Urteil des LG Potsdam vom 14.03.2017

LG Potsdam: nutzungsrecht, fahrzeug, unterlassen, internet, absicht, haftpflichtversicherung, lizenzgebühr, rechtsvertreter, kontaktaufnahme, vollstreckung

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Gericht:
LG Potsdam 2.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 O 373/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 97 Abs 1 UrhG, § 823 Abs 1
BGB, § 824 Abs 1 BGB, § 1 UWG,
§§ 1ff UWG
Unterlassungsanspruch eines selbstständigen
Kraftfahrzeuggutachters gegen die Zurückweisung von
Unfallschadengutachten durch eine Kfz-Haftpflichtversicherung
wegen des Vorbehalts von Urheberrechtsschutz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die
Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
IV. Der Streitwert wird auf 8.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist ein selbständig und freiberuflich tätiger Kraftfahrzeug-Sachverständiger,
der sich u.a. mit der Feststellung von Kfz-Unfallschäden befaßt.
Er erstellte am 06.12.2007 im Auftrag seines Kunden S. ein Gutachten (Nr. 8714) über
einen an dem Fahrzeug des Kunden vorliegenden Unfallschaden, das er auftragsgemäß
an die Beklagte als für die Regulierung dieses Schadens benannte
Haftpflichtversicherung versandte. Dieses Gutachten enthält am Ende einen Hinweis auf
den Urheberschutz, insbesondere auch für die im Gutachten enthaltenen Lichtbilder. Im
Rahmen der Bearbeitung des Versicherungsfalles schrieb die Beklagte unter dem
12.12.2007 die vom Geschädigten mit der rechtlichen Abwicklung des Schadensfalles
beauftragten Rechtsanwälte T. und Sch. in Fürstenwalde an und reichte das Gutachten
unter Hinweis darauf zurück, daß sie ein ihr nicht eingeräumtes umfassendes
Nutzungsrecht benötige und die Honorarforderung nicht begleichen könne. Nachdem die
Rechtsanwälte die Beklagte auf die Unerheblichkeit ihrer Einwände gegen das Gutachten
hingewiesen hatten, teilte die Beklagte ihnen mit Schreiben vom 21.12.2007 mit, daß
das Sachverständigenbüro nur teilweise vom Nutzungsrecht abweiche und erhebliche
Lizenzgebühren für die Nutzung/Prüfung fordere.
Unter dem 08.01.2008 erstellte der Kläger ein Unfallschadensgutachten (Nr. 8875) für
seinen Kunden S., das er ebenfalls wie beauftragt an die Beklagte als zuständige
Schadensreguliererin übersandte, und das ebenfalls am Schluß einen Hinweis auf
urheberrechtlichen Schutz enthält. Auch hier reichte die Beklagte das Gutachten an den
damals als Rechtsvertreter des Geschädigten tätig gewordenen jetzigen
Prozeßbevollmächtigten des Klägers zurück mit dem Hinweis, das Gutachten sei für die
Regulierung unbrauchbar und die Beklagte habe ihrerseits einen freien
Sachverständigen beauftragt. Am 25.01.2008 teilte die Dekra dem Geschädigten S. mit,
daß sie von der Beklagten den Auftrag erhalten habe, ein Schadensgutachten
hinsichtlich des Unfallschadens zu erstellen und bat um Kontaktaufnahme wegen einer
Besichtigung. In der Folgezeit legte die Beklagte das Gutachten Nr. 8875 des Klägers
ihrer Regulierung zugrunde und rechnete den Schadensfall nach den im Gutachten
angegebenen Werten ab und glich die Gutachterkosten aus.
Wegen ihres Inhaltes im Einzelnen wird auf die beiden Fahrzeuggutachten sowie die
genannten Schreiben Bezug genommen.
Der Kläger ließ die Beklagte hinsichtlich der oben genannten Vorgänge mit Schreiben
seines nunmehrigen Prozeßbevollmächtigten am 18.01.2008 und 28.01.2008 erfolglos
abmahnen.
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Er ist der Ansicht, die Beklagte, die auch durch eigene Gutachter Gutachten für
Geschädigte erstatte, die nicht bei ihr versichert seien, greife durch ihr Verhalten in
unzulässiger Weise in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein
und verhalte sich außerdem wettbewerbswidrig.
