Urteil des LG Ravensburg vom 22.11.2016

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LG Ravensburg Urteil vom 22.11.2016, 2 O 41/16
Fremdwährungsdarlehen: Rückabwicklung nach Widerruf
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag auf CFR-Basis vom
30.03.2007 Nr. X sich durch den erklärten Widerruf vom 07.09.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis
umgewandelt hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 10.944,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz ab 13.04.2016 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden
Betrages.
Streitwert: 170.000,-- EUR
Tatbestand
1 Die Parteien schlossen am 30.03.2007 einen Darlehensvertrag auf CHF-Basis über einen Kreditbetrag von
393.782,40 CHF (Anl. K 1). Der Darlehensvertrag hatte keine feste Laufzeit, sondern war von den Klägern
jederzeit mit einer Frist von drei Bankarbeitstagen zum Ende einer Zinsperiode kündbar. Der Kreditbetrag
sollte variable für Zinsperioden von wahlweise 1, 2, 3, 6, 8 oder 12 Monate in Schweizer Franken verzinst
werden, und für die erste Zinsperiode vom 03.04.2007 bis zum 03.05.2007 wurde ein anfänglicher Zinssatz
von 3,85 % p. a. vereinbart. Das Darlehen sollte am Ende der Laufzeit in voller Höhe zurück bezahlt
werden. Im Darlehensvertrag heißt es unter dem Punkt „Auszahlung“:
2
Die Auszahlung des Kreditbetrags erfolgt zu 100% am 03.04.2007. Der auszuzahlende Nettokreditbetrag
wird valutagerecht über die RAIFFEISENBANK I… EG auf das dort geführte Konto des Kreditnehmer zu
Verfügung gestellt.
3 Die Darlehensvaluta wurde dem in Euro geführten Konto der Kläger bei der Raiffeisenbank L...-I... am
03.04.2007 gutgeschrieben. In Folge der Umrechnung in Euro zu einem Wechselkurs von 1,6272 EUR/CHF
gem. Bestätigung vom 30.03.2007 über das Devisenkassageschäft (Anl. B 1) ergab sich ein Gegenwert von
242.000,-- EUR.
4 Im Jahr 2011 verschlechterte sich der CHF/EUR - Wechselkurs fast bis zur Parität von 1,00 EUR. Die Kläger
vereinbarten im Hinblick auf die Kursverschlechterung gem. Vertrag vom 27.06.2011 (Anl. B 11) mit der ein
Aval zugunsten der Beklagten stellenden Volksbank Raiffeisenbank L...-I... eG eine Ausweitung des
Avalkreditbetrages auf 363.000,-- EUR im Jahr 2011. Trotz des gesunkenen Werts des Euro gegenüber dem
Schweizer Franken behielten die Kläger den Darlehensvertrag bei und bedienten die Zinsraten bis zur
vollständigen Rückführung im Januar 2015 jeweils ordnungsgemäß. Am 21.11.2014 schlossen die Kläger mit
der Beklagten eine „Stopp-Loss-Order“ vom 21.11.2014 (Anlage B 4) ab, die einen Limitkurs von 1,19
EUR/CHF vor sah. Die am 15.01.2015 von der Schweizerischen Nationalbank verkündete Aufhebung der ab
September 2011 unterstützten Kursuntergrenze von 1,20 CHF/EUR führte zu einem Kurseinbruch des Euro
gegenüber dem Schweizer Franken von bis unter 1,00 EUR/CHF. Dadurch wurde die Stop-Loss-Order
ausgelöst. Für den Erwerb des zur Ausführung der Stop-/Loss-Order erforderlichen Schweizer Franken -
Betrages von 393.782,40 CHF mussten die Kläger einen Betrag in Höhe von 394.176,58 EUR gem.
Bestätigung über das Devisenkassageschäft vom 29.01.2005 (Anl. B 16), aufbringen (entsprechend einem
Ausführungskurs von 0,999 EUR/CHF).
5 Mit Anwaltsschreiben vom 07.09.2015 widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag vom 30.03.2007, die
Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 20.10.2015 zurück.
6 Die Kläger tragen im Wesentlichen vor:
7 Die Kläger meinen, dass sich der streitgegenständliche Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein
Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt habe, da die dem Darlehensvertrag beigefügte
Widerrufsbelehrung nicht ausreichend deutlich gewesen und die Widerrufsfrist deshalb nicht in Lauf gesetzt
worden sei. Wegen der Mängel der Widerrufsbelehrung im Einzelnen wird auf die Darstellung auf S. 3 der
Klagschrift verwiesen.
