Urteil des LG Paderborn vom 17.09.2009

LG Paderborn (fahrzeug, waschanlage, kläger, umstand, schaden, zpo, druck, abstand, untersuchung, zeuge)

Landgericht Paderborn, 5 S 3/09
Datum:
17.09.2009
Gericht:
Landgericht Paderborn
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 S 3/09
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12. Dezember 2008
verkündete Urteil des Amtsgerichtes Höxter – 10 C 205/08 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
I.
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Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen.
2
II.
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Die Berufung des Beklagten ist begründet. Der aus mehreren Anspruchsgrundlagen
denkbare Schadensersatzanspruch des Klägers scheitert jeweils daran, dass die für alle
Ansprüche erforderliche Pflichtverletzung des Beklagten nicht erwiesen ist.
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I. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes kann die Pflichtverletzung des
Beklagten nicht aus einer Fehlfunktion der Waschanlage hergeleitet werden. Denn
diese ist nicht erwiesen. Insbesondere kann nicht aus dem Herausfahren der
Radwaschbürste zwingend auf eine solche Fehlfunktion geschlossen werden. 1.
Grundsätzlich trägt der Gläubiger die Beweislast dafür, dass der Schuldner eine
Pflichtverletzung begangen hat. Abweichend von dieser Beweislastverteilung
erkennt die Rechtssprechung an, dass ausnahmsweise unmittelbar von dem
Eintritt eines Schadensfalls auf eine Pflichtverletzung des Handelnden
geschlossen werden kann, wenn der Gläubiger darlegt und beweist, dass die
Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners
herrühren kann (vgl. OLG Hamm, 12 O 170/01). Hier ist es auch durchaus denkbar,
dass der Schaden am PKW des Klägers auf eine Fehlfunktion der Waschanlage –
etwa einen Programmierfehler – zurückgeführt werden kann. Genauso sind jedoch
Schadensursachen nicht auszuschließen, die dem Verantwortungsbereich des
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Klägers selbst entstammen. Der Sachverständige ….. hat in der mündlichen
Verhandlung erläutert, dass die Radwaschbürste bei Unterbrechung der mit ihr
verbundenen Lichtschranke herausfährt. Regelmäßig soll die Lichtschranke dann
unterbrochen werden, wenn das Vorderrad des Fahrzeuges vom Lichtstrahl erfasst
wird. Nach einer kurzen zeitlichen Verzögerung fährt sodann die Radwaschbürste
aus und reinigt die Vorderräder. Die Lichtschranke kann jedoch auch auf andere
Weise als durch das Vorderrad unterbrochen werden. Dafür kommen
beispielsweise Gegenstände in Betracht, die unter dem Fahrzeug klemmen. Nicht
auszuschließen ist hier aber auch ein Auslösen der Lichtschranke durch die
Tieferlegung des Fahrzeuges selbst. Die genaue Lichtschrankentechnik konnte
hier von dem Sachverständigen nicht mehr überprüft werden, da Veränderungen
an der Waschanlage vorgenommen worden sind. Üblicherweise befindet sich die
Lichtschranke aber rund 8 cm über dem Bodenniveau. Dies reicht aus, um auch
eine Schürze von solchen PKWs zu unterfahren, die tiefergelegt sind. Nach den
Vorgaben der StVZO muss ein Fahrzeug -ohne Schaden nehmen zu können -
Bodenhindernisse von einer Höhe von 110 mm und einer Breite von 80 mm
überfahren können. Mit diesen Vorgaben begründet sich – unter weiterer
Einrechnung einer Toleranz – der Abstand der Lichtschranke von 8 cm vom
Bodenniveau. Der PKW, der die Vorgaben der StVZO nicht einhält, unterbricht
jedoch zwangsläufig die Lichtschranke, was das Herausfahren der
Radwaschbürsten auslöst. Ob nun der Kläger mit dem tiefergelegten Fahrzeug die
Vorgabe der StVZO eingehalten hat oder nicht, lässt sich sachverständigenseits
nicht mehr klären. Das Fahrzeug ist weiterveräußert und steht insoweit nicht mehr
für eine Untersuchung zur Verfügung. Auch aus dem Umstand, dass die
Veränderungen abgenommen und die Papiere des Fahrzeuges eingetragen
wurden, kann nicht zwangsläufig entnommen werden, dass die Vorgaben der
StVZO eingehalten worden sind. Auch dies hat der Sachverständige in seiner
mündlichen Anhörung plausibel erläutert. Sollten tatsächlich die Vorgaben der
StVZO nicht eingehalten worden sein, so läge die Schadensursache in der Sphäre
des Klägers. Denn der Waschstraßenbetreiber kann grundsätzlich darauf
vertrauen, dass die gesetzlichen Vorschriften von den Kunden eingehalten worden
sind. Da dies ungeklärt ist kann sich der Kläger mithin auf die von der
Rechtssprechung entwickelte Beweiserleichterung nicht berufen. 2. Auch den
Vollbeweis, dass der Schadensfall auf eine technische Fehlfunktion
zurückzuführen ist, hat der Kläger nicht erbracht. Allerdings hat der Zeuge ………
in seiner von der 1. Instanz durchgeführten Vernehmung bekundet, dass nur die
linke Radbürste herausgefahren sei. Dieser Umstand ließe sich mit der vom
Sachverständigen als möglich geschilderten Schadensursache – der
Unterbrechung der Lichtschranke – nicht in Einklang bringen, da dann
zwangsläufig auch die rechte Bürste zugleich herausgefahren wird. Der
Sachverständige hat jedoch nachvollziehbar bekundet, dass der Zeuge ….. vom
Fahrersitz aus gar nicht beobachten konnte, ob die rechte Waschbürste
herausgefahren ist, da sich diese außerhalb seines Einsichtsbereichs befindet.
