbauseinandersetzung hinfällig geworden sei. Im Rahmen
des in der Schweiz eingeleiteten Sekundärinsolvenzverfahrens gehe es folglich nur noch um die nach
schweizerischem Recht zu beurteilende Teilungsversteigerung zum Zwecke der Tilgung der Verbindlichkeiten
gegenüber den Grundpfandrechtsgläubigern entsprechend §§ 2047 Abs. 1, 2042 Abs. 2, 753 Abs. 1 BGB, §§
180 ff. ZVG. Die Klage sei daher mangels Feststellungsinteresses und Rechtschutzbedürfnisses bereits
unzulässig, in jedem Fall aber unbegründet.
23 Hierzu behauptet der Beklagte, dass sich die Miterben abweichend von der testamentarischen
Teilungsanordnung dahin geeinigt hätten, dass das Grundstück in F. nicht auf den Schuldner übertragen,
sondern von dem Kläger veräußert und der gesamte Veräußerungserlös zur Entschuldung und umfassenden
Sanierung des streitgegenständlichen Grundstücks verwandt werde, an dem als Erbteil der Schuldner 4/5
und der Kläger 1/5 habe erhalten sollen. Zur Begründung beruft sich der Beklagte auf die im Erbschein
ausgewiesenen Erbquoten und auf die Grundbucheintragung der Erbengemeinschaft als Eigentümer des
streitgegenständlichen Grundstücks. Der Beklagte meint, dass gemäß § 2365 BGB bzw. § 891 Abs. 1 BGB
die Vermutung bestünde, dass der Kläger nur „als Miterbe in Erbengemeinschaft Eigentümer“ des
Grundstücks geworden sei und er deswegen keinesfalls die Übertragung zu Alleineigentum beanspruchen
könne.
24 Ferner behauptet der Beklagte, dass die Miterben stillschweigend eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
gegründet hätten, indem sie seit dem Erbfall die gesamthänderische Bindung einverständlich
aufrechterhalten würden. So würden sie das Ferienhaus in der Schweiz gemeinsam nutzen und hätten
jeweils Eigenmittel für dessen Entschuldung und Sanierung aufgewandt. Der Beklagte erkennt hierin
ebenfalls eine Erbauseinandersetzung, durch die die Teilungsanordnung hinfällig geworden sei. Die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners führe nach seiner Auffassung gemäß
§ 728 Abs. 2 BGB zur Auflösung jener Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Folge der
Teilungsversteigerung gemäß §§ 731 Satz 2, 752, 753 BGB i.V.m. §§ 180 ff ZVG.
25 Der Beklagte vertritt die Meinung, dass die von ihm behauptete „Erbauseinandersetzungsvereinbarung“
nicht der notariellen Beurkundung bedurft hätte, jedenfalls die Berufung auf ein solches Formerfordernis
durch den Kläger rechtsmissbräuchlich sei. Sähe man dies anders, so hätte sich die Erbengemeinschaft
hinsichtlich des Grundstücks F. nicht formwirksam auseinandersetzen können, so dass die Klage auf
Abschluss eines konkreten schuldrechtlichen Auseinandersetzungsplans zu richten sei, der den gesamten
Nachlass umfassen müsse. Schließlich erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung und der Verwirkung.
26 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat am 08.02.2015 (Bl. 223 d.A.) und am 17.07.2015
(Bl. 269 d.A.) diverse Hinweise erteilt.
Entscheidungsgründe
27 1. Die Klage ist zulässig und begründet.
28 a) Die Klage ist zulässig.
29 aa) Das angerufene Gericht ist gemäß § 27 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig. Nach dieser Vorschrift können
Klagen, welche die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, vor dem Gericht erhoben werden, bei dem
der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. Der Kläger hat auf
richterlichen Hinweis vom 08.02.2015 nunmehr klargestellt, dass er einen Auseinandersetzungsanspruch
aufgrund einer Teilungsanordnung der Erblasserin geltend macht. Die Erblasserin hatte zur Zeit ihres Todes
ihren Wohnsitz im hiesigen Bezirk. Damit ist der besondere Gerichtsstand der Erbschaft eröffnet. Die
Belegenheit des Grundstücks im Ausland steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 05.04.1968 - V ZR
18/68, juris Rn. 20).
30 bb) Es besteht auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Parteien
verbindet als Miterben ein Rechtsverhältnis. Der Beklagte berühmt sich eines Rechts auf
Teilungsversteigerung im Rahmen des in der Schweiz eingeleiteten Sekundärinsolvenzverfahrens. Hierdurch
würde die Teilungsanordnung, aus der der Kläger ein Recht auf Übertragung des Grundstücks zu
Alleineigentum herleitet, unterlaufen werden, da anstelle des in Natur nicht teilbaren Grundstücks eine
teilbare Geldsumme träte. Um dem entgegenzuwirken, hat der Kläger ein rechtliches Interesse daran, dass
als Teilaspekt und zur Förderung der komplexen Erbauseinandersetzung die Rechtsverhältnisse an dem
Grundstück einer verbindlichen Klärung zugeführt werden.