8 Die Kläger sind weiter der Ansicht, dass bei der Rückabwicklung der beidseitig empfangenen Leistungen
gemäß § 346 ff. BGB berücksichtigt werden müsse, dass die Kläger ihre Darlehensvaluta in Euro ausbezahlt
bekommen hätten, so dass auch die entsprechende Rückabwicklung nur in Euro zu erfolgen habe. Ein
Anspruch auf Erstattung des Wechselkursverlustes als Wertersatz stehe der Beklagten nicht zu, da insoweit
dann § 346 Abs. 3 Nr. 2 BGB anzuwenden wäre, wonach ein Ersatz für diese vermeintlichen Kursverluste
nicht gewährt werden könne, weil diese Kursverluste auch gleichfalls bei der Beklagten eingetreten wären.
Die Kläger entnehmen auch aus den Ausführungen im Urteil des OLG Stuttgart vom 21.04.2015, Az. 6 U
148/12, dass das Wechselkursrisiko in Fällen wie dem hier vorliegenden bei der Bank zu verbleiben habe.
9 Die Kläger machen weiter geltend, dass sie nur sehr pauschal auf die Wechselkursrisiken hingewiesen
worden seien, aber keinesfalls, wie es nach der Entscheidung des EuGH vom 30.03.2014, Az. C-26/13,
erforderlich gewesen wäre, auf die entsprechenden wirtschaftlichen Folgen hingewiesen worden seien. Die
Kläger seien bei entsprechender Kostentwicklung durchaus ein existenzbedrohendes Risiko eingegangen; es
habe gegebenenfalls die Zwangsversteigerung gedroht, wenn nämlich die Kursverluste Werte erreicht
hätten, die von den Klägern nicht hätten aufgefangen werden können. Angesichts der Intention der Kläger,
ein Eigenheim zur Altersversorgung zu finanzieren, sei das Anbieten eines Fremdwährungskredits von
vornherein nicht anlegergerecht gewesen. Die bestehenden Risiken seien geradezu heruntergespielt
werden, und das, obwohl es bereits eindeutige Hinweise der Spitzenverbände der Bankwirtschaft gegeben
habe, die Kursbewegungen zu Lasten der Darlehensnehmer vorausgesagt hätten und von bestimmten
Währungen abgeraten hätten.
10 Die Kläger sind der Auffassung, dass den Klägern bei einer entsprechenden Verrechnung der jeweiligen
Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis ein Betrag per Stichtag 25.05.2015 von 215.016,25 EUR
zustehe. Sie verweisen hierzu auf das außergerichtliche Kreditgutachten des Sachverständigen B... vom
10.07.2015 mit Anlagen (Anl. K 4 zu Bl. 1 d.A. und Anl. A1 zu Bl. 75 d.A.).
11 Die Kläger beantragen zuletzt,
12 1. wie im Tenor zu Ziff. 1 erkannt worden ist.
13 2. die Beklagte zu verurteilen, den Klägern 170.000,-- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 13.04.2016 zu bezahlen.
14 Die Beklagte beantragt,
15 die Klage abzuweisen.
16 Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor:
17 Die Beklagte meint, dass das Landgericht Ravensburg international nicht zuständig sei, da die Parteien in
dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag gemäß § 38 Abs. 2 ZPO wirksam Luxemburg-Stadt als
ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart hätten.
18 Die Beklagte steht weiter auf dem Standpunkt, dass der Darlehenswiderruf verfristet sei, da die im
streitgegenständlichen Darlehensvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung entgegen der Rechtsauffassung der
Kläger den Anforderungen gem. § 360 BGB a. F. entsprochen hätte.
19 Darüber hinaus ist die Beklagte der Auffassung, dass der nach Ablauf von über acht Jahren nach Abschluss
des Darlehensvertrages und mehr als ein halbes Jahr nach vollständiger Darlehensrückzahlung erklärte
Widerruf unwirksam sei, da das Widerrufsrecht verwirkt worden sei. Der Widerruf sei auch
rechtsmissbräuchlich, da die Kläger nach den Regelungen im Darlehensvertrag jederzeit berechtigt gewesen
seien, dass Darlehensverhältnis kurzfristig zu kündigen.
