Urteil des LG Rottweil vom 30.05.2016

vertreter, amtshandlung, befangenheit, grundstück

LG Rottweil Beschluß vom 30.5.2016, 1 T 55/16
Verfahrensfehler im Nichtabhilfeverfahren: Nichtabhilfe trotz Ablehnungsgesuchs
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner Ziffer 1 und 2 wird der Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss des
Amtsgerichts Rottweil vom 28.04.2016, Az. K 30/15, aufgehoben und die Sache zur erneuten
Abhilfeentscheidung an das Amtsgericht Rottweil zurückverwiesen.
Gründe
I.
1 Mit Beschluss vom 22.03.2016 hat das Amtsgericht Rottweil durch den Rechtspfleger H. im Rahmen eines
Zwangsversteigerungsverfahrens das Grundstück der Schuldner Ziffer 1 und 2 an Herrn K. K. zugeschlagen
(Bl. 259 ff. d.A.). Gegen diesen ihnen am 23.03.2016 bzw. 29.03.2016 zugestellten Beschluss haben die
Schuldner Ziffer 1 und 2 mit am 04.04.2016 beim Amtsgericht Rottweil eingegangenen Schriftsatz sofortige
Beschwerde eingelegt und gleichzeitig den Rechtspfleger H. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Bl.
279 d.A.). Nach dienstlicher Äußerung des abgelehnten Rechtspflegers vom 15.04.2016 (Bl. 309 d.A.) hat mit
Beschluss vom 27.04.2016 das Amtsgericht Rottweil durch die Richterin am Amtsgericht J. das
Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 324 ff. d.A.). Sodann hat der Rechtspfleger H. mit
Beschluss vom 28.04.2016 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und zur weiteren Entscheidung dem
Landgericht Rottweil vorgelegt (Bl. 339 d.A.). Mit Schriftsatz vom 11.05.2016, beim Amtsgericht Rottweil
spätestens eingegangen am 12.05.2016, haben die Schuldner Ziffer 1 und 2 gegen den Beschluss vom
27.04.2016 sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
2 Das Landgericht Rottweil als Beschwerdegericht sieht sich an einer Entscheidung in der Sache gehindert, da
das Nichtabhilfeverfahren gemäß § 572 Abs. 1 ZPO, § 11 RPflG verfahrensfehlerhaft durchgeführt wurde.
3 Rechtspfleger H. war es gemäß § 47 Abs. 1 ZPO, § 10 RPflG verboten, über die Nichtabhilfe der sofortigen
Beschwerde selber zu entscheiden, weil über sein Ablehnungsgesuch noch nicht rechtskräftig entschieden
worden ist und es sich bei der (Nicht-)Abhilfeentscheidung auch nicht um eine unaufschiebbare Handlung
handelt (vgl. Stöber, ZVG, 20. Aufl. 2012, Einleitung Rn. 26.2). Die entgegen dem Handlungsverbot
vorgenommene Amtshandlung ist zwar nicht unwirksam, leidet aber an einem Verfahrensfehler (vgl.
Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 47 Rn. 4), der ausnahmsweise zur Zurückverweisung der Sache
an das Ausgangsgericht führt, weil es gemäß § 572 Abs. 1 ZPO an einer gesetzlichen Grundlage für das
Rechtsmittelverfahren fehlt (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1299).
4 Auf die Frage, ob der Beschluss vom 22.03.2016 sachlich richtig war, kommt es also nicht
entscheidungserheblich an. Zwecks weiteren Fortgang des Verfahrens wird der ggf. zuständige Vertreter des
abgelehnten Rechtspflegers H. eine (Nicht-)Abhilfeentscheidung zu treffen haben.