Urteil des LG Münster vom 21.04.2010

LG Münster (restaurant, gestaltung, antrag, verbundenes unternehmen, herkunft, konzept, verkehr, uwg, unterlassung, unternehmen)

Landgericht Münster, 021 O 36/10
Datum:
21.04.2010
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
21. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
021 O 36/10
Tenor:
Dem Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, es bei Vermeidung eines
Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € - ersatzweise Ordnungshaft von
bis zum sechs Monaten – oder der Ordnungshaft von bis zu sechs
Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken ein Restaurant zu betreiben mit folgenden
Gestaltungselementen:
- helle Holzfußböden
- große Glas-/Fensterflächen in der straßenseitigen Fensterfront
- offener Koch-/Küchenbereich (Show-Küche/Front-Cooking)
- quaderförmige Regale vor dem offenen Kochbereich für Tabletts,
Besteck und Servietten
- Schiefertafeln über dem Kochbereich mit kreideartiger Beschriftung
- helle, rechteckige, puristische Holztische mit pilzförmigen Lampen
- rote Möbel und Wände im Loungebereich
- Schieferwand
- Wanddurchbruch mit Getränkeflaschen
- rotes Logo mit weißer Schrift
wenn dies geschieht, wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern
ersichtlich.
Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
1
Die Verfügungsklägerin nimmt den Verfügungsbeklagten auf einstweilige Unterlassung
eines Restaurantbetriebes mit bestimmten Gestaltungselementen in Anspruch.
2
Die Verfügungsklägerin betreibt im Wege des Franchisings die Systemgastronomie "X."
die insbesondere wegen ihrer auffällig gestalteten Restaurants bekannt ist. Wegen der
besonderen Ausgestaltung der Restaurants wird zum einen auf die zur Gerichtsakte
gereichten Informationen für Partner – Interessenten (29 – 31 d. A.) sowie auf die
Lichtbilder der X. – Restaurants (Bl. 32 – 43 d. A.) Bezug genommen.
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Die X. – Restaurants sind – abgesehen von einzelnen baulich bedingten Unterschieden
– jeweils gleich eingerichtet und ausgestattet. Das Mobiliar und die Einrichtungs- und
Dekorationsgegenstände werden zu einem Großteil speziell und exklusiv für X. gefertigt.
Sie finden sich in jedem X. – Restaurant. Daneben ist auch der Küchen – und
Tresenbereich in jedem X. – Restaurant gleich gestaltet. Das Design der X. –
Restaurants ist von dem Mailander Star – Designer N. kreiert. Erkennungsmerkmal von
X. ist die Farbe rot, die sich in ihrem Logo – vgl. hierzu die Ablichtung Bl. 16 d. A. - , aber
auch in der Gestaltung der Restaurants als Wiedererkennungsmerkmal findet.
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Die Restaurants der Verfügungsklägerin werden zum Teil von ihr selbst, zum Teil von
selbstständigen Franchisenehmern betrieben. In Z1 findet sich in der L-Straße – ## ein
X. – Restaurant, das von einem Franchisenehmer, der S GmbH, betrieben wird. Die
Gestaltung des X. – Restaurants in Z1 ist aus dem als Anlage AST 4 (Bl. 40 – 43 d. A.)
beigefügten Lichtbildern zu ersehen.
5
Der Verfügungsbeklagte betreibt am T-Platz in Z1 – ca. 300 – 400 m vom X. –
Restaurant in L2 entfernt – das Restaurant "D.".
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Die Geschäftsausstattung des Restaurants weist dabei charakteristische
Wiedererkennungsmerkmale eines X. – Restaurant auf. Es findet sich dort ein ähnlicher
Koch – Küchenbereich (Show-Küche) mit quaderförmigen Regalen für Tabletts,
Geschirr und Besteck (vgl. Lichtbilder Bl. 35 – 37, 40 unten d. A. einerseits und Bl. 71 d.
A. andererseits). Insbesondere werden die für X. typischen Wohntische mit abgetrennten
Fächern für Essig/Öl/Pfeffer/Salz und pilzförmigen Lampen verwandt (vgl. Lichtbilder X.
Z1 Bl. 40, 42 und 43 d. A. einerseits und Lichtbilder vom Restaurant des Beklagten Bl.