20 Bezüglich der Folgen eines etwaigen wirksamen Darlehenswiderrufs sind, ist die Beklagte der Meinung, dass
die Rückabwicklung nicht auf Eurobasis erfolgen könne, da es sich um ein Fremdwährungsdarlehen
gehandelt habe. Der Umstand, dass die Kläger den Gegenwert des Darlehenskapitals in Euro auf ihrem
Konto gutgeschrieben bekommen hätten, ändere hieran nichts. Auch der von den Klägern angeführten
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 30.04.2014 lasse sich nicht entnehmen, dass ein Ausgleich
der gegenseitigen Leistungen in Euro zu erfolgen habe. Diese Entscheidung habe lediglich die Frage zum
Gegenstand gehabt, wie bei Fremdwährungsdarlehen über Währungsrisiken aufzuklären sei, darüber hinaus
habe der hier streitgegenständliche Darlehensvertrag keine Vertragsklauseln enthalten, die vergleichbar mit
den Klauseln des vom Europäischen Gerichtshof beurteilten Darlehensvertrags seien.
21 Die Beklagte meint, dass die im Zusammenhang mit der Auszahlung, den Zinszahlungen und der
Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens durchgeführten Devisenkassageschäfte keine
verbundenen Verträge im Sinne von § 358 Abs.3 BGB seien, da die Darlehensaufnahme nicht zur
Finanzierung der Devisengeschäfte, sondern die Devisengeschäfte umgekehrt nur wegen der Aufnahme des
streitgegenständlichen CHF-Darlehens abgeschlossen worden seien.
22 Bezüglich einer etwaigen von der Beklagten bei Rückabwicklung des Darlehens geschuldeten
Nutzungsentschädigung tritt die Beklagte der Vermutung eines Nutzungszinses in Höhe von fünf
Prozentpunkten von dem jeweiligen Basiszinssatz entgegen. Sie behauptet, sie habe seit Abschluss des
streitgegenständlichen Darlehensvertrages im Jahr 2007 in ihrem Geschäftsbereich Finanzierungen stets
eine durchschnittliche Kreditmarge in Höhe von unter 0,4 % p. a. generiert. Bei einer Saldierung der
gegenseitigen Rückabwicklungsansprüche kommt die Beklagte zum Ergebnis, dass der Beklagten bei einem
wirksamen Darlehenswiderruf noch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 48.399,87 CHF zu stünde. Wegen
der Einzelheiten zur Berechnung wird auf die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 23.09.2016,
S. 14 - 27, Bezug genommen.
23 Ansprüche aus Beraterhaftung hält die Beklagte nach §§ 195, 199 Abs.1 BGB für verjährt, zumal die Kläger
fortlaufend über die eingetretenen Währungsverluste und damit die Risiken eines Fremdwährungsdarlehens
informiert worden seien. Außerdem bestehe auch keine Haftung dem Grunde nach, denn die Kläger seien im
Darlehensvertrag ausdrücklich auf das Umtauschrisiko hingewiesen worden (unter dem Punkt
„Wechselkursrisiko/Meldepflicht“).
Entscheidungsgründe
I.
24 Die Klage ist zulässig, denn das Landgericht Ravensburg ist gem. Art. 18 Abs.1 EuGVVO international
zuständig. Die Kläger sind Verbraucher und haben von der Wahlmöglichkeit des Art. 18 Abs. 1 EuGVVO
Gebrauch gemacht und am Gericht ihres Wohnsitzes geklagt.
II.
25 Der Feststellungsantrag gem. Klagantrag Ziff. 1 ist begründet. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag
hat sich durch den Widerruf vom 07.09.2015 in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt.
1.
26 Der Widerruf war nicht verfristet, da die Widerrufsfrist nicht begonnen hat. Denn die Widerrufsbelehrung
gemäß Darlehensvertrag vom 30.03.2007 war nicht ordnungsgemäß, sie war nicht ausreichend deutlich i. S.
von § 355 Abs. 2 BGB a.F. Insbesondere unzutreffend und damit irreführend ist der letzte Satz der
Widerrufsbelehrung:
27
Hat der Kreditnehmer den Kredit empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er den Kredit nicht
binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Kredits
zurückzahlt“.
2.
28 Die Kläger konnten auch noch nach der am 20.10.2015 erfolgten Rückzahlung des Darlehens widerrufen.
Denn der Darlehensvertrag ist durch die Rückzahlung der Darlehensvaluta nicht erloschen.
29 Das Widerrufsrecht war zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs am 07.09.2015 auch nicht verwirkt.
Weder die Dauer des Darlehensverhältnisses noch die Tatsache der Rückzahlung führen dazu, dass die
Beklagte Vertrauen auf die Nichtausübung des Widerrufs trotz Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung
entwickeln konnte. Einem solchen Vertrauenstatbestand steht bereits entgegen, dass es die Beklagte
jederzeit in der Hand gehabt hätte, die unzureichende Widerrufsbelehrung nachzuholen, dies aber nicht
getan hat.