Die Äußerung der Beklagten, die Gutachten des Klägers seien nicht verwertbar, stelle
eine unwahre Tatsachenbehauptung und gezielte Beeinträchtigung des klägerischen
Betriebes dar, da dessen Kunden verunsichert würden und den Eindruck gewinnen
müßten, ein Fehlverhalten des Klägers verzögere die Schadensregulierung, weil sich
dieser weigere, sein Gutachten zur Überprüfung freizugeben, da er eine falsche
Schadensschätzung abgegeben habe. Diesen Eindruck fördere die Beklagte noch
dadurch, daß sie einen weiteren Sachverständigen beauftrage und diesen veranlasse,
den Geschädigten direkt anzuschreiben. Aufgrund dessen sei zu befürchten, daß sich
Geschädigte künftig an andere Sachverständige als den Kläger wenden würden. Durch
dieses Vorgehen beabsichtige die Beklagte, Kunden vom Kläger abzuziehen und zu
erreichen, daß die Geschädigten Sachverständige beauftragen würden, die gegenüber
der Beklagten weisungsgebunden seien und auf ihre Urheberrechte an den im
Gutachten befindlichen Lichtbildern verzichteten, so daß die Beklagte diese Fotos
uneingeschränkt in die Online-Restwertbörse einstellen könne. Auch die im Fall des
Geschädigten S. erfolgte Regulierung des Versicherungsschadens auf der Basis des
klägerischen Gutachtens zeige, daß es der Beklagten einzig darum gehe, die Fotos aus
den Sachverständigengutachten im Internet zu veröffentlichen, um auf diese Weise
einen höheren Restwert ansetzen zu können.
Der Hinweis auf einen urheberrechtlichen Schutz am Ende der klägerischen Gutachten
gebe lediglich die gesetzliche Regelung wider und sei zutreffend. Insbesondere sei es der
Beklagten ohne Genehmigung des Klägers nicht gestattet, in diesem Gutachten
enthaltene Lichtbilder in sog. Restwertbörsen im Internet einzustellen. Das hindere die
Beklagte jedoch nicht an einer Überprüfung der Gutachten in anderer Form. Im Übrigen
verhalte sich die Beklagte widersprüchlich, wenn sie ein Gutachten zunächst als
unbrauchbar bezeichne und es später dennoch ihrer Schadensregulierung
zugrundelege.
Daß der Kläger erhebliche Lizenzgebühren verlange, habe die Beklagte nicht belegt.
Der Kläger hat zunächst folgendes beantragt: „ Der Beklagten wird untersagt,
gegenüber Kunden des Klägers sowie Dritten, beispielsweise von den Kunden des
Klägers mit der Unfallabwicklung beauftragten Rechtsanwälten wörtlich oder sinngemäß
zu behaupten: „ Das uns übermittelte Gutachten erhält einen Hinweis, der uns ein
umfassendes Nutzungsrecht am Gutachten verwehrt. Nach unserer Meinung benötigen
wir jedoch ein Nutzungsrecht jedenfalls auch insoweit, als es uns möglich sein muß, den
zutreffenden Restwert zum Beispiel durch Einstellen in eine Onlinebörse beurteilen zu
können. S. reichen wir das Gutachten zurück und können eine Honorarforderung nicht
begleichen“ und „ Zur Schadensfeststellung bieten wir die Veranlassung einer
Besichtigung durch unser Haus an. Sollten Sie von diesem Angebot Gebrauch machen,
teilen Sie uns mit, wo das Fahrzeug besichtigt werden kann und unter welcher
Rufnummer ein Besichtigungstermin vereinbart werden kann“ und „ Das
Sachverständigenbüro weicht nur teilweise vom Nutzungsrecht ab und fordert erhebliche
Lizenzgebühren für die Nutzung/Prüfung. Wir haben deshalb heute in ihrem Büro um
Rückruf gebeten. Mit der Besichtigung ihres Fahrzeuges möchten wir die Dekra
beauftragen. Bitte teilen Sie uns mit, wo eine Besichtigung des Fahrzeuges möglich ist“
sowie „Das Gutachten des Sachverständigen Q. haben wir für die Regulierung
unbrauchbar zurückgesandt, da Herr Q. uns eine Prüfung und seine Restwerte untersagt
hat. Wir haben unsererseits einen freien Sachverständigen beauftragt.“ Ferner sollte der
Beklagten untersagt werden, sodann die DEKRA, Herrn N., zu einem Schreiben
folgenden Inhaltes zu veranlassen:“ Wir erhielten den Auftrag, ein Gutachten zu
erstellen. Leider konnten wir Sie telefonisch nicht erreichen. Bitte teilen Sie uns mit,
wann und wo Ihr Fahrzeug besichtigt werden kann. Sollte Ihr Fahrzeug fahrbereit sein, so
können Sie auch zu uns kommen. Damit entstehen optimale
Besichtigungsbedingungen. Ihre baldige Antwort ermöglicht eine schnelle Bearbeitung.
