Urteil des LG Potsdam vom 14.03.2017

LG Potsdam: eigentümer, dvd, verwertung, einstweilige verfügung, gebäude, park, zutritt, grundstück, einwirkung, zugänglichkeit

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Gericht:
LG Potsdam 1.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 O 330/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 1 BGB, § 305 Abs 2
BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, §
903 BGB
Anfertigung von Fotografien eines im Privateigentum stehenden
kulturbedeutenden Gebäudes zu gewerblichen Zwecken nur mit
Zustimmung des Eigentümers
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - zu unterlassen, Filmaufnahmen der von der Stiftung
gemäß dem Staatsvertrag über ihre Errichtung vom 21. Dezember 1994 verwalteten
Gebäude, Denkmäler, Gartenanlagen und sonstigen Kulturgüter zu
vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen,
soweit nicht die Fotoaufnahmen von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der von
der Stiftung verwalteten Anlagen gemacht wurden, insbesondere wenn dies wie aus DVD
„P.“ in Anlage K 11 ersichtlich erfolgt.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem
Umfang die in Ziffer 1 genannten Handlungen in der Vergangenheit begangen wurden,
insbesondere unter Angabe der Anzahl der mit den Filmaufnahmen hergestellten und
veräußerten DVDs sowie weiterhin unter Angabe der Gesamtumsätze mit diesen DVDs
einschließlich Kostenfaktoren und des Gewinns.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin den durch die in Ziff. 1 genannten
Handlungen entstandenen Schaden zu ersetzen hat.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10 zu
tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 30.000,00 €.
Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerinist Eigentümerin mehrerer kunst- und kulturbedeutender Grundstücke und
Gebäude in Berlin und Brandenburg. Sie hat gemäß § 1 ihrer Satzung die Aufgabe, die
ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren, unter Berücksichtigung historischer kunst-
und gartenhistorischer und denkmalpflegerischer Belange zu pflegen, ihr Inventar zu
ergänzen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Auswertung dieses
Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit, insbesondere in Wissenschaft und
Bildung zu ermöglichen. Nach Art. 2 Abs. 2 des Staatsvertrages über die Errichtung
einer „Stiftung P.“ sind der Klägerin eine Vielzahl von Grundstücken und Gebäuden
übereignet worden, u. a. der Park S..
Nach dem Beschluss des Stiftungsrates vom 3. Dezember 1998 über die Richtlinien über
Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmale, deren Ausstattung
sowie der Gartenanlagen bedürfen solchen Aufnahme der vorherigen Zustimmung.
Ausgenommen sind Aufnahmen von Gebäuden und Anlagen, die sich an öffentlichen
Straßen, Wegen oder Plätzen befinden (§ 59 UrhG) und Außenaufnahmen zu privaten
Zwecken von geringem Umfang. Die Zustimmung erfolgt im Rahmen einer vorherigen
schriftlichen Vereinbarung über ein angemessenen Nutzungsentgelt.
An den Eingängen des Parkes S. ist jeweils ein Schild „Parkordnung“ mit dem Hinweis
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An den Eingängen des Parkes S. ist jeweils ein Schild „Parkordnung“ mit dem Hinweis
aufgestellt: „Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen zu gewerblichen Zwecken bedürfen der
vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung“. Die Klägerin gibt diverse
Informationsbroschüren, ein Jahrbuch und das aktuelle Jahresprogramm heraus. Sie
erstellt Postkarten, Bildbände und Broschüren mit Aufnahmen ihrer Bauten und Gärten
und bietet diese zum Verkauf an.
Der Beklagte betreibt einen Verlag, der u. a. über sein Internet-Portal Filmreihen
einzelnen Regionen und Orten Deutschlands anbietet, darunter auch eine DVD über P.
und seine Parks und Schlösser. Diese DVD enthält Aufnahmen, die von dem Grundstück
der Klägerin aus gefertigt wurden, u. a. Aufnahmen aus dem Park S. und am Schluss der
DVD Nachtaufnahmen eines ungenehmigten, auf der Terrasse des Schlosses S.i
veranstalteten Silvester-Feuerwerks.
Die Klägerin erfuhr Anfang Dezember 2007 von der DVD und mahnte den Beklagten mit
Anwaltschreiben vom 14. Dezember 2007 ab.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 4. Januar 2008 wies der Beklagte die
Abmahnung zurück. Weder das Fotografieren noch die gewerbliche Verwertung von
Fotografien seien eine Einwirkung auf das Eigentum. Eine Anzahl von Betroffenen und die
interessierte Öffentlichkeit würden dem Ausgang des angekündigten Prozesses mit
großem Interesse entgegen sehen.
Die Klägerin trägt vor, zwischen den Parteien sei ein konkludenter Benutzungsvertrag zu
den Bedingungen der an den Eingangsschildern abgedruckten Parkordnung zustande
gekommen. Durch die Filmaufnahmen und die gewerbliche Verbreitung der DVD
beeinträchtige der Beklagte ihr Eigentum. Die gewerbliche Verwertungsmöglichkeit sei
als eine dem Eigentum unmittelbar anhaftende Eigenschaft von dessen
Zuweisungsgehalt umfasst. Durch die Fertigung der Filmaufnahmen und deren
gewerbliche Verwertung nutze der Beklagte unmittelbar ihr Eigentum. Ungenehmigte
Aufnahmen, die unter Betreten ihres Grundstücks gefertigt worden seien, stellten,
unabhängig von der Frage der freien Zugänglichkeit des Parkgeländes, einen die
Abwehr- und Zahlungsansprüche auslösenden Eingriff in ihr Eigentum dar. Die Befugnis,
ein Fotografierverbot für Aufnahmen zu gewerblichen Zwecken auszusprechen, sei durch
das ihr als Eigentümerin zustehende Hausrecht gedeckt. Aufgrund der knappen
öffentlichen Kassen sei sie auf die Vermarktung und Lizenzierung der Stiftungsmotive
angewiesen, um die Gebäude und Gärten entsprechend ihrer Zielsetzung unterhalten zu
können. Die Verbreitung der DVD führe daher zu einem fortlaufenden Schaden. Durch
die Darstellung des ungenehmigten Feuerwerkes würden Käufer zum Abbrennen von
Feuerwerken in der Nähe der Schlösser geradezu ermuntert.
Die Klägerin stellte folgende Anträge:
1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise
Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - zu unterlassen,
Filmaufnahmen der von der Stiftung gemäß dem Staatsvertrag über ihre
Errichtung vom 21. Dezember 1994 verwalteten Gebäude, Denkmäler,
Gartenanlagen und sonstigen Kulturgüter zu vervielfältigen/vervielfältigen zu
lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen, soweit nicht die
Fotoaufnahmen von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der von der
Stiftung verwalteten Anlagen gemacht wurden, insbesondere wenn dies wie aus
DVD „P.“ in Anlage K 11 ersichtlich erfolgt.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in
welchem Umfang die in Ziffer 1 genannten Handlungen in der Vergangenheit
begangen wurden, insbesondere unter Angabe der Anzahl der mit den
Filmaufnahmen hergestellten und veräußerten DVDs sowie weiterhin unter
Angabe der Gesamtumsätze mit diesen DVDs einschließlich Kostenfaktoren und
des Gewinns.
3. Der Beklagte wird verurteilt, sämtliche noch in seinem Besitz befindlichen
Vervielfältigungsstücke nach Ziffer 1 zu vernichten.
4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin den durch die in Ziffer 1
entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen hat.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, weder das Ablichten eines Gebäudes noch die gewerbliche
Verwertung der Ablichtungen seien eine Einwirkung auf das Eigentum. Die „Schloss-
Tegel“-Entscheidung sei überholt und vom Bundesgerichtshof in der „Friesenhaus“-
Entscheidung korrigiert worden. Aus der Verwendung der Begriffe, dass „jedenfalls“ und
- an anderer Stelle - „zumindest dann“ eine Eigentumseinwirkung zu verneinen sei,
wenn die Aufnahmen von der Straße aus gemacht worden seien, folge, dass der
Bundesgerichtshof eine Eigentumsverletzung auch in den Fällen verneinen würde, bei
denen die Aufnahmen nicht vom öffentlichen Verkehrsraum aus gemacht worden sind.
Durch die Wahl des Standortes, von dem aus fotografiert worden sei, werde die
Verwertung der Sachsubstanz in keiner Weise beschränkt. Selbst die nach verbotenem
Zutritt gefertigten Aufnahmen hätten für sich genommen keine Auswirkung auf die
Nutzung der Sache. Die in dem Staatsvertrag geregelte Zweckbestimmung, wonach der
Klägerin das Grundstückseigentum nur und ausschließlich zu dem Zweck übertragen
worden sei, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, überlagere jede dem
Privateigentümer zustehende Befugnis, mit seinem Eigentum beliebig zu verfahren.
Zudem seien die Aufnahmen des Feuerwerks in der Silvesternacht gefertigt worden, als
der Park S. der Öffentlichkeit uneingeschränkt - der Benutzung des öffentlichen
Verkehrsraumes vergleichbar - zugänglich gemacht worden sei. Ein konkreter Schaden
und die Erwartung künftig drohender Schäden seien nicht schlüssig dargelegt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Klageschrift
vom 1. August 2008 (Bl. 1 ff.) und den Schriftsatz der Klägerin vom 17. September 2008
(Bl. 57 ff.) sowie die Klageerwiderung vom 21. August 2008 (Bl. 43 ff.) und den
Schriftsatz des Beklagten vom 6. Oktober 2008 (Bl. 72 ff.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die im Wesentlichen zulässige Klage ist überwiegend - in dem aus dem Urteilstenor
ersichtlichen Umfang - begründet; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
I.
Der mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich
wegen vertraglicher Pflichtverletzung bereits aus § 280 Abs. 1 BGB (vgl. BGH NJW 1995,
1284; OLG Hamburg, NJW 2005, 3003, 3004; Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., § 241 BGB
Rdnr. 4 und § 280 BGB Rdnr. 33).
Zwischen den Parteien war zum Zeitpunkt der Fertigung der Aufnahmen durch den
Beklagten unter Betreten des Parkgeländes konkludent ein Benutzungsvertrag nach den
Bedingungen der ausgeschilderten Parkordnung zustande gekommen.
Im modernen Massenverkehr werden vielfach Leistungen in Anspruch genommen, ohne
dass ausdrückliche vertragliche Abreden getroffen werden. Das Leistungsangebot des
Unternehmers ist eine Realofferte, die vom anderen Teil gemäß § 151 BGB durch eine
Gebrauchs- oder Aneignungshandlung angenommen wird („sozialtypisches Verhalten“,
Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., Einführung vor § 145 BGB Rdnr. 25).
Die Bedingungen der Parkordnung sind wirksam in den Vertrag einbezogen worden (§
305 Abs. 2 BGB). Es ist anerkannt, dass bei konkludent geschlossenen
Massenverträgen, bei denen ein Hinweis schon wegen des Fehlens eines persönlichen
Kontaktes unmöglich ist, ein Aushang ausreicht. Beispiele sind die Benutzung
automatischer Schließfächer, die Parkhausbenutzung, die Benutzung von Kfz-
Waschanlagen oder Beförderungsverträge. Der Aushang muss so angebracht sein, dass
er nicht übersehen werden kann, und sich am Ort des Vertragsschlusses befinden
(Palandt/Heinrichs, 67 Aufl., § 305 BGB Rdnr. 31).
Im vorliegenden Fall befindet sich das großflächige Schild der Parkordnung unstreitig an
jedem Parkeingang, mithin an dem Ort, an welchem der Besucher den Park betritt. Die
darin enthaltenen Regelungen sind klar und leicht verständlich.
Gegen die Wirksamkeit der Regelung in der Parkordnung, wonach Foto-, Film- und
Fernsehaufnahmen zu gewerblichen Zwecken der vorherigen schriftlichen Zustimmung
der Stiftung bedürfen, bestehen keine Bedenken, da sie den Benutzer des Parkgeländes
nicht unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie weicht von den
wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB),
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wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB),
insbesondere den §§ 903, 1004 BGB, nicht ab, sondern ist, wie noch auszuführen sein
wird, mit ihr zu vereinbaren.
II.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Verwertung der
gefertigten Filmaufnahmen auch aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 903 BGB zu.
Unter Beeinträchtigung des Eigentums ist jeder dem Inhalt des Eigentums
widersprechende Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des
Eigentümers zu verstehen (BGH NJW 2005, 1366, 1367). Dabei ist eine Einwirkung auf
die Sachsubstanz nicht erforderlich (Palandt/Bassenge, 67. Aufl., § 1004 BGB Rdnr. 6).
Eine Beeinträchtigung des Eigentums liegt auch vor, wenn in die mit dem Eigentum
verbundene Nutzungszuweisung (vgl. § 903 BGB „... mit der Sache nach Belieben zu
verfahren ...“) eingegriffen wird.
Zu dem Recht eines Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, zählt auch
das Recht, sein Eigentum gewerblich zu verwerten. Können Fotografien eines im
Privateigentum stehenden Gebäudes nur angefertigt werden, wenn ein dem Eigentümer
des Gebäudes gehörendes Grundstück betreten wird, so steht es dem Eigentümer
grundsätzlich frei, den Zutritt zu verbieten oder doch nur unter der Bedingung zu
gewähren, dass dort nicht fotografiert wird. Der Eigentümer hat somit in einem solchen
Fall aufgrund seiner Sachherrschaft die rechtliche und tatsächliche Macht, sich die
Möglichkeit, auf seinem Gelände Aufnahme anzufertigen, ausschließlich vorzubehalten
(BGH NJW 1975, 778 - „Schloss Tegel“).
Auch in Fällen einer allgemeinen Fotografiererlaubnis ergibt sich in der Regel eine
stillschweigende Einschränkung auf Aufnahmen für private Zwecke. Denn es ist das
natürliche Vorrecht des Eigentümers, den gewerblichen Nutzen, der aus seinem nur
gegen seine Erlaubnis zugänglichen Eigentum gezogen werden kann, für sich zu
beanspruchen. Auch ohne ausdrückliches Verbot darf der die Aufnahmen Fertigende
nicht damit rechnen, dass der Eigentümer gewillt sei, die Verwertung der Aufnahmen
ohne Entgelt zu gestatten (BGH a. a. O., 779; KG OLGE 20, 402). Schon deshalb kommt
es auf den Vortrag des Beklagten, der Park Sanssouci sei der Öffentlichkeit in der
Silvesternacht uneingeschränkt zugänglich gemacht worden, die Mitarbeiter von
Sicherheitsdiensten hätten interessierte Besucher durch die geöffneten Tore ohne
Hinweise auf eine eingeschränkte Fotografiererlaubnis „hineingewinkt“, nicht an.
Zudem enthalten die an den Eingängen der Parks der Klägerin aufgestellten
Parkordnungsschilder sogar den ausdrücklichen Hinweis, dass Aufnahmen zu
gewerblichen Zwecken der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung bedürfen.
Gleiches folgt aus den Richtlinien des Stiftungsrates vom 25. Juni 1992. Da es Sache der
Klägerin ist, im Rahmen des Stiftungszwecks die Zugänglichkeit der Parkgelände zu
regeln, steht es ihr auch frei, den allgemein gewährten Zugang von Bedingungen
abhängig zu machen, soweit diese dem Stiftungszweck nicht entgegenstehen. Dies folgt
aus dem jedem Grundstückseigentümer nach §§ 858 ff., 1004 BGB zustehenden und
auch durch §§ 823 Abs. 2, 123 StGB geschützten Hausrecht. Dieses ermöglicht es dem
Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit
gestattet und wem er ihn verweigert. Das schließt das Recht ein, den Zutritt zu
bestimmten Zwecken zu erlauben oder rechtswirksam von Bedingungen wie der
Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen (BGH, Urteil vom 8. November 2005 - KZR
37/03 -, GRUR 2006, 249, 250).
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Bundesgerichtshof von den Grundsätzen
der „Schloss-Tegel“-Entscheidung (NJW 1975, 778) in der „Friesenhaus“-Entscheidung
(NJW 1989, 2151) nicht abgerückt. Dies zeigt bereits der Leitsatz der letztgenannten
Entscheidung: „Das ungenehmigte Fotografieren eines fremden Hauses und die
gewerbliche Verwertung einer solchen Fotografie stellen dann keine Abwehr- und
Zahlungsansprüche auslösende Einwirkung auf fremdes Eigentum dar, wenn die
Fotografie - ohne dass das Hausgrundstück betreten wird - von einer allgemein
zugänglichen Stelle aus angefertigt wird.“ Damit sind Abwehransprüche für die Fälle
verneint worden, in denen es um Fotografien von einer öffentlichen Straße aus geht.
Unter dieser Prämisse stehen auch die nachfolgenden Ausführungen, wonach der
Fotografiervorgang als „Realakt“ die Verfügungsbefugnis des Eigentümers unberührt
lässt (a. a. O., 2252). Den Unterschied zu der „Schloss-Tegel“-Entscheidung, bei der
maßgebend darauf abgehoben worden ist, dass das Gebäude nur durch Betreten des
Privatgrundstücks fotografiert werden konnte, hat der Bundesgerichtshof in der
„Friesenhaus“-Entscheidung klar herausgestellt (a. a. 0., 2252 f.). Allein aus der
Verwendung der Begriffe „jedenfalls“ und „zumindest“ kann entgegen der Auffassung
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Verwendung der Begriffe „jedenfalls“ und „zumindest“ kann entgegen der Auffassung
des Beklagten nicht gefolgert werden, dass die Ausführungen auch für einen - gar nicht
zur Entscheidung stehenden - Fall gelten sollten, in dem das Grundstück zur Fertigung
der Aufnahmen betreten wird.
Hiernach kommt dem Standort, von dem aus Foto- und Filmaufnahmen zu gewerblichen
Zwecken gefertigt werden, entscheidende Bedeutung zu für die Frage, ob der
Eigentümer solche Aufnahmen untersagen kann. Erfolgen die Aufnahmen von einer
allgemein zugänglichen Stelle aus und ohne Betreten des Grundstücks, hat der
Eigentümer dies hinzunehmen. In einem solchen Falle ist es dem Eigentümer bereits in
tatsächlicher Hinsicht nicht möglich, Aufnahmen, die von seinem Haus von der Straße
aus gefertigt werden, zu unterbinden. Damit hat er keine rechtlich und tatsächlich
gesicherte Position inne, in die „eingegriffen“ werden könnte (OLG Bremen NJW 1987,
1420). Unbenommen bleibt dem Eigentümer jedoch kraft seiner Sachherrschaft die
Möglichkeit, andere vom Zugang der Sache bzw. vom Anblick der Sache (bei einem
Gebäude z. B. durch eine Grundstücksbepflanzung) auszuschließen und ihnen damit
auch die Nachbildungsmöglichkeit abzuschneiden oder doch weitgehend zu erschweren
(vgl. BGHZ 44, 289, 295 = NJW 1966, 542; NJW 1989, 2251, 2252).
Wird hingegen das Grundstück zur Fertigung der Aufnahmen betreten, dann hat der
Eigentümer die rechtliche und aufgrund seiner Sachherrschaft die tatsächliche Macht,
Foto- und Filmaufnahmen der in seinem Eigentum stehenden Sache zu unterbinden. Er
kann die freie Zugänglichkeit des Grundstücks, etwa durch Errichtung eines das
Parkgelände umgrenzenden Zaunes, durch Einführung von Eingangs- und
Personenkontrollen und Schließzeiten, durch Überwachung der Parkbenutzer etc., auch
so weit einschränken, dass ein ungenehmigtes Fotografieren faktisch ausgeschlossen
wäre. Deshalb stellt nicht erst die gewerbliche Verwertung der Foto- und Filmaufnahmen,
sondern bereits die Fertigung der ungenehmigten Aufnahmen in der offenen Absicht, sie
gewerblich zu nutzen, eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.
In diese absolut geschützte Rechtsposition der Klägerin hat der Beklagte durch die
Fertigung und durch den Vertrieb der DVD, insbesondere auch durch die Darstellung des
ungenehmigten Feuerwerkes auf der Terrasse des Schlosses Sanssouci in der
Silvesternacht, fortlaufend eingegriffen.
Auch der Gesichtspunkt der Sozialbindung des Eigentums gibt im vorliegenden Fall keine
Veranlassung, die Klägerin zu zwingen, die Fertigung von Foto- und Filmaufnahmen zu
gewerblichen Zwecken ohne ihre Zustimmung zu gestatten. Zwar besteht ein
allgemeines Interesse der Öffentlichkeit, die künstlerisch bedeutsamen Gebäude und
Gärten in den Parks der Klägerin näher kennenzulernen. Dem können - neben der
allgemein gewährten Zugänglichkeit im Rahmen der Parkordnung - etwa der Vertrieb
von Ansichtskarten, von DVDs oder von Bildern in digitaler Form als Dateien über
Datenleitungen dienen. Die Klägerin befriedigt jedoch selbst dieses Interesse, indem sie
Postkarten, Bildbände und Broschüren vertreibt und damit der Öffentlichkeit und den
Medien den Zugriff nach den Regeln der Stiftungsrichtlinien gewährt.
Der Abwehranspruch aus §§ 1004, 903 BGB hat auch nicht zur Voraussetzung, dass es
sich bei dem Anspruchsteller um ein Privatrechtssubjekt handelt. Zwar ist juristischen
Personen des öffentlichen Rechts - wie die Klägerin - die Berufung auf das
Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG verwehrt (vgl. Maunz/Dürig/Papier, Art. 14 GG,
Rdnr. 206 m. w. N.). Sie können aber die ihnen von der Rechtsordnung eingeräumten,
aus der Eigentümerstellung hergeleiteten Rechte aus dem Eigentum in gleicher Weise
geltend machen (Maunz/Dürig a. a. O., Rdnr. 212). Bei juristischen Personen des
öffentlichen Rechts tritt der privatrechtlichen Eigentumsinhalt lediglich im Umfang der
öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung zurück (Palandt/Bassenge, 67. Aufl., § 903 BGB
Rdnr. 1). Diese Zweckbestimmung wird durch die in den Richtlinien vom 3. Dezember
1998 enthaltene Regelung der Zustimmungspflichtigkeit von Foto-, Film- und
Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmäler, derer Ausstattung sowie der
Gartenanlagen gewahrt. Von den sich aus den Stiftungsrichtlinien ergebenden
Einschränkungen abgesehen - die Klägerin dürfte etwa Außenaufnahmen zu privaten
Zwecken von geringem Umfang nicht untersagen -, stehen der Klägerin die aus ihrem
Eigentum folgenden zivilrechtlichen Abwehr- und Zahlungsansprüche zu.
III.
Der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Anspruch auf Auskunftserteilung über
den Umfang der in Ziff. 1 genannten Handlungen in der Vergangenheit, insbesondere
unter Angabe der Anzahl der mit den Filmaufnahmen hergestellten und veräußerten
DVDs und der Gesamtumsätze einschließlich Kostenfaktoren und des Gewinns, ist
ebenfalls begründet.
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Aus § 242 BGB ergibt sich eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien
bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer
Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der
Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer
geben kann. Bei der dafür erforderlichen Sonderverbindung kann es sich um ein
gesetzliches Schuldverhältnis oder um eine Rechtsbeziehung des Sachenrechts handeln
(Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., § 261 BGB Rdnr. 8 ff.). Diese Sonderverbindung ergibt sich
für den vorliegenden Fall ohne weiteres aus dem aufgrund der
Eigentumsbeeinträchtigung bestehenden Schuldverhältnis nach §§ 1004 Abs. 1, 823
BGB.
Die Klägerin kann sich die benötigten Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise
beschaffen. Unterlagen, aus denen sie sich informieren könnte, stehen ihr unstreitig
nicht zur Verfügung bzw. werden seitens des Beklagten verweigert. Sie ist auf die
erteilten Auskünfte angewiesen, um den Umfang bestehender
Schadensersatzansprüche ermitteln und beziffern zu können. Der mit der
Auskunftserteilung verbundene Arbeitsaufwand ist zumutbar und belastet den Beklagten
nicht unbillig.
IV.
Unbegründet ist die Klage jedoch hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 3. verlangten
Vernichtung der Vervielfältigungsstücke der Aufnahmen.
Dafür ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich und von der Klägerin auch nicht genannt
worden. Lediglich im Urheberrecht gibt es einen Anspruch auf Vernichtung von
Vervielfältigungsstücken (§ 98 Abs. 1 UrhG). Das kann auf den zivilrechtlichen
Eigentumsschutz wegen der unterschiedlichen Schutzrichtungen und der verschiedenen
Inhalte nicht übertragen werden. Die bürgerrechtliche Besitz- und Eigentumsordnung
dient dem Schutz der Sachherrschaft über die körperliche Sache, während Gegenstand
des Urheberrechts das unkörperliche, geistige Werk ist, dessen Abbildung dem
urheberrechtlichen Verwertungsrecht unterfällt (BGH NJW 1989, 2251, 2252).
Um ein solches, dem Urheberrechtschutz vergleichbares Rechtsgut, welches einen
Vernichtungsanspruch rechtfertigen könnte, geht es bei dem Eigentumsschutz nicht.
Der Beklagte ist selbst Eigentümer der Vervielfältigungsstücke, die er zum privaten
Gebrauch auch nutzen darf.
V.
Die Feststellungsklage (Klageantrag zu 5.) ist im Hinblick auf die von dem Beklagten
begangene Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) insoweit zulässig und begründet,
als sie auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz der entstandenen
Schäden gerichtet ist.
Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, dass das zwischen den Parteien
bestehende Rechtsverhältnis, insbesondere die Frage der Schadensersatzverpflichtung
des Beklagten, durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (§ 256 Abs. 1
ZPO). Dem Rechtsschutzbedürfnis steht es nicht entgegen, dass die Klägerin an sich
auch die Möglichkeit einer Stufenklage hätte (vgl. BGH NJW 2003, 3275 f. für den insoweit
vergleichbaren Fall des gewerblichen Rechtsschutzes). Eine Bezifferung des
Schadensersatzanspruchs ist der Klägerin ohne Offenlegung der von dem Beklagten mit
dem Klageantrag zu 2. geforderten Information nicht möglich. Als erstattungsfähige
Schäden kommen die der Klägerin entgangenen Gebühren in Betracht, die sie von
Interessenten hätte verlangen können, wenn sich diese direkt an die Klägerin oder an
solche Agenturen gewandt hätten, die die Aufnahmen mit Genehmigung der Klägerin
veröffentlichen.
Dagegen ist die Feststellungsklage hinsichtlich zukünftig noch entstehender Schäden
mangels eines Feststellungsinteresses nicht zulässig. Die Klägerin hat nicht dargelegt,
dass erst in Zukunft entstehende Schäden noch zu erwarten sind oder sich in der
Entwicklung befinden. Den Beklagten war durch einstweilige Verfügung vom 11. Januar
2008, die durch Urteil der Kammer vom 13. Juni 2008 - 1 O 5/08 - bestätigt worden ist,
aufgegeben worden, die im Klageantrag zu 1. genannten Handlungen zu unterlassen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte der einstweiligen Verfügung zuwider gehandelt
haben könnte, sind nicht ersichtlich und von der Klägerin nicht vorgetragen. Deshalb ist
davon auszugehen, dass der anspruchsbegründende Sachverhalt abgeschlossen ist.
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VI.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709, 708 Nr. 1, 711
ZPO.
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