Urteil des LG Rottweil vom 24.10.2016

begründungspflicht, ermessen, form, vollstreckbarkeit

LG Rottweil Beschluß vom 24.10.2016, 1 T 185/16
Aufhebung einer Kostenentscheidung wegen fehlender Begründung
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 10.10.2016 wird die Kostenentscheidung des
Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts Oberndorf am Neckar vom 06.09.2016, Az. 5 C 228/16, aufgehoben.
2. Im Umfang dieser Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des
Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Oberndorf am Neckar zurückverwiesen.
Gründe
1 Die gemäß §§ 99 Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Sie führt analog § 547 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 572 Abs. 3 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung des
Verfahrens an die 1. Instanz zur erneuten Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits. Gemäß § 547 Nr. 6
ZPO ist eine Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend (absoluter Revisionsgrund)
anzusehen, wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Diese für das Revisionsverfahren
geltende Vorschrift ist im vorliegenden Fall analog anwendbar, da das hinsichtlich der Kostenentscheidung
angefochtene Anerkenntnisurteil keinerlei tragbare Entscheidungsgründe enthält, sondern sich auf eine bloße
Bezugnahme der vom Erstgericht als zutreffend erachteten Rechtsauffassung des Klägers beschränkt (vgl.
KG, Beschl. v. 21.06.2007 - 12 W 44/07, juris Rn. 1).
2 Aufgabe eines Urteils ist es, über die in der Urteilsformel enthaltene Entscheidung hinaus die Parteien von
deren Richtigkeit zu überzeugen und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung in materieller und formeller
Hinsicht zu ermöglichen (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 313 Rn. 2). Deshalb hat gemäß § 313
Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 ZPO das Urteil die Entscheidungsgründe, das heißt eine kurze Zusammenfassung der
Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, zu enthalten. Von
der daraus folgenden Begründungspflicht werden grundsätzlich auch die Nebenfolgen des Urteils (Kosten,
Vollstreckbarkeit) erfasst (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 313 Rn. 23). Zwar kann gemäß §
313b Abs. 1 Satz 1 ZPO von der Begründungspflicht abgesehen und das Urteil in abgekürzter Form, das heißt
ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe, erlassen werden, wenn durch Anerkenntnisurteil erkannt
wird. Ob das Gericht von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch macht, steht allerdings in seinem
(nachprüfbaren) Ermessen. Danach stellt sich die Nichtbegründung der Kostenentscheidung im vorliegenden
Fall als ermessensfehlerhaft dar.
3 Jedenfalls soweit eine in einem Urteil enthaltene Entscheidung über die Kosten gemäß § 99 Abs. 2 ZPO mit
der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist, bedarf diese stets einer Begründung, da anderenfalls dem
Beschwerdegericht keine Grundlage dafür gegeben wird, diese Entscheidung sachlich nachzuprüfen
(Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 313b Rn. 3). Fehlt die Begründung, hat das Beschwerdegericht
das Urteil analog § 547 Nr. 6 ZPO hinsichtlich der nicht begründeten Kostenentscheidung aufzuheben und das
Verfahren insoweit zurückzuverweisen (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 313b Rn. 3). In Fällen,
in denen die isoliert anfechtbare Kostenentscheidung in einem Urteil getroffen wird, ist eine Begründung
insbesondere auch deshalb erforderlich, weil eine Nachholung der Begründung im Abhilfeverfahren (§ 572
Abs. 1 Satz 1 ZPO) - anders als im Falle einer Entscheidung über die Kosten durch Beschluss - wegen §§ 572
Abs. 1 Satz 2, 318 ZPO ausscheidet.