Bei Rückantwort geben Sie bitte das Kennzeichen und/oder unserer DEKRA-Nr. an.“
Nach Hinweis auf Bedenken gegen die Antragsfassung beantragt der Kläger nunmehr,
1. Der Beklagten wird untersagt, nach Vorlage von durch den Kläger erstellten
Gutachten, wie z.B. der Gutachten mit den Nr. 8714 und 8875, gegenüber Kunden des
Klägers sowie Dritten, bspw. von Kunden des Klägers mit der Unfallabwicklung
beauftragten Rechtsanwälten, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten:
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- das Gutachten des Klägers sei unbrauchbar, weil es eine Schlußklausel
folgenden Textes enthalte: „ Es umfaßt 5 Seiten, 2x 16 Lichtbilder sowie Anlagen und ist
urheberrechtlich geschützt. Jegliche Weiterverbreitung, Vervielfältigung, auch von Teilen
daraus, einschließlich der Anlagen und Fotos ist nur im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften zulässig. Die Veröffentlichung des Gutachtens oder von Teilen des
Gutachtens im Internet gemäß § 19 a UrhG ist nicht gestattet. Das gilt auch und
insbesondere für die enthaltenen Lichtbilder“,
- der Kläger weiche nur teilweise vom Nutzungsrecht ab und fordere erhebliche
Lizenzgebühren für die Nutzung und Prüfung des Gutachtens.
Sodann hat es die Beklagte zu unterlassen, wie im Falle der Gutachten 8714 und
8875 geschehen, die Gutachten an den Geschädigten oder von diesem mit der
Unfallabwicklung beauftragten Dritten, bspw. den Rechtsanwälten des Geschädigten,
zurückzusenden und mitzuteilen, sie habe die Dekra mit der Besichtigung des
Fahrzeuges beauftragt.
Des Weiteren hat sie es zu unterlassen, den Geschädigten direkt anzuschreiben
und den Kunden aufzufordern, mitzuteilen, wann und wo das Fahrzeug besichtigt werden
kann.
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden
Verpflichtungen ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 € angedroht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, zwischen den Parteien bestehe weder ein konkretes
Wettbewerbsverhältnis noch stellten die vom Kläger beanstandeten Äußerungen
Wettbewerbshandlungen der Beklagten dar. Der Beklagten gehe es allein um
zuverlässige Gutachten zur Schadensregulierung; sie versuche nicht, die freie
Willensbildung der Geschädigten dahingehend zu beeinflussen, die
Geschäftsbeziehungen zum Kläger abzubrechen.
Die Beklagte meint, die streitgegenständlichen Äußerungen seien sachlich gehaltene
Rechtsmeinungen, nur im Rahmen der Bearbeitung konkreter Schadensfälle erfolgt und
stellten Maßnahmen lediglich innerhalb der Rechtsbeziehung zu den Geschädigten dar.
Etwaige wirtschaftliche Auswirkungen auf Erwerbschancen des Klägers seien allenfalls
unbeachtliche mittelbare Reflexe der Rechtsverteidigung der Beklagten gegenüber den
Geschädigten. Die Gutachten des Klägers seien für die Beklagte auch tatsächlich nicht
brauchbar, da der Zusatz in den Gutachten des Klägers ihr jegliche Nutzung des
Gutachtens verbiete und nicht einmal interne Prüfungs- und Vervielfältigungsvorgänge
gestatte. Zudem sei eine Restwertermittlung durch Online-Börsen branchenüblich und
müsse daher Gegenstand des Gutachtenauftrages des Geschädigten an den
Sachverständigen sein. Die Einholung eines eigenen Gutachtens in Versicherungsfällen
könne der Beklagten auch dann nicht verwehrt werden, wenn sie keinen eigenen,
sondern einen externen Sachverständigen einschalte.
