Urteil des LG Paderborn vom 25.08.2010

LG Paderborn (ehemann, eintritt des versicherungsfalles, unfall, zeuge, alkohol, vvg, avb, höhe, kenntnis, bier)

Landgericht Paderborn, 4 O 96/10
Datum:
25.08.2010
Gericht:
Landgericht Paderborn
Spruchkörper:
4. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 O 96/10
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Vollkasko-Versicherungsvertrag auf
Zahlung von 8.756,61 € in Anspruch.
2
Der Ehemann der Klägerin verursachte am 05.07.2009 einen Unfall mit dem bei der
Beklagten vollkaskoversicherten Pkw Typ Honda Accord mit dem amtlichen
Kennzeichen …. Die Klägerin ist alleinige Vertragspartnerin des
Vollkaskoversicherungsvertrages. Das Fahrzeug wurde von der Klägerin zusammen mit
ihrem Ehemann erworben und unterhalten. Der Ehemann der Klägerin verfügte über
Fahrzeugschlüssel.
3
Der Vollkaskoversicherungsvertrag enthält in den Allgemeinen
Versicherungsbedingungen (AVB) unter E.1.3 AVB eine Regelung zur
Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers. Darin heißt es: "Sie sind verpflichtet,
alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Dies bedeutet
insbesondere, dass Sie unsere Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses
wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen." In E.5.1 AVB ist geregelt:
"Verletzen Sie vorsätzlich eine Ihrer in E.1 bis E.5 geregelten Pflichten, haben Sie
keinen Versicherungsschutz…"
4
Am Vorabend des 05.07.2009 hatten die Klägerin und der Ehemann der Klägerin Gäste.
Im Laufe des Abends trank der Ehemann der Klägerin Alkohol, wobei streitig ist, welche
Menge er zu sich nahm.
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Nach einem Streit mit der Klägerin fuhr er nachts mit dem Fahrzeug los, wobei die
näheren Umstände streitig sind und insbesondere in Streit steht, ob die Klägerin von
einer etwaigen Alkoholisierung ihres Ehemannes Kenntnis hatte.
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Gegen 03:30 Uhr kam der Ehemann der Klägerin auf der … Straße in … in einer
Rechtskurve von der Fahrbahn ab und kollidierte mit einer Straßenlaterne und
beschädigte dabei die Laterne, einen Zaun, eine Mauer, die Pflasterung und Pflanzen.
Bei diesem Unfall wurde der Pkw erheblich beschädigt. Es entstand ein Sachschaden
von 8.756,61 € netto.
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Die Ursache dieses Unfalls ist streitig.
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Der Ehemann der Klägerin verließ den Unfallort zu Fuß, ohne die Polizei zu
benachrichtigen. Nachdem er zu Hause angekommen war, informierte er u. a. die
Klägerin von seinem Unfall. Die Klägerin fuhr gemeinsam mit ihrer Tochter, der Zeugin
..., deren Freund, dem Zeugen ..., und ihrem Ehemann zur Unfallstelle zurück und nahm
die Schäden in Augenschein. Daraufhin begab sich die Klägerin zur in unmittelbarer
Nähe befindlichen Polizeiwache und informierte die Polizeibeamten, unter ihnen den
Zeugen ..., von dem Unfall. In der Zwischenzeit entfernte sich der Ehemann der Klägerin
wiederum zu Fuß vom Unfallort.
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Der Zeuge ... nahm den Unfall auf. Die Verkehrsunfallanzeige des Zeugen ... enthält im
Unfallbefundbericht auch die Angaben der Klägerin zum Alkoholkonsum ihres
Ehemannes vor dem Unfall. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die
Verkehrsunfallanzeige in der beigezogenen Strafakte 23 Cs 171 Js 790/09 (548/09), AG
Paderborn, verwiesen.
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Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 20.08.2009 wurde der Ehemann der Klägerin zu
einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 Euro (300,00 Euro) wegen
Unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Zudem wurde ihm für die Dauer von 2
Monaten untersagt, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge zu führen.