70 und 74 d. A. andererseits). Auch werden mit lederbezogene identisch geformte
Hocker benutzt (vgl. Lichtbilder X. Z1 Bl. 40 unten, 41 unten, 42 oben und 43 oben d. A.
einerseits und Bl. 70, 74, 78 d. A. andererseits für das Restaurant des
Verfügungsbeklagten).
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Der Boden besteht aus hellen Holzdielen (vgl. Lichtbilder X. Z1 Bl. 40 unten, 41, 42 d. A.
einerseits und Lichtbilder vom Restaurant des Beklagten Bl. 69, 70, 73 d. A.
andererseits). Es werden großflächige Glasfronten und Schieferwände verwendet (vgl.
Lichtbilder X. Z1 Bl. 40 und 41 unten d. A. einerseits und Bl. 71 und 77 d. A.
andererseits). Der Lounge-Bereich ist mit roter Wandfarbe versehen und roten Lounge-
Möbeln eingerichtet (vgl. Lichtbilder X. Z1 Bl. 39 und 42 unten d. A. einerseits und
Lichtbilder vom Restaurant des Beklagten Bl. 73, 75 und 76 d. A. andererseits). Die
Wiedererkennungsmerkmale eines X. – Restaurants setzen sich bei der Verwendung
der Signalfarbe fort, insbesondere in Bezug auf die Speisekarten (vgl. Bl. 80 d. A.
einerseits und Bl. 79 d. A. betreffend das Restaurant des Beklagten andererseits) sowie
die Einrichtungen des Lounge-Bereiches (vgl. Lichtbild X. Z1 Bl. 41 oben, 42 unten 43
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unten d. A. einerseits und Lichtbilder vom Restaurant des Beklagten Bl. 73, 75 und 76 d.
A. andererseits). Bei den Speisekarten wird der X. – Logoblock (vgl. Bl. 19, 82 d. A.)
imitiert (vgl. Bl. 79 d. A.
Ausweislich der Auskunft aus dem Gewerberegister der Stadt Z1 vom 24.03.2010 nahm
der Verfügungsbeklagte seinen Betrieb am 04.11.2009 auf. Am 03.03.2010 erlangte der
Verfügungsklägerin in Gestalt ihres Chefjustitiars von ihrem Franchisenehmer Kenntnis
über die Innenraumgestaltung in dem Restaurant "D." des Verfügungsbeklagten.
9
Der Geschäftsführer der Franchisenehmerin der Verfügungsklägerin wurde von Kunden
wiederholt auf die Ähnlichkeiten aufmerksam gemacht und gefragt, ob X. jetzt auch ein
chinesisches Konzept verfolge bzw. ob es Verbindungen zu dem Restaurant "D." gebe.
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Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, ihr stünde gegen den Verfügungs-beklagten
ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Der Umstand, dass das von dem
Verfügungsbeklagten betriebene Restaurant die asiatische Küche zum Gegenstand
habe, wohingegen sich das X. Franchisesystem an der italienische Küche orientiere,
spreche nicht gegen das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses. Der
Verfügungsbeklagte habe die charakteristischen Wiedererkennungsmerkmale der
Verfügungsklägerin "abgekupfert". Das X. Gastronomie-System und insbesondere die
Bedeutung der Gestaltung eines X. – Restaurants sei ausweislich aktueller
Pressemitteilungen aus dem In- und Ausland bekannt. Auch unter Berücksichtigung
dieser Resonanz sei unproblematisch von einer wettbewerblicher Eigenart der X. –
Restaurant-Gestaltung auszugehen. Das Ambiente der X. – Restaurant mit den
besonderen Gestaltungselementen sei neu und auffällig. Es werde in den
Pressebereichten regelmäßig hervorgehoben und gelobt.
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Das Verhalten des Verfügungsbeklagten sei unlauter, da dieser den Verkehr über die
betriebliche Herkunft täusche und die der Verfügungsklägerin und ihrem
Gestaltungskonzept entgegengebrachte Wertschätzung unangemessen ausnutze.
Betrachte man die Gestaltung des Restaurants "D.", so sei offensichtlich, dass der
Publikumsverkehr in die Irre geführt werden solle. Dem Publikum werde eine Restaurant
– Atmosphäre vorgespielt, wie sie aus einem X. – Restaurant bekannt und beliebt sei.
Dabei sei unerheblich, dass der Verfügungsbeklagte eine andere
Restaurantbezeichnung gewählt habe. Bei einem Blick in das Restaurant werde der
verständige Besucher meinen, sich in einem X. – Restaurant zu befinden. Auch die auf
den Speisekarten aufgebrachte Restaurantbezeichnung werde ihm keine
Unterscheidungshilfe bieten, da man dort den typischen X.-Logoblock verwende und
bzw. sich in verwechslungsgfähigerweise an diesen anlehne.