Die Regulierung auf der Grundlage des Gutachten Nr. 8875 des Klägers sei lediglich aus
praktischen Erwägungen ohne Änderung des Rechtsstandpunktes erfolgt.
Daß der Kläger erhebliche Lizenzgebühren verlange, ergebe sich bereits aus anderen
von ihm geführten Rechtsstreiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die beiderseits
eingereichten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift vom 21.01.2009 Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet; dem Kläger stehen die geltend gemachten
Unterlassungsansprüche weder unter dem Gesichtspunkt wettbewerbswidrigen
Verhaltens noch unter demjenigen der Kreditschädigung oder eines Eingriffs in den
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu.
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche des Klägers setzen das Bestehen eines
Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien und eine zu Wettbewerbszwecken
begangene Handlung der Beklagten voraus. An beidem fehlt es vorliegend.
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Daß die Beklagte selbst im geschäftlichen Verkehr außerhalb der Bearbeitung konkreter
von ihr zu regulierender Schadensfälle die Erstattung von Schadensgutachten anbietet
und deshalb Wettbewerberin des Klägers ist und zu eigener Absatzförderung gehandelt
hat, hat der Kläger bis zum maßgeblichen Schluß der mündlichen Verhandlung nicht
ausreichend dargelegt. Er hat dies zwar unter Hinweis auf das als Anlage K 37
eingereichte Schreiben der Beklagten vom 20.02.2008 an eine Herrn Y. T. in St. sowie
das als Anlage K 38 vorgelegte Schreiben der Beklagten an einen Herrn M. vom
07.01.2008 vorgetragen. Dieser Darstellung ist die Beklagte jedoch mit der Behauptung
entgegengetreten, in dem erstgenannten Fall sei es um eine versicherungsseitige
Besichtigung eines „verunfallten“ Kfz gegangen, nachdem der Geschädigte darauf
verzichtet habe, selbst einen Sachverständigen zu beauftragen. Im zweiten Fall habe die
Beklagte zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Rahmen einer Kaskoversicherung einen
Sachverständigen stellen müssen und nachdem sie dies getan habe, anschließend ihre
Kosten geltend gemacht. Beiden Darstellungen ist der Kläger nicht mehr
entgegengetreten und hat insbesondere auch keinen Beweis für seinen Vortrag
angeboten. Soweit der Kläger in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom
16.02.2009 zu diesem Punkt weiter vorträgt, das Schadensmanagement der Beklagten
biete in Haftpflichtfällen den Geschädigten eine Vermittlung von Sachverständigen an,
gibt dieser Vortrag keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da
weder vorgetragen och ersichtlich ist, daß und ggf. weshalb der Kläger dies nicht bis zum
Schluß der mündlichen Verhandlung in den Rechtsstreit hätte einführen können.