31 cc) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Zwar ist
das Interesse eines Klägers an der alsbaldigen Feststellung eines Rechtsverhältnisses in der Regel dann nicht
gegeben, wenn er die Möglichkeit hat, den Leistungsanspruch sofort geltend zu machen. Von diesem
Grundsatz hat die Rechtsprechung aber eine Reihe wichtiger Ausnahmen aus der Erwägung heraus
zugelassen, dass der Kläger trotz der Möglichkeit der Erhebung der Leistungsklage ein schutzwürdiges
Interesse an der begehrten Feststellung haben könnte. Das wird vor allem für die Auseinandersetzung
zwischen Miterben und Gesellschaftern angenommen. Dem Miterben oder Gesellschafter geht es in der
Regel darum, zur Vorbereitung der Auseinandersetzung diejenigen Punkte durch eine gerichtliche
Entscheidung zu klären, die zwischen den Beteiligten streitig sind. Hierfür ist die Feststellungsklage
gegenüber der Leistungsklage der einfachere und billigere Weg und deshalb das prozesswirtschaftlich
sinnvollere Verfahren, so dass in solchen Fällen das Feststellungsinteresse des Klägers trotz der Möglichkeit
der Leistungsklage anzuerkennen ist (BGH, Urt. v. 06.06.1951 - II ZR 24/50, juris Rn. 10; BGH, Urt. v.
27.06.1990 - IV ZR 104/89, juris Rn. 8; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.10.2013 - 3 U 577/13, juris Rn. 45;
Greger, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 256 Rn. 11).
32 So liegt der Fall auch hier. Wollte der Kläger eine Leistungsklage erheben, so wäre diese auf die Abgabe einer
gemäß § 894 ZPO vollstreckbaren Willenserklärung gerichtet. Dabei müsste der Kläger die gesamten
Modalitäten der Erbauseinandersetzung vorweg nehmen, da eine Teilungsreife des Nachlasses unstreitig
nicht besteht. Es wäre notwendig, die Wertverhältnisse der einzelnen Nachlassgegenstände einzubeziehen.
Ohne Einholung mehrerer Wertgutachten wäre dies nicht möglich. Unter diesen Umständen ist dem Kläger
die Erhebung einer Leistungsklage daher nicht zumutbar.
33 dd) Schließlich ist ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei objektiv sinnlosen
Klagen, d.h. wenn der Kläger kein schutzwürdiges Interesse an dem begehrten Urteil haben kann. Dies kann
aber nur unter ganz besonderen Umständen bejaht werden, denn grundsätzlich hat jeder Rechtsuchende
einen öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf, dass die Gerichte sein Anliegen sachlich prüfen und bescheiden
(Greger, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, vor § 253 Rn. 18).
34 Derartige besondere Umstände, die ein Rechtsschutzbedürfnis entfallen ließen, liegen nicht vor. Soweit der
Beklagte sich darauf beruft, dass er in der Schweiz ein Sekundärinsolvenzverfahren eingeleitet habe,
welches die Teilungsversteigerung vorsehe, verkennt er, dass der Kläger mit der vorliegenden Klage gerade
deren Durchführung verhindern möchte. Ein Rechtsschutzbedürfnis wäre also nur dann zu verneinen, wenn
die Teilungsversteigerung bereits betrieben worden wäre oder sonst rechtskräftig feststünde, dass der
Beklagte die Teilungsversteigerung betreiben darf. Bislang ist jedoch nur im Rahmen einstweiligen
Rechtsschutzes aufgrund der in der Schweiz erwirkten Superprovisorischen Verfügung vom 17.04.2014 eine
Einschränkung der Verfügungsbefugnis beschränkt auf die Erbschaftsbeteiligung des Schuldners in das
Grundbuch eingetragen worden.
35 b) Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gemäß §§ 2042 Abs. 1, 2048 Satz 1 BGB i.V.m. dem
Testament gegen den Beklagten einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, das
streitgegenständliche Grundstück mitsamt der darauf lastenden Verbindlichkeiten im Rahmen einer
zukünftigen Erbauseinandersetzung auf den Kläger zu Alleineigentum zu übertragen.
