Urteil des LG Potsdam vom 14.03.2017

LG Potsdam: zeichnung, einstweilige verfügung, anwaltskosten, vervielfältigung, verbreitung, einwilligung, veröffentlichung, abgabe, vollstreckung, sanierung

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Gericht:
LG Potsdam 2.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 O 148/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 Nr 7 UrhG, § 2 Abs 2
UrhG, § 15 UrhG, § 16 UrhG, §
19a UrhG
Urheberrechtsschutzfähigkeit einer Architektenzeichnung und
unzulässige Verwendung zu Werbezwecken auf einer fremden
Homepage
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes i. H. v. bis zu 250.000,00 €,
ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten im Einzelfall,
insgesamt bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, die Zeichnung der Außenansicht des
Gebäudes Friedrich-Ebert-Straße … in 14469 Potsdam gemäß der Anlage K 1 zur
Klageschrift ohne Einwilligung der Kläger zu vervielfältigen und zu verbreiten und / oder
diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, wie es insbesondere auf der
Homepage der Beklagten wie aus der Anlage K 2 zur Klageschrift ersichtlich geschehen
ist.
2. Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger 412,00 € außergerichtliche
Anwaltskosten nebst Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
20.08.2008 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtstreites werden den Beklagten als Gesamtschuldner zu ½ und
den Klägern zu je ¼ auferlegt.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Kläger gegen Sicherheitsleistung i. H. v.
5.000,00 €. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung
i. H. v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Die Parteien streiten um urheberrechtliche Unterlassungs- und
Schadensersatzansprüche.
Die Kläger sind Architekten und erbrachten Planungsleistungen für die Sanierung und
den Umbau des Gebäudes Friedrich-Ebert-Straße … in 14469 Potsdam, in welchem die
Beklagten, welche eine Werbeagentur betreiben, ihren Geschäftssitz haben; Bauherrin
war Frau D.. Von April 2008 bis Ende März 2009 verwendeten die Beklagten auf ihrer
Homepage die Zeichnung der westlichen Außenansicht des Gebäudes Friedrich-Ebert-
Str. … in Potsdam, wie sie sich aus der Anlage K 1 ergibt. Mit einstweiliger Verfügung des
Amtsgerichts Potsdam vom 14.05.2008 zum Az.: 21 C 153/08 wurde den Beklagten die
Nutzung der genannten Zeichnung untersagt.
Das auf den Widerspruch der Beklagten die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil
des Amtsgerichts Potsdam vom 10.07.2008 griffen die Beklagten erfolglos mit der
Berufung an. Diese wurde mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 16.02.2009
gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen (Az.: 2 S 2/08).
Mit Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 12.06.2008 und 4.08.2008 (Anlagen K 6
und K 7) forderten die Kläger die Beklagten vergeblich zur Abgabe einer
Abschlußerklärung und zum Ausgleich der hierfür angefallenen Anwaltskosten bis zum
19.08.2008 auf.
Die Kläger behaupten, sie hätten im Rahmen ihrer Planungsleistungen für Sanierung und
Umbau des Gebäudes Friedrich-Ebert-Straße … die Zeichnung gemäß der Anlage K 1
angefertigt; die Anlage K 1 weise sie auch als Entwurfsverfasser aus. Sie sind der
Ansicht, der Zeichnung komme Urheberrechtschutz zu, da sie über eine handwerkliche
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Ansicht, der Zeichnung komme Urheberrechtschutz zu, da sie über eine handwerkliche
Durchschnittsleistung hinausgehe. Sie sei nicht nach DIN-Vorschriften angefertigt und
stelle eine gestalterisch anspruchsvolle Ansichtszeichnung zur Visualisierung des
Bauvorhabens dar.
Mit der Verwendung dieser Zeichnung auf ihrer Homepage hätten die Beklagten ihr
Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung der
Zeichnung aus den §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16, 19a UrhG verletzt; daher stehe ihnen gegen
die Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zu. Außerdem hätten sie
aus § 97 UrhG einen Schadensersatzanspruch wegen der Nutzung ihrer Zeichnung
durch die Beklagten, welcher sich aus den Grundsätzen der Lizenzanalogie (fiktives
Nutzungsentgelt) ergebe. Für die Berechnung des so zu ermittelnden Schadensersatzes
seien die Honorar-Richtlinien des Bundes Deutscher Grafikdesigner heranzuziehen.
Hiernach betrage der Schadensersatz 4.568,00 €. Für den weiteren Vortrag der Kläger
zur Schadensberechnung wird auf deren Schriftsätze vom 03.04. und 05.11.2009 Bezug
genommen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagten zu verurteilen,
1. ihnen bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,
oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu untersagen, die Zeichnung der
Außenansicht des Gebäudes Friedrich-Ebert-Straße … in 14469 Potsdam - Anlage K 1 -
ohne ihre Einwilligung zu vervielfältigen und zu verbreiten und/oder diese Handlungen
durch Dritte vornehmen zu lassen, wie es insbesondere unter der URL geschehen ist.