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Der Verfügungsbeklagte hänge sich außerdem an den guten Ruf von X. an. Er profitiere
von den Qualitätsvorstellungen, die der Verkehr mit X. – Restaurants verbinde, die man
an der typischen Aufmachung erkenne.
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Mit dem am 01.04.2010 bei Gericht eingegangenen Antrag beantragt die
Verfügungsklägerin,
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wie erkannt.
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Der Verfügungsbeklagte beantragt,
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den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
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Er bestreitet, eine Kopie eines X. – Restaurants zu betreiben und die Wertschätzung der
Verfügungsklägerin in ungerechtfertigter oder gar unlauterer Weise auszunutzen..
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Während die Verfügungsklägerin nach eigenem Vorbringen frische italienische Küche
bei einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis und insbesondere durch ein
architektonisch gelungenes Lifestyle – Ambiente in den Restaurants betreibe, betreibe
er -- der Verfügungsbeklagte – ein Schnellrestaurant, in dem ausschließlich chinesische
Fast-Food-Küche angeboten werde. Von daher unterscheide sich das Konzept schon in
einem wesentlichen, unverwechselbaren Merkmal.
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Der Verfügungsbeklagte meint, soweit die Verfügungsklägerin als Erkennungs-merkmal
die Farbe "rot", die sich in den Logos und in der Gestaltung der Restaurants als
Wiedererkennungsmerkmal finde, und darüber hinaus ausweislich ihres Antrages 8
typische Design-Elemente des Restaurants hervorhebe, sei die Beschreibung der
einzelnen Merkmale sehr vage und abstrakt, ohne das etwa Form, Gestaltung, genaue
Ausstattung und Farben und/oder sonstige hinzutretende Produktmerkmale, die
hinreichend genau bestimmt seien, um sie von Alltagswaren zu unterscheiden,
beschrieben seien (z. B. Signalfarbe "rot"; große Glas – Fensterflächen";
"Quaderförmige Regale"; " helle, mit Leder bezogene Hocker"). Damit sei schon fraglich,
ob die so abstrakt beschriebenen Merkmale bereits prägende Elemente im Sinne
wettbewerbsrechtlicher Eigenart seien könnten. Die Elemente seien auch in der
entsprechenden Kombination nicht schon soweit individualisiert, dass ihnen allein
schon dadurch wettbewerbliche Eigenart zukommen könnte. Es fehle hierzu an einer
kreativen Schöpfung, der wirklich neuen Gestaltung und Herkunftseignung.
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Es werde bestritten, dass die von der Verfügungsklägerin aufgeführten Design-
Elemente einen hohen Wiedererkennungswert hätten.
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Tatsächlich ergebe sich ein durchaus möglicher Wiedererkennungswert erst zusammen
mit weiteren, von der Verfügungsklägerin aber nicht explizit angeführten Design-
Elementen, die in der nötigen Gesamtshow erst die besondere, eigenständige Ästhetik
und dadurch die mögliche wettbewerbsrechtliche Eigenart aufweisen könnten. Es sei
fernliegend anzunehmen, es handele sich bei dem Restaurant "D." um eine Kopie oder
auch nur gesellschaftsrechtlich oder organisatorisch verbundenes Unternehmen der X.
Restaurants. Der angesprochene Verkehr der werde allein aufgrund der von der
Verfügungsklägerin monierten Elemente zu einem solchen Schluss nicht geführt. Eine
Herkunftstäuschung scheide daher aus.
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Von einem "Abkupfern" der wirklich charakteristischen Wiedererkennungsmerkmale der
Verfügungsklägerin könne keine Rede sein. Eine unmittelbare Leistungsübernahme
liege nicht vor, da es hinreichende Abweichungen von den Darstellungen der
Verfügungsklägerin gebe. Es gebe bei den einzelnen acht monierten Elementen
wesentliche Unterschiede, die der Verfügungsbeklagte im Einzelnen darlegt (vgl. S. 2 -5
der Antragserwiderungsschrift = Bl. 94 – 97 d. A.).