30 Der Widerruf ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Motive der Kläger für den Widerruf sind in diesem
Zusammenhang unbeachtlich. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger von ihrem
Widerrufsrecht gewusst hätten und gleichwohl keinen Gebrauch davon gemacht hätten. Allein aus der
Tatsache, dass sie jederzeit in der Lage gewesen wären, den Darlehensvertrag durch Kündigung vorzeitig zu
beenden, lässt sich kein Rechtsmissbrauch ableiten.
III.
31 Den Klägern steht allerdings lediglich ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 10.944,50 EUR
zu.
1.
32 Gemäß § 346 Abs.1 BGB können die Kläger für die von ihnen an die Beklagte bezahlten Zinsraten eine
Nutzungsentschädigung verlangen. Nach der Rechtsprechung des BGH wird hierbei vermutet, dass die
Beklagte aus den Zahlungen der Kläger Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz gezogen hat.
33 Diese Vermutung hat die Beklagte nicht wiederlegt. Sie hat zwar pauschal behauptet, dass sie seit 2007
stets eine durchschnittliche Kreditmarge in Höhe von unter 0,4 % p.a. generiert habe. Es reicht aber nicht
aus, wenn die Beklagte hierzu ausführt, dass sie für ihr Darlehensgeschäft in dem Geschäftsbereich
„Finanzierungen“ üblicherweise mit einer Nettokreditmarge von lediglich 0,375 % kalkuliere, und dass die
Beklagte kein allgemeines Cash-Management in der Form durchführe, dass die Mittel in die Geschäftsfelder
„Private Banking“ und „Investmentfonds flössen. Entscheidend ist, dass die Beklagte in ihrer Entscheidung,
wie sie die Zahlungen der Klägerin verwendete, völlig frei war, so dass sie diese auch in anderen
Geschäftsfeldern einsetzen durfte. Es kommt daher auf die Marge der Beklagten im Aktivgeschäft insgesamt
an, und diese hat die Beklagte nicht dargelegt.
34 Die auf Grundlage der Vermutung einer Verzinsung von 5 % nachvollziehbar berechnete
Nutzungsvergütung gem. Gutachten B... von 19.484,58 EUR ist allerdings um den in Zeile 121 aufgeführten
für den Zeitraum vom 21.01.2015 bis 30.06.2015 ermittelten Zinsbetrag von 8.540,08 EUR zu kürzen, so
dass im Ergebnis nur ein Betrag von 10.944.50 EUR berechtigt ist. Denn Nutzungen sind nur bis zur
Rückführung des Darlehens am 20.01.2015 zu erstatten (spiegelbildlich endet mit diesem Zeitpunkt endet
auch die Verzinsungspflicht der Kläger für das erhaltene Darlehen).
35 Die Kläger haben Anspruch auf Verzinsung der Nutzungsentschädigung gemäß §§ 292, 288 BGB ab
Rechtshängigkeit (13.04.2016) in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz.
2.
36 Die Kläger können gegenüber der Beklagten nicht die volle oder teilweise Rückzahlung des zur Tilgung des
Darlehens am 20.01.2015 aufgewandten Betrages von 394.176,58 EUR verlangen. Bei der Rückabwicklung
haben die Parteien gem. §§ 357 Abs. 1, 346 BGB die wechselseitig erbrachten Leistungen zu erstatten, so
auch die von den Klägern zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart vom 21.04.2015, Az. 6 U 148/12 unter III
4. d) der Gründe.
37 Im vorliegenden Fall hat die Leistung der Beklagten 393.782,50 CHF betragen. Genau diesen Betrag haben
die Kläger der Beklagten mit Valuta zum 20.01.2015 auch unstreitig bereits zurückerstattet, eine Differenz
zu Gunsten der Kläger ergibt sich nicht.
38 Zu Unrecht berufen sich die Kläger darauf, sie seien nur zur Rückerstattung des EUR-Betrages von 242.000,-
- EUR verpflichtet gewesen, der ihrem Konto bei der Darlehensgewährung mit Valuta 30.03.2007
gutgeschrieben worden ist. Denn das Devisenkassageschäft, das durchgeführt werden musste, um die
Gutschrift des CHF-Betrages auf ihrem EUR-Konto zu erreichen, spielt für die Frage, was die Beklagte den
Klägern geleistet hat, keine Rolle. Empfangen haben die Kläger die Leistung der Beklagten, also den CHF-
Kreditbetrag. Es war die Entscheidung der Kläger, dass sie für den Empfang dieses Kreditbetrages nur ein
EUR-Konto bereit hielten, so dass sie den empfangenen Betrag vor der Gutschrift in EUR umtauschen
mussten. Bei dem für die Gutschrift auf ein EUR-Konto der Kläger erforderlichen Umtausch des CHF-Betrages
handelt es sich um ein rechtlich selbständiges Geschäft, das mit dem Darlehensvertrag keine Einheit bildet.
