Urteil des LG Neuruppin vom 11.07.2009

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Gericht:
LG Neuruppin 1.
Große Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 Qs 119/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 112 Abs 2 Nr 2 StPO, § 120
StPO
Untersuchungshaftbefehl: Haftgrund der Fluchtgefahr bei einem
polnischen Staatsangehörigen
Tenor
Auf die Beschwerde des Angeschuldigten wird der Haftbefehl des Amtsgerichts xxx vom
11.07.2009 – 15 Gs 65/09- aufgehoben.
Der Angeschuldigte ist unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Gründe
I.
Der 27-jährige und bisher unbestrafte Angeschuldigte steht unter dem dringenden
Tatverdacht, am 10.07.2009 in xxx gemeinschaftlich handelnd mit dem xxx-xxx xxx
fremde bewegliche Sachen einem anderen in der Absicht weggenommen zu haben, sich
diese rechtswidrig zuzueignen, indem er gemeinsam mit dem xxx gegen 01.45 Uhr an
der Bahnstrecke xxx Berlin Richtung Hamburg, in Höhe des Bahnkilometers xxx, Nähe
Ortslage xxx, Erdungskabel von Masten sowie Gleis- und Schienenverbinder der
Deutschen Bahn AG aus den Gleisanlagen geschnitten und zum Abtransport in den
Laderaum, des PKW Audi A 4, amtliches Kennzeichen: xxx, eingeladen hat, um sie
anschließend gewinnbringend zu verkaufen. Der Schaden der Deutschen Bahn AG wird
auf 18.000,00 Euro geschätzt.
Der dringende Tatverdacht beruht im Wesentlichen auf der geständigen Einlassung der
Angeschuldigten sowie auf den Aussagen der Zeugen POM xxx und PHM xxx, die die
Angeschuldigten auf frischer Tat angetroffen haben. Im Fahrzeug wurden 256
Kabelenden, zu 30-70 cm langen Stücken geschnitten, gefunden.
In seinem Haftbefehl vom 11.07.2009 hat das Amtsgericht den Haftgrund der
Fluchtgefahr angenommen, weil aufgrund des Schadens in Höhe von 18.000,00 Euro mit
einer hohen Freiheitsstrafe zu rechnen sei, und der Angeschuldigte keinerlei soziale
Bindungen in Deutschland unterhalte.
Mit seiner Haftbeschwerde begehrt der Angeschuldigte die Aufhebung des Haftbefehls,
hilfsweise dessen Außervollzugsetzung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von bis zu
2.000,00 Euro. Zur Begründung hat der anwaltlich vertretene Angeschuldigte
ausgeführt, dass eine Fluchtgefahr nicht ersichtlich sei. Da er bisher nicht straffällig
geworden sei, sei mit einer Bewährungsstrafe zu rechnen.
Mit Anklageschrift vom 07.08.2009 hat die Staatsanwaltschaft Neuruppin Anklage gegen
den Beschwerdeführer und den xxx wegen Diebstahls erhoben.
II.
Die zulässige Beschwerde des Angeschuldigten hat Erfolg.
Der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO liegt nicht vor. Unter
Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles ist es eher unwahrscheinlich, dass sich
der Angeschuldigte dauerhaft oder zumindest zeitweise dem Strafverfahren zu
entziehen versucht. Insbesondere der Umstand, dass der Angeschuldigte seinen
Lebensmittelpunkt im Ausland (Polen) hat, trägt die Annahme von Fluchtgefahr nicht
(vgl. OLG Dresden StV 2005, 224,225; Brandenburgisches Oberlandesgericht StV 1996,
381, 382). Der Angeschuldigte lebt in Polen mit seiner Verlobten und deren 7-jährigem
Kind zusammen und ist dort auch postalisch erreichbar. Konkrete Anhaltspunkte dafür,
dass der Angeschuldigte einer Ladung zur Hauptverhandlung nicht Folge leisten wird,
liegen nicht vor.
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Auch die den Angeschuldigten im Falle einer Verurteilung erwartende Strafe kann für
sich genommen die Fluchtgefahr nicht begründen. Der dem Angeschuldigten
vorgeworfene Diebstahl ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
bedroht. Vorliegend ist die Straferwartung für den geständigen, nicht vorbestraften
Angeschuldigten nicht derart hoch, dass sie geeignet wäre, einen gesteigerten
Fluchtanreiz darzustellen.
Der angefochtene Haftbefehl war daher aufzuheben.
Die Kosten der Beschwerde gehören zu den Kosten des Verfahrens. Eine
Kostenentscheidung erübrigt sich daher.
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