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Mit undatierter Schadensanzeige zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten den
Unfall an. In dieser Anzeige gab sie an, ihr Ehemann sei ohne ihr Einverständnis
gefahren. Die Fragen über die Repräsentantenstellung und den Alkoholgenuss
beantwortete sie nicht, indem sie die Kästchen zum Ankreuzen offen ließ.
12
Mit Schreiben vom 04.08.2009 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass ihr,
der Beklagten, noch nicht alle erforderlichen Informationen vorlägen. Die Beklagte bat
die Klägerin, die Fragen zur Alkoholisierung des Fahrers zu beantworten.
13
Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach.
14
Am 25.08.2009, 18.09.2009, 06.10.2009 und 27.10.2009 erfolgten weitere Nachfragen
der Beklagten an die Klägerin, unter anderem zur Repräsentantenstellung des ihres
Ehemannes.
15
Die Klägerin verfasste ein undatiertes – offensichtlich am 07.10.2009 per Telefax
verschicktes – Schreiben an die Beklagte, in dem sie angab, ihr Ehemann habe das
Fahrzeug gefahren. Das Strafverfahren sei erledigt, es sei ausschließlich wegen
Entfernens vom Unfallort ermittelt worden. Angaben zum Alkoholgenuss ihres
Ehemanns enthielt dieses Schreiben nicht.
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Die Klägerin verfasste am 27.10.2009 ein weiteres Schreiben, in welchem sie Angaben
zu den Umständen der Repräsentantenstellung ihres Ehemanns machte. Angaben zum
Alkoholgenuss enthielt auch dieses Schreiben wiederum nicht.
17
Die Klägerin forderte die Beklagte auf, den Betrag in Höhe von 8.756,61 € an sie zu
zahlen. Mit Schreiben vom 12.11.2009 verweigerte die Beklagte dies unter Berufung auf
die Repräsentantenstellung des Ehemannes der Klägerin.
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Die Klägerin behauptet, sie habe am Vorabend des Unfalls nicht mitbekommen, ob und
gegebenenfalls wie viel Alkohol ihr Ehemann getrunken habe. Auseinandersetzungen
habe es bereits mit den Gästen gegeben. Später habe es einen heftigen Streit zwischen
ihr und ihrem Ehemann gegeben. Sie habe gedacht, ihr Ehemann sei im Begriff
gewesen, auf die Terrasse zu gehen. Sie sei ins Bett gegangen und sofort
eingeschlafen. Sie habe nicht mitbekommen, dass ihr Ehemann noch einmal
weggefahren sei. Hiervon habe sie erst nach dem Unfallgeschehen erfahren.
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Die Klägerin ist der Meinung, weder ihr Ehemann noch sie selbst hätten sich strafbar
gemacht. Ihr Ehemann sei nach dem Unfall so verstört gewesen, dass sie davon
ausgehe, dass er offenbar zuvor bereits nicht schuldfähig gewesen sei. Sie selbst habe
auch keine Möglichkeit gehabt, den ihr körperlich überlegenen Ehemann daran zu
hindern, erneut die Unfallstelle zu verlassen.
20
Die Klägerin behauptet ferner, die Darstellung zum Alkoholkonsum ihres Ehemannes im
polizeilichen Unfallprotokoll sei unrichtig. Sie habe dem Zeugen ... gegenüber lediglich
erklärt, am Abend seien Wodka und Bier getrunken worden. Sie habe aber auch
angegeben, sie wisse nicht, wer wie viel getrunken habe. Soweit ihr Ehemann in seiner
Beschuldigtenvernehmung angegeben hat, er habe zwei bis drei Flaschen Bier
getrunken, könne dies zutreffen. Dennoch könne nicht von einer alkoholbedingten
Fahruntüchtigkeit zum Zeitpunkt des Unfalls ausgegangen werden.
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Ferner behauptet die Klägerin, sie habe alle Angaben gegenüber der Beklagten
wahrheitsgemäß gemacht. Sie habe alles ihr Mögliche getan, um zur Aufklärung des
Sachverhalts beizutragen.
22
Sie ist ferner der Ansicht, das Verhalten ihres Ehemanns könne ihr nicht unter dem
Gesichtspunkt der Risikoverwaltung zugerechnet werden.
