Urteil des LG Münster vom 26.04.2010

LG Münster (kläger, höhe, abgabe, vertragsstrafe, verwendung, registrierung, internet, unterlassung, unterlassen, bezeichnung)

Landgericht Münster, 015 O 428/09
Datum:
26.04.2010
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
015 O 428/09
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der I und /oder dem zuständigen
Serviceprovider in die Löschung der Internetdomain „u.com“
einzuwilligen und die hierzu erforderlichen Willenserklärungen
abzugeben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.100,-- € nebst Zinsen in
Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.
Februar 2009 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger stellt Kopfkissen und Gesundheitsartikel her und ist seit 1999 Inhaber der
Domain "U.de", wie auch Inhaber der Wort-Bildmarke "U", registriert im Deutschen
Patent und Markenamt unter dem Aktenzeichen ########.
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Die Beklagte stellt technische Gummiwalzen, GFK-Hülsen und Gummischläuche her
und registrierte im Jahre 2003 für sich die Domain "U.com".
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Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21. November 2008, Blatt 13 bis 15
der Gerichtsakten, ließ der Kläger die Beklagte wegen einer Namensrechtsverletzung
abmahnen und forderte nach §§ 14,15 Markengesetz Unterlassung
verwechselungsfähiger Bezeichnungen. Die Beklagte teilte mit Schreiben ihres
Prozessbevollmächtigten vom 04.12.2008, Blatt 18 mit, die Internetadresse www.U.com
sei zwischenzeitlich bereits gelöscht worden.
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Mit weiterem Schreiben vom 12.12.2008 gab die Beklagte folgende Unterlassungs- und
Verpflichtungserklärung ab: "Wir, die M GmbH & Co. KG, I1. ##### B –
Unterlassungsschuldnerin – verpflichten uns gegenüber der U, Inhaber T, J, ##### C, -
5
Unterlassungsschuldnerin – verpflichten uns gegenüber der U, Inhaber T, J, ##### C, -
Unterlassungsgläubigerin –
1. es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden
Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,-- € und zwar unter Ausschluss der Einrede des
Fortsetzungszusammenhangs zu unterlassen, die Bezeichnung "U" als Domain-
Namen zu verwenden und oder / verwenden zu lassen.
2. …."
6
7
Die Domain "U.com" ist weiterhin auf die Beklagte registriert; auf der Website sind
allerdings keine Inhalte mehr abrufbar.
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Mit Schreiben vom 05.01.2009 teilte die Klägerin mit, sie habe sowohl vor als auch nach
Abgabe der strafbewährten Unterlassungserklärung festgestellt, dass die Domain
"U.com" weiterhin auf die Beklagte registriert sei. Sie machte Vertragsstrafenansprüche
geltend und fragte wegen einer Übertragung der Domain auf sich selbst an. Mit
Schreiben des Anwalts vom 07.01.2009 ließ die Beklagte mitteilen, die Domain U sei
gelöscht und im Internet nicht mehr abrufbar. Eine Verwendung finde nicht statt. Mit
weiterem Schreiben vom 13.01.2009 des Anwalts bot sie dem Kläger die Übertragung
der Domain gegen Zahlung eines Betrages von 10.000,-- € an. Mit Schreiben vom
23.01.2009 ließ der Kläger die Beklagte binnen einer Frist bis zum 30. Januar 2009
wegen einer Namensleugnung zur Abgabe einer weitergehenden
Unterlassungserklärung und zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,-- €
auffordern. Mit der am 16.09.2009 eingereichten Klage verfolgt er Ansprüche aus §§
1004 BGB analog in Verbindung mit § 12 BGB, 826, 249 BGB.
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Der Kläger behauptet, er sei seit 1993 unter der Firma U am Markt und seit 1995
europaweit tätig. In den USA sei er seit einigen Jahren unter der Bezeichnung U LLC
präsent. Die auf die Beklagte registrierte Domain U.com führe zu einer
Zuordnungsverwirrung bei einem Benutzer, weil hier keine Inhalte des Klägers abrufbar
seien, während der Kläger als Namensinhaber von der Verwendung ausgeschlossen
sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der I und/oder dem zuständigen
Serviceprovider in die Löschung der Internet-Domain "u.com" einzuwilligen und
die hierzu erforderlichen Willenserklärungen abzugeben.
