Urteil des LG Neuruppin vom 04.10.2005

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Gericht:
LG Neuruppin 3.
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 Qs 122/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 244 Abs 2 StPO
Ordnungswidrigkeitsverfahren: Kostentragungspflicht für
gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten bei vom
Betroffenen behaupteter Fehlerhaftigkeit einer
Geschwindigkeitsmessung
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Betroffen gegen den Beschluß des Amtsgerichts
Oranienburg vom 4. Oktober 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die Verwaltungsbehörde hatte gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid wegen
einer Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen. Mit seinem gegen diesen Bescheid
gerichteten Einspruch hatte der Betroffene Fehler bei der Geschwindigkeitsmessung
geltend gemacht. Das Amtsgericht Oranienburg hat in dem gerichtlichen
Bußgeldverfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt. Zuvor hat es den
Betroffenen auf das Kostenrisiko hingewiesen, auch der Beweisbeschluss wurde ihm
zugestellt. Nachdem das Gutachten vorlag, hat der Betroffene seinen Einspruch gegen
den Bußgeldbescheid zurückgenommen; er wendet sich nun gegen die
Kostentragungspflicht hinsichtlich der Gutachterkosten. Wegen der weiteren Einzelheiten
das Sachverhalts nimmt die Kammer zur Vermeidung von Widerholungen auf die
angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Bezug.
Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts gerichtete Beschwerde ist zulässig, hat aber
aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache keinen Erfolg. Auch
nach Ansicht der Kammer handelte es sich bei der Beauftragung des Sachverständigen
durch den Bußgeldrichter um keine unrichtige Sachbehandlung.
Der Betroffene in einem Bußgeldverfahren, der bei seinem Einspruch gegen den
Bußgeldbescheid die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung bezweifelt, muss
regelmäßig damit rechnen, dass in dem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren ein
Sachverständigengutachten eingeholt wird. Dabei ist es unerheblich, ob der Betroffene
einen ausdrücklichen Beweisantrag stellt, weil das Gericht gemäß § 244 Abs. 2 StPO die
Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit von Amts wegen auf alle Beweismittel zu
erstrecken hat, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Mit seinen Einwendungen
gegen den Standort des Meßgerätes, die straßenverkehrsrechtliche Anordnung und die
Aufstellung sowie Vorbereitung des Meßgerätes hat der Betroffene deutlich zum
Ausdruck gebracht, dass er umfassend in Zweifel zieht, dass der Meßvorgang
ordnungsgemäß durchgeführt und zu richtigen Ergebnissen geführt hat.
Ein Sachverständigengutachten ist zur Klärung, ob der Messvorgang ordnungsgemäß
durchgeführt wurde oder dabei Fehler aufgetreten sind, in einem solchen Fall das
geeignete und sachgemäße Beweismittel. Diese Beweiserhebung ist auch nach der
Rechtssprechung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zu einer Verurteilung des
Betroffenen unter den gegebenen Umständen regelmäßig erforderlich. Eine eigene
Sachkunde in den technischen Einzelheiten des Messvorganges kann der Bußgeldrichter
nur in Ausnahmefällen, bei entsprechender Ausbildung oder Bildung für sich in Anspruch
nehmen; dies muss er im Urteil vereinzelt darlegen und begründen. Erst recht ist es
nicht zu beanstanden und obliegt allein in der Entscheidungsbefugnis des erkennenden
Richters, wenn er sich selbst diese Sachkunde nicht zutraut.
Es kann dahinstehen, ob in einem solchen Fall zusätzlich eine Belehrung des Betroffenen
über die möglicher Weise entstehenden Sachverständigenkosten geboten ist, weil der
Betroffene im vorliegenden Verfahren ausweislich der Gerichtsakte vor Beauftragung des
Sachverständigen auf das mit der Beweiserhebung verbundene Kostenrisiko
hingewiesen wurde. Es ergaben sich zum Zeitpunkt der Beauftragung des
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hingewiesen wurde. Es ergaben sich zum Zeitpunkt der Beauftragung des
Sachverständigen aus der Gerichtsakte keine Anhaltspunkte, dass der Betroffene das
gerichtliche Schreiben vom 21. November 2004 nicht erhalten hat. Damit hat der
Bußgeldrichter die sich aus den Grundsätzen des fairen Verfahrens ergebenden
Obliegenheiten jedenfalls erfüllt.
Selbst wenn das Schreiben den Betroffenen wegen seines Umzuges nicht erreicht hat,
kann sich daraus keine unrichtige Sachbehandlung seitens des Gerichts ergeben, denn
diesem war weder der Umstand eines Umzuges noch eine andere Anschrift des
Betroffenen bekannt. Dagegen wusste der Betroffene selbst, dass gegen ihn ein
Bußgeldverfahren geführt wird, in dem weitere Zustellungen und Kosten zu erwarten
waren. Er hätte insoweit gewährleisten können, dass ihn Postsendungen auch nach dem
Umzug erreichen. Eine mögliche Alternative des Amtsgerichts zur Benachrichtigung des
Betroffenen unter seiner sich aus der Bußgeldakte ergebenden Anschrift ist nicht
ersichtlich, auch der Betroffene zeigt eine solche nicht auf.
Entsprechendes gilt für die Zustellung des Beweisbeschlusses. Auch insoweit kann offen
bleiben, ob eine Übersendung des Beweisbeschlusses im vorliegenden Fall noch
erforderlich war, denn das Amtsgericht hat diesen dem Betroffenen sogar förmlich
zugestellt. Mit Zustellung des Beweisbeschlusses am 11. Januar 2005 hätte der
Betroffene seine Verteidigung entsprechend des zu erwartenden Kostenrisikos einstellen
oder den Einspruch zurücknehmen können. Aus der zur Akte gelangten
Postzustellungsurkunde ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Zustellung nicht
den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat, auch insoweit ist die Sachbehandlung des
Amtsgerichts sachgemäß. Anlass für einen Anruf des Bußgeldrichters bei dem
Betroffenen ergeben sich ohnehin sich, eine solche Kontaktaufnahme wäre selbst dann
nicht angezeigt, wenn sich Anhaltspunkte für klärungsbedürftige Sachverhalte ergeben
hätten, was hier im Zusammenhang mit der Beauftragung des Sachverständigen nicht
der Fall war.
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