23
Sie beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.756,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2009 zu
zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Ansicht, dass sie nicht zur Zahlung verpflichtet sei. Zum einen beruhe der
Unfall auf der erheblichen Alkoholisierung des Zeugen ..., dessen Verhalten sich die
Klägerin über die Repräsentantenhaftung zurechnen lassen müsse.
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Außerdem habe die Klägerin mehrfach Obliegenheiten des Versicherungsvertrages
verletzt. Dazu behauptet die Beklagte, die Klägerin habe die Angaben zum
Alkoholkonsum gezielt verschwiegen und die Beklagte arglistig getäuscht. Auch die
Angaben zur Repräsentantenstellung seien unzutreffend oder unvollständig gewesen.
Die Angabe in der Schadensanzeige hinsichtlich der unberechtigten Nutzung des Pkw
durch den Zeugen ... sei ebenfalls unzutreffend und stehe in Widerspruch zu den
Angaben im Schreiben vom 27.10.2009. Daneben habe die Klägerin in einem Telefonat
am 26.08.2009 fälschlicherweise behauptet, sie selbst habe das versicherte Fahrzeug
zur Zeit des Unfalls gefahren.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und ... mit
dem aus dem Sitzungsprotokoll vom 25.08.2010 ersichtlichen Ergebnis, auf das Bezug
genommen wird.
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Das Gericht hat zudem die Strafakte 23 Cs 171 Js 790/09 (548/09) AG Paderborn
beigezogen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von
8.756,61 Euro aus § 1 VVG i. V. m. dem Vollkaskoversicherungsvertrag.
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Es kann dahinstehen, ob der Ehemann der Klägerin Repräsentant im Sinne des
Versicherungsrechts ist und der Klägerin dessen etwaiges Verschulden an dem
Unfallgeschehen zugerechnet wird.
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Es kann auch offen bleiben, ob die Klägerin eine Beihilfe zum unerlaubten Entfernen
vom Unfallort durch Unterlassen gemäß §§ 142, 27, 13 StGB geleistet hat, indem sie
nicht verhindert hat, dass ihr Ehemann die Unfallstelle erneut verlässt.
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Denn jedenfalls ist die Einstandspflicht der Beklagten ausgeschlossen, weil die
Klägerin vorsätzlich Obliegenheiten aus dem Kaskoversicherungsvertrag gem. E.1.3,
E.5.1. AVB i. V. m. §§ 28, 31 VVG verletzt hat.
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Gemäß E.5.1 AVB wird die Beklagte als Versicherer leistungsfrei, wenn der
Versicherungsnehmer eine von ihm zu erfüllende vertragliche Obliegenheit vorsätzlich
verletzt, was der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG entspricht. Diese vertragliche
Obliegenheit bestand gemäß E.1.3 AVB in der Verpflichtung, dem Versicherer nach
Eintritt des Versicherungsfalles jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des
Versicherungsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Versicherers
erforderlich ist, was inhaltlich der Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 VVG entspricht.
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Es kann dahinstehen, ob die Klägerin durch ein – streitiges – Telefonat vom 26.08.2009
oder durch eine Nicht- bzw. Falschbeantwortung von Fragen zur
Repräsentantenstellung ihres Ehemanns Obliegenheitsverletzungen begangen hat.
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Denn jedenfalls hat sie eine Obliegenheitsverletzung begangen, indem sie die Fragen
der Beklagten zum Alkoholkonsum ihres Ehemanns in der Schadensanzeige nicht
beantwortete und später der Beklagten auf deren Schreiben vom 04.08.2009, in
welchem sie erneut nach dem Alkoholkonsum ihres Ehemannes gefragt wurde, bewusst
keine Antwort gab.
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Auch die Nichtbeantwortung einer Frage ist regelmäßig eine Obliegenheitsverletzung
(Prölss / Martin, Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, AKB E.1, Rd. 15). Diese
führt jedenfalls dann zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn sich der
Versicherungsnehmer weigert, Auskünfte zu erteilen (Prölss / Martin,
Versicherungsvertragsgesetz a.a.O.). Dabei kann die Nichtbeantwortung nur dann eine
Obliegenheitsverletzung darstellen, wenn die Beantwortung einer Frage wegen
Kenntnis der Versicherungsnehmerin möglich gewesen wäre.
