Urteil des LG Münster vom 04.05.2010

LG Münster (kläger, anwaltskosten, versicherer, schaden, tag, frist, prüfung, bezug, zahlung, rechtsschutzversicherung)

Landgericht Münster, 03 S 12/10
Datum:
04.05.2010
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
03 S 12/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Münster, 55 C 2406/09
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am Urteil des Amtsgerichts N vom
14.12.2009 (######) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 402,82 €.
Gründe:
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I.
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Der Kläger nimmt die beklagte Haftpflichtversicherung auf Freistellung von seinen
Anwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage in Anspruch. Der Beklagte
hatte mit Schreiben vom 28.01.2009 dem Kläger mitgeteilt, dass er den Schaden nur zu
50 % regulieren wolle. Daraufhin beauftragte der Kläger am 04.02.2009 seine
damaligen Verfahrensbevollmächtigten, Ansprüche gegen den Beklagten geltend zu
machen und eine Deckungszusage einzuholen. Die Verfahrensbevollmächtigten
forderten den Beklagte mit Schreiben vom selben Tage unter Fristsetzung zur Zahlung
des restlichen Schadensbetrages auf und wandten sich gleichzeitig an die
Rechtsschutzversicherung des Klägers mit der Bitte um eine Deckungszusage, indem
sie schrieben
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" Sehr Damen und Herren, Ihr Versicherungsnehmer hat uns mit der Wahrnehmung
seiner rechtlichen Interessen in vorbezeichneter Angelegenheit beauftragt. Zur
Überprüfung ihrer Eintrittspflicht erhalten Sie anliegend den wesentlichen Teil unserer
Handakte in Fotokopie bzw. Abschriften der von uns gefertigten Schreiben. Mit um
Hereingabe Ihrer Deckungszusage für diese Angelegenheit. Mit freundlichen Grüßen."
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Dem Schreiben war das zuvor erwähnte Anspruchsschreiben beigefügt.
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Im weiteren Verlauf zahlte der Beklagte den vollen Schaden, so dass keine Klage
erhoben wurde. Der Beklagte beglich 402,82 € zur Abgeltung der Geschäfts- bzw.
Verfahrensgebühren. Die Begleichung der weiteren Rechnung über 402,82 € vom
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17.05.200, mit der die Tätigkeit in Bezug auf die Deckungszusage mit einer 1,3-fachen
Geschäftsgebühr nach dem Wert der geltend gemachten Restschadensforderung
berechnet wurde, lehnte der Beklagte ab.
Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Ersatzanspruch
entfalle, weil der Kläger gegen § 254 BGB verstoßen habe. Da der Kläger den
Beklagten durch seinen Anwalt nochmals zur Regulierung aufgefordert und eine Frist
bis zum 16.2.2009 gesetzt habe, hätte er nicht sofort am selben Tag die
Deckungszusage einholen dürfen. Dazu habe keine Notwendigkeit bestanden.
Vielmehr sei ihm zuzumuten gewesen, den Ablauf der selbst gesetzten Frist zunächst
abzuwarten, bevor weitere Kosten verursacht wurden. Das Amtsgericht hat die Berufung
zugelassen. Hiergegen wendet sich Berufung des Klägers, mit der geltend gemacht
wird, ein Verstoß gegen die Schadensminderung sei nicht gegeben, da nach der
Ablehnung einer Zahlung von mehr als 50 % nicht damit zu rechnen gewesen sei, dass
die Beklagte den Schaden vollständig begleichen werde.
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II.
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Die zugelassene form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
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Es kann dahinstehen, ob der Kläger verpflichtet ist, an seine damaligen Anwälte
Anwaltskosten in Höhe von 402,82 € nebst Zinsen für die Einholung einer
Deckungszusage zu zahlen. Auch wenn die Beklagte nach eingetretenem Verzug
verpflichtet war, die erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung des Klägers zu tragen,
so besteht ein Anspruch auf Freistellung von den Kosten der Einholung der
Deckungszusage deshalb nicht, weil es insoweit nicht erforderlich war, anwaltliche Hilfe
in Anspruch zu nehmen.