Das vom Kläger beanstandete Vorgehen der Beklagten diente auch nicht der Förderung
fremden Absatzes, wie etwa konkret desjenigen der Dekra. In diesem Zusammenhang
kann es dahinstehen, ob das Verhalten der Beklagten bereits deshalb nicht geeignet ist,
fremden Wettbewerb zu fördern, weil der Geschädigte zu dem Zeitpunkt das Gutachten
bereits beim Kläger in Auftrag gegeben hatte und dieses fertiggestellt war oder ob mit
dem OLG Köln (Urteil vom 16.10.1998, Az. 6 U 38/98) darauf abzustellen ist, daß der
Kunde aufgrund des Verhaltens der Beklagten in möglichen späteren
Auftragssituationen nicht mehr auf den Sachverständigen zurückgreifen wird, mit dem
es zu Schwierigkeiten bei der Regulierung gekommen ist. Es kann jedenfalls nicht
festgestellt werden, daß die Beklagte in der Absicht vorging, fremden Wettbewerb zu
fördern. Ein derartiger Wille zur Marktbeeinflussung ist im Falle einer Förderung fremden
Wettbewerbes positiv festzustellen. Vorliegend erfolgten die streitgegenständlichen
Äußerungen der Beklagten sowie ihr vom Kläger beanstandetes Verhalten im Rahmen
der Bearbeitung und Abwicklung konkreter Schadensfälle und geht über diese nicht
hinaus. Vielmehr war die Beklagte im Rahmen der Schadensbearbeitung gehalten, den
Geschädigten bzw. den von ihm eingeschalteten Rechtsvertreter konkret über der
Regulierung der geltend gemachten Ansprüche entgegenstehende Bedenken zu
unterrichten. Entgegen den Überlegungen in der mündlichen Verhandlung lässt sich eine
Absicht der Beklagten zur Förderung fremden Wettbewerbes auch nicht daraus
entnehmen, daß sie sich nicht auf die Mitteilung dieser Bedenken beschränkt, sondern
die Dekra mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hat. Insoweit wurde bei den
Erwägungen im Termin verkannt, daß zwischen den Parteien unstreitig ist, daß die
Beklagte selbst die Dekra mit einer Besichtigung des unfallbeschädigten Fahrzeuges
beauftragt, und nicht etwa dem Geschädigten eine derartige Beauftragung empfohlen
oder sonstwie nahegelegt hat. Die Einschaltung eines eigenen - auch externen -
Sachverständigen zur Wahrnehmung ihrer Interessen kann der Beklagten jedoch nicht
untersagt werden und führt nicht zur Annahme eines wettbewerblichen Handelns. Daß
die Beklagte trotz ihrer nach außen zum Ausdruck gebrachten Ansicht, das Gutachten
des Klägers sei unbrauchbar, auf der Grundlage dieses Gutachtens später die
Regulierung des Schadensfalles vorgenommen hat, mag zwar ein gegen die Beklagte
sprechendes Indiz dahingehend darstellen, daß es ihr bei dieser Äußerung nicht um die
Regulierung des Schadensfalles, sondern außerhalb liegende Ziele ging, ist aber für sich
allein nicht ausreichend.
Ein Anspruch des Klägers auf Unterlassen der Behauptung, das Gutachten des Klägers
sei unbrauchbar und/oder der Kläger weiche nur teilweise vom Nutzungsrecht ab und
fordere erhebliche Lizenzgebühren für die Nutzung und Prüfung besteht auch nicht unter
dem Gesichtspunkt einer Kreditgefährdung im Sinne des § 824 BGB.
Die Äußerung, das Gutachten des Klägers sei unbrauchbar, stellt keine
Tatsachenbehauptung dar, sondern ist eine von Art. 5 GG gedeckte Meinungsäußerung,
und zwar auch dann, wenn die Beklagte ihre Ansicht auf die urheberrechtliche
Schutzklausel am Ende der klägerischen Gutachten stützt. Diese Äußerung
überschreitet die Grenzen zulässiger Werturteile nicht und bleibt der Beklagten auch
dann unbenommen, wenn die Ansicht, auf der sie fußt, nämlich daß die Beklagte
berechtigt sein müsse, die Fotos eines Unfallschadensgutachtens in eine Online-
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berechtigt sein müsse, die Fotos eines Unfallschadensgutachtens in eine Online-
Restwertbörse einzustellen, unzutreffend sein sollte. Eine Klärung der von den Parteien
umfangreich problematisierten Fragen, ob einer Versicherung in einem
Unfallschadensgutachten bereits konkludent das Recht zu einer derartigen Nutzung
eingeräumt ist, ob dem Sachverständigen, der das Gutachten erstattet hat, im Falle
einer derartigen Nutzung eine Lizenzgebühr zusteht und ob die Ermittlung eines
Restwertes über eine derartige Online-Restwertbörse einem Geschädigten überhaupt
entgegengehalten werden kann, muß im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreites nicht
erfolgen.