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So liegt der Fall hier. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon
überzeugt, dass die Klägerin von der Alkoholisierung ihres Mannes positive Kenntnis
hatte und die Fragen der Beklagten nach einem Alkoholkonsum des Fahrers trotz dieser
Kenntnis vorsätzlich nicht beantwortet hat.
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Zwar hat die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung im Termin zur
mündlichen Verhandlung angegeben, sie habe gegenüber dem Zeugen ... keine
konkreten Angaben zum Alkoholkonsum ihres Ehemannes gemacht. Alkohol gebe es in
ihrem Haus immer. Sie habe nicht konkret gesehen, ob und wie viel ihr Mann getrunken
habe. Bei einem Streit an dem Abend, kurz bevor ihr Ehemann weggefahren sein soll,
habe sie nicht festgestellt, dass ihr Ehemann getrunken habe oder betrunken gewesen
sei. Er sei aufgebracht gewesen und sei dann später wütend weggefahren, wobei sie
nicht mitbekommen habe, wie ihr Ehemann weggefahren sei.
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Auch hat die Zeugin ... bekundet, sie sei bei einem Gespräch direkt an der Unfallstelle
anwesend gewesen. Dort sei auch danach gefragt worden, ob ihr Vater Alkohol,
insbesondere Wodka getrunken habe. Ihre Mutter, die Klägerin, habe lediglich darauf
hingewiesen, dass zuhause immer Alkohol, insbesondere Wodka und Bier vorhanden
sei. Bei diesem Gespräch sei jedoch nicht darüber gesprochen worden, dass zuhause
eine Feier stattgefunden habe und es dort wiederholt Streit gegeben habe, wonach ihr
Vater das Haus verlassen haben soll.
44
Diesen Angaben der Klägerin und der Aussage der Zeugen ... vermag die Kammer nicht
zu folgen. Die Kammer schließt sich vielmehr der glaubhaften Aussage des Zeugen ...
an.
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Dieser hat ausgesagt, seine Angaben, die er in der Unfallanzeige unter Punkt 3.2
"Unfallschilderung der Zeugen" aufgenommen habe, seien richtig. Dies sei ihm konkret
wieder in Erinnerung gekommen, als er sich im Vorfeld zu dem Termin den
Verkehrsunfallbericht vom 5.7.2009 noch einmal durchgelesen habe. Die Klägerin habe
ihm danach konkret geschildert, dass sie zuhause Alkohol getrunken hätten. Es sei zu
einem Streit zwischen ihrem Ehemann und den Besuchern gekommen. Danach habe
sie sich noch mit ihrem Ehemann gestritten. Sie habe ihm, dem Zeugen ..., ausdrücklich
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davon berichtet, dass ihr Ehemann so alkoholisiert gewesen sei, dass er noch nicht
einmal gemerkt habe, dass ihm das Portmonee aus der Hosentasche gefallen sei. Er –
der Zeuge ... – sei sich auch sicher, dass er die Klägerin ausdrücklich nach dem
Alkoholkonsum ihres Ehemannes gefragt habe. Sie habe diese Angaben auch so
konkret gemacht, wie er sie in den Bericht aufgenommen habe. Bei diesen Angaben
handele es sich eindeutig nicht um seine eigenen Schlussfolgerungen. Wenn es sich
um solche gehandelt hätte, hätte er sie nämlich unter dem Punkt 4 "Zusammenfassung
und eigene Schlussfolgerung" in die Unfallanzeige aufgenommen. Außerdem könne er
sich noch gut daran erinnern, dass Kollegen von ihm nach dem Unfall bei
Taxiunternehmen nachgefragt hätten, ob ein betrunkener Fahrer von der Unfallstelle zur
Wohnanschrift der Klägerin gebracht worden sei.
Dieser Bekundung folgt das Gericht ohne Bedenken. Die Aussage des Zeugen ... war
glaubhaft. Insbesondere ist für das Gericht nicht ersichtlich, warum der Zeuge ...