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Aber auch eine fast identische Leistungsübernahme scheide aus, da es in der konkreten
Ausgestaltung des Auftritts und in den Merkmalen der Einrichtung zwar gewisse
Übernahmeerscheinungen im Ergebnis geben möge, diese aber mehr als nur
geringfügig vom Original abwichen. Allenfalls könne daher eine teilweise
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nachschaffende Übernahme vorliegen. Soweit sei indes lediglich zuzugestehen, dass
es an einigen wenigen Punkten tatsächlich gewisse, rein zufällige Übereinstimmungen
in designerische Hinsicht gebe. In der Summe reichten aber die monierten Merkmale
isoliert betrachtet noch nicht aus, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen, da sie das
Konzept und den Auftritt der Verfügungsklägerin nicht vollständig beschrieben und
abbildeten.
Von einer Imitierung des Design-Konzeptes könne nur schwerlich die Rede sein. Einige
der erwähnten Elemente kämen zwar nahe, ahmten aber nicht sklavisch nach, andere
Elemente, die zwingend zum Leistungsergebnis der Verfügungsklägerin gehörten, seien
bei dem Verfügungsbeklagten gar nicht vorhanden.
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Was den Gesichtspunkt der Rufausnutzung angehe, so werde nicht erkennbar, woraus
sich der gute Ruf beziehen solle, auf das Ambiente oder die Speisen der
Verfügungsklägerin. Auch das gesamte Ambiente der Verfügungsklägerin einschließlich
der Präsentation und dem Markenauftritt im Ladenlokal selbst werde nicht ansatzweise
unangemessen vom Verfügungsbeklagten ausgenutzt, jedenfalls nicht bei der
gebotenen Gesamtshow. Denn keine der sonstigen aufzunehmenden Informationen
innerhalb und außerhalb des Ladens seien geeignet, im Sinne von § 3 UWG den
Kunden in irgendeiner Weise zu täuschen oder nur spürbar dahingehend zu
beeinträchtigen, dass er damit zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werde,
die er sonst nicht getroffen hätte.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Antrag auf einstweilige Unterlassung des von dem Verfügungsbeklagten
betriebenen Restaurants mit bestimmten Gestaltungselementen ist zulässig und
begründet. Der Anspruch ist glaubhaft dargelegt und die Notwendigkeit für eine
vorläufige Regelung besteht.
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Der Verfügungsklägerin steht gegen den Verfügungsbeklagten ein Verfügungs-
anspruch auf Unterlassung des von diesem geführten Restaurantbetriebes aus §§ 3, 4
Nr. 9 a) und b), 8 UWG zu. Danach handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen
anbietet , die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers
sind, wenn er zum einen eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die
betriebliche Herkunft herbeiführt oder zum anderen die Wertschätzung der
nachgeahmten Ware oder der Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder
beeinträchtigt. Diese Vorrausetzungen sind vorliegend zu bejahen.
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Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz bezieht sich nach dem Wortlaut der
Regelung zwar nur auf Waren und Dienstleistungen, ist indes weit zu fassen, wobei § 4
Nr. 9 a) und b) UWG auch analog anzuwenden ist (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamp,
UWG, 28. Aufl. (2010), § 4 RN. 9.21). In Betracht kommen daher Leistungs- und
Arbeitsergebnisse aller Art. Darauf, ob sie ihrer Art nach sonderrechtsfähig sind, oder ob
ein an sich möglicher Sonderrechtsschutz noch nicht oder nicht mehr besteht, kommt es
grundsätzlich nicht an. Auch bloße Werbemittel können Gegenstand des
lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes sein (vgl. Köhler a.a.O., § 4 RN. 9.22).
Dies gilt nicht nur für verkörperte Werbemittel, wie z. B. Kataloge, Preislisten, Muster,
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Prospekte, sondern auch für Werbesprüche (Werbeslogans) und sonstige
Werbeauftritte, z. B. Marketingkonzepte (vgl. hierzu: OLG Karlsruhe NJW-RR 1996,
298). Zwar ist die Nachahmung einer fremden Leistung, wie sie das vom Kläger
entwickelte und vertriebene Werbekonzept mit bestimmten Ausstattungsmerkmalen für
den Restaurantbetrieb darstellt, wettbewerbsrechtlich grundsätzlich erlaubt,
insbesondere dann, wenn die nachgeahmte Werbung keinen neuen eigenartigen und
selbständigen Gedanken enthält. Die Nachahmung indes eines neuen, sich von
gängigen Werbemaßnahmen durch Eigenart und selbständige Gedankenführung
unterscheidenden Werbekonzeptes, die zu einer vermeidbaren Täuschung der
Abnehmer über die betriebliche Herkunft führt, ist jedoch wettbewerbswidrig.
