Urteil des LG Mönchengladbach vom 09.05.2007

LG Mönchengladbach: zahlungsunfähigkeit, rechtliches gehör, glaubhaftmachung, zahlungsfähigkeit, bankbürgschaft, hinterlegung, sicherheit, bürgschaftserklärung, abrede, versuch

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 210/07
Datum:
09.05.2007
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 210/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Mönchengladbach, 32 IN 174/06
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.
Beschwerdewert: 4.000,00 €.
G r ü n d e : I.
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Die Gläubigerin hat am 21. Dezember 2006 wegen einer Bürgschaftsverbindlichkeit
beantragt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen. Mit
dem angefochtenen Beschluss vom 23. April 2007 hat das Amtsgericht
Mönchengladbach den Beteiligten zu 2. zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit
Zustimmungsvorbehalt bestellt und weitere Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Gegen
diesen Beschluss hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt. Er vertritt die
Auffassung, der Sicherungsbeschluss sei aufzuheben, da weder eine titulierte noch eine
fällige Forderung bestehe. Zahlungsunfähigkeit sei nicht gegeben, der Schuldner könne
seine Zahlungsfähigkeit durch Bankbürgschaft oder Hinterlegung nachweisen. Ihm sei
vor der angefochtenen Entscheidung nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt
worden.
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Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur
Entscheidung vorgelegt.
3
II.
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Die gemäß §§ 6 Abs. 1, 21 Abs. 1 S. 2 InsO statthafte und auch im Übrigen zulässige
sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Amtsgericht hat den angefochtenen Sicherungsbeschluss zu Recht erlassen.
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Voraussetzung für die Anordnung eines Sicherungsbeschlusses im Sinne von § 21
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InsO ist zunächst das Vorliegen eines zulässigen Insolvenzantrages im Sinne von § 14
Abs. 1 InsO (Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 21 Rn. 2). Der
Antrag eines Gläubigers ist nach dieser Vorschrift nur zulässig, wenn dieser ein
rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung
und den Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
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Das rechtliche Interesse an der Verfahrenseröffnung ist in der Regel indiziert.
Besondere Darlegungen bedarf es insoweit nicht. Keine Voraussetzung für die
Zulässigkeit des Insolvenzantrages ist es, dass bereits ein Versuch der
Einzelzwangsvollstreckung stattgefunden hat (Kübler/Prütting/Pape, Kommentar zur
Insolvenzordnung, Stand August 2006, § 14 Rn. 58). Das rechtliche Interesse für den
Insolvenzantrag der Gläubigerin fehlt vorliegend auch nicht deshalb, weil sie im
Schuldnervermögen oder im Vermögen eines Dritten ausreichend abgesichert ist (vgl.
dazu Uhlenbruck, a.a.O., Rn. 9). Der Schuldner hat lediglich behauptet, er könne eine
ausreichende Sicherheit erbringen, ohne dass er dies nachgewiesen hätte.
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Die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Insolvenzantrages sind
gegeben. Die Gläubigerin hat ihre Forderung und den Eröffnungsgrund der
Zahlungsunfähigkeit glaubhaft gemacht.
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Entgegen der (wohl) vom Schuldner vertretenen Auffassung kann auch eine nicht
titulierte Forderung Grundlage eines Insolvenzantrages sein. Das Gesetz verlangt in §
14 Abs. 1 InsO lediglich, dass der antragstellende Gläubiger seine Forderung glaubhaft
macht (Uhlenbruck, a.a.O., Rn. 92). Das Amtsgericht geht mit zutreffender Begründung,
auf die Bezug genommen wird, von einer ausreichenden Glaubhaftmachung der
Bürgschaftsforderung der Beteiligten zu 1. in Höhe von 1.000.000,00 € aus. Der
Schuldner hat die Bürgschaftsforderung zwar bestritten, in dem er die Wirksamkeit der
Bürgschaftsverpflichtung und das Bestehen der Forderungshöhe in Abrede stellt.
Hierdurch wird die Forderung der Beteiligten zu 1. jedoch nicht hinreichend erschüttert.