Informationen, etwa die Tatsachen, dass im Hause der Klägerin eine Feier mit Gästen
und anschließend ein Streit stattgefunden haben soll und dass der Ehemann der
Klägerin "einiges an Wodka und mehrere Flaschen Bier" getrunken habe, als eigene
Schlussfolgerungen in den Unfallbericht hätte aufnehmen sollen, ohne dass die
Klägerin dazu Angaben gemacht hätte. Dies gilt insbesondere für das besondere Detail,
dass die Klägerin ihm gegenüber gesagt habe, ihr Ehemann sei so stark alkoholisiert
gewesen, dass er noch nicht einmal gemerkt habe, dass ihm das Portmonee aus der
Hosentasche gefallen sei. Es erscheint nach Auffassung des Gerichts ausgeschlossen,
dass der Zeuge ... eine derartige Tatsache als eigene Schlussfolgerung in seinen
Unfallbericht aufnimmt. Vielmehr ist das Gericht davon überzeugt, dass der Zeuge ... die
Klägerin konkret nach dem Alkoholkonsum ihres Ehemannes gefragt, diese die
genannten Angaben gemacht und der Zeuge ... diese Angaben in das Unfallprotokoll
aufgenommen hat.
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Demgegenüber vermag die Aussage der Zeugin ... die Aussage des Zeugen ... nicht zu
erschüttern. Zum einen erscheint nach Auffassung der Kammer nicht plausibel, dass der
Zeuge ... im Rahmen einer Unfallaufnahme, bei der objektive Anhaltspunkte für eine
Trunkenheitsfahrt bestehen, zwar danach gefragt haben soll, ob der Fahrer Alkohol
getrunken habe, sich dann aber mit der Antwort, zuhause befinde sich immer Alkohol,
zufrieden gegeben haben soll. Gegen ihre diesbezüglichen Äußerungen spricht aber
auch, dass selbst der Zeuge ..., ihr Freund, glaubhaft bekundet hat, von einem
derartigen Gespräch nichts mitbekommen zu haben, obwohl die Zeugin ... an der
Unfallstelle stets bei ihm gewesen sei. Im Übrigen hat die Kammer auch Zweifel an der
Glaubwürdigkeit der Zeugin ..., die als Tochter der Klägerin dem Rechtsstreit nicht
unbeteiligt gegenübersteht.
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Demgegenüber bestehen an der Glaubwürdigkeit des unbeteiligten Zeugen ... keine
Zweifel.
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Auch die Angaben des Zeugen ... sind nicht geeignet, die Angabe des Zeugen ... in
Zweifel zu ziehen. Die Aussage des Zeugen ... war in Hinblick auf den konkreten Inhalt
der vor Ort von der Klägerin gemachten Angaben unergiebig. Denn der Zeuge ... hat
bekundet, er wisse nicht mehr, ob über Alkoholkonsum von Herrn ... gesprochen worden
sei. Allerdings spricht seine weitere Aussage – wie bereits ausgeführt – sogar gegen die
Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin ....
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Auf die Folge, dass bei einer derartigen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
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feststehenden Obliegenheitsverletzung der Klägerin die Beklagte leistungsfrei wird, hat
die Beklagte die Klägerin im Formular der Schadensmitteilung auch ordnungsgemäß
hingewiesen. Dieser Hinweis genügt nach Auffassung der Kammer den Anforderungen
des § 28 Abs. 4 VVG.
Der Hinweis ist in dem Formular enthalten. Zwar setzt § 28 Abs. 4 VVG eine
"gesonderte Mitteilung" voraus. Nach Sinn und Zweck der Regelung reicht ein Hinweis
im Schadensanzeigeformular jedoch regelmäßig aus, da ein gesondertes Schriftstück
Beweisschwierigkeiten auslösen und der Warnfunktion nicht besser dienen würde
(Prölss / Martin, Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, § 28 VVG, Rd. 154).
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Der Hinweis ist auch ausreichend hervorgehoben. Denn er ist drucktechnisch
eingerückt, befindet sich abgesetzt unterhalb des Kastens und das Wort "Belehrung" ist
im Fettdruck hervorgehoben.
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Aufgrund der nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststehenden
vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung der Klägerin ist die Beklagte von ihrer Leistung
frei geworden. Die Klage war daher abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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