36 aa) Zunächst ist festzustellen, dass sich die Auseinandersetzung gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO außerhalb
des Insolvenzverfahrens nach den für die Erbengemeinschaft geltenden §§ 2042 ff. BGB vollzieht. Zwar fällt
gemäß § 35 Abs. 1 InsO auch Erbschaftsvermögen des Schuldners in die Insolvenzmasse, sobald der
Schuldner - wie hier durch Beantragung des Erbscheins am 11.02.2004 - die Erbschaft angenommen hat
(Peters, in: MünchKomm-Inso, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 430). Der Schuldner gehört aber - wie noch
auszuführen sein wird - einer ungeteilten Erbengemeinschaft an. Aus § 36 Abs. 1 InsO i.V.m. § 859 Abs. 1,
Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass damit nur sein Anteil an dem Nachlass, nicht aber das Nachlassgrundstück als
solches in die Insolvenzmasse fällt (BGH, Urt. v. 19.05.2011 - V ZB 197/10, juris Rn. 9; Bergmann/Gehrlein,
in: MünchKomm-InsO, 3. Aufl. 2013, § 84 Rn. 17). § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO stellt deshalb klar, dass die
Teilung oder sonstige Auseinandersetzung einer zwischen dem Schuldner und einem Dritten bestehenden
Gemeinschaft nach Bruchteilen, einer anderen Gemeinschaft oder einer Gesellschaft ohne
Rechtspersönlichkeit außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt.
37 Will der Insolvenzverwalter den Anteil des Schuldners für die Masse realisieren, so kann er seinerseits die
Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft betreiben und das Auseinandersetzungsguthaben des
insolventen Erben zur Masse ziehen. Hierauf zielt letztlich der Plan des Beklagten, das Grundstück in der
Schweiz einer Teilungsversteigerung zuzuführen. Daraus folgt nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht,
dass sich der Kläger auf einen Anteil am Versteigerungserlös verweisen lassen muss, weil ihm - wie noch
auszuführen sein wird - das Grundstück durch Teilungsanordnung zugewiesen ist. Aus § 84 Abs. 2 Satz 1
und 2 InsO kann der Beklagte kein vorrangiges Recht herleiten. Diese Vorschrift erlaubt es dem
Insolvenzverwalter lediglich, die Auseinandersetzung auch dann zu betreiben, wenn der Erblasser gemäß §
2044 Abs. 1 Satz 2 BGB die Auseinandersetzung ausgeschlossen hatte (Bergmann/Gehrlein, in:
MünchKomm-InsO, 3. Aufl. 2013, § 84 Rn. 21 f.; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl. 2015, § 84 Rn. 27;
Eckardt, in: Jaeger, InsO, 2007, § 84 Rn. 9 und 58; Webel in: Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 84 InsO
Rn. 11).
38 bb) Der Sache nach begehrt der Kläger eine gegenständliche Teilauseinandersetzung.
39 (1) Im Ausgangspunkt ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass eine gegenständliche
Teilauseinandersetzung grundsätzlich der Zustimmung sämtlicher Miterben bedarf, es sei denn, es liegen
besondere Gründe vor, die eine Zustimmung der Miterben entbehrlich machen. Das ist der Fall, wenn eine
verständige Verwaltung des Nachlasses die gegenständliche Teilauseinandersetzung erfordert und
schutzwürdige Interessen widersprechender Miterben oder Belange der Gemeinschaft nicht verletzt werden
(BGH, Urt. v. 13.03.1963 - V ZR 208/61, juris Rn. 10; OLG Rostock, Beschl. v. 27.03.2009 - 3 W 18/09, juris
Rn. 9; Ann, in: MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2013, § 2042 Rn. 19). Der Beklagte hat die Zustimmung des
Schuldners zur gegenständlichen Teilauseinandersetzung verweigert. Hierzu war er an sich auch berechtigt,
da der Kläger keine besonderen Gründe vorgetragen hat, die eine Zustimmung des Beklagten entbehrlich
machen würden.
40 (2) Die Besonderheit des Streitfalls liegt allerdings darin, dass der Kläger seinen Anspruch auf eine
Teilungsanordnung in dem Testament der Erblasserin stützt. Teilungsanordnungen des Erblassers nach §
2048 BGB sind schuldrechtlich wirkende Anweisungen für die dingliche Teilung des Nachlasses. Sie ersetzen
im Umfang ihrer Wirkung die gesetzlichen Regeln und sind von den Miterben stets zu beachten, da sie
insoweit auch den Teilungsplan ersetzen. Jeder Miterbe hat daher Anspruch auf ihre Einhaltung bei der
Auseinandersetzung (BGH, Urt. v. 14.03.1984 - IVa ZR 87/82, juris Rn. 13; OLG München, Urt. v.
24.01.1991 - 29 U 4906/90, juris Rn. 46 OLG Rostock, Urt. v. 04.02.2014 - 12 U 144/13, juris Rn. 15;
Weidlich, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2042 Rn. 7).