Bei der weiteren angegriffenen Äußerung, der Kläger fordere erhebliche Lizenzgebühren,
handelt es sich zwar um eine Tatsachenbehauptung. Nach dem Sach- und Streitstand
kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß diese Tatsachenbehauptung unwahr
ist. Der Beklagtenvertreter hat nach entsprechendem Hinweis auf das Erfordernis eines
Sachvortrages zu dieser Behauptung auf die mehreren vom Kläger über eine derartige
Lizenzgebühr geführten Rechtsstreite hingewiesen und damit dem Beklagtenvortrag die
erforderliche Substanz verliehen. Dem Wahrheitsgehalt dieser Äußerung ist der Kläger
nicht entgegengetreten. Die von ihm in seinem - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom
16.02.2009 vorgenommene Gleichstellung erheblicher mit überhöhten Lizenzgebühren
ist unzulässig; dem Adjektiv „erheblich“ fehlt die negative Besetzung des Wortes
„überhöht“. Beide Begriffe werden auch vom Durchschnittsverbraucher unterschiedlich
verstanden.
Hinzu kommt, daß die Mitteilung, der Kläger fordere erhebliche Lizenz- bzw.
Prüfungsgebühren, nicht geeignet ist, den Kredit des Klägers zu gefährden oder sonstige
Nachteile für seinen Erwerb oder sein Fortkommen herbeizuführen. Welchen Sinn die
vom Kläger darüberhinaus beanstandete Äußerung haben soll, er „weiche nur teilweise
vom Nutzungsrecht ab“, ist bereits aufgrund des Schreibens der Beklagten nicht
nachzuvollziehen; der Kläger legt auch nicht dar, in welcher Weise er durch diesen Teil
des Schreibens beeinträchtigt sein könnte.
Hinsichtlich des weiteren Klageantrages, mit dem der Kläger das Unterlassen eines
Verhaltens fordert, kann § 824 BGB offensichtlich keinen Anspruch begründen.
Die Beklagte hat durch ihr Vorgehen auch nicht in gegen § 823 BGB verstoßender Weise
in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers eingegriffen.
Ein derartiger Vorwurf würde einen Eingriff voraussetzen, der sich spezifisch gegen den
betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet und
über eine bloße Belästigung oder sozial übliche Behinderung hinausgeht, wobei bloße
Erwerbsaussichten nicht vom Schutzbereich einer Verletzung des eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetriebs umfaßt werden.
Wie bereits oben dargestellt, begegnen die vom Kläger beanstandeten Äußerungen
keinen rechtlichen Bedenken; diese Ausführungen gelten auch im Rahmen des § 823
BGB. Das Zurücksenden des Gutachtens hat keinen Unrechtsgehalt.
Insoweit liegt der Fall hier anders als der der Entscheidung des BGH vom 13.10.1998, Az.
VI ZR 357/97 zugrundeliegende Sachverhalt. Dort hatten die Sachbearbeiter der
Beklagten - über die konkrete Bearbeitung des Regulierungsfalles hinaus - Geschädigte
darauf hingewiesen, daß es „mit der Regulierung der durch die Klägerin in Rechnung
erstellten Mietwagenkosten häufig Probleme gegeben habe“ und versucht, die
Geschädigten zu veranlassen, das bei der dortigen Mietwagenfirma angemietete
Fahrzeug zurückzugeben und stattdessen auf einen anderen billigeren Mietwagen eines
von der Beklagten benannten Unternehmens überzuwechseln.
Derartige über einen Schadensfall hinausgreifende Äußerungen hat die Beklagte
vorliegend nicht aufgestellt; auch hat sie nicht versucht, die Geschädigten dazu zu
bewegen, Geschäftsbeziehungen zum Kläger abzubrechen. Die Beauftragung der Dekra
erfolgte unstreitig durch die Beklagte; diese hat nicht darauf hingewirkt, daß die
Geschädigten die Dekra statt des Klägers beauftragen. Daß die Beklagte nach einer
derartigen - ihr im Rahmen der Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen zustehenden -
Beauftragung diese den Geschädigten mitteilt und die Dekra um Kontaktaufnahme mit
den Geschädigten zum Zwecke der Fahrzeugbesichtigung im Namen der und aufgrund
des Auftrages der Beklagten bittet, ist die Konsequenz dieser Beauftragung und nicht zu
beanstanden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 11. 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes erfolgte in Anlehnung an die Angabe des Klägers
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Die Festsetzung des Streitwertes erfolgte in Anlehnung an die Angabe des Klägers
gemäß § 3 ZPO.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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