Vorliegend kann der Verfügungsklägerin Eigenart und Selbstständigkeit der
gedanklichen Gestaltung nicht abgesprochen werden. Sie ist geprägt durch besondere
Ausstattungsmerkmale wie aus der Entscheidungsform ersichtlich, die gerade in ihrer
Kombination unter Verwendung der Signalfarbe rot, die sich im Firmenlogo, in den
Ledersesseln und den Tischen im Lounge-Bereich sowie in den Wandfarben ebenso
wiederfindet, wie auch bei der Außenbeschriftung des Restaurants und in der Kopfzeile
der Speisekarten, die dem Konzept einer einmalige und prägende Wirkung verleihen.
Diese Merkmale sind in ihrer Gesamtheit geeignet, sich dem Verkehr als Hinweis darauf
einzuprägen, dass ein bestimmtes Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmern in
dieser Weise wirbt.
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Der Verfügungsbeklagte hat in dem von ihm betriebenen Restaurant "D." die
Werbegestaltung der Verfügungsklägerin prägende und beherrschende Kombination
der einzelnen Elemente, wenngleich auch mit einzelnen Abweichungen in
Detailaspekten, die jedoch in der Gesamtshow nicht maßgeblich ins Gewicht fallen,
übernommen. So sind die Bestuhlungen im Innenbereich mit hohen mit lederbezogenen
Hockern und rechteckigen, puristischen Holztischen mit pilzförmigen Lampen und auf
den Tischen abgetrennten Fächern für Essig/Öl/Pfeffer/Salz wie auch die
Sitzgelegenheiten im Außenbereich mit rechteckigen Tischen aus Holz und daneben
stehenden Holzbänken nahezu identisch übernommen. Ebenso ist der Fußboden, der
aus hellen Holzdienen besteht, übernommen. Mit rotem Leder bezogene Sessel und
Bänke finden sich im Lounge-Bereich, der ebenfalls an den Wänden mit der Signalfarbe
"rot" versehen ist. Der offene Koch- / Küchenbereich (Show Küche;Front/Cooking) mit
davor angebrachten quaderförmigen Regalen für Tabletts, Besteck und Servietten ist in
ähnlicher Weise gestaltet. In dem Aufgangsbereich zur ersten Etage finden sich ähnlich
verwandte Schieferwand -Elemente. Die im Restaurant verwandten Speisekarten sind
in ihrer Aufmachung, insbesondere in der Kopfzeile unter Verwendung der Signalfarbe
"rot" und dem daneben auf einem braunen Feld angebrachten Hinweis "Speisekarte"
sowie in der Aufteilung der Speisegruppen identisch aufgemacht, auch wenn sich in der
Kopfzeile statt des Namens "X." der Hinweis "D." findet und die angebotenen Speisen
selbst unterschiedlich beschrieben sind. Insgesamt hat sich der Verfügungsbeklagte an
das aus einer Vielzahl von Gestaltungselementen zusammengesetzte Werbekonzept
der Verfügungsklägerin angehängt und damit eine vermeidbare Täuschung der
Abnehmer über die betriebliche Herkunft der Ware herbeigeführt wie auch die
Wertschätzung des nachgeahmten Werbekonzeptes unangemessen ausgenutzt oder
beeinträchtigt.
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Dabei ist vorliegend ohne Bedeutung, dass die Verfügungsklägerin in dem von ihr oder
ihren Franchisenehmern geführten Restaurants Speisen italienischer Küche und der
Verfügungsbeklagte solche chinesischer Küche vertreibt. Es geht nämlich nicht um die
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angebotenen Waren selbst, sondern um das für das Anbieten der Waren bemühte
Werbe- und Gestaltungskonzept, das als Leistungsergebnis Wettbewerbsschutz
genießt.
Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz gegen eine vermeidbare
Herkunftstäuschung hat nicht nur zur Voraussetzung, dass das nachgeahmte Konzept
wettbewerbliche Eigenart darstellt, sondern in aller Regel auch, dass es bei den
maßgeblichen Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Die erforderliche
wettbewerbliche Eigenart ist gegeben, wenn die konkrete Ausgestaltung geeignet ist,
die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine
Besonderheiten hinzuweisen (vgl. BGH GRUR 2003, 359, 360; BGH GRUR 2005, 166
ff). Zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der
Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht
eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad
der Übernahme ist, desto geringer sind die Anforderungen an die besondere Umstände,
die die Wettbewerbswidrigkeit begründen (vgl. BGH GRUR 2004, 941, 942).