41 Die Erblasserin hat in dem Testament den Kläger und den Schuldner als Erben eingesetzt und das
streitgegenständliche Grundstück dem Kläger zugewiesen. Dies wird von den Parteien zutreffend als eine
Teilungsanordnung und nicht als Vorausvermächtnis angesehen.
42 Somit kann der Kläger von dem Beklagten verlangen, dass dieser im Rahmen einer künftigen
Erbauseinandersetzung an dem dinglichen Vollzug der Teilungsanordnung mitwirkt und das Grundstück
mitsamt der darauf lastenden Verbindlichkeiten zu Alleineigentum auf ihn überträgt (vgl. Weidlich, in:
Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2042 Rn. 21). So versteht sich auch die klarstellende Formulierung im
Hauptausspruch.
43 cc) Ohne Erfolg wendet nun der Beklagte ein, dass sich die Erbengemeinschaft bereits auseinandergesetzt
habe und die Teilungsanordnung damit hinfällig geworden sei. Wie bereits eingangs erwähnt, bewirkt die
Teilungsanordnung nach § 137 Satz 1 BGB keine dingliche Zuordnung, sondern begründet nur gegenseitige
Verpflichtungen der Miterben für die Auseinandersetzung (RGZ 110, 271, 274; BGH, Urt. v. 17.04.2002 - IV
ZR 226/00, juris Rn. 11; Weidlich, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2048 Rn. 4), so dass sich die Miterben
einvernehmlich über sie hinwegsetzen können (Schlüter, in: Ermann, BGB, 10 Aufl. 2006, § 2048 Rn. 9;
Werner, in: Staudinger, BGB, 2010, § 2048 Rn. 3). Hierfür kommen nach dem Vortrag des Beklagten
entweder ein Erbauseinandersetzungsvertrag oder ein Gesellschaftsvertrag, mit dem sich die
Erbengemeinschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts „umwandelt“, in Betracht. Das erkennende
Gericht ist der Überzeugung, dass ein solcher Vertrag nicht, jedenfalls nicht formwirksam zustande
gekommen ist.
44 (1) Das Zustandekommen eines Erbauseinandersetzungsvertrages lässt sich nicht feststellen. Zumindest
wäre ein solcher gemäß § 311b Abs. 1 BGB i.V.m. § 125 Satz 1 BGB mangels notarieller Beurkundung
formnichtig.
45 (a) Der Beklagte trägt zum Zustandekommen eines Erbauseinandersetzungsvertrages im Wesentlichen vor,
dass sich die Miterben abweichend von der Teilungsanordnung dahin geeinigt hätten, dass das Grundstück in
F. nicht auf den Schuldner übertragen, sondern von dem Kläger veräußert werde, um sodann den gesamten
Veräußerungserlös für die Entschuldung und umfassende Sanierung des streitgegenständlichen Grundstücks
zu verwenden, an dem als Erbteile der Schuldner 4/5 und der Kläger 1/5 habe erhalten sollen. Die von dem
Beklagten bemühten Argumente vermögen das Gericht von dem Zustandekommen eines
Erbauseinandersetzungsvertrages indes nicht zu überzeugen.
46 Der Verweis auf den öffentlichen Glauben des Erbscheins ist bereits im Ansatz verfehlt. Die Vermutung des §
2365 BGB erstreckt sich positiv auf das bezeugte Erbrecht, negativ darauf, dass der Erbe durch nicht
bezeugte Anordnungen nicht beschränkt ist. Umstände, die außerhalb des Aussagebereichs des Erbscheins
liegen, werden von der Vermutung nicht erfasst (Mayer, in: MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2013, § 2365 Rn.
16). Gemäß § 2357 Abs. 2 BGB hätte eine Nachlassberechtigung des Klägers an dem Grundstück in dem
Erbschein nicht eingetragen werden können. Die Vorschrift betrifft die Erbteile als Bruchteile, nicht jedoch
die Nachlassberechtigung des Erben an einzelnen Gegenständen, mag der Erblasser auch eine
entsprechende Teilungsanordnung getroffen haben (Hoeren, in: Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 2357 Rn. 3;
Mayer, in: MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2013, § 2357 Rn. 6). Folglich kann nicht bereits aus den im Erbschein
ausgewiesenen Erbquoten darauf geschlossen werden, dass sich die Miterben abweichend von der
Teilungsanordnung auf bestimmte Erbquoten an dem Grundstück geeinigt haben.