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Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.100,-- € nebst Zinsen in Höhe von
8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. Februar 2009 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bestreitet die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und hält nach der
Konzentrationsverordnung das Landgericht Bielefeld für zuständig mit der Begründung,
es handle sich um einen Kennzeichenstreit. Da sich der Kläger in der ursprünglichen
Abmahnung auch auf Markenrechte berufen habe, sei auch die Unterlassungserklärung
vom 12.12.2008 als markenrechtliche Erklärung zu verstehen und demzufolge auch die
Klage, soweit sie sich auf diese Unterlassungsverpflichtung stütze, als markenrechtliche
Streitigkeit zu qualifizieren.
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Die Beklagte behauptet, sie habe die streitgegenständliche Domain im Zuge einer
beabsichtigten neuen Produktlinie auf sich registrieren lassen. Das Projekt sei
allerdings zwischenzeitlich zurückgestellt worden. Sie bestreitet eine
Zuordnungsverwirrung und verneint eine Verwechselungsgefahr, weil eine bloße
Registrierung ohne Inhalt von dem Verkehr nicht wahrgenommen werde. Im Übrigen ist
die Beklagte der Ansicht, mit der Unterlassungserklärung sei ihr lediglich eine
rechtswidrige Verwendung der Domain untersagt, wie sich aus der Auslegung unter
Berücksichtigung der Vorgeschichte ergebe. Im Übrigen gingen die Klageanträge über
eine schlichte Unterlassung hinaus. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, eine evtl.
Vertragsstrafe sei jedenfalls angemessen zu reduzieren, weil der Kläger im Zuge der
inzwischen über 7-jährigen Auseinandersetzung gezeigt habe, dass kein wirkliches
Interesse an der Verhinderung der Registrierung der Domain die Beklagte bestehe.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
19
Die Klage ist zulässig; das angerufene Landgericht ist sachlich und örtlich zuständig.
Eine Zuständigkeit des Landgerichts Bielefeld besteht mangels eines
Kennzeichenrechtsstreits nicht. Dabei kann dahinstehen, dass zur Beginn der
Auseinandersetzung unter den Parteien der Kläger sich auch auf markenrechtliche
Unterlassungsansprüche nach §§14,15 Markengesetz gestützt hat. Unstreitig hatte die
Beklagte etwa seit dem Zeitpunkt der Abgabe der Unterlassungserklärung vom
12.12.2008 veranlasst, dass unter der Domain "U.com" keine Website mehr abrufbar ist.
Seit diesem Zeitpunkt streiten die Parteien lediglich um die Fortdauer der Registrierung
der Domain "U.com" auf die Beklagte und die hierdurch bedingte Ausschließung des
Klägers von dieser Domain. Insoweit liegt keine Nutzung im geschäftlichen Verkehr vor,
so dass ein zeichenrechtlicher Schutz nach §§ 4,5, 14,15 Markengesetz, der sonst dem
Namenschutz des § 12 BGB grundsätzlich vorgeht, nicht in Betracht kommt. Insofern
handelt es sich nicht um eine selektive Begründung des Klageanspruchs durch den
Kläger, sondern durch eine durch die Beklagte selbst vorprozessual veranlasste
Modifizierung des Streitgegenstandes im Zusammenhang mit der Abgabe der
Unterlassungserklärung.
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Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Abgabe
der erforderlichen Erklärungen zur Löschung der Internet Domain U.com zu. Die
Beklagte hat sich unter dem 12.12.2008 dem Kläger gegenüber verpflichtet, es zu
unterlassen, die Bezeichnung U als Domain-Namen zu verwenden und/oder verwenden
zu lassen. Das hat der Kläger angenommen. Bedingungen, die die generelle
Verpflichtung der Beklagten, die Nutzung der streitgegenständlichen Domain zu
unterlassen, einschränken, sind in dieser Vereinbarung nicht enthalten. Zwar mag
ursprünglich zwischen den Parteien Streit über die Berechtigung des Klägerbegehrens
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und eine Rechtswidrigkeit der Domainnutzung durch die Beklagte bestanden haben.
Zweck der verlangten und abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung ist
jedoch deutlich erkennbar, diese rechtlichen Fragen einmal für etwaige zukünftige
Verletzungen zu klären. Bereits diese Intention steht einer Auslegung entgegen, wonach
die Berechtigung des Klägers zur Namensführung und eine Rechtswidrigkeit der
Namensverwendung durch die Beklagte erneut zu prüfen sein sollen.
Die Beklagte hat gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Sie hat die
Registrierung der umstrittenen Domain auf sich beibehalten und die Domain U damit
verwendet. Der BGH (NJW 2002, Seite 2031) bejaht einen unbefugten
Namensgebrauch bereits dann, wenn der Nichtberechtigte den Domain-Namen bislang
nur hat registrieren lassen. Denn die den Berechtigten ausschließende Wirkung setzt
bei der Verwendung eines Namens als Internetaderesse bereits mit der Registrierung
ein.
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Der Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Domain beinhaltet damit auch den
Anspruch auf Erklärung eines Verzichts der Beklagten gegenüber der I und/oder den
zuständigen Serviceprovider auf die für sie registrierte streitgegenständliche Domain.
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Dem Kläger ist es nicht verwehrt, sich auf die Vereinbarung in der strafbewehrten
Unterlassungserklärung zu berufen. Zwar ist bereits in dem vorprozessualem Schreiben
vom 05.01.2009 angemerkt, die Bevollmächtigten des Klägers hätten bereits sowohl vor
als auch nach Abgabe der strafbewährten Unterlassungserklärung festgestellt, dass die
Domain U.com nach wie vor auf die Beklagte registriert ist. Daraus ergibt sich jedoch
nicht, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits bei Annahme der
strafbewehrten Unterlassungserklärung hätten erkennen können oder müssen, dass die
Beklagte davon ausging, die Domain sei bereits dann gelöscht, wenn die Website im
Internet nicht mehr abrufbar sei. Eine derartige Vermutung dürfte allenfalls der
nachfolgende Schriftverkehr im Januar 2009 nahe gelegt haben, weil die Beklagte
selbst ein derartiges Verständnis auch nicht reklamiert.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte weiterhin aus der strafbewehrten
Unterlassungserklärung ein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von
5.100,-- € zu. Die Beklagte hat mit ihrem Angebot, die Domain gegen 10.000,-- € an die
Klägerin zu übertragen, gegen die Verpflichtung, die Benutzung der
streitgegenständlichen Domain zu unterlassen, verstoßen. Die Parteien haben nach
längeren Verhandlungen eine Vertragsstrafe der Höhe nach festgelegt, die angesichts
der wirtschaftlichen Bedeutung, die die Unterlassung der Aufgabe der
streitgegenständlichen Domain durch die Beklagte für den Kläger hatte, nicht
unverhältnismäßig erscheint. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte sich
trotz der zuvor eingegangenen Unterlassungsverpflichtung betont hieran nicht gehalten
hat, ohne dass hierfür ein mildernder Grund ersichtlich ist. Unter diesen Umständen
kommt ein Abweichen von der vertraglich fest vereinbarten Summe nicht in Betracht.
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Nach allem ist der Klage mit den Nebenentscheidungen aus §§ 91, 709 ZPO
stattzugeben.
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