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Die damaligen Anwälte des Klägers sind aufgrund dessen Auftrags vom 04.02.2009
tätig geworden, indem sie zeitgleich am selben Tag sowohl ein Anspruchsschreiben an
den Beklagten richteten als auch die Zusage vom Rechtsschutzversicherer des Klägers
einholten.
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Da der Kläger als Industriekaufmann des Lesens, Schreibens und Telefonierens kundig
ist und nach seinem Beruf auch keine Berührungsängste haben dürfte, sich an seine
Rechtsschutzversicherung zu wenden, um seinen Obliegenheiten zu genügen, hätte er
sich eine Abschrift des an den Beklagten gerichteten Schreibens seiner Anwälte
aushändigen lassen und dies mit einem einzigen Hinweis darauf, dass er einen Anwalt
beauftragt hat, übersenden können. Die Versicherung hätte ihm dann seinem Anspruch
entsprechend die Deckungszusage erteilt. Von jedem Rechtsgenossen mit
durchschnittlicher Begabung und Befähigung kann erwartet werden, dass er diese
Kleinigkeit selber erledigt statt unverhältnismäßige Kosten zu produzieren, um diese
vom Gegner ersetzt zu verlangen. Für die Einholung der Deckungszusage bedurfte es
nämlich keiner weiteren rechtlichen Überlegungen, als dass sich aus dem
Versicherungsvertrag die Obliegenheit ergeben konnte, dem Versicherer die
beabsichtigte Rechtsverfolgung anzuzeigen. Dass eine Prüfung erfolgen musste, ob
überhaupt grundsätzlich Versicherungsschutz bestand, ist weder vorgetragen, noch
ersichtlich. Eine solche Prüfung war auch nicht erforderlich. Insoweit reichte eine
Erkundigung bei dem Versicherer aus. Es konnten durch eine etwa unberechtigte
Anfrage gegenüber dem Versicherer keine dem Versicher zu ersetzende Kosten
entstehen. Es konnte ohne weiteres abgewartet werden, ob die Deckungszusage
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eingeht. Erst wenn wider Erwarten sich hierbei Schwierigkeiten ergeben hätten, wäre es
gegebenenfalls geboten gewesen, anwaltliche Hilfe einzuholen. Es kann auch nicht
damit argumentiert werden, dass dem an den Beklagten gerichteten
Anspruchsschreiben rechtliche Überlegungen vorausgegangen sind, die der Kläger
selber möglicherweise nicht anstellen konnte, jedenfalls aber einholen durfte. Diese
Überlegungen sind nämlich eingegangen in das Anspruchsschreiben gegenüber der
Beklagten, für welches sie erforderlich waren und wofür die – erstattete –
Geschäftsgebühr angefallen ist. Für die Einholung der Deckungszusage waren diese
rechtlichen Überlegungen nicht erforderlich. Insoweit hätte – wie ausgeführt – schlicht
und einfach das Schreiben übersandt werden können.
Die Revision war nicht zuzulassen. Dass der Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten
voraussetzt, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und
zweckmäßig war, ist ebenso anerkannt, wie dies in einfach gelagerten Fällen nur zutrifft,
wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung
verzögert wird. Insoweit war hier wegen des Verzuges, selbst wenn die Rechtslage in
Bezug auf die Haftung für den Verkehrsunfall einfach war, die Einschaltung eines
Rechtsanwalts geboten. Das betrifft aber nur die Regulierung im Verhältnis zum
Schädiger. Vorliegend geht es aber um die Frage, ob darüber hinaus ein Anwalt
eingeschaltet werden konnte, um im Verhältnis des Geschädigten zu dessen
Rechtsschutzversicherer tätig zu werden. Letzteres ist eine Frage des Einzelfalls.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr.10 ZPO.
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