39 Der der Entscheidung OLG Stuttgart vom 21.04.2015, Az. 6 U 148/12 zu Grunde liegende Fall ist schon
deshalb nicht vergleichbar, weil es sich dort um ein EUR-Darlehen gehandelt hat, und nicht wie hier um ein
Fremdwährungsdarlehen.
40 Bei dem Devisenkassageschäft handelt es sich auch nicht um verbundenes Geschäft gem. § 358 Abs. 3 BGB
a. F. Ein verbundenes Geschäft im Sinne dieser Regelung setzt hiernach u. a. voraus, dass das
Verbraucherdarlehen der Finanzierung dieses Vertrages dient. Hier liegt es jedoch umgekehrt, denn das
Devisenkassageschäft wurden geschlossen, weil die Kläger sich entschieden hatten, den Darlehensvertrag
wegen der günstigen Verzinsung in einer fremden Währung abzuschließen. Der Darlehensvertrag diente
mithin nicht zur Finanzierung des Devisenkassageschäfts, sondern das Devisenkassageschäft diente der
Umsetzung des Darlehensvertrags.
41 Dass dieses Ergebnis zutrifft, zeigt auch folgende Überlegung: Das wirtschaftliche Ziel der Kläger im
vorliegenden Fall hätte auch durch die Konstruktion erreicht werden können, dass die Parteien ein Darlehen
in Euro über 242.000,-- EUR abgeschlossen hätten und zusätzlich einen Zins-/Währungsswap dahingehend,
dass die Kläger während der Laufzeit variable Zinsen in CHF an die Beklagte und die Beklagte die Zinsen aus
dem Darlehensvertrag in Euro an die Kläger zahlen, sowie dass die Kläger bei Ende der Laufzeit den
Gegenwert von 393.782,40 EUR zu dem dann geltenden Wechselkurs in Euro an die Beklagte bezahlen und
die Beklagte 242.000,-- EUR an die Kläger bezahlt. Auch in diesem Fall hätten die Kläger den
Wechselkursverlust - der bei dieser Konstruktion dann auf Grund des Swapgeschäftes (und nicht auf Grund
des Leistungsaustausches beim Darlehensvertrag) eingetreten wäre - schultern müssen. Ein verbundenes
Geschäft hätte der Swap ebenfalls nicht dargestellt, auch hier hätte der Darlehensvertrag nicht der
Durchführung des Swaps gedient.
III.
42 Den Klägern steht kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte wegen Falschberatung steht zu. Ein
solcher Anspruch wäre jedenfalls nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Denn spätestens durch den
enormen Kursverfall des Euro gegenüber dem Schweizer Franken im Jahr 2011 und die Erhöhung des
Avalkredits von 242.000,-- EUR auf 345.000,-- EUR war den Klägern klar, dass sie ein erhebliches
Wechselkursrisiko mit dem streitgegenständlichen Kreditvertrag eingegangen waren. Etwaige
Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung sind also spätestens mit Ablauf des Jahres 2014 verjährt.
IV.
43 Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf den Vortrag der Kläger in dem Schriftsatz
vom 09.11.2016, der nach dem Zeitpunkt eingegangen ist, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung
entspricht, kommt nicht in Betracht. Ein Fall der gebotenen Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 2 ZPO liegt
nicht vor. Eine im Ermessen des Gerichts stehende Wiedereröffnung gem. § 156 Abs. 1 ZPO ist bereits
deshalb nicht angezeigt, weil der Schriftsatz keinen entscheidungserheblichen neuen Sachvortrag enthält,
der Anlass für eine Wiedereröffnung sein könnte. Im Übrigen sind auch keine Gesichtspunkte ersichtlich, die
entgegen der Konzentrationsmaxime, die den raschen Abschluss der Instanz gebietet, nach dem Ermessen
des Gerichts für eine Wiedereröffnung sprechen würden, etwa eine beidseits bekundete
Vergleichsbereitschaft der Parteien (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 156 Rn. 6).
44 Nebenentscheidungen: §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO