Urteil des LG Potsdam vom 14.03.2017

LG Potsdam: beurkundung, unbestimmte dauer, vermögensrechtliche angelegenheit, jahresgewinn, geschäft, abschlag, eng, quelle, link, zukunft

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Gericht:
LG Potsdam 5.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 T 340/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 24 Abs 1 Buchst b KostO, § 30
Abs 1 KostO, § 41a Abs 4 KostO,
§ 41c Abs 1 KostO, § 141 KostO
Notarkosten: Geschäftswertberechnung für einen
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Kostenrechnungen des Notars Z. zur
Kostenrechnungsnummer 289/08 wird zurückgewiesen.
Die weitere Beschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur
Entscheidung stehenden Frage zugelassen.
Gründe
I.
Die durch ihren Verfahrensbevollmächtigten vertretene Beteiligte zu 1) beauftragte den
beteiligten Notar mit der Beurkundung eines Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages und der hierzu gehörenden Zustimmung der
Gesellschafterversammlung der H. I. GmbH. Die Beurkundung erfolgte am 6.3.2008 zur
Urkundennummer 289/08, wobei wegen des näheren Inhalts auf die als Anlage K2 zur
Beschwerdeschrift eingereichte Kopie des Vertrages verwiesen wird.
Unter dem 7.3.2008 erteilte der beteiligte Notar eine Kostenrechnung, die - ohne
Angabe eines Geschäftswertes - für die Beurkundung des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages eine Gebühr in Höhe von 25.629, 63 € brutto auswies..
Auf Nachfrage der Beteiligten zu 1) zum Geschäftswert teilte der Notar mit Schreiben
vom 3.4.2008 mit, die beurkundete Gewinnabführungsverpflichtung sei eine
Vereinbarung über wiederkehrende Leistungen, so dass der nach § 24 KostO zu
bestimmende kapitalisierte Wert maßgeblich sei. Hier liege ein Vertrag mit bestimmter
Dauer - nämlich fünf Jahre - vor, so dass auf der Grundlage des von der Fa. H. I. für das
vergangene Jahr mitgeteilten Jahresgewinns von 2.000.000,- € für den Geschäftswert der
fünffache Jahresbetrag, mithin 10.000.000,- €, heranzuziehen sei.
Die Beteiligte zu 1) wandte mit Schreiben vom 4. 4.2008 ein, der nach dem Vertrag
abzuführende Gewinn sei im Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht bekannt gewesen,
so dass eine Angelegenheit mit unbestimmtem Geldwert im Sinne von § 30 KostO
vorliege.
Unter dem 14.4.2008 erteilte der Notar zur Kostenrechnungsnummer 289/08 eine
korrigierte Kostenrechnung auf der Basis eines Geschäftswertes von 20.625.000,- €. Zur
Erläuterung teilte er mit, zur Kapitalisierung gem. § 24 KostO sei nicht vom 5- fachen
Jahresdurchschnittswert sondern vom 12,5- fachen Jahreswert auszugehen, da der
Vertrag nicht auf fünf Jahre sondern auf unbestimmte Dauer - lediglich erstmals kündbar
nach fünf Jahren - geschlossen worden sei.
Den Jahreswert habe er von dem Bilanzwert des letzten Jahres in Höhe von 2.000.000,- €
auf 1.650.000,- € abgesenkt, wobei der Durchschnittswert der letzten fünf Jahre - was
unstreitig ist - 1.750.000,- € betrage.
Unter dem 22.4.2008 erteilte der Notar eine weitere, der Kostenrechnung vom
14.4.2008 gleichlautende Kostenrechnung zur Kostenrechnungsnummer 289/08 sowie
unter dem 5.5.2008 und unter dem 21.5.2008 vollstreckbare Ausfertigungen der
Kostenrechnung.
Die Kostenrechnung vom 7.3.2008 über 25.629, 63 € brutto hat er im
Beschwerdeverfahren für gegenstandslos erklärt.
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Die Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, vor dem Hintergrund des Vertragsgegenstandes -
der Abführung zukünftiger Gewinne beginnend mit dem Jahr 2008 - habe bei der
Beurkundung eine Angelegenheit mit unbestimmtem Geldwert im Sinne von § 30 KostO
vorgelegen. Eine Schätzung sei insoweit nicht möglich.
Der Wert der Zustimmung, die der Notar – unstreitig - mit einem Geschäftswert von
26.000,- € in Ansatz gebracht habe, sei der Gleiche wie der Wert des Vertrages, so dass
allenfalls auch dieser Geschäftswert für den Vertrag in Ansatz gebracht werden könne.
Nachdem es sich zumindest beim erstmaligen Abschluss eines
Ergebnisabführungsvertrages um ein Geschäft ohne bestimmten Geldwert um Sinne von
§ 41c Abs.1 KostO handele, gelte in analoger Anwendung von § 41a Abs.4 Nr. 1 KostO
zudem nur ein Geschäftswert in Höhe von 25.000,- €.
Die Beteiligte zu 1) beantragt, die Kostenrechnungen des Notars betreffend die Urkunde
289/2008 vom 6.3.2008 dahingehend zu ändern, dass die Rechnung auf der Basis eines
Geschäftswertes von 25.000,- € mit einem Betrag von 227,88 € abschließt.