2. an sie 412,00 € außergerichtliche anwaltliche Geschäftsgebühr einschließlich
Auslagen nebst Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
20.08.2008 zu zahlen.
3. an sie Schadensersatz i. H. v. 4.568,00 € zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, die streitgegenständliche Zeichnung genieße keinen
Urheberrechtsschutz. Sie gingen davon aus, dass die streitgegenständliche Zeichnung
eine Abzeichnung von über hundert Jahren alten Zeichnungen und Bauskizzen sei.
Aus § 11.2 des Vertrages für Architekten- und Ingenieurleistungen ergebe sich ferner,
dass die Kläger ihnen die Befugnis zur Veröffentlichung der Pläne, was die
streitgegenständliche Zeichnung einschließe, eingeräumt hätten (vgl. § 11.2 des
genannten Vertrages als Anlage KE 2 zur Klageerwiderung); dies bestätige auch die e-
mail des Mitarbeiters der Kläger, Herrn Sch., vom 07.12.2006 (Anlage KE 3).
Für den weiteren Vortrag der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist mit ihrem Unterlassungsanspruch und dem Anspruch auf Erstattung
vorprozessualer Anwaltskosten begründet, im Übrigen unbegründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagten aus den §§ 97 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1, 16, 19 a
UrhG einen Anspruch auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung der
streitgegenständlichen Zeichnung gemäß der Anlage K 1.
Die von den Beklagten auf ihrer Homepage verwendete Zeichnung gemäß der Anlage K
1 genießt Urheberrechtschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 UrhG. Es handelt sich bei ihr
um eine technische Zeichnung, deren Gestalt nicht allein durch technische Zwänge oder
DIN-Vorgaben bedingt ist und daher noch Raum für eine individuelle schöpferische
Prägung lässt. Zwar ergibt sich aus dem Wesen der technischen Zeichnung als
zweckdienliche Abbildung von vornherein ein bestimmter Rahmen, in dem sie sich
bewegen muss; innerhalb dessen jedoch verbleibt hinsichtlich der Verwendung grafischer
Gestaltungsmittel, der Größenverhältnisse wie auch der Frage, ob die Zeichnung zwei-
oder dreidimensional gestaltet wird, ein für die Entfaltung urheberrechtlicher
Schöpferkraft ausreichend Spielraum.
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Die Kläger sind die Urheber der Zeichnung gemäß der Anlage K 1. Diese weist die Kläger
als Schöpfer der Zeichnung aus. Die hieraus resultierende Vermutung des § 10 UrhG
haben die Beklagten mit ihrem schlichten Bestreiten der Urheberschaft der Kläger nicht
widerlegt.
Mit der Veröffentlichung der Zeichnung gemäß der Anlage K 1 auf ihrer Homepage
haben die Beklagten widerrechtlich das Recht der Kläger zur Vervielfältigung, zur
Verbreitung und zur öffentlichen Zugänglichmachung der Zeichnung gemäß der Anlage
K 1 aus den §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16, 19 a UrhRG verletzt. Die Kläger haben gegen die
Beklagten daher einen entsprechenden Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG,
wobei sich die ernsthafte Besorgnis weiterer Rechtsverletzungen (Wiederholungsgefahr)
aus der stattgehabten Verletzung ergibt.
Als Schadensersatzanspruch aus § 97 UrhG steht den Klägern gegen den Beklagten
auch ein Anspruch auf Erstattung der vorprozessual aufgewendeten Anwaltskosten zu,
die, ausgehend von einem Gegenstandswert von 4.000,00 €, mit dem Schreiben ihrer
Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2008 zur Abgabe einer Abschlusserklärung durch
die Beklagte entstanden sind (1,6 Geschäftsgebühr - wegen zweier Auftraggeber - aus
einem Gegenstandswert von 4.000,00 € + 20,00 € Post- und
Telekommunikationspauschale).
Der Zinsanspruch insoweit ergibt sich aus dem § 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 1 BGB.
Abzuweisen war die Klage, soweit die Kläger mit ihr Schadensersatz i. H. v. 4.568,00 € für
die Nutzung der streitgegenständlichen Zeichnung durch die Beklagten verlangen. Der
Vortrag der Kläger ist insoweit unschlüssig. Sie berufen sich auf die Honorarsätze des
Bundes Deutscher Grafikdesigner und legen u. a. das Nutzungskriterium der Dauer mit
„unbegrenzt“ zugrunde (vgl. auch Anlage K 9). Unstreitig haben die Beklagten die
streitgegenständliche Zeichnung jedoch nur ca. 1 Jahr auf ihrer Homepage verwendet,
so dass dieser Zeitraum beim Nutzungskriterium der Dauer hätte berücksichtigt werden
müssen. Hierzu haben die Kläger jedoch nichts vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf dem § 708 Nr. 11, 709 S. 1, 711 ZPO.
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