47 Auch der Verweis auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs geht ins Leere. § 891 Abs. 1 BGB schafft
eine widerlegbare Vermutung dafür, dass im Grundbuch eingetragene dingliche Rechte für den
eingetragenen Berechtigten bestehen. Das Grundbuch weist die Erbengemeinschaft als Eigentümer des
Grundstücks aus. Dies lässt darauf schließen, dass es sich noch um eine ungeteilte Erbengemeinschaft
handelt. Hätte sich die Erbengemeinschaft - wie von dem Beklagten behauptet - bereits auseinandergesetzt,
hätte es nahegelegen, dass der Kläger und der Schuldner als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen sind.
48 Soweit der Beklagte schließlich auf diverse Korrespondenz zwischen den Miterben sowie zwischen dem
Schuldner und seinem Steuerberater Bezug nimmt, mögen sich daraus gewisse Indizien für die von ihm
behauptete Erbauseinandersetzung ergeben. Das Gericht war jedoch nicht veranlasst, den einzelnen
Beweisangeboten nachzugehen, da sich ein etwaiger Erbauseinandersetzungsvertrag in jedem Fall als
formnichtig erweisen würde.
49 (b) Ein Erbauseinandersetzungsvertrag ist grundsätzlich formfrei, es sei denn, er enthält Abreden, die aus
anderen Gründen formbedürftig sind (Ann, in: MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2013, § 2042 Rn. 36; Weidlich, in:
Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2042 Rn. 12). Läge ein Erbauseinandersetzungsvertrag vor, so bedürfte
dieser gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung. Formbedürftig sind danach alle
Verpflichtungsgeschäfte, die auf die Übertragung oder den Erwerb von Grundbesitz gerichtet sind.
Erforderlich ist, dass das Verpflichtungsgeschäft auf die Änderung der Eigentumsordnung abzielt. Dies ist
auch dann der Fall, wenn die Eigentümer identisch sind, aber die Eigentumsordnung unter ihnen
verschieden ist (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 311b Rn. 7; Kanzleiter, in: MünchKomm-BGB,
6. Aufl. 2012, § 311b Rn. 17).
50 Deshalb bedürfte im Streitfall der notariellen Beurkundung selbst die Verpflichtung der Miterben, den
erbengemeinschaftlichen Grundbesitz in Miteigentum zu überführen (vgl. RGZ 57, 432; RGZ 129, 123;
Eberl-Borges, Die Erbauseinandersetzung, S. 168; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 311b Rn.
8; Kanzleiter, in: MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2012, § 311b Rn. 17). Mangels notarieller Beurkundung würde
sich ein etwaiger Erbauseinandersetzungsvertrag daher gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 125 Satz
1 BGB als formnichtig erweisen. Eine Heilung des Formmangels durch Auflassung und Eintragung im
Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB scheidet ersichtlich aus. Dem Kläger ist es - wie noch
auszuführen sein wird - nach § 242 BGB auch nicht verwehrt, sich auf die Formnichtigkeit zu berufen.
51 (2) Auch eine Erbauseinandersetzung kraft identitätswahrender Umwandlung der Erbengemeinschaft in
eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts liegt nicht vor.
52 Nach vereinzelten Stimmen im Schrifttum soll sich eine Erbengemeinschaft bereits dadurch
auseinandersetzen können, dass die Miterben einverständlich die Fortsetzung der gesamthänderischen
Bindung auf Zeit oder Dauer beschließen. Dies habe zur Folge, dass sich die Erbengemeinschaft in eine
vertraglich vereinbarte Gesamthandsgemeinschaft, d.h. in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
identitätswahrend umwandle (Ganßmüller, DNotZ 1955, 172; Werner, in: Staudinger, BGB, 2010, § 2042
Rn. 29; Wolf, in: Soergel, BGB, Bd. 21, Stand Januar 2002, § 2042 Rn. 28). Wegen der Personenidentität der
Gemeinschafter bedürfte es in diesem Fall einer Übertragung der Vermögenswerte auf die neue
Gemeinschaft und damit der notariellen Beurkundung gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB nicht (vgl. Werner,
in: Staudinger, BGB, 2010, § 2042 Rn. 29).
53 Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Sie widerspricht bereits dem § 1 Abs. 2 UmwG (Becker,
FamRZ 2014, 1756, 1760; Eberl-Borges, Die Erbauseinandersetzung, S. 283 f.; Gergen, in: MünchKomm-
BGB, 6. Aufl. 2013, § 2032 Rn. 32). Danach ist eine Umwandlung außer in den in dem Umwandlungsgesetz
geregelten Fällen nur möglich, wenn sie durch ein anderes Bundesgesetz oder ein Landesgesetz
ausdrücklich vorgesehen ist. Für eine identitätswahrende Umwandlung stehen nicht die Mittel des § 1 Abs. 1
UmwG zur Verfügung. Die Erbengemeinschaft ist nicht als verschmelzungsfähiger Rechtsträger in § 3
UmwG, als spaltungsfähiger Rechtsträger in § 124 UmwG, als einbezogener Rechtsträger eines
Formwechsels in § 191 UmwG bzw. als beteiligter Rechtsträger einer Vermögensübertragung in § 175
UmwG genannt. § 1 Abs. 1 UmwG ist als abschließende Regelung zu verstehen und erfasst die
Erbengemeinschaft als umwandlungsfähigen Rechtsträger nicht (Drygala, in: Lutter, UmwG. 5. Aufl. 2014, §
1 Rn. 3; Heckschen, in: Widmann/Mayer, UmwG, 2002, 150. Lfg., § 1 Rn. 75). Die von der Gegenauffassung
zitierten Stellungnahmen stammen vornehmlich aus der Zeit vor dem Jahr 2006 als das neue
Umwandlungsgesetz noch nicht galt. Im Umwandlungsgesetz in der Fassung vom 06.11.1969 war eine dem
heutigen § 1 Abs. 2 UmwG entsprechende Norm nicht enthalten.
54 Die identitätswahrende Umwandlung scheitert im Übrigen daran, dass kein strukturgleicher Rechtsträger
vorliegt (BFH, Urt. v. 13.11.1974 - II R 26/74, juris Rn. 8 f.). Die Erbengemeinschaft ist eine
Zufallsgemeinschaft auf gesetzlicher Grundlage. Ein gemeinsamer Zweck fehlt. Angelegt ist die
Erbengemeinschaft von vornherein auf ihre Beendigung durch Erbauseinandersetzung. Anders verhält es
sich mit den Personengesellschaften, die auf Willensübereinstimmung beruhen und einen gemeinsamen
Zweck verfolgen. Abgesehen von Gelegenheitsgesellschaften sind sie grundsätzlich auf Dauer angelegt.
Daher wird eine Identität zwischen der Personengesellschaft und der früheren Erbengemeinschaft nicht
etwa dadurch hergestellt, dass das Eigentum an Grundstücken der Erbengemeinschaft durch Übertragung
der Erbteile auf die Personengesellschaft ohne Auflassung und Eigentumsumschreibung übergeht.
55 Nach allem ist eine identitätswahrende Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts nicht möglich.
56 (3) Damit kommt nur eine „Umwandlung“ der Erbengemeinschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
im Wege der Einzelrechtsnachfolge, d.h. durch Gründung der Gesellschaft und Einlageleistung in Betracht.
Nach dem Vortrag des Beklagten lässt sich schon nicht der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages
feststellen. In jedem Fall wäre ein solcher mangels notarieller Beurkundung gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1
BGB i.V.m. § 125 Satz 1 BGB formnichtig.
57 (a) Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die gemeinschaftliche Fortführung eines Handelsgeschäfts
durch die Erben nicht ohne weiteres die Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine offene
Handelsgesellschaft darstellt, sondern dass zur Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft auch in diesem
Fall stets der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages erforderlich ist (BGH, Urt. v. 17.01.1951 - II ZR 16/50,
juris Rn. 16; BGH, Urt. v. 08.10.1984 - II ZR 223/83, juris Rn. 17 und 20; K. Schmidt, in: Handelsrecht, 5.
Aufl. 1999, S. 104 f.). Alles andere liefe auf eine bloße Fiktion von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen
hinaus, die dem tatsächlichen Willen der Miterben oft Gewalt antun würde. Nach Auffassung des Gerichts
kann nichts anderes für die vom Beklagten behauptete „Umwandlung“ der Erbengemeinschaft in eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch fortwährende gemeinsame Nutzung des Grundstücks und
andauernde dingliche Berechtigung der „Gemeinschaft“ gelten. Denn den Miterben bleibt es unbenommen,
die Erbengemeinschaft zeitlich unbeschränkt fortzuführen. Es muss daher der gemeinsame Wille der
Miterben ersichtlich sein, sich zum Zwecke des Haltens und Verwaltens des Grundstücks als Gesellschaft
zusammenzuschließen (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.1951 - II ZR 16/50, juris Rn. 16).
58 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich bereits nach dem Vortrag des Beklagten der
stillschweigende Abschluss eines Gesellschaftsvertrages nicht feststellen. Aufgrund der verwandtschaftlichen
Beziehung der Miterben und des Umstandes, dass dem Schuldner in dem Testament eine Art
„Nutzungsrecht“ an dem Grundstück eingeräumt worden ist, erscheint es dem Gericht vielmehr
verständlich und nachvollziehbar, dass die Miterben das Grundstück gemeinsam nutzen. Zum Zeitraum und
Umfang der gemeinsamen Nutzung, geschweige denn zu etwaigen daraus erwachsenden vertraglichen
Berechtigungen und Verpflichtungen der Miterben, trägt der Beklagte nicht ansatzweise vor. Von daher
stellt sich für das erkennende Gericht das Rechtsverhältnis ebenso gut als ungeteilte Erbengemeinschaft dar.