Der beteiligte Notar beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die von der
Beschwerdeführerin für ihre Auffassung herangezogenen Gerichtsentscheidungen
beträfen ausschließlich Zustimmungsbeschlüsse zu Beherrschungs- und
Gewinnabführungsverträgen und seien auf die Beurkundung des
Unternehmensvertrages selbst nicht anwendbar.
Nachdem eine Spezialregelung bezogen auf den vorliegenden Fall nicht bestehe, sei §
30 KostO i.V.m. § 24 KostO zum Zwecke der Geschäftswertbestimmung heranzuziehen.
Die Kammer hat eine Stellungnahme der Ländernotarkasse eingeholt und den
Präsidenten des Landgerichts als vorgesetzte Dienstbehörde des Notars gehört.
Wegen der Stellungnahme der Ländernotarkasse wird auf deren Schreiben vom
13.8.2008 (Bl. 124 - 126 d GA) verwiesen. Der Präsident des Landgerichts hat auf die
Ausführungen der Ländernotarkasse Bezug genommen.
II.
Die gem. § 156 Abs.1 KostO zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nicht
begründet.
Der von dem beteiligten Notar für die Beurkundung des Beherrschungs- und
Ergebnisabführungsvertrages vom 6.3.2008 (Urk.-Nr. 289/08) gem. § 30 KostO i.V. m. §
24 KostO geschätzte Geschäftswert von 20.625.000,- € ist nicht zu beanstanden.
Bei dem Beherrrschungs- und Gewinnabführungsvertrag handelt es sich um eine
vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne des § 30 Abs.1 KostO, deren Wert sich
nicht unmittelbar aus den Vorschriften der Kostenordnung ergibt.
Eine unmittelbare Anwendung des § 24 KostO scheidet insoweit aus, da in Bezug auf die
vertraglich geregelte Ergebnisabführung keine wiederkehrenden Nutzungen und
Leistungen im Sinne dieser Vorschrift vereinbart sind. Voraussetzung für wiederkehrende
Leistungen ist, dass gleiche oder zumindest ungefähr gleiche Nutzungen oder
Leistungen in bestimmten Zeitabschnitten vorliegen. Dies ist in Ansehung des
beurkundeten Vertrages nicht der Fall.
Welche Gewinne oder Verluste das beherrschte Unternehmen in den nächsten Jahren
nach der Beurkundung der auf die Zukunft gerichteten Ergebnisabführungsvereinbarung
erzielen wird, ist von vielfältigen Faktoren abhängig und war im Zeitpunkt der
Beurkundung noch ungewiss. Bestimmte und ungefähr gleiche Nutzungen wurden somit
nicht vereinbart.
Soweit der beteiligte Notar gem. §§ 141 KostO, 30 Abs.1 i.V.m. § 24 KostO, den
voraussichtlichen Jahresgewinn geschätzt und unter Zugrundelegung der
unbeschränkten Dauer des Vertrages diesen entsprechend § 24 Abs.1b KostO mit dem
Faktor 12, 5 multipliziert hat, entspricht dies der in der Literatur befürworteten
Vorgehensweise (Dr. Bengel, DNotZ 2007, 439; Tiedtke, Anm. zu OLG Celle, ZNotP
2007, 157, 158) und begegnet keinen Bedenken.
Dass der der Schätzung zugrundegelegte Durchschnittsgewinn der letzten fünf Jahre,
von dem der Notar einen Abschlag vorgenommen hat, keine geeignete
Schätzungsgrundlage für den künftigen durchschnittlichen Jahresgewinn darstellt, ist
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Schätzungsgrundlage für den künftigen durchschnittlichen Jahresgewinn darstellt, ist
nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht eingewandt.
Soweit die Beschwerdeführerin gestützt auf Entscheidungen des OLG Celle (ZNotP 2007,
246), des OLG Hamm (DNotZ 1994, 126) und des BayObLG (DNotZ 1991, 401) die
Auffassung vertritt, der Geschäftswert für den Ergebnisabführungsvertrag sei gem. § 41c
Abs.1, § 41 a Abs.4 Nr. 1 KostO mit 25.000,- € festzusetzen, folgt dem die Kammer
nicht.
Die genannten Entscheidungen betreffen Zustimmungsbeschlüsse, die - sofern deren
Gegenstand keinen bestimmten Geldwert hat - der speziellen und eng auszulegenden
(Hartmann, Kostengesetzte, § 41 c KostO, Rdn. 2) Regelung des § 41c Abs.1KostO i.V.m.
§ 41a Abs.4 KostO unterfallen.
Bezogen auf den hier maßgeblichen Ergebnisabführungsvertrag zwischen verschiedenen
Kapitalgesellschaften greift die für Beschlüsse von Organen von Kapital- und
Personenhandelsgesellschaften geltende Norm indes nicht (anders wohl OLG Stuttgart,
B. vom 14.3.2008, 8 W 180/08).
Als Spezialregelung ist § 41c Abs.1 KostO i.V.m. § 41a Abs.4 KostO auch nicht
entsprechend auf den Ergebnisabführungsvertrag anwendbar. Anhaltspunkte für das
Bestehen einer planwidrigen Regelunglücke bestehen nicht.
Der nach § 41c Abs.1 i.V.m. § 41a Abs.4 KostO für Kapitalgesellschaften geltende
Geschäftswert berücksichtigt - worauf der Notar mit Recht verwiesen hat - auch nicht das
Haftungsrisiko für das haftungsrechtlich weit oberhalb eines Geschäftswertes von
25.000,- € liegende Geschäft.
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