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Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das beanstandete Verhalten des
Verfügungsbeklagten als wettbewerbswidrig zu beurteilen.
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Bei der Prüfung, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, muss sich die Beurteilung der
Ähnlichkeit der beiderseitigen Leistungsergebnisse auf ihre Gesamtwirkung beziehen
(vgl. BGH GRUR 2005, 166 ff). Für die Annahme einer wettbewerbsrechtlichen
relevanten Herkunftstäuschung kommt es darauf an, dass die übernommenen
Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten
Unternehmen hinzuweisen. Als herkunftshinweisend kann in solchen Fällen nur eine
besondere Gestaltung oder unter Umständen besondere Kombination der Merkmale
angesehen werden (vgl. BGH GRUR 2005, a.a.O). Dies ist vorliegend aufgrund der
Kombination der oben im Einzelnen bezeichneten Ausstattungsmerkmale der Fall.
Aufgrund des Gesamtkonzepts des Werbung und der Gestaltung des Werbeauftritts,
manifestiert in den einzelnen Elementen, drängt sich für ein unbefangenen Betrachter
der Eindruck auf, dass bei dem von dem Verfügungsbeklagten betriebenen Restaurant
"D." eine Verbindung zu der von der Klägerin bzw. ihren Franchisenehmern betriebenen
Restaurantkette "X." besteht. Dies zeigt sich auch darin, dass ausweislich der von der
Verfügungsklägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der
Franchisenehmerin der Verfügungsklägerin in Z1 vom 29.03.2010 dieser von Kunden
regelmäßig angesprochen wird, die ihn auf die Ähnlichkeiten aufmerksam machen und
ihm wiederholt gefragt hätten, ob er bzw. die Verfügungsklägerin jetzt auch ein
chinesisches Konzept verfolgten oder es Verbindungen zu dem China-Restaurant gebe.
Dieser, durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemachte Vortrag
der Verfügungsklägerin, der im Übrigen von dem Verfügungsbeklagten nicht bestritten
worden ist, zeigt, welche Außenwirkung die von dem Verfügungsbeklagten
übernommene Ausgestaltung der Werbeelemente im Einzelnen in den
verkehrsbeteiligten Kreisen hervorruft.
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Schließlich ist auch die notwendige Bekanntheit der von der Verfügungsklägerin
betriebenen Restaurantkette "X." gegeben, wie sich dies aus den von der Klägerin
vorgelegten und damit glaubhaft gemachten Pressemitteilungen aus dem In- und
Ausland ergibt.
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Entgegen der Auffassung des Verfügungsbeklagten fehlt es dem Verfügungsantrag
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schließlich auch nicht an der notwendigen Eindeutigkeit und hinreichenden
Bestimmtheit. Zwar ist dem Verfügungsbeklagten zuzugeben, dass allein in der
Beschreibung der Gestaltungselemente in der Entscheidungsformel sich eine
hinreichend eindeutige und zweifelsfreie Zuordnung nicht ergibt. Dies wird jedoch
vorliegend dadurch aufgewogen, dass die Verfügungsklägerin in dem Antrag konkret
zur näheren Bezeichnung sich auf beigefügte Lichtbilder hinsichtlich des von dem
Verfügungsbeklagten betriebenen Restaurants bezogen hat und diese dem Antrag auch
beigefügt hat, wodurch sich für einen objektiven Betrachter die notwendige und
eindeutige Konkretisierung ergibt.
Der Verfügungsgrund im Sinne des § 935 ZPO ist vorliegend ebenfalls zu bejahen. Die
einstweilige Unterlassung des Geschäftsbetriebes des Verfügungsbeklagten ist zur
Verhinderung weiterer Nachteile für die Verfügungsklägerin notwendig. Die für die
Dringlichkeit sprechende Vermutungswirkung des § 12 Abs. 2 UWG hat der
Verfügungsbeklagte nicht widerlegt. Insbesondere hat die Verfügungsklägerin nach
Kenntnis von dem wettbewerbswidrigen Verhalten am 03.03.2010 zeitnah, nämlich mit
dem am 01.04.2010 bei Gericht eingegangenen Antrag, den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung gestellt.
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Nach allem war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu entsprechen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
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