Hierfür spricht indiziell auch der Umstand, dass die Miterben von der Überlegung, das Grundstück
schenkungsweise auf ihre Kinder zu übertragen, wieder Abstand genommen haben, es also beim
ursprünglichen Zustand nach dem Erbfall bleiben sollte.
59 (b) Selbst wenn man von der stillschweigenden Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausginge,
erwiese sich der Gesellschaftsvertrag mangels notarieller Beurkundung gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB
i.V.m. § 125 Satz 1 BGB wiederum als formnichtig. Denn auch mit der Verpflichtung der Miterben, den
erbengemeinschaftlichen Grundbesitz in eine unter ihnen zu bildende Gesellschaft zu überführen, wäre eine
Änderung der Eigentumszuordnung verbunden (KG DR 1940, 977; Eberl-Borges, Die
Erbauseinandersetzung, S. 168; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 311b Rn. 8; Kanzleiter, in:
MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2012, § 311b Rn. 17).
60 dd) Steht somit fest, dass der Kläger einen Auseinandersetzungsanspruch aufgrund einer fortbestehenden
Teilungsanordnung hat, geht die hiergegen gerichtete Einrede der Verjährung ins Leere. Während der durch
einen Erbauseinandersetzungsvertrag begründete Anspruch der Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB
unterliegt, ist nämlich der Anspruch auf Auseinandersetzung als solcher gemäß § 2042 Abs. 2 BGB i.V.m. §
758 Abs. 2 BGB unverjährbar (OLG Rostock, Urt. v. 26.02.2009 - 3 U 212/08, juris Rn. 11; Ann, in:
MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2013, § 2042 Rn. 9; Weidlich, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2042 Rn. 2).
61 ee) Der Anspruch des Beklagten ist auch nicht etwa gemäß § 242 BGB verwirkt. Ein Recht ist verwirkt,
wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf
das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass
dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (BGH, Urt. v. 15.09.2010 - XII ZR
148/09, juris Rn. 23; BGH, Urt. v. 23.01.2014 - VII ZR 177/13, juris Rn. 13; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74.
Aufl. 2015, § 242 Rn. 87).
62 Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. In Parallelwertung zu § 196 BGB sind dem Kläger mindestens 10
Jahre zuzubilligen, seinen Anspruch im Klagewege geltend zu machen. Seit dem Erbfall sind gerade einmal
12 Jahre verstrichen, so dass bereits erhebliche Zweifel am „Zeitmoment“ bestehen. Zum
„Umstandsmoment“ trägt der Beklagte schon gar nicht vor. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der
Gesetzgeber den Anspruch auf Auseinandersetzung als unverjährbar ausgestaltet hat. Daraus folgt, dass
eine Verwirkung nur angenommen werden kann, wenn sich die Auseinandersetzung als schlechthin
unerträglich darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2007 - V ZR 190/06, juris Rn. 10). Hierzu trägt der Beklagte
ebenfalls nichts vor und ist auch sonst nichts ersichtlich.
63 ff) Das Verhalten des Klägers erweist sich schließlich nicht als unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB.
64 (1) Dem Kläger ist es nicht unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf die
Formnichtigkeit eines etwaigen Erbauseinandersetzungs- oder Gesellschaftsvertrages zu berufen.
65 Gesetzliche Formvorschriften dürfen im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen
Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn es nach den
Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das
Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen. Ist das der Fall, ist das Rechtsgeschäft als gültig zu
behandeln. Nach der zu § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Rechtsprechung muss das betreffende
Rechtsgeschäft, abgesehen vom Formmangel, gültig und hinreichend bestimmt sein. Außerdem muss die
Partei, die am Rechtsgeschäft festhalten will, auf die Formgültigkeit vertraut haben. Schließlich muss die
Berücksichtigung des Formmangels zu einem untragbaren Ergebnis führen (zusammenfassend BGH, Urt. v.
25.02.1966 - V ZR 126/64, juris Rn. 16; BGH, Urt. v. 21.03.1969 - V ZR 87/67, juris Rn. 27; Ellenberger, in:
Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 125 Rn. 22 und 24-26).
66 Dies zugrunde gelegt, erweist sich die Berufung des Klägers auf die Formnichtigkeit nicht als treuwidrig.
Zunächst ist festzustellen, dass dem Beklagten als Insolvenzverwalter nicht mehr und keine anderen Rechte
zustehen als dem Schuldner (Mock, in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl. 2015, § 80 Rn. 69). Daher ist darauf
abzustellen, ob sich der Kläger mit der Berufung auf die Formnichtigkeit gegenüber dem Schuldner
widersprüchlich verhielte. Das ist offenkundig nicht der Fall.