Es ist anerkannt, dass der Schuldner die Möglichkeit hat, mit einer
Gegenglaubhaftmachung die vom Gläubiger glaubhaft gemachte Forderung anzugreifen
und damit den ursprünglich zulässigen Antrag unzulässig zu machen. Die "Last" des
Bestreitens einer glaubhaft gemachten Forderung liegt beim Schuldner. Als unzulässig
zu verwerfen ist ein Insolvenzantrag nur dann, wenn die Darlegungen des Gläubigers
nicht einmal den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung genügen oder durch den
Schuldner nachhaltig erschüttert werden. Gelingt es dem Schuldner nicht, die
Glaubhaftmachung der Forderung durch substantiierten Vortrag, dass die Forderung
nicht oder nicht mehr existiert, zu erschüttern, reicht es bis zur Entscheidung über den
Insolvenzantrag aus, dass die Forderung glaubhaft ist; eines Vollbeweises bedarf es
nicht (Kübler/Prütting/Pape, a.a.O., Rn. 47; Uhlenbruck, a.a.O., Rn. 92). Vorliegend fehlt
es sowohl an einem substantiierten Bestreiten der Forderung als auch an einer
hinreichenden Gegenglaubhaftmachung im Sinne von § 294 ZPO. Der Schuldner hat
die Bürgschaftsforderung lediglich bestritten und die Auffassung vertreten, die Frage der
Wirksamkeit der Bürgschaftserklärung und die Höhe der Bürgschaftsforderung obliege
nicht dem Insolvenzgericht, sondern dem Prozessgericht. Dieser Auffassung folgt die
Kammer nicht, da dies im Ergebnis dazu führen würde, den Insolvenzantrag in diesen
Fällen als unzulässig zurückzuweisen und den Antragsteller auf den ordentlichen
Rechtsweg zu verweisen. Denn die Klärung der Frage, ob die Forderung zur vollen
Überzeugung des Gerichts besteht, ist eine solche der Begründetheit und nicht der
Zulässigkeit des Insolvenzantrags (Uhlenbruck, a.a.O.).
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Die Beteiligte zu 1. hat auch den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit hinreichend
glaubhaft gemacht. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen
Entscheidung Bezug genommen. Insbesondere wird die Zahlungsunfähigkeit durch die
Erklärung des Schuldners im Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom
14. November 2006, "Herr Fervers wird seinen Zahlungsverpflichtungen nicht
nachkommen können", indiziert. Soweit der Schuldner vorträgt, es liege nur eine – von
der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzende - Zahlungsunwilligkeit vor, da er in der Lage
sei, einen Betrag von 1.000.000,00 € zu hinterlegen oder eine entsprechende
Bankbürgschaft zu erbringen, wird hierdurch das Merkmal der Zahlungsunfähigkeit nicht
beseitigt. Von einer Zahlungsunwilligkeit des Schuldners trotz bestehender
Zahlungsfähigkeit kann nur ausgegangen werden, wenn der Schuldner nachweist, dass
er tatsächlich die erforderlichen Geldmittel hat, um seine fälligen Verbindlichkeiten zu
erfüllen, diese Mittel jedoch nicht einsetzen will (Kübler/Prütting/Pape, a.a.O., § 17 Rn.
14; Uhlenbruck, a.a.O., § 17 Rn. 11). Vorliegend hat der Schuldner lediglich behauptet,
zahlungsfähig zu sein, da er in der Lage sei, ausreichende Sicherheit durch
Hinterlegung von 1.000.000,00 € oder einer entsprechenden Bankbürgschaft erbringen
zu können. Einen Nachweis stellt dies nicht dar.
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Soweit vorliegend der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit vom Bestand der
Bürgschaftsschuld abhängt, diese Forderung die einzige ist, vom Schuldner bestritten
wird und in diesem Fall der volle Beweis des Bestehens der Forderung erforderlich ist,
handelt es sich – wie bereits ausgeführt wurde – nicht um ein Problem der Zulässigkeit,
sondern der Begründetheit des Eröffnungsantrages (Kübler/Prütting/Pape, a.a.O.,
Rn. 48; Uhlenbruck, a.a.O., § 14 Rn. 92). Da die Prüfung der Rechtmäßigkeit der
Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Sinne von § 21 InsO nur die Zulässigkeit zur
Eröffnung des Antrages, hingegen nicht dessen Begründetheit voraussetzt, die erst bei
der anschließenden Eröffnung selbst zu prüfen ist, ist das Bestreiten der Forderung für
die Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit ohne Belang.
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Die Sicherungsmaßnahmen waren auch erforderlich, da beim Schuldner nach seiner
Vermögensaufstellung vom 3. Juli 2006 erhebliche Vermögensgegenstände vorhanden
sind.
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Ohne Erfolg rügt der Schuldner, der angefochtene Beschluss verletze den Grundsatz
der Gewährung rechtlichen Gehörs, da ihm nicht die Möglichkeit gegeben worden sei,
seine Zahlungsfähigkeit nachzuweisen. Es ist nicht Aufgabe des Insolvenzgerichts
durch entsprechende Hinweise an den (anwaltlich) vertretenden Schuldner darauf
hinzuwirken, den Nachweis über seine Zahlungsfähigkeit zu erbringen.
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III.
16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus einer entsprechenden
Anwendung des § 28 Abs. 1 RVG.
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