Dass nach dem Schadensfall die linke Waschbürste ausgefahren blieb, während
die rechte in der Grundstellung angetroffen wurde, lässt ebenfalls keine
Rückschlüsse zu. Denn durch den Schadensfall ist die linke Radwaschbürste
verbogen worden, was sich aus dem späteren Reparaturprotokoll ergibt. Dieses
Verbiegen verhindert ein Wiedereinfahren der linken Radwaschbürste. Die rechte
Bürste ist demgegenüber nicht beschädigt worden, sodass sie auch nach dem
Schadensfall von der Waschanlage wieder zurückgefahren worden sein kann.
Auch der Umstand, dass die linke Radwaschbürste verbogen worden ist und die
rechte unbeschädigt blieb, steht der vom Sachverständigen geschilderten
Möglichkeit des Geschehensablaufs nicht entgegen. Die Radwaschbürste verbiegt
dann, wenn die Halterung dem ausgeübten Druck auf das Fahrzeug nicht
standhalten kann. Der Druck hängt wiederum davon ab, in welchem Abstand sich
das Fahrzeug von der Radwaschbürste in der Grundstellung befindet. Wird das
Fahrzeug genau mittig in die Waschanlage eingefahren, so ist davon auszugehen,
dass sich das Geschehen auf beide Radwaschbürsten gleichermaßen auswirkt.
Dem Nutzer einer Waschanlage ist es jedoch kaum möglich, das Fahrzeug genau
in die Mitte hineinzufahren. Schon ein seitliches Versetzen des Fahrzeuges im
optisch für den Fahrer kaum wahrnehmbaren Bereich, kann jedoch die hier
vorgefundenen Schadensfolgen für die Waschanlage nach den schlüssigen und
plausiblen Erklärungen des Sachverständigen hervorrufen. Weiterhin ist zwar
zutreffend, dass auch bei einem Herausfahren der rechten Waschbürste zumindest
mit geringfügigen Lackschäden an der rechten Fahrzeugseite des PKWs des
Klägers zu rechnen gewesen wäre. Dass diese nicht festgestellt wurden, spricht
jedoch ebenfalls nicht gegen diese geschilderte Sachverhaltsvariante. Denn nach
den weiteren Ausführungen des Sachverständigen springen diese optisch nicht
sogleich ins Auge. Es ist deshalb durchaus nicht ausgeschlossen, dass solche
geringfügigen Schäden übersehen wurden. Schließlich ergibt sich aus dem
Montagebericht ebenfalls kein Hinweis, der zur Klärung des Sachverhalts
hinzugezogen werden kann. Ein etwaiger Programmfehler wird dort nicht
aufgeführt. Lediglich die Reparatur der linken Radwaschbürste ist erwähnt. Nach
alldem ist auch der dem Kläger obliegende Vollbeweis einer technischen
Fehlfunktion nicht gelungen, sodass eine diesbezügliche Pflichtverletzung nicht
festgestellt werden kann.
II. Der Beklagte hat auch nicht gegen eine gebotene Hinweispflicht verstoßen. 1. Der
Betreiber einer Waschanlage ist nicht gehalten darauf hinweisen, dass bei
Nichteinhaltung der Vorschriften der StVZO Schäden für das Fahrzeug in der
Waschstraße drohen. Vielmehr kann er darauf vertrauen, dass von den
eingefahrenen Fahrzeugen die maßgeblichen Vorschriften auch beachtet werden.
Die Einhaltung dieser Vorgaben obliegt allein dem Waschstraßennutzer, deshalb
muss der Waschstraßenbetreiber auch die Fahrzeuge keiner Untersuchung
dahingehend unterziehen. 2. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte gehalten war,
durch einen Hinweis die Kunden darüber aufzuklären, dass von ggfls. unter dem
Fahrzeug klemmenden Gegenständen eine Lichtschranke ausgelöst werden kann
und deshalb ein Schadenseintritt zu befürchten ist. Selbst wenn man eine so weit
gehende Hinweispflicht konzipieren wollte, wäre das Unterlassen des Hinweises
für den hiesigen Schadenseintritt jedenfalls nicht kausal. Denn ebenso wie es
nicht erwiesen ist, ob die Lichtschranke durch das Tieferlegen des Fahrzeuges
ausgelöst worden ist, ist es nicht erwiesen, dass ein unter dem Fahrzeug
klemmender Gegenstand die Lichtschranke ausgelöst hat. Da dies offen bleibt,
lässt sich auch nicht feststellen, ob durch einen dahingehenden Hinweis der
Schaden vermieden worden wäre.
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Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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