67 Dass der Schuldner auf die Formgültigkeit eines etwaigen Erbauseinandersetzungs- oder
Gesellschaftsvertrages vertraut hat, wird von dem Beklagten schon nicht behauptet. Im Gegenteil lässt der
Beklagte anklingen, dass der Schuldner Teile seines Vermögens der Insolvenzmasse habe entziehen wollen,
was nahelegt, dass die Miterben bei der angeblichen Vertragsgestaltung bewusst von dem gesetzlichen
Formerfordernis abgewichen sind. Im Übrigen lässt sich nicht feststellen, dass eine Berücksichtigung des
Formmangels zu untragbaren Ergebnissen führen würde. Keine der hierzu entwickelten Fallgruppen -
Überlegenheit einer Partei, einseitige Vorteilsziehung, längerer Zeitablauf, Verfolgung sachfremder Motive,
geringes Gewicht des Formverstoßes (vgl. Armbrüster, NJW 2007, 3317 ff.) - kommt auch nur ansatzweise
in Betracht.
68 (2) Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, dass sich der Kläger mit der Veräußerung des Grundstücks in F.
über die Teilungsanordnung hinweggesetzt habe, während er sich hinsichtlich des streitgegenständlichen
Grundstücks auf die Teilungsanordnung berufe. Auch hieraus folgt keine unzulässige Rechtsausübung wegen
widersprüchlichen Verhaltens.
69 Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Missbräuchlich ist widersprüchliches
Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist, oder wenn besondere
Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Es muss objektiv das Gesamtbild eines
widersprüchlichen Verhaltens vorliegen, weil das frühere Verhalten mit dem späteren unvereinbar ist und
die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig sind (BGH, Urt. v. 15.11.2012 -
IX ZR 103/11, juris Rn. 12; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 242 Rn. 55).
70 Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob - wie von dem
Kläger behauptet - die Veräußerung des Grundstücks in F. noch zu Lebzeiten der Erblasserin eingeleitet
wurde, um die Pflegekosten für sie finanzieren zu können, was gegen die Behauptung des Beklagten
spräche, dass sich der Kläger bereits einmal über die Teilungsanordnung hinweggesetzt habe und sich
nunmehr widersprüchlich verhalte. In jedem Fall ist nicht hinreichend dargelegt, dass der Beklagte ein
vorrangiges schutzwürdiges Interesse daran hat, unter Abweichung von der Teilungsanordnung und gegen
den Willen des Klägers die Teilungsversteigerung zu betreiben. Ein solches Interesse wäre bspw.
anzunehmen, wenn es dem Beklagten darum ginge, einen schweren Schaden vom Nachlass abzuwenden
(vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.02.2014 - 12 U 144/13, juris Rn. 16). Soweit sich der Beklagte pauschal auf
einen entsprechenden „schweren Nachteil für die Insolvenzmasse“ beruft, bleibt er eine nähere Erklärung
schuldig. Allein die Einleitung des Sekundärinsolvenzverfahrens mit dem Ziel einer Teilungsversteigerung
genügt nach Auffassung des Gerichts nicht, die Interessen des Klägers hinter denen der Gläubigergesamtheit
zurücktreten zu lassen. Denn § 84 Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO räumt dem Insolvenzverwalter nicht per se ein
vorrangiges Recht ein, die Erbauseinandersetzung zu betreiben.
71 (3) Der Kläger ist mit seinem Anspruch schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt arglistigen Verhaltens
ausgeschlossen.
72 Es ist allgemein anerkannt, dass die Arglisteinrede dem Auseinandersetzungsanspruch eines Miterben
entgegensteht, wenn er den geforderten Betrag bei der Vollauseinandersetzung ganz oder teilweise wieder
zurückgeben müsste (OLG Celle, Urt. v. 30.01.2003 - 6 U 106/02, juris Rn. 13 f.; Ann, in: MünchKomm-BGB,
6. Aufl. 2013, § 2042 Rn. 19; Werner, in: Staudinger, BGB, 2010, § 2042 Rn. 59). Hierzu lässt sich dem
Vortrag des Beklagten allenfalls andeutungsweise entnehmen, dass Schuldnervermögen an dem Beklagten
vorbei auf den Kläger übertragen werden soll. Ob und ggf. welche Rückgewähransprüche hieraus erwachsen
sollen, ist jedoch nicht ersichtlich. Dem Gericht war es daher schon aufgrund seiner Neutralitätspflicht
verwehrt, durch richterlichen Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 ZPO auf einen entsprechenden Vortrag
hinzuwirken.
73 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709
Satz 1 und 2 ZPO.